Rita Haller-Haid

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Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich frage die Landesregierung:
a) Auf welche Weise, wann und worüber wurden die zuständigen mittleren und unteren Behörden sowie die
Stadt Überlingen im Zusammenhang mit dem jüngsten Anschlag auf die Bodensee-Wasserversorgung und den damit verbundenen Verunreinigungen des Trinkwassers im Einzugsbereich der Bodensee-Wasserversorgung informiert?
b) Wann wurde erstmals das von der Stadt Überlingen dem Bodensee direkt entnommene Trinkwasser beprobt?
Frau Staatssekretärin, ist Ihnen bekannt, dass die Gesundheitsämter in den Landratsämtern erst durch die Pressekonferenz der Landesregierung informiert wurden?
Dann kamen natürlich auch sofort zu Recht die Anfragen der Bürgerinnen und Bürger, die sich ängstigten. Sie mussten sich zunächst einmal sehr umständlich informieren, wie die Lage überhaupt ist. Auch die Beprobung in Überlingen hat erst nach der Pressekonferenz stattgefunden und hat natürlich auch zu erheblicher Verunsicherung beigetragen.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie weit wir in BadenWürttemberg in den letzten zehn Jahren in der Frauenpolitik tatsächlich gekommen sind, haben Sie selbst vor der Mittagspause bei der erfolgten Vereidigung des neuen Kul
tusministers vorgeführt. Der Frauenanteil unter den Amtschefs ist bei dieser Landesregierung unter 10 % gesunken. Selbst im bei der Frauenpolitik nicht gerade sehr fortschrittlichen Bayern ist man wesentlich weiter. Also davon, frauenpolitisches Vorbild zu sein, ist diese Landesregierung weiter entfernt denn je.
Das zeigt auch der heute zu beratende Gesetzentwurf. Dieser Gesetzentwurf ist nichts anderes als der Ausdruck ihrer frauenpolitischen Konzeptions- und Tatenlosigkeit. Gerade eben konnten wir das live erleben.
Die Landesregierung hat sich mit der Novellierung des Gesetzes bekanntlich viel Zeit gelassen. Herausgekommen ist nicht viel. Es gibt ein paar überfällige Änderungen im Detail, aber im Grundsatz bleiben die Probleme dieselben wie im alten Gesetz.
Mit frauenpolitischem Aufbruch hat das Ganze nichts zu tun. Bereits die Vorgeschichte hat gezeigt, wie zögerlich die Landesregierung mit diesem Thema umgeht. Erst wurde die Novellierung immer wieder verschoben, und als dann der Gesetzentwurf endlich vorlag, kam vonseiten der Frauenvertreterinnen und der Verbände in erster Linie Kritik, und zwar zu Recht, denn so gut wie nichts von dem, was die Frauen gefordert haben, wurde in den neuen Entwurf aufgenommen. In mancher Hinsicht enthält das neue Gesetz sogar Verschlechterungen.
Ein bezeichnendes Licht auf Ihre Dialog- und Kritikfähigkeit wirft auch die Weigerung der Regierungsfraktionen, im Sozialausschuss eine öffentliche Anhörung durchzuführen. CDU und FDP/DVP haben dies mit ihrer Mehrheit abgelehnt.
Das ist nicht nur schlechter parlamentarischer Stil, sondern auch ein ganzes Stück Feigheit, Herr Haas,
weil Sie sich offensichtlich nicht zutrauen, eine öffentliche Anhörung zu diesem Thema durchzuführen.
Ein Problem, auf das ich an dieser Stelle eingehen will, ist der eingeschränkte Geltungsbereich dieses Gesetzes. Nach wie vor ist es eben im kommunalen Bereich eingeschränkt, und durch die Verwaltungsreform und die Eingliederung weiterer Teile in die Kreisverwaltungen wurde das Problem sogar noch verschärft. Damit fehlt im öffentlichen Dienst eine wirksame gesetzliche Grundlage für eine gezielte Frauenförderung.
Das ist so nicht hinnehmbar. Meine Fraktion stellt nachher den Antrag, die Kommunen uneingeschränkt in den Geltungsbereich des Gesetzes aufzunehmen. Es darf nämlich im öffentlichen Dienst im Land keine Frauenförderung erster und zweiter Klasse geben.
Frau Dederer, Sie wissen, dass das, was bei den Kommunen passiert, zweiter Klasse ist.
Für die Frauenverbände ist es auch völlig unverständlich, dass Sie ausgerechnet in der jetzigen Situation immer noch nicht bereit sind, hier etwas zu ändern. Sie kennen doch selbst den Unwillen in Sachen Frauenförderung, vor allem bei den Kreisverwaltungen. Nach zehn Jahren gibt es immer noch genug Kreise, die keinen Frauenförderplan aufgestellt haben. Wenn Sie wissen, dass etwas zehn Jahre nicht funktioniert, woher nehmen Sie dann die Hoffnung, dass es in Zukunft klappt?
Entweder ist die Landesregierung hier schlicht lernunfähig, oder – schlimmer noch – sie will eben nicht, dass die Frauenförderung in der Kommunalverwaltung tatsächlich vorankommt.
Ein weiterer Kritikpunkt von unserer Seite ist, dass Sie den Zeitraum für die Gültigkeit eines Chancengleichheitsplans auf fünf Jahre verlängern wollen. Unserer Meinung nach ist eine vernünftige Planung so nicht möglich. Wir beantragen nachher, diesen Zeitraum auf zwei Jahre zu verkürzen.
Vielleicht haben Sie Recht, Herr Haas.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, einer der zentralen Kritikpunkte ist, dass die durch die Verwaltungsreform geschaffenen Strukturen nicht entsprechend berücksichtigt wurden. Die CDU-Frauenpolitikerinnen haben ja seinerzeit selber erhebliche Nachteile für die Frauen festgestellt. Allerdings sucht man jetzt vergeblich eine Verbesserung im Gesetz. Deshalb ist es unserer Meinung nach dringend notwendig, zumindest für die eingegliederten Sonderbereiche Polizei und Schule eine Nachbesserung vorzunehmen
und die Rechte der neu geschaffenen Beraterinnen – wenn man schon diesen Bereichen keine eigenen Chancengleichheitsbeauftragten zugesteht – auszuweiten.
