Protokoll der Sitzung vom 25.11.2010

Gut ist, dass künftig auch Radwege gefördert werden, und gut ist, dass künftig die Instandhaltung und die Sanierung von Schienenstrecken gefördert werden. Fast gut ist, dass künftig Linienbusse gefördert werden. Schlecht daran ist allerdings, dass hierfür wiederum keine Qualitätsvorschriften – wie Vor gaben für eine bessere Luftreinhaltung – Voraussetzung sind.

Schlecht ist auch, dass es weiterhin keine Bezuschussung bei der Beschaffung von Schienenfahrzeugen geben soll. Richtig schlecht ist, dass alle wesentlichen Steuerungsmöglichkeiten, das heißt, wo, was und in welcher Höhe gefördert wird – auch die schon angesprochene prozentuale Verteilung von öffent lichem Verkehr zur Straße –, der Mitwirkung des Parlaments entzogen bleibt. Herr Bachmann, da waren Sie auch einmal anderer Meinung. Das alles soll in einer Verwaltungsvorschrift geregelt werden. Damit kann das bisherige Spiel „Jedem Landrat und jedem Regierungspräsidenten sein Projekt“ un gehindert weitergespielt werden.

Es gäbe auch eine andere Lösung als dieses Gesetz, nämlich gar kein Gesetz hierfür zu haben. Stattdessen könnte die Au tonomie der Kommunen gestärkt werden, indem man den Kommen eine pauschale Grundfinanzierung sichert und die

Kommunen selbst entscheiden, ob die Verbesserung der Ver kehrsverhältnisse dringender ist oder ob sie dringender in den Ausbau der Kinderbetreuung investieren.

(Abg. Nicole Razavi CDU: Das ist doch ein Trug schluss, dass dann etwas besser würde!)

Abwarten, abwarten. – Da angesichts der Haushaltslage des Landes die Gefahr groß wäre, dass dann gar kein Geld bei den Kommunen ankäme,

(Heiterkeit des Abg. Siegfried Lehmann GRÜNE)

ist dieses Gesetz besser als keines.

(Abg. Nicole Razavi CDU: Wir waren bisher verläss lich und werden es auch künftig sein!)

Es lässt sich leicht verbessern. Das werden wir tun – zur Not erst nach dem 27. März 2011.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Hochmut kommt vor dem Fall!)

Das Wort für die FDP/ DVP-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Bachmann.

Sehr geehrter Herr Prä sident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollege Wölfle hat es erwähnt: Wir als Liberale haben es uns mit diesem Gesetz nicht leicht gemacht. Dies liegt zunächst daran, dass wir es uns mit zusätzlichen Gesetzen nie leicht machen. Neue Ge setze bedeuten neue Aufgaben, und neue Aufgaben bedeuten neue Bürokratie, und wir Liberalen sind keine Freunde zu sätzlicher Bürokratie.

(Beifall der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Als wir vor etwa drei Jahren vor der Entscheidung standen, ob wir ein Landesgemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz brau chen, haben wir innerhalb weniger Tage aus Überzeugung Ja gesagt. Unsere Städte und Gemeinden brauchen leistungsfä hige Straßen und einen leistungsfähigen Personennahverkehr.

Nicht ganz so einfach haben wir es uns mit der zweiten Fra ge gemacht, nämlich ob es der Mischfinanzierung – Kollege Wölfle hat es angesprochen – zwischen Land und Gemeinden für diese Projekte wirklich bedarf. Hätte man diese Aufgabe in der Zuständigkeit der Städte und Gemeinden belassen kön nen? Selbstverständlich nicht. Ein eherner Grundsatz für uns ist das Konnexitätsprinzip: Wer bestellt, bezahlt. Weil das Land überörtliche Verkehrswege und die dazugehörigen Orts durchfahrten planen muss, damit es funktioniert, muss das Land auch die notwendigen Mittel zur Verfügung stellen.

