Rückschritte gibt es natürlich bei der Ausgestaltung der Chancengleichheitspläne. Frau Lichy, das, was Sie dazu gesagt haben – „nur noch alle fünf Jahre, wegen des Bürokratieabbaus“ –, war so nicht korrekt. Ist es angesichts der heutigen Technik vielleicht möglich, Daten einfach fortzuschreiben? Das ist doch eigentlich nicht schwierig.
(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Faule Ausrede, Frau Kollegin! – Abg. Döpper CDU: „Alles ist mach- bar“!)
Auch Sanktionen, wie sie von den Frauenvertreterinnen immer wieder gefordert werden, kommen nicht vor. Dabei ist die CDU doch sonst, was Ahndungen durch Sanktionen betrifft, nicht so zimperlich – warum denn nicht eigentlich an dieser Stelle?
Frau Lichy, Sie wissen natürlich, dass die Frauenverbände wesentlich mehr Kritikpunkte vorgebracht haben und nicht nur zufrieden sind.
Ich will bloß noch einen Satz sagen. – Auch zu den Personalvorstellungsgesprächen werden wir einen Änderungsantrag einbringen.
Die Sonderbereiche kommen eben auch zu kurz, zum Beispiel der SWR. Auch die Art Ihres Umgangs mit den Beteiligten ist beachtlich. Ich möchte doch noch einen Satz zitieren und lese Ihnen eine Zeile aus einem Brief des SWR-Intendanten Voss an das zuständige Ministerium vor:
Leider sind wir erst kurzfristig über dieses Gesetzesvorhaben informiert worden. Der SWR hat über seine Gleichstellungsbeauftragte während der Erarbeitung dieses Gesetzentwurfs mehrfach um Beteiligung gebeten. Diese Bitte wurde nach Aussagen unserer Beauftragten leider nicht berücksichtigt.
(Abg. Ursula Haußmann SPD: Wir können alles außer Frauenpolitik! – Zuruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)
Ich will zum Abschluss kommen. Sie trauen sich ganz offensichtlich nicht, eine öffentliche Anhörung zu den strittigen Punkten durchzuführen. Ich frage mich, wovor Sie eigentlich Angst haben. Haben Sie Angst davor, dass das Gesetz wirklich ein Erfolg werden könnte?
Aber wenn Sie sich schon keine öffentliche Anhörung zutrauen, dann gebe ich Ihnen jetzt folgenden Ratschlag:
(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU und der Grünen – Abg. Seimetz CDU: Der Präsident ist chancenlos! Keine Chancengleichheit!)
Nehmen Sie einfach einmal das Bundesgleichberechtigungsgesetz in die Hand. Da müssen Sie nicht einmal nacharbeiten, sondern einfach nur abschreiben. Dann bekommen wir ein Gesetz, wie wir alle es uns wünschen: ein Landesgleichberechtigungsgesetz mit Biss.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Mit der Novellierung des Landesgleichberechtigungsgesetzes setzen wir eine positive Entwicklung bei der Förderung der beruflichen Chancen für Frauen und bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Männer und Frauen im öffentlichen Dienst des Landes Baden-Württemberg fort. Der kürzlich vorgelegte zweite Bilanzbericht der Landesregierung zum Landesgleichberechti
gungsgesetz belegt dies anhand der vorgelegten Zahlen. Zur Verdeutlichung darf ich einmal drei wesentliche Bereiche herausgreifen, die die Entwicklung der beruflichen Situation weiblicher Beschäftigter im öffentlichen Dienst des Landes im Berichtszeitraum 2000 bis 2004 beleuchten.
Der Anteil der Frauen an den Beschäftigten in der Landesverwaltung insgesamt ist seit dem Jahr 2000 kontinuierlich von 47,4 % auf 49,5 % im Jahr 2004 gestiegen –, ein Anstieg um 2,1 Prozentpunkte. Der Frauenanteil im gehobenen Dienst beträgt mehr als die Hälfte der Beschäftigtenzahl und lag im Jahr 2004 bei 57,5 % – ein Anstieg um 2,2 Prozentpunkte seit 2002.
Der Frauenanteil im höheren Dienst ist im Berichtszeitraum um 5,4 Prozentpunkte und damit deutlich gestiegen.
Aktuell beträgt der Anteil der Frauen im höheren Dienst 35,2 % – ein positiver Trend auch im höheren Dienst.
