Protokoll der Sitzung vom 29.06.2005

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Zuruf des Abg. Dr. Lasotta CDU)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Lasotta.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Schmiedel, ich glaube, Sie gehen in der Art und Weise, in der Sie jetzt dem Parlament gesagt haben, dass angeblich nichts passieren würde, vollkommen an der Sache vorbei.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Natürlich werden illegale Beschäftigung, Schwarzarbeit und auch Scheinselbstständigkeit bekämpft. Dazu gibt es die entsprechenden Instrumente, und diese werden auch angewandt.

(Abg. Capezzuto SPD: Wo? Wann denn? Wie oft?)

Durch die Staatsanwaltschaft und die Polizei mit den entsprechenden Partnerstellen vor Ort, auch in Verbindung mit dem, was beim Zoll eingerichtet wurde, den Arbeitsgruppen Finanzkontrolle Schwarzarbeit, findet eine effiziente Kontrolle illegaler Beschäftigung in Baden-Württemberg statt.

(Abg. Ruth Weckenmann SPD: Das behauptet nicht einmal die FKS selber! Sprechen Sie mal mit denen!)

Sie kennen mich ja und wissen, dass ich meine Worte sehr differenziert wähle. Deshalb sage ich auch einen Punkt ganz deutlich: Mich hat natürlich schon die Meldung der FKS und auch der entsprechenden Finanzbehörden interessiert, dass seit der Verwaltungsreform die Meldungen, die früher über den WKD gelaufen sind, jetzt über diesen Weg nicht mehr laufen. Unsere Zielrichtung gegenüber der Landesregierung – unsere Fraktion hat ja einen entsprechenden Änderungsantrag gestellt – ist auch ganz klar: dieses Thema aufzuarbeiten und hier, wenn es Schnittstellenprobleme, Übermittlungsprobleme geben sollte, auch aktiv zu werden und die Probleme abzustellen.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Dann machen Sie es rückgängig und wieder so, wie es früher war! Vor- her war es besser! Der Oettinger soll mal etwas an- ders machen als der Teufel!)

Insofern hat Ihr Antrag einen Wert.

Aber jetzt müssen wir an einem Punkt ganz deutlich differenzieren. Ihr Antrag geht ja auch noch ein Stück weiter. Er beschäftigt sich mit der Ausweitung der Entsenderichtlinie und geht auf den Bereich Scheinselbstständigkeit ein. Wenn Sie jetzt den Eindruck erwecken wollen, durch die Ausweitung der Entsenderichtlinie würden die Probleme behoben werden, dann muss ich Ihnen sagen, dass das eben nicht der Fall ist.

(Abg. Schmiedel SPD: Aber reduziert!)

Sie kennen ja die Probleme, die momentan in den Schlachthöfen bestehen und im Bereich des Handwerks, wo in bestimmten Bereichen bei den Handwerkskammern die Zuwächse bei den Betriebsanmeldungen, zum Beispiel durch Fliesen- und Plattenleger, 80 bis 90 % betragen, insbesondere durch Menschen aus Osteuropa. Dieses Problem lösen Sie mit der Entsenderichtlinie nicht. Zum großen Teil handelt es sich ja auch nicht um Scheinselbstständige, sondern um wirklich Selbstständige.

(Abg. Drexler SPD: Das können Sie doch gar nicht nachprüfen!)

In dem Punkt hat die Bundesregierung klipp und klar versagt.

(Beifall bei der CDU – Abg. Drexler SPD: Sie prü- fen es doch gar nicht nach, die Polen!)

Natürlich! Herr Drexler, ich begründe Ihnen das.

In zwei Punkten hat die Bundesregierung da klipp und klar versagt, weil sie bei den Verhandlungen zum EU-Vertrag im Unterschied zu anderen Ländern wie beispielsweise Österreich keine Übergangsfristen für die Dienstleistungsfreiheit festgelegt hat, sodass nur für die Arbeitnehmer die entsprechenden Übergangsfristen von sieben Jahren gelten.

Zum Zweiten hat der Bundestag beschlossen, für bestimmte Bereiche im Handwerk den Meisterzwang aufzuheben. Damit greift auch die EU-Richtlinie zur Qualifikation nicht mehr. Das ist genau das Problem, dass jetzt Menschen – Osteuropäer – nach Deutschland kommen und die Rechtslücken ausnutzen, die entstanden sind, weil die Bundesregierung es versäumt hat, die entsprechenden Festlegungen zu treffen. Damit entsteht die Problematik vor Ort.

