(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zuruf von der SPD: So ist es! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ich bin ein ausgewiesener Praktiker, Herr Dr. Men trup! Besuchen Sie doch einmal meine innovative Schule! – Unruhe – Glocke des Präsidenten)
Eine kleine Gemeinde, die sich sonst um das Thema Schul struktur wahrscheinlich gar nicht kümmern würde, geht einen Weg, Herr Schebesta, und Sie sagen: „Den sollen die doch ge hen. Da wünschen wir ihnen viel Freude.“ Gleichzeitig ver bieten Sie ihnen den Teil dieses Weges, der es ihnen überhaupt erst ermöglichen würde, diesen Weg zu gehen. Das, was Sie mit einer solchen Schule machen, ist doch zynisch.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Karl-Wil helm Röhm CDU: Nein, das ist richtig! Innerhalb des Systems! – Glocke des Präsidenten)
Nein, jetzt nicht. – Hier geht es nicht um Blütenträume, hier geht es um ein konkretes Pro jekt. Frau Ministerin, warum kann die Integrierte Gesamtschu le Mannheim in den Klassen 5 bis 7 die Bildungspläne zusam menführen? Die Schule macht in den Kernfächern ABC-Kur se – das weiß ich –, aber ansonsten sind die Bildungspläne auf unterschiedlichen Niveaus zusammengeführt.
Warum wird im Rahmen eines Pilotprojekts an der Geschwis ter-Scholl-Schule in Tübingen in einem Kooperationsprojekt Hauptschule/Realschule genau das umgesetzt, was Mulfingen macht, nämlich Klassen, die sich zu einem Drittel aus Haupt schülern, zu mindestens einem Drittel aus Realschülern und aus noch einigen anderen Schülern zusammensetzen, die ei ne Gymnasialempfehlung haben? Die brauchen nicht einmal die Genehmigung eines Schulmodells zu beantragen.
Warum verbieten Sie dies dann dieser kleinen Schule? Sie sa gen einfach: „Das passt nicht in die Struktur.“ Sie machen das
Herr Schebesta, Sie führen jetzt aus, das mit den Anmelde zahlen sei fraglich. Wie ist es denn bei Ihrem Werkrealschul konzept? Sie haben zweizügige Werkrealschulen genehmigt, die jetzt im ersten Herbst nach ihrem genehmigten Betriebs beginn schon einzügig sind. Fangen Sie da auch an, vor Ort zu diskutieren und zu erklären, dass vielleicht der Standort gar nicht mehr zu halten ist? Hier haben wir 33 Anmeldungen, und es wären noch wesentlich mehr gewesen, wenn man auch die Anmeldungen aus den umliegenden Gemeinden akzeptiert hätte. Insofern war an dieser Stelle sogar die Voraussetzung für eine zweizügige Schule gegeben, weil der Klassenteiler gleichzeitig auf 32 gesunken ist.
Es ist doch arrogant, wenn Sie, Frau Ministerin oder Herr Schebesta, dann schon zu wissen glauben, das Ganze werde von den Eltern dort auf Dauer nicht mitgetragen. Wie wollen Sie das vor Ort überhaupt verkaufen, wenn an anderen Stel len – –
(Abg. Volker Schebesta CDU: Weil es anderswo ge nauso ist! – Gegenruf des Abg. Norbert Zeller SPD: Quatsch! – Gegenruf des Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Das ist die Realität!)
Ich sehe, dass Sie bei Ihrem Werkrealschulkonzept jetzt ge nau diese Probleme bekommen. Aber das Mulfinger Konzept ist diesem Werkrealschulkonzept überlegen, weil es nämlich den echten Realschulabschluss integrieren will. Sie wissen ge nauso wie ich, dass das bei den Eltern eine höhere Akzeptanz hat.
