Vielen Dank, Frau Kollegin Rastät ter, für die Belehrungen am Schluss. – Sehr geehrte Frau Prä sidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Bereits in der ersten Lesung am 25. November 2010 habe ich die wichtigen Punkte zum Gesetzentwurf der Grü nen erläutert und unsere Stellungnahme hierzu vorgetragen. Vorab, verehrte Frau Rastätter: Wir werden auch heute Ihrem Gesetzentwurf mit seinen Ausführungen in der vorliegenden Form nicht zustimmen,
weil vieles noch unausgegoren und ungeregelt ist. Wir möch ten jetzt keinen Gewaltakt machen, auf den Sie so, wie Sie es gerade ausgeführt haben, bauen.
Wir haben die Stellungnahmen der kommunalen Landesver bände sowie des Landeselternbeirats zu diesem Gesetzentwurf zur Kenntnis genommen. Wir nehmen diese Stellungnahmen sehr ernst, und sie fließen selbstverständlich in unsere Mei nungsbildung ein. Vieles wissen wir schon. Allerdings wer den wir von der bis jetzt eingeschlagenen Linie zum weiteren Ausbau der Ganztagsangebote in unseren Schulen nicht ab weichen.
Unser vorrangiges Ziel ist es dabei, den Kindern und den El tern ein attraktives und gleichermaßen hochwertiges Angebot einer Ganztagsbetreuung zu machen. Wir wollen sie mit die sem Angebot überzeugen. Das Land und die Kommunen tei len sich im bewährten, verantwortungsvollen Miteinander die Kosten. Wir haben dies schon im November vergangenen Jah res dargelegt. Gemeindetag, Städtetag und Landkreistag kön nen sich natürlich – dies war auch nicht anders zu erwarten – eine Kostenübernahme durch das Land bis hin zur Übernah me der Essensausgabe vorstellen und raten dazu, dies nicht negativ zu sehen. Der Gemeindetag weist aber auch auf den Pakt zur Stärkung der Chancengleichheit hin, den es zu ver tiefen bzw. weiterzuverfolgen gelte.
Wir werden den bedarfsgerechten Ausbau der Ganztagsschu len weiter voranbringen. Unser Ziel ist ein flächendeckendes Angebot – aber nicht von heute auf morgen; das wissen Sie –, das an rund 40 % der Schulen im Land bestehen soll.
Wir machen darauf aufmerksam, dass wir – das Land – für die Erfüllung des Bildungs- und Erziehungsauftrags und damit nur für den Unterricht verantwortlich sind. Der weitere be darfsgerechte Ausbau ist freiwillig. Er ist eine freiwillige Leis tung des Landes und ein Beleg für unsere kinderfreundliche Familienpolitik. Wir wollen eine noch bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie, und wir haben dazu auch 1 840 De putate bereitgestellt,
die wir im Endausbau zum Ende des Schuljahrs 2014/2015 erreicht haben werden. Im laufenden Schuljahr 2010/2011 ha ben wir 424 zusätzliche Deputate bereitgestellt, und für die bis zum Jahr 2006 eingerichteten Ganztagsschulen waren es seinerzeit 550. All diese Stellen sind im neuen Konzept bei den 1 840 Deputaten nicht enthalten.
Über die Betreuung des Kindes sollen die Eltern entscheiden. Sie sollen entscheiden, ob die Betreuung außerhalb oder in nerhalb der eigenen Familie stattfinden soll. Wir halten be wusst an diesem Grundsatz fest. Wir wollen da keine Ideolo gie und auch keine überzogenen Reglementierungen. Für un sere Fraktion kann ein Ganztagsschulangebot deshalb nur ein freiwilliges Angebot für Kinder und Eltern sein.
Unsere Lebenswirklichkeit ist differenziert. Dem begegnen wir mit flexiblen, vielfältigen und leistungsgerechten Ange boten.
Unsere Konzeption sieht zwei Formen von Betreuung in Ganztagsschulen vor: eine mit besonderer pädagogischer und sozialer Aufgabenstellung und die andere in einer offenen An gebotsform.
Wir möchten bewusst nicht die Aufsicht in der Mittagspause, die Essensausgabe usw. anbieten. Für uns stellt sich jedoch schon die grundsätzliche Frage, ob wir hoch qualifizierte Leh rerinnen und Lehrer mit der Ausgabe von Mittagessen betrau en.
Im Lehrbeauftragtenprogramm bis zu acht Wochenstunden haben wir Arbeitsgemeinschaften anzubieten; wir haben etwa Chorstunden, Stütz- und Förderkurse, Einzelprojekte und ei niges mehr eingestellt und auch finanziell abgesichert.
Ehrenamtliche können sich einbringen. Wir schätzen diese Aufgabe für Kinder und Jugendliche. Wir sehen dies als Mög lichkeit, dieses Engagement auf freiwilliger Basis weiter in diesem Sinn zu unterstützen.
Wir setzen den erfolgreichen Kurs des Ausbaus der Ganztags schulen und der Betreuungsangebote konsequent fort. Einen Schwerpunkt wollen wir dabei insbesondere auf den Ausbau an den Grundschulen legen.
