Protokoll der Sitzung vom 25.11.2010

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Vielleicht schau en Sie sich einmal die Ergebnisse an!)

Ich zitiere lediglich das Rechnungshofergebnis.

(Glocke der Präsidentin)

Herr Abgeordne ter, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Die Vergabelösung führt im Vergleich zur Eigenbesorgung in zehn Jahren zu Mehrkosten von 46,8 Millionen €. Das ist ein richtiger Batzen Geld, den Sie einfach nicht richtig sehen wol len.

Ich würde sagen: Privatisierungsleuchtturm abgeschaltet, Pri vatisierung auf Grund gelaufen, schwere Havarie für die Pri vatisierungsideologie.

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Blödsinn! Quatsch! Keine Ahnung!)

Der Rechnungshof hat konsequenterweise einen Beschluss vorschlag formuliert, der darauf abzielt, den Vertrag mit dem privaten Dienstleister zu kündigen. Sie von den Regierungs fraktionen sind dem nicht gefolgt. Ich sage Ihnen nochmals: 46,8 Millionen €. Da müssen doch alle Alarmglocken klin geln. Da muss man die Notbremse ziehen. Wir versuchen es heute nochmals, dankenswerterweise in Partnerschaft mit der SPD.

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Sinnvolle Bewährungshilfe ist Ihnen völlig egal!)

Wir reichen diesen Beschlussvorschlag des Rechnungshofs nochmals ein. Wir empfehlen den Regierungsfraktionen, bei dieser Frage ihr Neinsagerimage abzulegen und weiter für die Sparsamkeit in der Landesverwaltung einzutreten.

Ein weiteres Beispiel für die Privatisierungsideologie ist die Landesimmobiliengesellschaft. Dies betrifft den Beitrag Num mer 24 in der Denkschrift. Frau Kollegin Berroth, Sie haben im Ausschuss gesagt: „Wir waren ausdrücklich dafür; wir ha ben dafür gekämpft, dass es diese Gesellschaft gibt.“

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Ja, natürlich! Das hat auch etwas gebracht!)

Aber diese blinde Privatisierung war für Sie ein Schuss ins Knie.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Im Gegenteil!)

Fazit des Rechnungshofs:

Eine frühzeitige Auflösung der Landesimmobiliengesell schaft Baden-Württemberg hätte Kosten vermieden.

Um hier ein Missverständnis erst gar nicht aufkommen zu las sen: Wir von den Grünen sind nicht grundsätzlich

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Offenbar doch!)

gegen Formen der Privatisierung,

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Aber wenn es ernst wird, sind Sie dagegen! Lʼart pour lʼart!)

und wir sind auch nicht grundsätzlich dafür, dass man als Staat alle Aufgaben erfüllen muss. Wir müssen aber zuvor eben durchrechnen

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Haben wir gemacht!)

und uns die Frage stellen: Welche Form ist modern, und wel che Form ist wirtschaftlich? Bei den zuvor beschriebenen For men hat der Rechnungshof eben nachgewiesen, dass sie nicht wirtschaftlich sind.

(Lachen der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn man vorwärts kommen will, wenn man strukturell sparen will, dann geht das nicht einfach, indem man Nein zu Einsparungen sagt.

(Lachen des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP)

Strukturelle Einsparmaßnahmen werden immer irgendwelche spürbaren Einschnitte hinterlassen, und man wird das wohl auch merken. Das gilt sowohl für die Bevölkerung als auch für uns in der Politik. Es geht nicht einfach so mit Neinsagen,

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Das wissen die Grünen am besten!)

so, wie Sie das bei Haushaltsdebatten immer machen.

Der Rechnungshof hat wieder sehr gute Strukturvorschläge gemacht. Man muss durchweg feststellen: Wenn es so richtig ans Eingemachte geht, dann machen die Regierungsfraktio nen eines: Sie sagen Nein.