Ihren Hinweis auf das Trojanische Pferd, Frau Arnold, finde ich besonders spannend. Die FDP/DVP und Sie persönlich waren es, die vor etwa einem Jahr vorgeschlagen haben: Las sen Sie uns doch über eine kleine Arbeitsgruppe jedes Jahr zehn Schulversuche auswählen, damit wir genau solche indi vidualisierten Konzepte weiter ausprobieren können. Sie ha ben schon bei anderer Gelegenheit hier vorn gestanden und bedauert, dass Herr Rau solche Einzelmodelle nicht geneh migte. Jetzt sehe ich bei Ihnen eine Kehrtwendung um 180 Grad. Das alles passt doch überhaupt nicht zusammen.
Ich kann jetzt leider keine weiteren Ausführungen machen. Über das Thema Hamburg können wir uns gern noch unter halten, Frau Ministerin. Nur so viel: Schleswig-Holstein ist genau das Gegenmodell; dort wollen alle die Gemeinschafts schule. Es geht uns überhaupt nicht darum, 1 600 oder 1 200 Schulen zwangszubeglücken, sondern es geht uns darum, vor Ort Schulentwicklung zu ermöglichen. Die Rahmensetzung muss über Qualität laufen, Frau Ministerin. Da bin ich doch mit Ihnen einig. Wenn ich über Qualität steuere, brauche ich nicht über das Festhalten an einer Struktur zu steuern, die die sem Schulstandort überhaupt keine Chance lässt, zu überle ben, obwohl Sie selbst sagen, das pädagogische Konzept sei vorbildlich. Das passt doch überhaupt nicht zusammen.
Lassen Sie dieses eine Modell laufen. Dann können wir noch immer sehen, wie sich die Akzeptanz entwickelt. Aber Sie las sen sich auf einen fairen Wettbewerb überhaupt nicht ein, weil Sie diese Modelle von vornherein ablehnen. Dann bleibt der Weg in das Privatschulsystem. Herr Kluck – jetzt ist er leider nicht da –, unsere Kritik richtet sich nicht gegen das Privat schulsystem. Aber diese Gemeinde hat ursprünglich etwas an deres vorgehabt. Die Umsetzung dieses Vorhabens haben Sie verhindert.
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Frau Kultusministerin Schick, Sie können mit Ihrem arroganten, lockeren Stil hier vielleicht Lacherfolge bei Ihrer Fraktion erzielen,
(Widerspruch bei der CDU – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Also diese Abgehobenheit! Sie schwe ben doch! – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Unver schämtheit!)
heute am Beispiel Mulfingen –, bei denen es darum geht, wie vor Ort hoch engagierte und motivierte Lehrer und Lehrerin nen und verantwortungsvolle Gemeinden versuchen, eine kommunale Schulentwicklung, die angesichts der demografi schen Entwicklung und unserer bildungspolitischen Ziele zu kunftsfähig ist, voranzubringen.
Selbstverständlich haben die Schulen die Möglichkeit, indi viduelle Konzepte zu entwickeln. Aber es wird Schulen ge
ben, die langsamer voranschreiten werden, und es wird Schu len geben, die vorangehen. Diese sind aber die Vorbilder, die andere mitziehen.
Wenn Sie solche Vorbilder knebeln – im Fall Mulfingen führt das letztlich sogar zur Schließung der Schule –,
die bei den Lehrerinnen und Lehrern an den Schulen durch aus vorhanden ist, nicht mehr in der Weise anhalten, wie sie augenblicklich besteht.
Das Zweite ist die Frage nach der Qualitätsentwicklung. Herr Kollege Schebesta, Sie glauben wohl selbst nicht an die Wirk samkeit der Qualitätssicherungsinstrumente, die im Jahr 2004 eingeführt worden sind. Es wird keine Beliebigkeit geben.
Denn alle Schulen, die als Modellschulen genehmigt werden, werden sich an die Kontingentstundentafel halten. Sie werden sich an die Bildungspläne, an die Bildungsstandards halten.