Es ist für uns wirklich ein Treppenwitz, dass, wie im Entwurf vorgesehen, die Zielvorgaben nur bei Einstellung und nicht auch bei Beförderung gelten. Frau Lichy, Sie wissen ja auch, dass eine Erhöhung des Frauenanteils in Führungspositionen nur möglich ist, wenn man bei den Beförderungen ansetzt. Was nützen Zielvorgaben bei Einstellungen, wenn es in den nächsten Jahren kaum Einstellungen geben wird? Deshalb muss meiner Meinung nach diese halbherzige Formulierung heute vom Tisch.
Ich fasse zusammen: Der Gesetzentwurf bringt keinen Fortschritt. Baden-Württemberg zementiert mit ihm lediglich seine Schlusslichtposition in der Frauenpolitik.
Dieser Gesetzentwurf dokumentiert die politische Schwäche und die Einflusslosigkeit der CDU-Frauenpolitikerinnen, denen es nicht gelungen ist, ihrer Kritik wirklich Taten folgen zu lassen.
Meine Fraktion wird deshalb in der Schlussabstimmung diesen Entwurf ablehnen.
Vielen Dank.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Interesse an Gleichstellungspolitik auf Regierungsseite und auch aufseiten der CDU-Fraktion ist ja schon umwerfend.
Frau Stolz, ich glaube, Sie haben noch einiges zu tun.
Aber nun zur Sache. Auf dieses Gesetz und die damit verbundene Novellierung haben wir ja nun jahrelang gewartet. Die Frauenvertreterinnen haben seit vielen, vielen Jahren immer wieder auf die völlig unzulänglichen Arbeitsbedingungen hingewiesen. Die Landesregierung hat immer wieder eine Novellierung angekündigt. Die letzte Novellierungsankündigung war im April 2003. Die Novellierung wurde dann wegen der Verwaltungsreform noch einmal verschoben. Auch die Verwaltungsreform, die eigentlich hätte Anlass sein müssen, wirklich schnell zu novellieren, wurde nicht dazu genutzt. Ich kann mich noch gut erinnern, wie damals die Vorsitzende der Frauenunion lautstark eine Novellierung gefordert hat. Doch es war wieder nichts.
Aber nun liegt der Gesetzentwurf vor. Frau Lichy, Sie haben sich wirklich lange Zeit gelassen, und man müsste nun natürlich auch annehmen: Was so lange währt, wird auch besonders gut.
Annehmen müsste man auch, dass eine solche Novellierung auf der Grundlage des letzten Bilanzberichts erfolgt – aber Fehlanzeige. Der Bericht ist erst nach der Verabschiedung der Gesetzesnovelle im Kabinett gewesen und erst nach dem Anhörungsverfahren überhaupt veröffentlicht worden. Das ist schon höchst merkwürdig, aber auf den zweiten Blick, wenn man genauer hinguckt, nicht mehr, wenn man nämlich den Bericht unter dem Gesichtspunkt ansieht, was da alles nicht drinsteht.
Im Unterschied zum ersten Bericht wird manches einfach ausgespart. Wir erfahren zum Beispiel nicht, ob die Zielvorgaben der Frauenförderpläne eingehalten wurden, wo es Schwierigkeiten gab und warum es diese gab, wo die Frauenvertreterinnen zu Personal- und Vorstellungsgesprächen hinzugezogen wurden und wo nicht. Wir erfahren zwar, dass die Zahl der Teilzeitbeschäftigten zugenommen hat, aber wir erfahren überhaupt nichts darüber, warum Teilzeitbeschäftigung – Frau Lichy, das ist so – immer noch ein Aufstiegshindernis darstellt.
Wie sieht es im kommunalen Bereich aus, nachdem Tausende Beschäftigte den Dienstherrn gewechselt haben? Frau Lichy, Sie haben selbst gesagt, die Verwaltungsreform müsse unter frauenpolitischen Gesichtspunkten begleitet werden. Nun findet sich jedoch im Bilanzbericht kein Wort dazu. Wie viele Frauenförderpläne sind denn auf kommunaler Ebene erstellt worden? Werden diese Pläne jetzt überarbeitet, oder nimmt man einfach, wie es in meinem Landkreis geschehen ist, den alten Bericht und setzt ein aktuelles Datum darunter? So läuft das nämlich.
Stattdessen haben wir jetzt viel statistisches Material, und wir haben die Erkenntnis, dass beim Frauenanteil in Führungs- und Leitungspositionen nach wie vor ein Nachholbedarf besteht. Der Frauenanteil ist zwar im Staats-, im Justizund im Sozialministerium gestiegen. Warum aber fällt der Zuwachs in anderen Ressorts so niedrig aus? Im Wirtschaftsministerium beträgt er beispielsweise nur 0,92 %. Da müssten Sie, Frau Berroth, dringend einmal nachhaken. Das Innenministerium – leider ist Herr Rech gerade nicht da – trägt sowieso die rote Laterne, da dort der Frauenanteil bei den Funktionsstellen noch einmal gesunken ist.
Herr Kollege Haas, vielleicht hören Sie lieber einmal zu. – Absichtlich wurde also im Bilanzbericht vermieden, den Finger in die Wunde zu legen. So kommt das Gesetz nun zwar mit neuem Namen daher, bringt aber nicht die echten Verbesserungen, die Frau Lichy angekündigt hat.
Ich will durchaus auch einiges loben. Sicherlich ist eine Verbesserung im Wahlverfahren gegeben. Auch auf das Verfassungsgebot als Aufgabe der Kommunen wird ausdrücklich noch einmal hingewiesen. Aber es ist für mich auf der anderen Seite überhaupt nicht nachvollziehbar, warum die Erstellung von Chancengleichheitsplänen nur eine Soll-, aber keine Mussvorschrift ist. Zu diesem Punkt werden wir auf jeden Fall einen Antrag einbringen, denn das kann so nicht stehen bleiben.
Es ist sicher auch positiv, dass bei Einstellungen künftig eine Quotenregelung besteht. Aber leider gilt dies nicht für
Beförderungen, und deshalb muss ich mein Lob auch gleich wieder relativieren.