(Zuruf des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP)

Auch der Denkschriftbeitrag Nummer 12 des Rechnungshofs – Landesbetrieb Vermögen und Bau – muss in diesem Zusam menhang erwähnt werden. Hier schlägt der Rechnungshof vor, die Zahl der Behörden von jetzt 15 auf nur noch neun zu re duzieren

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Wollt ihr den ländlichen Raum schwächen?)

und auch die Universitätsbauämter mit hinzuzunehmen und das Ganze an den verbleibenden Standorten weiterzubetrei ben. Das Land Hessen hat es uns längst vorgemacht; dort wur de die Zahl dieser Ämter sogar von zwölf auf ein Amt redu ziert und wurden fünf Regionalniederlassungen belassen.

(Zuruf des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP)

Sie sehen also: Hessen kann es, und Baden-Württemberg kann es nicht.

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU – Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Bei den Grundbuch ämtern haben Sie genau das Gegenteil gesagt!)

Gerade bei dieser Frage ist es wieder so, dass die Regierungs fraktionen einfach Nein zu innovativen Modernisierungslö sungen bei der Verwaltung sagen. Nebenbei bemerkt: In Hes

sen hat einmal eine Weile lang Rot-Grün regiert. Vermutlich ist der Modernisierungseffekt auf die nachfolgenden Regie rungen übergesprungen.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Oh, oh! Schau en Sie sich die Zahlen einmal an, und dann schwät zen wir wieder! – Abg. Dieter Hillebrand CDU: Die Turnschuhe hat man in Hessen jedenfalls abgelegt! – Weitere Zurufe – Unruhe)

Wir stellen jedenfalls fest, dass die Regierungsfraktionen zu den kritischen Betrachtungen des Rechnungshofs entweder Nein sagen oder den Weichspüler einsetzen. Ich glaube aber, so kommen wir nicht weiter.

Ich habe auch den Eindruck, dass Ihnen da ein bisschen die Kraft zur Veränderung fehlt.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Oh! Sie sind wohl in der falschen Veranstaltung gelandet! – Abg. Karl Zimmermann CDU: Wir haben schon verändert! Sie wollen es doch wieder zurückschrauben! – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Wir wollen doch die Ver kehrsinfrastruktur verändern! Sie sind dagegen!)

Wenn sich die Welt verändert, müssen wir politisch auch mit anpacken und Änderungen einleiten. Das schaffen Sie ganz offensichtlich nicht. Sie sagen wieder einmal Nein zu einer Modernisierung der Landesverwaltung; das kommt bei der Beurteilung durch den Rechnungshofbericht klar zum Aus druck.

Nun zu einem Thema, über das wir schon des Öfteren disku tiert haben, nämlich zum Thema Betriebsprüfer. Der Kollege Rust hat es deutlich gesagt: Der Rechnungshof stellt fest: „Die Betriebsprüfungsstellen sind seit mehreren Jahren unterbe setzt.“ Das Finanzministerium wiederum teilte vor einigen Ta gen mit, dass die Betriebsprüfer 2,6 Milliarden € an Mehrein nahmen erbracht haben. Meine Damen und Herren, das sind Steuereinnahmen ohne Steuererhöhungen – und dies in einer Situation, in der wir nur im 13-Jahres-Rhythmus Prüfungen bei Mittelbetrieben durchführen.

(Abg. Ingo Rust SPD: Ja!)

Wir sollten uns hier im Landtag doch einig darin sein, dass wir nicht nur das Königsrecht haben, über die Ausgaben zu beschließen, sondern dass wir auch die „Königspflicht“ ha ben, die Einnahmen aus Steuern zu sichern.

Der Rechnungshof drängt in seiner Denkschrift – ich zitiere –:

Die Betriebsprüfungsstellen sind... so auszustatten, dass sie die nötige Prüfungsfrequenz bei allen Betriebsgrößen klassen gewährleisten können.

Das hört sich doch eigentlich sinnvoll an. Es ist, wie es for muliert wird, dringlich. Ein Blick auf die finanzielle Lage un seres Haushalts zeigt, dass es eigentlich keinen anderen Weg gibt, als den Vorschlägen des Rechnungshofs zu folgen.