Darüber hinaus werden wir die Ganztagsschulen im Schulge setz verankern. Jede Schule, die Ganztagsschule werden will, darf Ganztagsschule werden. Das ist eine Tatsache, die auch schon bisher für die beruflichen Schulen, aber auch für die all gemeinbildenden Schulen gegolten hat.
Ganztagsschulen bieten Raum für individuelle Förderung von leistungsstärkeren und leistungsschwächeren Schülerinnen und Schülern. Außerdem tragen sie zur besseren Vereinbar keit von Familie und Beruf bei.
Liebe Frau Rastätter, wir sind nicht vom letzten Jahrhundert, wie Sie vorhin gesagt haben, sondern wir sind an der Praxis viel näher dran als Sie.
Die Ganztagsschulen sind Vorbilder für das Lernen der Zukunft. Sie bieten die Chance, eine neue Lernkultur zu schaffen.
Jetzt bitte ich Sie, Herr Traub, und Sie, meine Damen und Her ren von der CDU-Fraktion und von der FDP/DVP-Fraktion, zu raten, wer das gesagt hat. Ich sage es Ihnen: Das sagte Bun desbildungsministerin Annette Schavan.
Sie hat dazugelernt, dass Ganztagsschulen, und zwar echte Ganztagsschulen, für unser Bildungssystem eine zentrale Be deutung haben. Ich könnte Ihnen, Herr Traub, und der Frau Ministerin – sie ist jetzt leider nicht da – jetzt empfehlen, ei nen Bildungsurlaub in Berlin zu machen und sich bei Frau Schavan zu erkundigen, was Ganztagsschulen bedeuten.
Frau Rastätter hat zu Recht die Studie zur Entwicklung von Ganztagsschulen zitiert. Ich will darauf hinweisen, dass die Studie zur Entwicklung von Ganztagsschulen vom Bundes bildungsministerium in Auftrag gegeben wurde. Sie konnten bisher keinen einzigen Punkt dieser Studie widerlegen. Sie enthält ganz zentrale Aussagen. Die Studie beinhaltet Aussa gen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf und zu einem besseren häuslichen Klima und bringt daneben auch Folgen des zum Ausdruck: Das Risiko von Klassenwiederholungen
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das alles sind Argumente für eine Ganztagsschule, allerdings nicht nach dem Modell, das Sie von der CDU wollen. Eine echte Ganztagsschule geht über den ganzen Tag, ist nicht zweimal eine Halbtagsschule, ist nicht eine Halbtagsschule plus Mittagessen und ein biss chen Betreuung, wofür in der Regel die Eltern und die Kom munen bezahlen müssen. Ganztagsschule bedeutet vielmehr eine Schule mit einem rhythmisierten Lernangebot, von dem alle profitieren, die Leistungsstarken und die Leistungsschwa chen gleichermaßen. Das ist das, was wir verbindlich brau chen und was in Baden-Württemberg endlich eingeführt wer den muss.
Sie von der CDU und von der FDP/DVP wehren sich gegen die Einführung dieser Ganztagsschulen, obwohl die kommu nalen Landesverbände, der Landeselternbeirat, die Lehrerge werkschaft, die Lehrerverbände und alle anderen dafür sind. Alle, die von diesem Thema wirklich etwas verstehen, plädie ren dafür. Nur Sie sind dickköpfig und starrköpfig und wollen das nicht. Das muss geändert werden. Dazu bietet sich dem nächst eine Gelegenheit.
Ich sage Ihnen nur eines: Herr Traub und Herr Wacker, Sie verhindern damit eine sinnvolle Schulentwicklung in BadenWürttemberg. Deswegen sind Sie auch dafür verantwortlich, wenn vor allem Kinder aus sozial schwächeren Familien we niger Chancen haben, ihr Potenzial so zu entfalten, wie es in anderen Bundesländern gang und gäbe ist. Im Übrigen wird die Ganztagsschule dort erfolgreich praktiziert.
Ich finde es schon bemerkenswert, wenn die CDU aufgrund eines Parteitagsbeschlusses darüber nachdenkt, die Ganztags schule jetzt einzuführen. Jahrelang haben Sie die Argumente dafür nicht zur Kenntnis genommen. Wir vonseiten der SPDFraktion haben mehrere Gesetzentwürfe eingebracht, um die Ganztagsschule einzuführen. Sie haben diese jedes Mal mit einer Arroganz der Macht weggewischt. Ich kann Ihnen sa gen: Das wird Sie noch einholen.
Verehrte Frau Präsiden tin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Da men und Herren! Herr Zeller, ich bin gespannt, was passiert, wenn Sie demnächst an der Regierung sind. Sie waren ja schon einmal an der Regierung. Damals ist gar nichts passiert.
Aber ich weise wirklich mit Nachdruck die Unterstellung zu rück – ich weiß gar nicht, wie Sie dazu kommen –, wir wären im Hinblick auf den Ausbau der Ganztagsschulen starrköpfig.
Das stimmt überhaupt nicht. Ich bin mit Ihnen völlig einig da rin: Die Ganztagsschule ist ein wichtiges Element unserer Bil dungslandschaft.
Wir haben uns seit Jahren dafür eingesetzt, dass die Ganztags schule ausgebaut wird. Wir haben einen deutlichen Anteil an dem Ausbau, der jetzt stattgefunden hat.