In den nächsten Jahren kann der Frauenanteil nämlich eigentlich nur durch Beförderungen erhöht werden, weil es, wie Sie ja auch wissen, künftig nicht mehr so viele Neueinstellungen in der Landesverwaltung geben wird. Auch da, denke ich, müssen wir etwas ändern, und hier agieren Sie, Frau Lichy, eigentlich halbherzig, wenn nicht sogar mutlos.
Unsere Frauenvertreterinnen haben alle trotz der unzureichenden Bedingungen eine sehr engagierte Arbeit geleistet, und ich möchte ihnen an dieser Stelle ausdrücklich danken.
Aber unsere Frauenvertreterinnen sind auch enttäuscht darüber, dass in dem neuen Gesetz vieles noch immer nicht geregelt ist. Hier nenne ich etwa den Punkt der Freistellungen. Dazu gibt es sehr schwammige Formulierungen. So wird einfach gesagt, die Vertreterinnen müssten „im erforderlichen Umfang“ entlastet werden. Was heißt das denn eigentlich? Da müssen Sie, denke ich, auch dringend nachbessern und eine Freistellungsregelung schaffen, die an die Zahl der weiblichen Beschäftigten einer Dienststelle gekoppelt ist.
Rückschritte gibt es natürlich bei der Ausgestaltung der Chancengleichheitspläne. Frau Lichy, das, was Sie dazu gesagt haben – „nur noch alle fünf Jahre, wegen des Bürokratieabbaus“ –, war so nicht korrekt. Ist es angesichts der heutigen Technik vielleicht möglich, Daten einfach fortzuschreiben? Das ist doch eigentlich nicht schwierig.
Auch Sanktionen, wie sie von den Frauenvertreterinnen immer wieder gefordert werden, kommen nicht vor. Dabei ist die CDU doch sonst, was Ahndungen durch Sanktionen betrifft, nicht so zimperlich – warum denn nicht eigentlich an dieser Stelle?
Frau Lichy, Sie wissen natürlich, dass die Frauenverbände wesentlich mehr Kritikpunkte vorgebracht haben und nicht nur zufrieden sind.
Ich will bloß noch einen Satz sagen. – Auch zu den Personalvorstellungsgesprächen werden wir einen Änderungsantrag einbringen.
Die Sonderbereiche kommen eben auch zu kurz, zum Beispiel der SWR. Auch die Art Ihres Umgangs mit den Beteiligten ist beachtlich. Ich möchte doch noch einen Satz zitieren und lese Ihnen eine Zeile aus einem Brief des SWR-Intendanten Voss an das zuständige Ministerium vor:
Leider sind wir erst kurzfristig über dieses Gesetzesvorhaben informiert worden. Der SWR hat über seine Gleichstellungsbeauftragte während der Erarbeitung dieses Gesetzentwurfs mehrfach um Beteiligung gebeten. Diese Bitte wurde nach Aussagen unserer Beauftragten leider nicht berücksichtigt.
So gehen Sie mit den Beteiligten um.
Ich will zum Abschluss kommen. Sie trauen sich ganz offensichtlich nicht, eine öffentliche Anhörung zu den strittigen Punkten durchzuführen. Ich frage mich, wovor Sie eigentlich Angst haben. Haben Sie Angst davor, dass das Gesetz wirklich ein Erfolg werden könnte?
Aber wenn Sie sich – –
Ich komme zum letzten Satz.
Aber wenn Sie sich schon keine öffentliche Anhörung zutrauen, dann gebe ich Ihnen jetzt folgenden Ratschlag:
Nehmen Sie einfach einmal das Bundesgleichberechtigungsgesetz in die Hand. Da müssen Sie nicht einmal nacharbeiten, sondern einfach nur abschreiben. Dann bekommen wir ein Gesetz, wie wir alle es uns wünschen: ein Landesgleichberechtigungsgesetz mit Biss.
Vielen Dank.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist eine wissenschaftlich viel belegte Tatsache, dass es in der Wahrnehmung und im Umgang mit Krankheiten ganz erhebliche geschlechtsspezifische Unterschiede gibt – Frau Stolz hat es schon angedeutet – und dass solche Unterschiede keinesfalls nur Schwangerschaft, Geburt usw. betreffen, sondern eben auch Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems und des Skelettsystems. Aber auch psychische Erkrankungen sind bei Frauen anders und häufiger anzutreffen als bei Männern. Dass Frauen mit einem Herzinfarkt häufiger sterben, bevor sie in eine Klinik eingeliefert werden, muss uns alle nachdenklich machen. Wir müssen uns sehr schnell etwas überlegen, damit solche Fakten auch in der Öffentlichkeit bekannt werden.
Die Gesundheit von Frauen wird in vielfältiger Weise aber auch durch Gewalt und Misshandlungen beeinträchtigt. Das reicht von akuten Verletzungen bis hin zu aus Gewalterfahrungen resultierenden chronischen körperlichen und psychischen Beschwerden.
Diese Unterschiede werden jedoch von unserem Gesundheitssystem – hier liegt das Problem – bisher kaum berücksichtigt. Während die Bundesregierung daraus für ihre Gesundheitspolitik Konsequenzen gezogen und sich im Koalitionsvertrag für die Legislaturperiode 2002 bis 2006 verpflichtet hat, im Interesse der Patientinnen und Patienten die Leistungen und Angebote des Gesundheitssystems alters- und geschlechtsspezifischen Erfordernissen anzupassen, fehlt in der Landesgesundheitspolitik diese geschlechtsspezifische Sichtweise weitgehend. Sollte sich das nach der Rede von Frau Stolz ändern, würden wir uns darüber freuen. Bisher gilt jedenfalls: Gender Mainstreaming ist für diese Landesregierung ein Fremdwort geblieben.
Ich will dies an zwei Beispielen verdeutlichen.
