Protokoll der Sitzung vom 29.06.2005

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich empfehle, einmal anders vorzugehen, als Sie es in Berlin derzeit praktizieren mit Ihrem Zickzackkurs, Ihren kurzfristigen, einander widersprechenden Reaktionen auf auftauchende Probleme,

(Abg. Drexler SPD: Die gibt es doch schon lange, die Probleme!)

mit der Absenkung des Spitzensteuersatzes, mit der zusätzlichen Steuer für Reiche. Das alles sind Themen, bei denen die Leute einfach merken, dass Sie kein Gesamtkonzept haben.

(Abg. Drexler SPD: Was hat denn das mit Schwarzarbeit zu tun?)

Deswegen will ich zum Thema „Situation auf dem Arbeitsmarkt“ zunächst ein paar grundsätzliche Vorbemerkungen machen.

Die erste grundsätzliche Vorbemerkung ist, dass wir in Deutschland typischerweise das, was wir eigentlich alle wollen, nämlich den freien Verkehr von Personen, Waren, Dienstleistungen und Kapital, wovon Deutschland und deutsche Arbeitsplätze maximal profitieren, wie Sie wissen, zunächst einmal immer risikobehaftet diskutieren, statt darin Chancen zu sehen.

(Zurufe der Abg. Drexler und Ruth Weckenmann SPD)

Deswegen, meine ich, müssen Sie den Menschen in diesem Land einmal klipp und klar sagen:

(Zuruf der Abg. Ruth Weckenmann SPD)

Wir stehen in der Europäisierung und Globalisierung unter einem Anpassungsdruck, der auch produktionsnahe Dienstleistungen bereits massiv erreicht hat. Auch dort werden Arbeitsplätze verlagert. Dies betrifft selbstverständlich in verstärktem Maß auch den ortsgebundenen Dienstleistungsbereich. Diese Grundproblematik werden wir nicht durch hektische Einzelaktionen lösen können. Wir müssen vielmehr überlegen, welche Instrumente dazu letzten Endes notwendig sind.

Sie reden immer von „sozialer Gerechtigkeit“. Sie sollten dabei einmal eines sehen – das muss man über die Nationalgrenzen hinaus betrachten –: Wie sollen die neuen Beitrittsstaaten, wie sollen insgesamt die Entwicklungsstaaten eine Chance auf mehr Wohlstand und auf mehr Sicherheit haben, wenn wir solche Entwicklungen dort, wo sie mit uns konkurrenzfähig sind, nicht zulassen? Das sind aber gerade die Bereiche, in denen sie Dienstleistungen zu einem günstigeren Preis anbieten können als wir.

(Zuruf der Abg. Ruth Weckenmann SPD)

Ich weiß wohl, dass dabei selbstverständlich

(Zuruf des Abg. Schmiedel SPD)

die Frage entscheidend ist, wie wir diesen Anpassungsdruck, der Chancen auf neue Arbeitsplätze in anderen Sektoren in Deutschland und in Baden-Württemberg eröffnet, andererseits natürlich aber auch Arbeitsplätze gefährdet, ein Stück weit abmildern und sozial abfedern können. Wir stehen zu der Aussage, dass es für besonders sensible Bereiche wie beispielsweise das Baugewerbe die Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit für sieben Jahre gibt.

Lassen Sie mich noch ein Thema kurz ansprechen. Ich finde es schon ein bisschen scheinheilig, wie Rot-Grün in Berlin argumentiert.

(Abg. Alfred Haas CDU: Ein bisschen? Erheblich!)

Einerseits sagt Rot-Grün den Leuten: „Wir werden euch davor schützen!“, aber andererseits übt Rot-Grün massiven Druck aus, um einen schnellen Beitritt weiterer Staaten herbeizuführen, aus denen möglicherweise genau diese Arbeitskräfte kommen.

(Beifall bei der CDU – Abg. Drexler SPD: Wo denn?)

Aus Rumänien, Bulgarien bis hin zur Türkei. Es ist doch Ihre Politik, den Beitritt dieser Länder möglichst schnell herbeizuführen.

