Herr Präsident, liebe Kollegin nen und Kollegen! Finanzminister Stächele hat im Zusam menhang mit der Vorlage dieses flachen Nachtrags die Begrif fe „solide“ und „nachhaltig“ verwendet. Ich sage gleich vor weg: Das ist völlig unangemessen und deplatziert. „Solide“ und „nachhaltig“ sieht anders aus.
Nehmen wir als erste Bemessungsgrundlage Ihre Ansage, Sie halbierten die Schulden. Herr Groh hat diese Sprechblase auch verwendet. Die Hälfte von 4,6 Milliarden € Neuverschuldung ergibt 2,3 Milliarden €. Sie legen 2 Milliarden € vor; es feh len 300 Millionen €. Ist das etwa ein Nasenwasser? Sie reißen Ihr Ziel um 300 Millionen €. Wenn Sie sagen, Sie halbieren die Neuverschuldung von 4,6 Milliarden €, bin ich einverstan den. Dieser Betrag macht halbiert aber 2,3 Milliarden €. Sie legen aber nur 2 Milliarden € vor.
300 Millionen € haben Sie schlicht auf die Seite geschoben, eine Sprechblase erfunden; dieser Dilettantismus zieht sich durch die ganze Anlage.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Ihre Sparvorschläge! Bringen Sie Ihre Vorschläge! – Gegenruf des Abg. Walter Heiler SPD: Hört doch erst einmal zu!)
Jetzt gehen wir an die 500 Millionen €, die Sie als Sparpaket vorlegen. Dabei sind Ausschüttungen der L-Bank. Das ist
nicht gespart; das ist linke Tasche, rechte Tasche. Sie nehmen von der landeseigenen Bank Geld und sagen: Das gehört jetzt mir.
Günstigere Kreditzinsen: Da schreiben Sie auf, was der Ka pitalmarkt hergibt. Das ist keine eigene Leistung. Übrigens müssen Sie das dann noch mit der Erklärung von heute Mor gen, dass die Zinsen für Staatsanleihen steigen, in Einklang bringen.
Dann: Minderbedarf Bürgschaftsausfall, Vorsorge 20 Millio nen € – auch nicht gespart. Sie schreiben einfach auf, was die Entwicklung hergibt.
(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Die positive Entwick lung soll man nicht ignorieren! – Zuruf der Abg. Hei derose Berroth FDP/DVP)
Jetzt kommt die tollste Nummer: dieses Vorgriffsstundenmo dell, das Sie selbst offensichtlich nicht verstanden haben.
Ich erkläre es Ihnen einmal: Sie haben gesagt – das kann man im Protokoll nachlesen –, dies sei besonders in der Familien phase interessant, weil man da mehr Geld bräuchte. Dann schaffe man eine Stunde mehr und habe mehr Geld.
(Widerspruch bei der CDU – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Da ist ja die Ulla Haußmann besser als Sie! – Gegenruf des Abg. Walter Heiler SPD: Man muss uns richtig zuhören!)
(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Sie sollten rich tig zuhören! Es wurde etwas ganz anderes gesagt! Er hört nicht richtig zu! – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Bringen Sie einmal andere Vorschläge! – Unruhe)
Lassen Sie mich einmal geschwind zu Ende reden, dann dür fen Sie fragen; dann erkläre ich es Ihnen noch einmal.
(Lachen bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Er hört nicht zu!)
Ihr Modell heißt: Genau in der Familienphase, wenn die Kin der klein sind, wenn sie ihren Papa und ihre Mama brauchen, lassen Sie die jungen Beamten 42 Stunden schaffen. Wenn die Kinder dann das Haus verlassen haben und in ihre eigene Wohnung ziehen, dann sagen Sie: Jetzt dürfen auch die Be amten weniger arbeiten. Familienpolitisch ist das eine Bank rotterklärung. Es müsste umgekehrt laufen. Sie müssten un ten entlasten, damit die Eltern Zeit für ihre Kinder haben.
Sie machen das weiter durch, und er stellt die Frage dann später? – Herr Abg. Stä chele, er will das Vorgriffsstundenmodell zu Ende erklären.
Herr Kollege Schmiedel, können Sie meine Aussage bestätigen? Gerade dann, wenn junge Leu te Familien gründen, Häuser bauen und Wohnungen beschaf fen, brauchen sie Besoldungserhöhungen. Deswegen gehen wir nicht auf diesen faulen Deal ein, den Sie möglicherweise mit dem Beamtenbund besprochen haben. Meine Frage ist: Können Sie mir bestätigen, dass das so ist und dass Sie es auch so verstanden hätten, wenn Sie richtig zugehört hätten?
(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Ja sagen! – Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Da kann man nur Ja sagen!)
(Oh-Rufe von Abgeordneten der CDU – Abg. Heide rose Berroth FDP/DVP: Sie haben nicht richtig zu gehört!)
Der zweite Schwindel bei diesem Konzept ist: Die Landesre gierung hat angeblich eine Nachhaltigkeitsstrategie. Wissen Sie, was Nachhaltigkeit heißt? Nachhaltigkeit heißt: Ich be laste nicht andere, künftige Generationen mit meiner heutigen Lebensweise. Sie sagen: Wir sparen heute, indem wir länger arbeiten lassen. Das ist aber nicht wirklich gespart. Denn die se Arbeitenden schaffen ein Guthaben an, das später fällig wird – nämlich dann, wenn wir regieren. Wir müssen dann Ih re Schulden zurückzahlen. So einfach ist das.
(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Lachen bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Zuruf des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP)
Frau Schick kann doch ein Lied davon singen. Sie rennt durch die Lande und erzählt: Tausende von neuen Lehrern werden eingestellt. Die Eltern, in freudiger Erwartung, denken: Jetzt geschieht etwas gegen den Unterrichtsausfall. Mogelpackung! Allein 1 200 Lehrer arbeiten jetzt Vorgriffsstunden ab, die vor her angeblich eingespart wurden. Diese sind jetzt fällig. Da
Jetzt sind Sie aber ganz schlau. Sie haben gesagt, Sie strei chen 1 480 Stellen über sechs Jahre: „Jetzt wird erst gestri chen, und dann schauen wir einmal, welche Aufgaben nicht erledigt werden.“ Auch da: eine Mogelpackung.
Dort können schon heute nicht die Aufgaben bewältigt wer den, die bewältigt werden müssten. Was ist die Folge? Man muss dann an den Privatmarkt gehen. Man muss dann Archi tekten, Ingenieure, Bauleiter beauftragen, weil man das eige ne Personal gar nicht hat.