In der Antwort auf die Große Anfrage führt die Landesregierung als Datengrundlage für eine geschlechtsspezifische Gesundheitspolitik das Krebsregister an. Genau dieses Register will sie, weil es angeblich nicht gut funktioniert, jetzt abschaffen. Ich frage mich, warum man da nicht eine Verbesserung angeht. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an BSE. Da hat man es seltsamerweise geschafft, sehr schnell ein Register anzulegen. Im Gegensatz dazu schaffen wir jetzt dieses Ding ab.
Das Krebsregister wollen Sie zum Jahresende abschaffen. Das ist Ihnen vielleicht noch nicht bekannt, Herr Haas.
Es ist unstrittig, dass in Deutschland ein Defizit sowohl hinsichtlich nutzbarer klinischer Krebsregister als auch hinsichtlich einer flächendeckenden bevölkerungsbezogenen Krebsregistrierung besteht.
Wenn die Ärzte das nicht melden – – Bemühen Sie sich doch lieber, diese Zahlen zu bekommen.
Klinische Krebsregister sind deshalb insbesondere für die Qualitätssicherung der Versorgung wichtig.
Schreien Sie nicht pausenlos dazwischen, sondern hören Sie zu!
Darüber hinaus sind sie wichtig als Datenlieferant für bevölkerungsbezogene Krebsregister. Nur mit diesen Daten der bevölkerungsbezogenen Krebsregister können nämlich beispielsweise die Effekte von Vorsorgemaßnahmen
wie die flächendeckende Einführung von Früherkennungsuntersuchungen wirklich evaluiert werden. Dies gilt natürlich auch im internationalen Vergleich.
Insbesondere für den Kampf gegen den Brustkrebs im Land bedeutet die Aufgabe des Krebsregisters einen Rückschlag. Wir brauchen die Daten des Krebsregisters auch, um die Effekte von Vorsorgemaßnahmen wie beispielsweise des Mammographie-Screenings – darauf komme ich noch zurück – evaluieren zu können.
Ein weiteres Beispiel ist die Haltung der Landesregierung zur aktuellen Gesundheitsreform. Herr Repnik hat sich ja maßgeblich an dieser Diskussion beteiligt. Ich kann nur sagen: Vor allem die Forderung der CDU, dass die Krankenversicherung bei privaten Unfällen künftig nicht mehr zuständig sein solle und dies privat zu versichern sei, halte ich für extrem frauenfeindlich, weil viele Privatunfälle nun einmal im Haushalt geschehen. Ich befürchte, dass dies überwiegend immer noch die Frauen betrifft. Dieses Risiko will die CDU nun alleine den Frauen aufbürden. Nicht mehr die Krankenkasse, sondern eine Privatversicherung soll hierfür zuständig sein.
Ähnliches gilt für die Forderung der CDU, den Zahnersatz aus dem Leistungskatalog der Krankenversicherung herauszunehmen. Dies halte ich vor allem für familienfeindlich. Die Ersatzkassen haben diese Absicht völlig zu Recht als reine Klientelpolitik zugunsten der privaten Krankenversicherung bezeichnet.
Denn anders als in der gesetzlichen Krankenversicherung müsste in der Privatversicherung nämlich dann für jedes Familienmitglied – also auch für Ehepartner und Kinder – eine Versicherungspolice abgeschlossen werden. Sie wissen, dass das dann nicht mehr 7,50 € im Monat sind, sondern je nach Kinderzahl ein Vielfaches davon sein kann.
Angesichts Ihrer eigenen Zerstrittenheit in solchen Fragen möchte ich nur an Sie appellieren: Helfen Sie mit, dass ein solcher Unsinn ein Ende findet! Sorgen Sie dafür, dass auch in Baden-Württemberg ein bisschen mehr nach Seehofer und vielleicht ein bisschen weniger nach Haas geschaut wird.
Meine Damen und Herren, ich möchte in dieser Diskussion noch ein paar Anmerkungen zum Brustkrebs machen. Jede zehnte Frau erkrankt im Laufe ihres Lebens an Brustkrebs. Das ist aber kein unabwendbares Schicksal. Deshalb halte ich es für wichtig, dass wir die Frauenverbände, die hierbei sehr aktiv sind, fördern und unterstützen, allen voran den Landesfrauenrat.
Meine Sprechzeit ist zu Ende?
Gut, ich muss dann sehr abkürzen.
Auf jeden Fall denke ich, dass wir jetzt einen Schritt weitergekommen sind. Wir begrüßen es deshalb sehr, dass eine Einigung in Sicht ist, dass die Ersatzkassenverbände, die IKK Baden-Württemberg und die BKKen, die Deutsche Gesellschaft für Senologie und der Krebsverband BadenWürttemberg im März dieses Jahres eine Absichtserklärung unterschrieben haben, die den Weg zum Aufbau eines strukturierten Behandlungsprogramms für Brustkrebs aufzeigt.
Zum Schluss kann ich nur noch sagen: Ich wünsche allen Partnern auf diesem Weg viel Erfolg. Sie sind auf dem richtigen Weg. Ich denke, unsere Aufgabe ist es, hierbei maßgebliche Unterstützung zu leisten.
Vielen Dank.
Frau Staatssekretärin, ist die Landesregierung bereit, in dieser Frage von Bayern zu lernen, das sich mit seinem Screening-Programm endlich darangemacht hat, die europäischen Richtlinien umzusetzen? Dies hat natürlich auch zur Folge, dass der Level, der jetzt von den Radiologen bzw. deren Verband festgelegt worden ist, nicht mehr gelten kann, dass seitens der Ärzte massiv investiert werden muss und dass ein entsprechender Druck ausgeübt wird.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Als ich vor wenigen Wochen die Presseerklärung des Sozialministeriums auf den Tisch bekam, habe ich mich wirklich gefreut und gedacht: Es kommt nicht sehr häufig vor, dass sich Regierung und Opposition einmal einig sind, sieht man einmal von der Olympiabewerbung Stuttgarts ab. Ich habe auch gedacht: Willkommen im Klub, Frau Lichy!
Aber jetzt zeigt sich wieder einmal – dass jetzt der Herr Minister gesprochen hat und nicht Sie, zeigt mir das natürlich auch –, dass es bei der Äußerung eines Wunsches bleibt, ohne dass etwas dafür getan wird, dass dieser Wunsch auch in Erfüllung geht.
