Ich möchte zum Schluss dieser Debatte eine Bitte äußern. Je der hat seine Einstellung zu dem, was geschehen ist. Das weiß man. Vielleicht können wir uns gemeinsam darauf einigen, dass es doch in weiten Teilen unserer Bevölkerung in BadenWürttemberg und darüber hinaus eine Betroffenheit über das gibt, was sich ereignet hat und was zu sehen war.
Bei nicht wenigen gibt es die Erwartung, dass sich die gewähl ten Vertreterinnen und Vertreter darum kümmern, diese Ge schehnisse aufzuklären. Wenn diese Menschen jetzt zuschau en und den Eindruck haben, alle Politiker beschäftigten sich lieber mit sich selbst und nutzten die Gunst der Stunde, um sich gegenseitig eine reinzuwürgen, dann wenden sich diese Teile der Bevölkerung mit Grausen ab, und zwar zu Recht.
Wir haben sehr viel Gelegenheit, miteinander zu streiten und uns gegenseitig Vorwürfe über Einstellungen und, und, und zu machen. Aber ich bitte darum, dass ab jetzt, wenn der Un tersuchungsausschuss eingesetzt ist, der Untersuchungsgegen stand in den Mittelpunkt rückt, damit die Bevölkerung zu Recht den Eindruck gewinnt, dass sich die Politiker um Auf klärung bemühen. Das muss jetzt geschehen. Das sind wir den Betroffenen, die im Schlossgarten waren, schuldig. Das sind wir übrigens auch den Polizistinnen und Polizisten schuldig,
aber vor allem den Menschen, die sich die große Frage stel len, wie es in Baden-Württemberg nach Jahrzehnten wieder zu solchen Geschehnissen kommen konnte. Deshalb meine herzliche Bitte: Gegenseitig abrüsten und das Interesse lieber auf den Untersuchungsgegenstand richten.
(Zuruf von der CDU: Das geht doch erst nach der Ab stimmung, oder? Abg. Reinhold Gall SPD: Herr Präsident, werte Kolleginnen, werte Kollegen! Kollege Hauk hat mich zu Beginn seiner Re de direkt angesprochen, aber auch gleich dazugesagt, dass er bei der besagten Sitzung des Innenausschusses nicht zugegen war. Deshalb, Herr Hauk, bitte ich, zur Kenntnis zu nehmen, dass ich sowohl während der Sitzung als auch am Ende der Sitzung gesagt habe: „Die an diesem Tag von uns gestellten Fragen wurden beantwortet. Eine vollumfängliche Bewertung der Antworten behalten wir uns vor.“ Auch einen Untersu chungsausschuss habe ich an diesem Abend nicht ausgeschlos sen. (Beifall bei der SPD)
Nach § 88 der Geschäftsordnung erfolgt eine persönliche Er klärung vor der Abstimmung und nicht nach der Abstimmung,
Es gibt keine weiteren Wortmeldungen. Wir kommen deshalb jetzt zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der SPD, Drucksache 14/7080. Hierbei handelt es sich um einen Antrag einer qualifizierten Minderheit. Der Antrag ist von 38 Mitglie dern unterschrieben. Der Landtag ist deshalb nach Artikel 35 Abs. 1 der Landesverfassung rechtlich zur Annahme des An trags verpflichtet.
Zu dem Antrag der Fraktion der SPD liegt der Änderungsan trag der Fraktion GRÜNE, Drucksache 14/7098, vor, mit dem in Abschnitt I die bisherigen Ziffern 4, 6, 9 und 10 geändert sowie in Abschnitt II die Ziffern 11 bis 13 neu aufgenommen werden sollen.
Ich verweise auf § 3 Abs. 2 des Untersuchungsausschussge setzes, gemäß dem der in einem Minderheitsantrag bezeich nete Untersuchungsgegenstand gegen den Willen der Antrag steller nicht geändert werden kann.
Ich stelle deshalb jetzt den Änderungsantrag der Fraktion GRÜNE, Drucksache 14/7098, insgesamt zur Abstimmung. Wer diesem Änderungsantrag zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Damit ist die ser Antrag bei einer Enthaltung abgelehnt.