(Abg. Siegfried Lehmann GRÜNE: Stuttgart 21!)

Es blieb die dritte Frage, nämlich ob es einer gesetzlichen Re gelung bedarf oder ob eine Verwaltungsvorschrift ausreichend gewesen wäre. Auch in dieser Frage haben wir vor etwa drei Jahren aus Überzeugung gesagt: Bei einer solch wichtigen Maßnahme ist es richtig, dass das Parlament über die Grund sätze entscheidet.

(Beifall der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir als Fraktion haben vor etwa drei Jahren aus Überzeugung Ja zu einem Landesgemein deverkehrsfinanzierungsgesetz gesagt. Ein Gesetz von solcher Bedeutung und Tragweite bedarf einer sorgfältigen Vorberei tung. Insoweit hat es uns auch nicht gewundert, dass wir nach dieser Grundsatzentscheidung weit über ein Jahr nichts mehr von dem Vorhaben gehört hatten. Umso mehr hat es uns ge freut, als vor etwa anderthalb Jahren ein erster Diskussions entwurf das Licht der Welt erblickte.

Wir haben uns dann mit drei Punkten näher auseinanderge setzt:

Zum einen – das wurde schon erwähnt – steht das gesamte Gesetz unter Finanzierungsvorbehalt. Es weckt Hoffnungen auf neue Straßen und neue Straßen- und Stadtbahnen. Aber es führt wegen des Haushaltsvorbehalts zwangsläufig zu Warte listen. Dieser Punkt ist zwar bedauerlich, aber unumgänglich, wenn man akzeptiert, dass der Landeshaushalt Planungssi cherheit benötigt.

Der zweite Punkt, mit dem wir es uns nicht leicht gemacht ha ben, ist die Aufzählung der förderfähigen Vorhaben. Es war immer selbstverständlich, dass Durchgangsstraßen ebenso wie Straßen- und Stadtbahnen gefördert werden müssen. Fraglich war aber für uns, ob die Gemeinden bei Radwegen – auch beim Lärmschutz; wir haben schon gestern darüber gespro chen, wie wichtig er ist – die Entscheidung allein hätten bes ser treffen können, entsprechende Kompensation über den kommunalen Finanzausgleich vorausgesetzt. Aber das nach haltige Drängen des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs hat uns davon überzeugt: Es ist wohl besser, wenn auch über Radwege nicht einfach vor Ort, sondern kompliziert über mehrere Ebenen entschieden wird. Wenn ein Verband uns so lieb bittet, sind auch wir Liberalen bereit, neue Bürokratie zu akzeptieren.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Das ist ganz neu!)

Der dritte und schwierigste Punkt war für uns die Frage, ob die konkrete Ausgestaltung der Förderung einer Verwaltungs vorschrift der Landesregierung vorbehalten werden soll. Aus unserer Sicht werden damit wesentliche Entscheidungen oh ne das Parlament getroffen. Einerseits macht dies – das muss man einfach sehen – die verwaltungsseitige Abwicklung ein facher und schlanker und damit die Förderung von Vorhaben auch schneller und einfacher. Andererseits kann man sich ein Mehr an demokratischer Legitimation – Kollege Wölfle sprach es an – natürlich wünschen. Deswegen möchte ich mich auch im Namen der Fraktion nochmals ganz herzlich bei Frau Ministerin Gönner dafür bedanken, dass sie unmittelbar nach ihrem Amtsantritt signalisiert hat, dass das Parlament, wie eigentlich selbstverständlich, auch bei diesem Vorhaben die Gelegenheit haben wird, in informeller Weise Wünsche und Anregungen in das Verfahren einzubringen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, was lange währt, wird um so besser. Das Gesetz zeigt, dass die Koalition in unseren Lan desfarben nicht nur handlungsfähig ist, sondern dass wir uns auch die Ruhe und die Zeit nehmen, in aller Sorgfalt beste Lö sungen zu entwickeln.

Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Vor geschlagen ist, den Gesetzentwurf Drucksache 14/7160 zur weiteren Beratung an den Innenausschuss zu überweisen. – Sie folgen dem Vorschlag.

Damit ist dieser Tagesordnungspunkt erledigt.

Ich möchte vor Eintritt in die Mittagspause noch zwei Be kanntmachungen vortragen.

Ich möchte Sie auf die Informationsveranstaltung der Stiftung Entwicklungs-Zusammenarbeit, der Inwent – Regionales Zen trum Baden-Württemberg – sowie des Dachverbands Ent wicklungspolitik Baden-Württemberg in der Eingangshalle hinweisen. Sie haben die Möglichkeit, die entwicklungspoli tische Bildungsarbeit und ihre Akteure in Baden-Württemberg kennenzulernen. Für eine Bewirtung ist offensichtlich auch gesorgt.

Außerdem sind die Fraktionen übereingekommen, Punkt 13 der Tagesordnung, den Antrag der Fraktion der SPD mit der Stellungnahme des Ministeriums für Ernährung und Ländli chen Raum – Aufgabenfinanzierung im Naturschutz in Ba den-Württemberg –, Drucksache 14/4924, ohne Aussprache für erledigt zu erklären.

Wir treten jetzt in die Mittagspause ein. Die Sitzung wird um 14:15 Uhr fortgesetzt.

(Unterbrechung der Sitzung: 13:07 Uhr)

(Wiederaufnahme der Sitzung: 14:16 Uhr)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die unterbrochene Sitzung wird fortgesetzt.

Ich rufe Punkt 7 der Tagesordnung auf:

Fragestunde – Drucksache 14/7193

Ich rufe die Mündliche Anfrage unter Ziffer 1 auf:

M ü n d l i c h e A n f r a g e d e s A b g. D r. F r i e d r i c h B u l l i n g e r F D P / D V P – K e i n e w e i t e r e V e r s c h l e c h t e r u n g d e s S e r v i c e a n g e b o t s a u f d e r B a h n s t r e c k e S t u t t g a r t – S c h w ä b i s c h G m ü n d – A a l e n – E l l w a n g e n – C r a i l s h e i m – N ü r n b e r g

Bitte, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung:

a) Trifft es zu, dass die Bahn mit dem Fahrplanwechsel im

Dezember 2010 auf der einzigen IC-Verbindungsstrecke zwischen den Metropolregionen Stuttgart und Nürnberg beabsichtigt, durch Wegfall des Bistrowagens den ohnehin dürftigen Service auf der Strecke Stuttgart–Schwäbisch Gmünd–Aalen–Ellwangen–Crailsheim–Ansbach–Nürn berg weiter zu verschlechtern?

b) Ist die Landesregierung bereit, auf die Bahn dahin gehend

einzuwirken, dass die in der Regel überwiegend positiv zu Stuttgart 21 stehenden Pendler keine weiteren Verschlech terungen des Serviceangebots auf dieser Strecke hinneh men müssen?

(Vereinzelt Beifall – Lachen des Abg. Siegfried Leh mann GRÜNE – Abg. Siegfried Lehmann GRÜNE: Die Gäubahn hat so etwas schon lange nicht mehr!)

Für die Beantwortung der Mündlichen Anfrage durch die Landesregierung erteile ich Frau Ministerin Gönner das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrter Herr Bullinger! Die Deutsche Bahn AG, DB Fernverkehr, hat der Landesregierung mitgeteilt, dass die vorhandenen Bistro- und Restaurantwagen des Fernverkehrs derzeit nicht ausreichen, um alle fahrplanmäßig verkehrenden IC- und EC-Züge abzu decken. Ursächlich dafür seien sowohl betriebliche Gründe als auch umfangreiche Modernisierungsmaßnahmen, mit de nen große Teile der vorhandenen Wagenflotte umfassend ge neralüberholt und modernisiert werden sollen.