Ich kann Ihnen die Niederschrift der Debatte gerne mitgeben. – Die SPD hat sich also in eine gute Richtung bewegt – das wollen wir anerkennen –, fordert uns jetzt allerdings auf, das ins Gesetzblatt zu schreiben. Das finde ich schon ein bisschen originell.
Lieber Herr Oelmayer, Herr Jerzy Montag, der Ihnen ja wohl bekannt ist, hat nach dem Moshammer-Mord gesagt, die schnelle Aufklärung dieses Mordes belege, dass das geltende Recht ausreiche. Sie haben – auf genau derselben Linie – gesagt, es müsse nichts passieren, es gebe keine Regelungslücken. Auch Sie haben sich bewegt, und auch das ist in Ordnung. Am Schluss haben Sie sich genau auf die Linie hin bewegt, auf der sich alle wiederfinden können. Das ist gut so, und deswegen kommen wir mit einem wichtigen Instrument der Verbrechensbekämpfung ein Stück weiter.
Lieber Kollege Theurer, den Antrag, den wir gestellt haben, ziehen wir noch nicht zurück. Wir sollten schon noch einmal kurz auf einige Punkte eingehen.
Herr Justizminister, Sie haben jetzt sehr genüsslich unter Hinweis auf die Berichterstatterin im Bundestag erwähnt, dass sich die SPD doch massiv bewegt habe. Gleiches kann
ich Ihnen auch attestieren. Sie haben sich auch weit von dem entfernt, was Ihre Berichterstatterin noch am 17. Juni zu diesem Gesetzentwurf gesagt hat, den Sie jetzt eigentlich inhaltlich unterstützen. Da hat die gute Frau Piltz gesagt:
Für die Bürgerrechte in diesem Land wäre es ein schwarzer Tag, wenn das von Rot-Grün vorgelegte Gesetz in Kraft tritt. Das Gesetz trägt die Handschrift einer Politik, die in der Abwägung zwischen Bürgerrechten und vermeintlicher Steigerung der Sicherheit immer diejenige Maßnahme wählen wird, die zulasten der Bürgerrechte geht.... Die Menschen in unserem Land werden immer mehr zum Objekt staatlichen Handelns. Ich frage Sie: Wo bleiben die Rechte der Bürger?
Das frage ich Sie auch, wenn Sie jetzt unserem Gesetzentwurf zustimmen. So gesehen haben sich also bei diesem Diskussionsprozess alle bewegt.
Herr Kollege Blenke, Sie haben ja für die CDU signalisiert, dass Sie sich inhaltlich diesem Gesetz nicht widersetzen. Wenn Sie uns jetzt dafür rügen, dass wir hier eine Eilbedürftigkeit sehen, kann ich Ihnen nur entgegenhalten: Sie haben das monate- und jahrelang angemahnt. Sie haben immer die Verschärfung gewollt und von uns verlangt, dass mehr getan wird. Jetzt, wo wir das getan haben, geht es Ihnen plötzlich zu schnell. Das passt auch nicht zusammen. Also irgendwann müssen Sie sich schon einmal entscheiden: Wollen Sie das Gesetz so und jetzt, oder wollen Sie es nicht?
Herr Justizminister, Ihre Ankündigung, dass Sie aufgrund der Beratungen den Vermittlungsausschuss nicht anrufen werden, haben Sie allerdings mit dem Hinweis auf die Koalitionsdisziplin, auf die Koalitionsräson relativiert, da das natürlich in einer Koalition in der Regierung abgesprochen werden muss. Wir können unseren Antrag nur zurücknehmen, wenn wir ganz sicher sind, dass dieses Gesetz ohne Beanstandung durch Baden-Württemberg durch den Bundesrat geht. Wenn das verbindlich feststeht, können wir unseren Antrag heute für erledigt erklären lassen. Ansonsten lassen wir darüber abstimmen.
Dann kommen wir zur geschäftsordnungsmäßigen Erledigung. Es ist Abstimmung beantragt. Ich lasse deshalb über den Antrag der Fraktion der SPD, Drucksache 13/4419, abstimmen. Wer diesem Antrag zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. –
Große Anfrage der Fraktion der SPD und Antwort der Landesregierung – Situation der Sportvereine in BadenWürttemberg – Drucksache 13/2627
Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Besprechung der Großen Anfrage fünf Minuten je Fraktion und für das Schlusswort fünf Minuten.
Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Ich möchte die Große Anfrage der SPDLandtagsfraktion zum Thema „Situation der Sportvereine in Baden-Württemberg“ dazu nutzen, dass wir uns wenigstens einmal in dieser Legislaturperiode außerhalb der Haushaltsberatungen etwas intensiver und vielleicht auch in einem ruhigeren Ton über die Situation der Sportvereine im Land Baden-Württemberg austauschen und darüber diskutieren können.
Zunächst möchte ich die Gelegenheit nutzen, all denjenigen, die in den Sportvereinen in unserem Land ehrenamtlich tätig sind – das sind 3 600 Frauen und Männer, die es schaffen, in der Regel pro Woche 3,7 Millionen Menschen zu bewegen –, ganz schlicht an dieser Stelle Dank für ihr Engagement auszusprechen.
3,7 Millionen Menschen in Baden-Württemberg – das ist immerhin ein Drittel der Bevölkerung – sind eine ungeheure Zahl. Das sind nicht nur Menschen, die bewegt werden, damit sie gesundheitlich fit sind, damit sie Spaß an Bewegung und Sport haben, damit sie Leistung zeigen können, die in ihnen steckt, sondern dadurch wird auch ein ungeheurer sozialer Kitt in unserer Gesellschaft geschaffen. Ich glaube, ohne diesen Kitt könnten wir uns Baden-Württemberg hier und heute gar nicht vorstellen.