Es bleibt wieder einmal nur bei einer scheinbaren Übereinstimmung und bei bloßen Lippenbekenntnissen, ohne dass entsprechende Konsequenzen gezogen werden.
Lassen Sie uns doch endlich einen Zustand beenden, mit dem Sie angeblich genauso unzufrieden sind wie wir. Ich unterstelle Ihnen, dass Sie unsere Landesverfassung ernst nehmen. Deshalb unterstelle ich auch, dass Sie es ernst damit meinen, dass die kommunalen Gremien das Volk vertreten. So steht es nämlich in Artikel 72 der Landesverfassung.
Aber das Volk, Herr Hillebrand, besteht eben nicht nur aus Männern, sondern auch aus Frauen.
Unsere Aufgabe als Parlament ist es eben auch, dafür zu sorgen, dass sich der Bevölkerungsanteil von Männern und Frauen auch in den kommunalen Gremien entsprechend widerspiegelt. Der Bevölkerungsanteil von Frauen beträgt 51 %. Wir sind da ganz bescheiden und fordern fifty-fifty. Wir wollen gleich viele Gemeinderätinnen und Gemeinderäte. Das ist unser Ziel.
Dass wir von diesem Ziel noch weit entfernt sind, brauche ich nicht zu wiederholen. Es dauert 100 Jahre, bis wir so weit sind, dass der Frauenanteil in den kommunalen Gremien 50 % beträgt. Ganz offensichtlich wollen Sie noch 100 Jahre warten. Wir wollen das nicht, übrigens genauso wenig wie die Frauen, die sich vor Ort für das Wohl ihrer Gemeinde einsetzen.
Während der Anteil der Frauen im Stuttgarter Gemeinderat 36 % beträgt, finden sich in den Gremien kleiner Gemeinden sehr häufig gar keine Frauen und beträgt der durchschnittliche Anteil der Frauen in kommunalen Gremien höchstens 8 %. Wir können uns eben nicht auf der Quote der Landeshauptstadt Stuttgart ausruhen
und sie als gutes Beispiel darstellen, wenn es auf dem flachen Land anders aussieht. Baden-Württemberg ist nun einmal ein Flächenstaat. Deshalb gilt es, Konsequenzen zu ziehen. Es gilt, jetzt das in die Tat umzusetzen, was Sie, Frau Lichy, vor sechs Wochen verkündet haben. Sie haben die Verantwortlichen in Politik und Gesellschaft aufgefordert, Regelungen und Konzepte zu entwickeln, um den Frauenanteil in der Kommunalpolitik zu erhöhen. Ich frage Sie jetzt: Was haben Sie damals mit „Regelungen und Konzepte“ gemeint? Haben Sie damit Überzeugungsarbeit gemeint, wie das heute anklingt? Wohl kaum.
Aber so weit wie Sie bei Ihrer Ankündigung geht unsere Fraktion ja noch nicht einmal. Wir wollen nach unserem Vorschlag, dass jeder fünfte Platz frei besetzt wird, was immer noch 40 % Frauen garantiert oder, je nach Sichtweise, meine Herren, mehr als 40 % Frauen verhindert. Von daher könnten Sie also heute ganz beruhigt unserem Gesetzesvorschlag zustimmen, wenn Sie schon keine Konsequenzen aus Ihren eigenen Ankündigungen ziehen und nicht in der Lage sind, einen eigenen Gesetzentwurf vorzulegen.
Stattdessen wollen Sie wieder einmal – und ich frage mich: wie lange eigentlich noch? – durch Überzeugung mehr Frauen dazu bringen, zu kandidieren. Dabei wissen Sie so gut wie ich, dass das wesentlich einfacher ist, wenn Frauen überhaupt eine Chance auf einen aussichtsreichen Platz haben. Das ist nämlich das Wesentliche.
Natürlich haben es die Wählerinnen selbst in der Hand, durch Kumulieren und Panaschieren Bewerberinnen und Bewerber unabhängig vom Listenplatz zu wählen. Aber von daher zählt das Argument, dass durch quotierte Listen der Wähler beeinflusst wird, wie das in Ihrer Partei auch immer wieder gesagt wird, bei Kommunalwahlen noch weniger als bei sonstigen Wahlen.
Vor allem Sie, meine Herren von der CDU – und da meine ich natürlich auch den Herrn Minister –, müssten wissen, dass die Platzierung der Bewerberinnen auf den Kommunalwahllisten erhebliche Auswirkungen auf die Wahl der Frauen hat. Schauen Sie sich doch einmal Ihre eigenen Listen von 1999 an. Da wurden die Frauen nämlich sehr häufig auf hintere Plätze gesetzt.
Und wen wundert es, dass sie dann nicht gewählt wurden? Der Frauenanteil in der CDU-Fraktion ist doch nicht von ungefähr so niedrig wie in keiner anderen Partei.
Bei der SPD und den Grünen sieht es anders aus, weil – –
Ja.
Genau. Frau Berroth, Sie haben die Logik begriffen. Auch die CDU hat es dringend nötig, und auch die Frauen in der CDU erwarten, dass endlich von dieser Fraktion im Landtag ein klares Signal ausgeht, dass mehr Frauen aufgestellt werden müssen.
Angesichts Ihrer Reaktion habe ich immer noch den Eindruck, dass Sie glauben, Frauen wären in der Kommunalpolitik letzten Endes verzichtbar. Aber die Kommunalpolitiker betonen immer wieder – auch die in Ihrer Partei –, wie wichtig der Blickwinkel von Frauen ist. Frauen haben durch ihren Stand in der Familie bei Themen wie Pflege, Kindergarten usw. – das brauche ich gar nicht alles aufzuzählen – einen anderen Blickwinkel auf die Kommunalpolitik, und dies hat sich zwar in der Kommunalpolitik, aber leider noch nicht hier in diesem hohen Haus herumgesprochen.
Ich bin auch unterbrochen worden.