Wer dem Antrag der Fraktion der SPD, Drucksache 14/7080, zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Zwei Gegenstimmen. Wer enthält sich? – Da mit ist dem Antrag der SPD-Fraktion mehrheitlich zuge stimmt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir kommen nun unter Punkt 3 b der Tagesordnung zur Wahl der Mitglieder und der stellvertretenden Mitglieder, der/des Vorsitzenden und der/des stellvertretenden Vorsitzenden des Untersuchungsausschus ses.
Wir wählen zunächst die Mitglieder und die stellvertretenden Mitglieder des Untersuchungsausschusses. Es ist vorgeschla gen, dass dem Untersuchungsausschuss zehn ordentliche und zehn stellvertretende Mitglieder angehören sollen. Ein ge meinsamer Wahlvorschlag aller Fraktionen liegt Ihnen vor (Anlage 1). Wenn sich kein Widerspruch erhebt, stelle ich fest, dass das Haus die vorgeschlagenen Abgeordneten zu Mitglie dern bzw. zu stellvertretenden Mitgliedern gewählt hat. – Es ist so beschlossen.
Wir kommen zur Wahl des Vorsitzenden. Nach § 6 Abs. 2 des Untersuchungsausschussgesetzes steht der CDU-Fraktion das Vorschlagsrecht für die Wahl des Vorsitzenden zu. Die CDUFraktion schlägt Herrn Abg. Winfried Scheuermann zur Wahl vor (Anlage 2). Wer Herrn Abg. Scheuermann zum Vorsitzen den des Untersuchungsausschusses wählen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist Herr Abg. Scheuermann zum Vorsitzenden des Ausschusses gewählt.
Wir haben nun den stellvertretenden Vorsitzenden des Aus schusses zu wählen. Das Vorschlagsrecht steht der SPD-Frak tion zu. Sie schlägt Herrn Abg. Reinhold Gall zur Wahl vor (Anlage 3). Wer Herrn Abg. Gall zum stellvertretenden Vor sitzenden des Untersuchungsausschusses wählen will, den bit te ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Eine Enthaltung. Damit ist Herr Abg. Gall einstimmig bei einer Enthaltung zum stellvertretenden Vorsitzenden ge wählt worden.
Bevor ich Tagesordnungspunkt 5 aufrufe, gebe ich bekannt, dass wir Tagesordnungspunkt 6 ohne Aussprache behandeln werden und Tagesordnungspunkt 8 abgesetzt haben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Bitte ist, dass wir jetzt den Tagesordnungspunkt 5 konzentriert und mit voller Aufmerksamkeit bearbeiten.
Zweite Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Reform des öffentlichen Dienstrechts (Dienst rechtsreformgesetz – DRG) – Drucksache 14/6694
Vielen Dank. – Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit der Dienstrechtsreform schaffen wir die Voraussetzungen für ein zukunftsfähiges und tragfähiges Dienstrecht für das 21. Jahrhundert. Wir haben, wie Ihnen bekannt ist, lange dafür gekämpft, in diesem Be reich die Gesetzgebungskompetenz zu erhalten. Dies ist uns nunmehr mit der Föderalismusreform I auch gelungen. Mit dem heute zur Entscheidung anstehenden Gesetzespaket schöpfen wir diese Gesetzgebungskompetenz aus. Wir zeigen mit der Dienstrechtsreform auch, dass wir die hohe Leistungs kraft und das Expertenwissen der Beamtinnen und Beamten des Landes wertschätzen und weiterhin verlässliche Partner der Beamtenschaft sind und auch bleiben werden.
Nun ist es, wie bei jeder Novellierung bzw. Generalrevision, auch erforderlich, einen ausgewogenen, sachgerechten Kom
promiss zwischen den modernen Erfordernissen, die den In teressen der Beamtinnen und Beamten entsprechen, sowie den Belangen des Landes zu erreichen. Dabei haben wir auch da rauf geachtet, die Freiräume derer, denen die Dienstherrenei genschaft vor Ort zukommt, zu vergrößern, damit sie in ihren Bereichen individuelle Lösungen im Einvernehmen mit den Personalvertretungen finden können.