(Abg. Drexler SPD: Das hat nicht die SPD ge- macht! Jetzt erzählen Sie keine Storys! Das war Genscher!)

Da passt wieder einiges nicht zusammen.

Nun lassen Sie uns zu der konkreten Situation in BadenWürttemberg kommen. Ich weise einfach massiv den Vorwurf zurück, dass sich der Wirtschaftsminister nicht dieses Problems angenommen hätte.

(Abg. Schmiedel SPD: Was?)

Sie konnten dem Antrag entnehmen, dass in der Tat sehr viele Behörden – nicht nur die FKS, also die Finanzkontrolle Schwarzarbeit – zuständig sind, dass Sozialversicherungsträger und andere Behörden selbstverständlich dazu aufgerufen sind.

(Abg. Ruth Weckenmann SPD: Wer ist der andere? Wie arbeiten die zusammen? Was läuft denn da?)

Natürlich auch die Handwerkskammern.

(Abg. Drexler SPD: Was machen die denn?)

Ich finde es schon bemerkenswert, dass Sie denen,

(Zuruf der Abg. Ruth Weckenmann SPD)

die für die Konkurrenz, die ihren eigenen Betrieben entsteht, sensibel sind, hier Rechtsmissbrauch oder Rechtsbeugung vorwerfen. Das müsste der Wirtschaftsminister natürlich ahnden.

(Abg. Schmiedel SPD: Soll er doch!)

Diese Ihre Vorwürfe treffen aber nicht zu.

(Zuruf der Abg. Ruth Weckenmann SPD)

Seien Sie doch froh! Auch Herr Schröder hat für diesen Bereich eine Taskforce angekündigt. Genauso hat unser Wirtschaftsminister eine Taskforce eingerichtet,

(Unruhe bei der SPD)

mit der gerade die Handwerker, die Mittelständler, die durch eine solche unfaire Konkurrenz – die illegal ist, wenn Scheinselbstständigkeit im Hintergrund steht – bedroht sind, geschützt werden sollen.

Ich gebe gerne zu – das können Sie in dem Antrag nachlesen –, dass unter anderem die Schnittstellenproblematik durch die Verwaltungsreform gesteigert wurde.

(Abg. Drexler SPD: Zuerst machen Sie Murks! Sie haben Murks gemacht! Das war Murks! Das habe ich vorhin gesagt! Grober Murks!)

Aber Probleme sind dazu da, gelöst zu werden. Da, wo der Wirtschaftsminister rechtlich nicht eingreifen kann, bietet er quasi als Service diese Taskforce an.

(Zuruf des Abg. Drexler SPD)

Diese Taskforce besteht übrigens nicht aus der Telefonnummer des Ministerbüros. Das kann er Ihnen nachher selbst klar erläutern, damit alle wissen, wohin man sich wenden kann.

(Zuruf des Abg. Drexler SPD)

Mit dieser Taskforce soll eine solche missbräuchliche Gestaltung von Selbstständigkeit verhindert werden.

Im Übrigen hat der Kollege Lasotta zu Recht darauf hingewiesen, dass natürlich Sie mit der Änderung der Handwerksordnung einem Missbrauch ein Stück weit die Tür geöffnet haben.

Lassen Sie mich zu dem Punkt kommen, dass wir bei allen Instrumenten, die wir erwägen, die Auswirkungen einer Ausweitung berücksichtigen müssen.

(Unruhe bei der SPD)

Sie wollen ja letztlich über die Ausweitung der Entsenderichtlinie einen Mindestlohn einführen. Dieser Mindestlohn ist genau das Gegenteil dessen, was wir brauchen.

(Zuruf des Abg. Drexler SPD)

Erstens haben Sie und ich uns immer für die Tarifhoheit der Vertragspartner eingesetzt. Einem Eingriff des Gesetzgebers stimmen im Übrigen auch Teile der Gewerkschaften nicht zu. Da sind wir also in guter Gesellschaft.