Frau Lichy, deshalb appelliere ich in erster Linie an Sie, diesem Gesetzentwurf zuzustimmen. Ich erinnere Sie an Ihr Versprechen, auch den kommunalen Frauenbeauftragten gegenüber, hier wirklich tätig zu werden. Leider hat es ja der Innenausschuss abgelehnt, eine Anhörung der Frauenorganisationen durchzuführen. Jetzt veranstaltet der Landesfrauenrat eine eigene Anhörung. Ich bin wirklich sehr gespannt, was Sie dabei den Frauen alles erzählen wollen.
Einen Satz noch. – Ich appelliere aber auch an Sie, meine Damen und Herren von der CDU: Lassen Sie doch bitte Ihre eigene Frauenbeauftragte nicht im Regen stehen. Und Ihnen, Frau Gräßle und Frau Berroth, sage ich: Die Frauen im Land werden sich das merken und werden das auch bis zur Kommunalwahl nicht vergessen haben.
Vielen Dank.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir alle wissen: Die so genannten MINT-Berufe Mathematiker, Informatiker, Naturwissenschaftler und Techniker üben in einer Dienstleistungsund Wissensgesellschaft eine Schlüsselfunktion aus. An diesen hoch qualifizierten Spezialisten herrscht aber auf dem Arbeitsmarkt ein gravierender Mangel, insbesondere bei den Ingenieuren. Dieser Mangel wird in absehbarer Zeit nicht behebbar sein, weil die Hochschulen in diesen Fächern viel zu wenige Studierende haben.
Das kommt natürlich nicht von ungefähr, denn zwischen dem gewählten Studienfach und dem vormals in der Schule gewählten Leistungsfach besteht ein erheblicher Zusammenhang. Aber mathematisch-naturwissenschaftliche Fächer sind bei deutschen Schülerinnen und Schülern nicht eben beliebt, und nicht erst seit PISA wissen wir, dass deutsche Schülerinnen und Schüler in den mathematischnaturwissenschaftlichen Fächern im internationalen Vergleich einen Platz im unteren Mittelfeld einnehmen. Das gilt auch für Baden-Württemberg.
Wenn wir also gegen den Fach- und Führungskräftemangel in den Zukunftsbranchen unseres Landes etwas tun wollen, dann müssen wir in den Schulen beginnen. Hierzu gibt es
eine ganze Reihe von Vorschlägen, angefangen bei der Industrie bis hin zu den Kultusministerien. Doch diese Vorschläge haben häufig gemeinsam, dass sie vergessen, dass sich Jungen und Mädchen in ihrer Schulfach- und Studienfachwahl sehr unterschiedlich verhalten. Vereinfacht lässt sich sagen: Mädchen bevorzugen philologisch-kulturwissenschaftliche Fächer, Jungen eher naturwissenschaftlichtechnische Fächer. Doch wenn es vor allem Frauen sind, die jene Studien- und Berufswege meiden, die in der Informationsgesellschaft gefragt sind, dann schließen sie sich von wesentlichen Entwicklungen aus. Länder wie Griechenland, Spanien und Italien haben heute bereits einen Anteil von bis zu 50 % Frauen in diesen Fächern. Wir hier in Baden-Württemberg dagegen sind alles andere als Spitze. Nach wie vor sind Frauen in den MINT-Fächern ganz besonders unterrepräsentiert.
Meine Damen und Herren, nicht nur wegen des Gebots der Chancengleichheit werden wir uns dies künftig nicht mehr leisten können. Wenn Baden-Württemberg seinen Führungsanspruch auch künftig realisieren will, dann müssen wir mit einer breit angelegten Kampagne das Begabungspotenzial von Frauen für naturwissenschaftlich-technische Berufe gewinnen.
Dazu brauchen wir dringend ein Gesamtkonzept, das ich bei der Landesregierung bisher noch nirgends entdecken kann.
Ich möchte noch einmal betonen, dass Frauen dabei keineswegs nur eine Reserve für den Mangel an männlichen Ingenieuren sind. Ganz im Gegenteil: Kompetent ausgebildete Frauen können den naturwissenschaftlichen Bereich durch ihr kreatives Potenzial und ihren Blick auf die menschlichen Aspekte der Technik nur bereichern.
Meine Damen und Herren, wir müssen uns fragen, warum sich diese Trennung in so genannte Frauenberufe und Männerberufe bei uns so hartnäckig hält. Nur die geschlechtsspezifische Erziehung im Elternhaus dafür verantwortlich zu machen, wäre sicherlich zu einfach. Ich vermute, dass eine solche in Ländern wie Griechenland, Spanien oder Italien genauso stattfindet. Doch leider hier zitiere ich aus der Stellungnahme der Landesregierung zu dem Antrag liegen dem Wissenschaftsministerium keine Erkenntnisse darüber vor, warum das so ist.
Eine solche Antwort ist wenig befriedigend. Aber noch viel unbefriedigender ist, dass vom Ministerium noch nicht einmal eine Antwort darauf zu bekommen ist, wie sich gewählte Leistungsfächer auf beide Geschlechter verteilen und ob es einen Unterschied zu den Absolventinnen der Mädchengymnasien gibt.
Dass Schulstatistiken noch immer nicht geschlechterdifferenziert geführt werden, zeigt, dass der Gedanke des Gender Mainstreaming offenbar noch nicht im Kultusministerium angekommen ist. Frau Lichy ist jetzt leider nicht da. Aber sie hat da noch einiges zu tun. Frau Schavan braucht hier wohl dringend Nachhilfeunterricht.
Aber zumindest im Sozialministerium scheint sich etwas mehr zu tun. Um das Berufswahlverhalten zu beeinflussen, sind dort einige gute und auch sinnvolle Projekte in Gang gesetzt worden. Doch solche punktuell eingesetzten Projekte, die im Einzelfall sehr hilfreich sein können, können nicht ausgleichen, was zuvor in der Schule versäumt worden ist. In der Schule, meine Damen und Herren, ist eine ganze Menge versäumt worden. Das fängt bei der Lehrerinnen- und Lehrerausbildung an, bei der das Kultusministerium keine Möglichkeit sieht ich zitiere jetzt noch einmal , „in der Phase der universitären Ausbildung das Thema geschlechterspezifischen Zugangs zu den mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächern verbindlich vorzuschreiben“.