D e n Verein – das geht aus der Antwort der Landesregierung hervor, und das haben auch Vereinsstudien des Württembergischen Sportbundes der letzten Jahre bestätigt – gibt es in Baden-Württemberg nicht. Die Palette umfasst Großvereine wie den VfB Stuttgart oder den VfL Sindelfingen, die in speziellen Sportarten große Erfolge erzielen und eine ungeheuer große Zahl von Mitgliedern haben. Aber Sportvereine in Baden-Württemberg sind auch Einspartenvereine mit 40, 50 oder 60 Mitgliedern, die genauso eine soziale Verbindung zu ihrem Verein herstellen, wie das bei den großen Vereinen mit ihrer riesigen Mitgliederzahl der Fall ist.
Deswegen ist es gut geregelt, dass wir hier vom Land Baden-Württemberg, vom Landtag, von der Politik aus Geld zur Verfügung stellen, aber auch in unserer Verfassung festgelegt haben, dass die Sportvereine, die Sportbünde und die Sportorganisationen autonom und nach ihren Bedürfnissen dieses Geld verteilen. Ich glaube, das ist auch die einzige Art und Weise, wie wir angemessen honorieren können, dass dort verantwortlich gearbeitet wird.
Wenn wir genauer in die Strukturen hineinschauen, dann wird deutlich, dass es in den letzten Jahren bei den Sport
vereinen auch Veränderungen gegeben hat und es vor allem bei den mittleren und größeren Vereinen in den letzten Jahren notwendig geworden ist, von der reinen Ehrenamtlichkeit wegzugehen und auch hauptamtliche Kräfte für die Leitung, für die Geschäftsführung, für die Organisation großer Vereine einzuspannen. Das führt dazu, dass dort inzwischen nicht nur Ehrenamtliche beschäftigt sind, sondern dass Sport über Leistungssportvereine hinaus im Fußballbereich zu einem Wirtschaftsfaktor in Baden-Württemberg geworden ist, den wir, denke ich, auch in unseren Überlegungen über die Zukunft des Sports in Baden-Württemberg berücksichtigen müssen.
In der Antwort auf die Große Anfrage – das liegt in der Sache begründet – wird natürlich über den Iststand und die Vergangenheit der Sportvereine in Baden-Württemberg Auskunft gegeben. Ich denke aber, es ist auch der Zeitpunkt gekommen, wo man darüber nachdenken muss, wie denn die Zukunft der Sportvereine in Baden-Württemberg aussehen kann. Da müssen wir uns hier selbstverständlich über die Rahmenbedingungen unterhalten, unter denen Sport in Baden-Württemberg organisiert und betrieben wird.
Wir haben in den letzten Jahren häufig erlebt, dass es in den Haushaltsdebatten um Kürzungen ging, die – das habe ich das letzte Mal schon ausgeführt – das Ergebnis hatten, dass innerhalb der letzten 15 Jahre der Betrag, den die Sportvereine pro Mitglied an Zuschuss vom Land bekommen, sich halbiert hat. Das ist der Stand. Wenn wir wissen, dass der Sport in Baden-Württemberg ein Zukunftsmarkt ist, immer mehr Menschen bindet und hier steigende Mitgliederzahlen zu verzeichnen sind, dann wissen wir auch, dass es so nicht weitergehen kann.
Dazu stellen wir drei zentrale Forderungen. Die eine ist, dass wir uns dringend noch einmal über die Übungsleiterpauschale unterhalten müssen und darüber, wie sie in Zukunft gesichert werden kann. Denn nur über gut ausgebildete Übungsleiter lassen sich in einer modernen Gesellschaft Menschen an Sportvereine binden.
Zweitens müssen wir uns noch einmal darüber unterhalten, wie wir in Zukunft Sportstätten fördern. In der Auseinandersetzung hierüber sind wir nach wie vor der Meinung, dass wir von der Pauschalförderung in der Sportstättenförderung, die in den kommunalen Finanzausgleich geht, wieder zur Projektförderung zurückkehren sollten.
Wir müssen uns drittens darüber unterhalten, wie der Sport in Zukunft an den Wettmitteln partizipieren kann. Hierzu stehen ja auch gerichtliche Entscheidungen aus. Da muss man einfach sagen: Von einem Solidaritätspakt zu reden – Herr Oettinger ist im Moment nicht da, das ist schade – und hier Versprechungen zu machen, dann aber wieder ins Weite zu verschwinden und Schweigen zu verbreiten, ist kein verantwortlicher Umgang mit denen, die im Sport tätig sind. Deswegen erwarte ich heute hierzu von den Regierungsfraktionen und von der Landesregierung Antworten.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Was die SPD dazu veranlasst hat, eine Große Anfrage vom Jahresende 2003 jetzt bei dieser Plenardebatte auf die Tagesordnung zu bringen,
(Abg. Marianne Wonnay SPD: Also, das haben wir ja jetzt schon x-mal besprochen, wie das Verfahren ist!)
Im Inhalt geht es um Folgendes – in der gebotenen Kürze natürlich –: Aller vorgetragenen Kritik zum Trotz sprechen die Fakten eine klare Sprache. Baden-Württemberg ist ein Sportland. Da kann man noch so viel herumkritisieren.