Meine Damen und Herren, im Laufbahnrecht haben wir ins besondere durch Stellenhebungen im mittleren und im geho benen Dienst strukturelle Verbesserungen geschaffen, die auch in der Fläche ankommen werden. Der einfache Dienst wird durch die Dienstrechtsreform abgeschafft. Sicherlich sind da mit nicht alle Wünsche der Beamtenschaft hinsichtlich der Dienstrechtsreform erfüllt. Man kann aber, so glaube ich, mit Fug und Recht sagen, dass die strukturellen Verbesserungen fast historische Dimensionen haben.
Insbesondere haben wir auch den familienpolitischen Belan gen Rechnung getragen. So haben wir z. B. als Baustein zum „Kinderland“ Baden-Württemberg statusrechtliche Freistel lungszeiten wie z. B. die unterhälftige Teilzeit eingeführt. Da mit ist es in Zukunft nicht mehr zwingend notwendig, min destens die Hälfte der wöchentlichen Arbeitszeit von 41 Stun den abzuleisten. Vielmehr ist es jetzt möglich, dass Familien ihre Arbeitszeiten noch individueller an ihre Lebenssituation anpassen.
Die Fortführung der Altersteilzeit für schwerbehinderte Be dienstete stand für die CDU-Landtagsfraktion stets außer Fra ge.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, gestatten Sie mir, bei die ser Gelegenheit auch den kommunalen Bereich noch kurz zu erwähnen. Auch hier standen für uns Flexibilität und Moder nität im Vordergrund. So haben wir beispielsweise Mehrar beits- und Sitzungsvergütungen in die Verantwortung der Kommunen gestellt. Darüber hinaus werden wir uns in naher Zukunft mit einem eigenständigen Landeskommunalbesol dungsgesetz über weitere Verbesserungen bei den Landräten und Bürgermeistern beschäftigen.
Mit Mehrausgaben von rund 40 Millionen € im Jahr schaffen wir durch die Dienstrechtsreform strukturelle Verbesserungen bei der Beamtenbesoldung in allen Laufbahnen. Diese sind bereits im Nachtragshaushalt 2011 etatisiert, insbesondere für Stellenhebungen in den unteren Besoldungsgruppen, vor al lem im Bereich der Steuerverwaltung und der Polizei.
Die Förderung der Gesundheitsprävention mit 6 Millionen € ist ebenfalls Teil der Dienstrechtsreform. Wie Sie wissen, las sen sich viele Krankheiten durch eine gesunde Lebensweise, regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen und körperliche Akti vität verhindern. Gesundheit und Prävention gerade bei be rufsbedingten Krankheiten sind ein sehr wichtiger Aspekt. Die Gesundheitsprävention hat sich bei den Arbeitgebern in der Privatwirtschaft nachweislich bewährt. Das wird auch im öf fentlichen Dienst so eintreten. Die Gesundheitsprävention ist als Teil der Fürsorgepflicht zu sehen, die das Land BadenWürttemberg als Dienstherr gegenüber seinen Bediensteten hat.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich auf einen zentralen Bestandteil der Dienstrechtsreform kommen, auf die Erhöhung der Lebensarbeitszeit von 65 Jahren auf 67 Jahre.
Hiermit zeichnen wir zunächst die Änderungen für die Beam ten des Bundes und die Ruheständler im Bereich der gesetz lichen Rentenversicherung nach, indem die Lebensarbeitszeit bis ins Jahr 2029 stufenweise von 65 Jahren auf 67 Jahre an gehoben wird. Diese Maßnahme ist zwingend notwendig.
Da der Bund mittlerweile durch die geänderten Gesetzge bungskompetenzen keinen Versorgungsbericht mehr erstellt, hat das Land jüngst den ersten eigenen Versorgungsbericht vorgestellt. Dieser zeigt in überaus deutlicher Weise auf, wie die Zahl der Versorgungempfänger von derzeit 93 000 auf fast 160 000 ansteigen wird. Das stellt nahezu eine Verdopplung der Zahl der Versorgungsempfänger dar und wird auch min destens zu einer Verdopplung der Versorgungsausgaben füh ren. Wir schätzen den Aufwand hierfür auf etwa 6 Milliar den €. Wir fangen dies zwar durch den Versorgungsfonds, den wir eingerichtet haben, und die Versorgungsrücklage teilwei se auf; zwingend ist aber auch, die Versorgungsausgaben durch flankierende Maßnahmen wie die Erhöhung der Lebens arbeitszeit weiter zu begrenzen.