(Beifall bei der CDU – Abg. Zimmermann CDU: Genau! Das ist das Problem! – Zuruf der Abg. Ruth Weckenmann SPD)

Im Übrigen muss Ihnen das auch bekannt gewesen sein, weil der Bundesrat und auch die CDU/CSU-Bundestagsfraktion bereits im Jahr 2001 zu den Verhandlungen über den EU-Vertrag deutlich gemacht hat – im Übrigen damals auch die SPD-regierten Länder wie Niedersachsen –, dass hier eine Gefahr besteht. Vorkehrungen gegen diese Gefahr zu treffen haben Sie klipp und klar versäumt.

Deswegen können Sie den Vorwurf nicht auf das Land abwälzen und sagen, hier werde nicht vollzogen und es finde keine Bekämpfung der Schwarzarbeit und der Scheinselbstständigkeit statt. Vielmehr haben Sie in der Ausgestaltung Ihrer entsprechenden Gesetzgebung eklatant versagt. Andere Länder zeigen, wie man es besser machen kann.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Wenn Sie jetzt versuchen, auch noch den Eindruck zu erwecken – und Sie vermischen das ja dann auch noch mit der Erweiterung der Entsenderichtlinie; zum Thema Mindestlöhne hat sich ja auch Ihre Parteivorsitzende jüngst wieder geäußert –, dass über die Hintertür der Ausweitung des Entsendegesetzes Mindestlöhne in Deutschland eingeführt würden

(Abg. Ruth Weckenmann SPD: Das entscheiden die Tarifpartner!)

und damit angeblich Lohndumping bekämpft würde, dann geht das völlig an der Situation vorbei,

(Abg. Drexler SPD: Nein! – Zuruf der Abg. Ruth Weckenmann SPD)

weil Sie damit die Tarifvertragsparteien bevormunden wollen.

(Abg. Drexler SPD: Nein!)

Eine Allgemeinverbindlichkeitserklärung für einen entsprechenden Tarifvertrag kann auch schon jetzt abgeschlossen werden, und das wird auch gemacht.

(Abg. Drexler SPD: Aber Sie haben es nicht über- setzt! Sie wollen nicht zustimmen im Bundesrat!)

Ja, natürlich! Weil die Bundesregierung es versäumt hat, endlich einmal – wie es der Bundesrat und die CDU/CSUBundestagsfraktion es gefordert haben – den Lohndumpingbericht vorzulegen.

(Zurufe der Abg. Drexler und Ruth Weckenmann SPD)

Das ist ein ganz entscheidendes Instrument, das wir brauchen, damit wir überhaupt sagen können, welche Zahlen wir in welchen Branchen haben.

(Abg. Drexler SPD: Die Zahlen liegen doch vor!)

Die Zahlen liegen nicht vor.

(Abg. Drexler SPD: Doch! Ich zeige sie Ihnen nachher!)

Die Bundesregierung weigert sich, den entsprechenden Bericht abzugeben, Herr Drexler, und deswegen geht Ihre Diskussion völlig an den Tatsachen vorbei.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Das Land handelt und ist aktiv. Wir müssen in bestimmten Bereichen Verbesserungen erreichen,

(Abg. Drexler SPD: Der Wirtschaftsminister kommt spät und schläft!)

insbesondere was den Bereich des früheren WKD betrifft. Ansonsten müssen Sie schauen, dass Sie eine vernünftige Arbeitsmarktpolitik machen

(Abg. Ruth Weckenmann SPD: Das ist doch lä- cherlich!)

und vor allem nicht EU-Verträge aushandeln, die zulasten der deutschen Arbeitnehmer gehen, obwohl Sie es eigentlich besser machen könnten.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Drexler SPD: Nein!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Noll.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen!

(Abg. Capezzuto SPD: Das ist doch ein Wirt- schaftsproblem! Hier sprechen laufend Mediziner!)

Ja, wenn hier ein Mediziner spricht, ist das insofern gut, als er gelernt hat, vor der Therapie eine Diagnose zu stellen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)