Ein weiteres Zitat aus der Stellungnahme der Landesregierung zu dem Antrag:
Auch an den Pädagogischen Hochschulen stünde eine verpflichtende Veranstaltung zur Vermittlung der spezifischen Zugehensweisen von Mädchen und Jungen in naturwissenschaftlichen Fächern im Widerspruch zu den Intentionen des Landes, die Anzahl der Scheine zu reduzieren.
Was bleibt also? Wieder einmal nur Absichtserklärungen? Davon haben wir schon gestern jede Menge gehört.
Doch weiter zu den Schulen: Noch immer haben wir in den Realschulen eine Aufteilung im Wahlpflichtbereich: entweder Fremdsprache oder „Mensch und Umwelt“ oder „Natur und Technik“. Genau das trägt dazu bei, dass die herkömmliche Fächerwahl beibehalten wird. Künftig ist geplant, diese Wahlmöglichkeit zeitlich ans Ende der Klasse 7 zu verlagern. Nicht geplant ist das würde aber Sinn machen , das Fach „Natur und Technik“ mit dem Fach „Mensch und Umwelt“ zusammenzulegen.
Ein solcher Schritt würde nicht nur den naturwissenschaftlich-technischen Bereich insgesamt stärken, sondern auch dazu beitragen, dass sich später mehr Realschülerinnen für ein Technisches Gymnasium entscheiden.
Schon heute studieren Mädchen aus beruflichen Gymnasien häufiger naturwissenschaftliche und ingenieurwissenschaftliche Fächer als Mädchen aus den anderen Schulen. Das ist eine durchaus erfreuliche Entwicklung, die wir
noch verstärken können, indem wir den Ausbau der beruflichen Gymnasien wesentlich schneller vorantreiben.
Ausnahmsweise spreche ich auch einmal ein Lob aus: Die derzeit stattfindenden Profilbildungen in den beruflichen Gymnasien gehen in die richtige Richtung. Da lässt sich für andere Schularten durchaus etwas abschauen.
Auch die Einführung des Faches „Naturphänomene“ in den allgemein bildenden Gymnasien ist ein richtiger Schritt, obwohl, wie wir wissen, eigentlich bereits in wesentlich jüngeren Jahren angesetzt werden sollte, nämlich dann, wenn die grundlegenden Kulturtechniken wie Lesen, Schreiben und Rechnen erlernt werden. Dies aber würde bedeuten, den geschlechtsspezifischen Ansatz in die Ausbildung der Erzieherinnen und Erzieher und in die Ausbildung der Grundschullehrerinnen und -lehrer mit einzubringen, was die Landesregierung jedoch überhaupt nicht plant.
Solange sich aber nichts an der Ausbildungssituation verändert, sollten die Chancen, die ein getrennter Unterricht von Mädchen und Jungen in diesem Bereich bietet, stärker genutzt werden. Dies sollte vor allem vor dem Hintergrund geschehen, dass Absolventinnen von Mädchengymnasien wesentlich bessere Ergebnisse erzielen und häufiger ein MINT-Fach studieren als andere.
Zum Abschluss noch ein Satz zu den Hochschulen. Junge Frauen brauchen weibliche Vorbilder. Deshalb müssen wir darauf hinwirken, dass bei den wenigen Studentinnen eines MINT-Faches bereits im Studium die Weichenstellung für eine wissenschaftliche Karriere erfolgt und mehr Frauen die Promotion oder Habilitation ermöglicht wird. Hierzu das wissen Sie gibt es eine ganze Reihe von Vorschlägen und Ansätzen. Ich nenne als Beispiel nur das Irene-Rosenberg-Programm. Solche Initiativen brauchen die Unterstützung der Politik. Sie brauchen aber vor allem auch die Mittel für ihre Umsetzung.
Aber bei allem, was wir in Schulen und Hochschulen reformieren müssen, um das Berufswahlverhalten junger Frauen in Richtung Technik zu verändern, dürfen wir eines nicht vergessen: Wenn es so ist davon geht auch die Landesregierung aus , dass ein Hauptmotiv dafür, naturwissenschaftliche oder IT-Berufe nicht zu wählen, in der erwarteten Nichtvereinbarkeit von Beruf und Familie liegt, dann sind wir schon wieder bei unserem gestrigen Thema. Ich denke, solche Ängste werden schwinden, je schneller wir ein ausreichendes Angebot an qualifizierter Kinderbetreuung auch für Kinder unter drei Jahren schaffen.
Die Befürchtung, in diesem Bereich keinen Teilzeitarbeitsplatz zu finden auch das nennt die Landesregierung als
mögliche Erklärung , wird abnehmen, je mehr sich herumspricht, wie positiv sich das neue Teilzeitgesetz der Bundesregierung genau auf die Zukunftsbranchen unseres Landes ausrichtet.
Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte mich zunächst einmal ganz herzlich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Sozialministeriums für die Erstellung dieses Berichts bedanken.
Meine Damen und Herren, es ist jetzt auf den Tag genau sechs Jahre her, dass der baden-württembergische Landtag das Landesgleichberechtigungsgesetz verabschiedet hat. Am Anfang dieses Gesetzes stand die Erkenntnis, dass der verfassungsrechtliche Grundsatz der Gleichberechtigung von Frauen und Männern noch nicht verwirklicht ist. Auch im öffentlichen Dienst in Baden-Württemberg – so die Gesetzesbegründung vor sechs Jahren – werden Leitungspositionen überwiegend von Männern eingenommen. Im höheren Dienst und in den Spitzenpositionen des gehobenen Dienstes sowie in den entsprechenden Angestelltenbereichen sind Frauen trotz gleichwertiger Qualifikation noch immer geringer vertreten als Männer. Da komme ich zu einer anderen Einschätzung als meine Vorrednerin: Es hat sich leider in den letzten sechs Jahren noch nicht allzu viel verändert.
Diese Gesetzesbegründung – daran möchte ich an dieser Stelle erinnern – wurde von der CDU mit unterschrieben.
An diesem Ziel muss sich jetzt das Gesetz nach sechs Jahren messen lassen.
Zwar leisten die rund tausend Frauenvertreterinnen unter oft unzureichenden Rahmenbedingungen eine engagierte Arbeit, für die ich mich namens der SPD-Fraktion an dieser Stelle sehr herzlich bedanken möchte.