Frau Haller-Haid, wenn Sie sagen, Frauen seien zum Beispiel im Wirtschaftsministerium völlig unterrepräsentiert,
dann denken Sie aber auch einmal an das Justizministerium und den ganzen Justizbereich, wo der Frauenanteil enorm gestiegen ist.
(Zurufe der Abg. Zeller SPD, Brigitte Lösch und Boris Palmer GRÜNE – Gegenruf der Abg. Heide- rose Berroth FDP/DVP – Heiterkeit – Unruhe)
Getrübt wird diese durchweg positive Entwicklung – da gebe ich Ihnen Recht – dadurch, dass Frauen in Führungsund Leitungspositionen des höheren Dienstes nach wie vor unterrepräsentiert sind.
(Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Vor allem bei der FDP! – Abg. Capezzuto SPD: Der Hausmeister im Sozialministerium ist jetzt eine Frau!)
Auch diese Tatsache wird durch den Bilanzbericht klargestellt. Es besteht weiter Handlungsbedarf, um mehr Frauen im höheren Dienst in Führungs- und Leitungspositionen zu bringen – auch darin sind wir uns einig. Auch das muss bei all den positiven Trends, die zu verzeichnen sind, gesagt werden.
Ein Ansatzpunkt, um dies zu erreichen, ist die Wiederbesetzung von Stellen durch Frauen nach dem Ausscheiden von Bediensteten durch Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze. Meine Damen und Herren, in den nächsten zwei Jahren werden in der Landesverwaltung 4 681 Bedienstete in den Ruhestand gehen. Hier bietet sich die Chance, qualifizierte Frauen – an denen es wirklich nicht mangelt – besonders bei der Wiederbesetzung von frei gewordenen Stellen zu berücksichtigen.
Das novellierte Landesgleichberechtigungsgesetz, jetzt Chancengleichheitsgesetz genannt, bietet die rechtliche
Grundlage, um diese Anpassung in den kommenden Jahren zu ermöglichen und die Chancengleichheit zu realisieren.
Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist ein weiteres Ziel, das durch das Chancengleichheitsgesetz in den Mittelpunkt gestellt wird. Die Möglichkeit zur Teilzeitbeschäftigung ist hierfür eine wichtige Voraussetzung. Der Bilanzbericht zeigt auch hier eine deutliche Zunahme bei den Beschäftigtenzahlen insgesamt, wobei die Zahl der teilzeitbeschäftigten Frauen um 16 % und die Zahl der teilzeitbeschäftigten Männer sogar um 25 % gestiegen ist. Dies ist eine Tendenz, meine Damen und Herren, die auch ein verändertes Familienverständnis widerspiegelt. Dass sich Männer vermehrt den Familienaufgaben widmen, entspricht auch der Zielsetzung des Landesgleichberechtigungsgesetzes in alter und in novellierter Form.
Dieses Ziel wird durch die Vorgabe gefördert, dass Dienststellen ein ausreichendes Angebot an Teilzeitarbeitsplätzen auch bei Stellen mit Vorgesetzten- und Leitungsaufgaben zu schaffen haben und – das ist das Entscheidende – diesen teilzeitbeschäftigten Bediensteten die gleichen Aufstiegsmöglichkeiten und Fortbildungschancen einzuräumen sind wie den Vollzeitbeschäftigten.
Dass keine beruflichen Nachteile aus einer Teilzeitbeschäftigung erwachsen, ist sicher eine wichtige Motivation für Männer, sich vermehrt der Familie zu widmen. Für Frauen bedeutet dies, nicht mehr automatisch wegen Familie und Kindern auf einen Aufstieg verzichten zu müssen.
Insgesamt wurden mit dem Landesgleichberechtigungsgesetz, wie der zweite Bilanzbericht zeigt, entscheidende Weichen gestellt, um für Männer und Frauen gleiche Chancen und Ausgangsbedingungen zu schaffen.
Meine Damen und Herren, das Chancengleichheitsgesetz wird diese positiven Entwicklungen weiter verstärken, sodass wir auf einem guten Weg sind. Manche mögen dieses Gesetz – Sie haben es vorhin auch so genannt – als Gesetz ohne Biss kritisieren. Tatsache aber ist – das belegt der Bilanzbericht –, dass in den vergangenen vier Jahren eine durchweg positive Entwicklung bei der Beschäftigung weiblicher Bediensteter stattgefunden hat.
Wir begrüßen die Novellierung des Landesgleichberechtigungsgesetzes als wichtigen Meilenstein auf dem weiteren Weg der Chancengleichheit für Männer und Frauen in der Landesverwaltung.