Aber vom Ziel der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und dem Abbau von Benachteiligungen ist der öffentliche Dienst in Baden-Württemberg immer noch weit entfernt. Dies dokumentiert uns der Bilanzbericht. Nach fast sechs Jahren Praxiserfahrung ist es jetzt überfällig, dass die Landesregierung und die CDU ihre frauenpolitische Borniertheit endlich aufgeben.
Solange Sie so grummeln, wundert es mich gar nicht, dass die Frauen immer seltener CDU wählen.
Das Landesgleichberechtigungsgesetz muss endlich mit Leben erfüllt werden. Dort, wo sich Unzulänglichkeiten gezeigt haben, muss das Gesetz präzisiert und mit wirksameren Regelungen versehen werden.
Die SPD fordert deshalb, endlich die seit Jahren überfällige Novellierung des Gesetzes jetzt rasch anzugehen.
An Ankündigungen und Willensbekundungen seitens der CDU zur Novellierung des Gesetzes hat es in der Vergangenheit nicht gefehlt. Angesprochen auf die anhand von Fakten belegbare wenig durchschlagende Wirkung der jetzigen Regelung, haben auch CDU-Frauenpolitikerinnen immer wieder den Novellierungsbedarf angemahnt. Zuletzt hat die zuständige Staatssekretärin im Sommer die Novellierung angekündigt. Geschehen ist aber bis jetzt nichts.
Wir erwarten von der Landesregierung, dass sie jetzt endlich ihre jahrelange Verschleppungstaktik aufgibt.
Wo liegen nun die Defizite des Gesetzes? Der Bilanzbericht ist meiner Ansicht nach eine einzige Aufzählung solcher Defizite. Aber ich will mich hier auf vier Punkte beschränken.
Erstens: Frauen sind in Führungspositionen nach wie vor völlig unterrepräsentiert. In der Besoldungsgruppe A 16 ist in der Landesverwaltung der Frauenanteil in vier Jahren lediglich um 1,8 Prozentpunkte auf nunmehr 7,2 % gestiegen. Wenn wir in diesem Tempo weitermachen und alle
vier Jahre den Frauenanteil um 1,8 Prozentpunkte erhöhen, dann brauchen wir 50 Jahre, damit wenigstens ein Drittel der Führungspositionen mit Frauen besetzt sind.
Zweitens: Frauen sind bei Neubesetzungen von Stellen im höheren Dienst nach wie vor benachteiligt. Ein wesentliches Gesetzesziel war es, durch Zielvorgaben bei der Besetzung frei werdender oder neuer Stellen den Anteil von Frauen zu erhöhen. Dieser Gesetzesauftrag wurde kaum umgesetzt. Wenn in der Landesverwaltung in den letzten Jahren Stellen im höheren Dienst neu besetzt wurden, was wegen des Personalabbaus ohnehin selten vorkam, dann hatten Frauen nach wie vor viel zu häufig das Nachsehen. Im Staatsministerium, also der Behörde des Ministerpräsidenten, der bei der Frauenförderung ein Vorbild sein sollte – wir haben ja heute schon öfter gehört, wo er nicht Vorbild ist –, lag der Frauenanteil bei Neubesetzungen bei 0 %.
Für das Staatsministerium und den Ministerpräsidenten ist Frauenförderung offenkundig ein Fremdwort.
Im Staatsministerium wurden fünf Stellen neu besetzt, davon keine einzige mit einer Frau.
Auch in den anderen Ministerien, die eigentlich als oberste Landesbehörden für die Landesverwaltung Vorbild sein sollten, war der Frauenanteil bei Stellenneubesetzungen beschämend niedrig. In den letzten vier Jahren wurde nicht nur im Staatsministerium, sondern auch in vier anderen Ministerien keine einzige Stelle mit einer Frau neu besetzt: in der Verwaltung des Innenministeriums, im FDP/DVPgeführten Justizministerium,
im Landwirtschaftsministerium und im Umweltministerium.
Aber ich will auch einmal etwas loben. Dass es auch anders geht, zeigt das Sozialministerium. Dort kamen bei allen Neubesetzungen Frauen zum Zug.
Auch in der übrigen Landesverwaltung fällt die Bilanz überwiegend negativ aus. Um den Frauenanteil in Führungspositionen nachhaltig zu erhöhen, ist es erforderlich, dass zumindest jede zweite neu zu besetzende Stelle mit einer Frau besetzt wird. Das wäre eine wirksame Zielvorgabe. Die Realität sieht jedoch anders aus. Nur im Zustän
digkeitsbereich des Innenministeriums und des Sozialministeriums lag der Frauenanteil bei Neubesetzungen über 50 %.
In den übrigen Bereichen der Landesverwaltung lag er zwischen 30 und 45 %, im Umweltministerium sogar bei nur 16 %. Auch hier zeigen die Zahlen des Sozialministeriums, aber auch die bei der Polizei, dass eine wirksame Frauenförderung bei der Neubesetzung kein Ding der Unmöglichkeit ist. Was im Sozialministerium möglich ist, muss eben auch endlich in anderen Bereichen der Landesverwaltung gehen.
Ich komme gleich zum Ende. Einen Punkt möchte ich aber noch ansprechen, den wir unbedingt geändert haben wollen: Die Frauenvertreterinnen werden – das ist einer der größten Kritikpunkte, die die Frauenvertreterinnen immer wieder bringen – nicht im notwendigen Umfang zur Erfüllung ihrer Aufgaben freigestellt.
Ich hätte jetzt gern noch einiges zum kommunalen Bereich ausgeführt. Da sieht die Bilanz nämlich ganz katastrophal aus. Dazu reicht meine Redezeit leider nicht mehr. Deshalb ist es mir wichtig, zum Schluss einfach noch einmal zu sagen, dass diese Novellierung jetzt nicht mehr auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben werden darf.
Die Frauenvertreterinnen erwarten die Novellierung jetzt von der Landesregierung. Sie wollen nicht mehr so lange warten, bis im Jahr 2006 eine SPD-geführte Landesregierung die notwendige Novellierung endlich durchsetzt.