Protokoll der Sitzung vom 02.02.2011

Sie alle wissen: Die SPD ist die Partei der modernen Infra struktur – Schiene, Straße.

(Oh-Rufe von der CDU)

Die CDU schludert da ein bisschen. Das wissen wir sehr wohl – Stichwort Landesstraßen. Aber langsam lernt sie etwas da zu.

(Zuruf von der CDU: Jetzt aber aufpassen! – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Und wir? – Gegenruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD: Die FDP steht für Schlaglöcher!)

Wir stehen auch zu einer industriellen Modernität, die mehr beinhaltet als Fotovoltaik, Biogas und Windkraft. Wir wollen eine Verkehrsinfrastruktur mit dem Vorrang der Schiene. Weil die Schiene, die Bahn, das umweltfreundlichste, bequemste Verkehrsmittel ist, lässt sich hier nach jahrzehntelangen Ver säumnissen nur mit sehr viel Geld etwas bewirken. Wir for dern, dass die Verkehrshaushalte von Bund und Land endlich ausreichend Mittel beinhalten, um in Deutschland, um in Ba den-Württemberg

(Abg. Albrecht Fischer CDU: Die SPD hat sie ge kürzt!)

den permanenten Vermögensverzehr am Verkehrsnetz zu be enden.

In Sachen Verkehr gilt für uns das Motto: Von der Schweiz lernen heißt siegen lernen.

(Oh-Rufe – Beifall bei Abgeordneten der SPD und der FDP/DVP – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Mar tin läuft zur Hochform auf!)

Meine Damen und Herren, Helvetia –

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Helvetia!)

dem sozialdemokratischen Verkehrsminister Moritz Leuen berger sei es gedankt –

(Zuruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

gibt pro Kopf 285 € für die Schiene aus.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Meine Freunde! Ver kehrsfreunde!)

Deutschland ist unter den Industrieländern in Europa das Schlusslicht. Mit Ausgaben in Höhe von jämmerlichen 47 € pro Kopf sind wir das Schlusslicht.

(Abg. Fritz Buschle SPD: „Wer hat’s erfunden?“)

Daher müssen wir uns doch klarmachen: Wir brauchen nicht weniger, sondern mehr Geld für die Schiene. Wer glaubt, mit dem Verzicht auf den Ausbau der Schiene ließe sich der Bun deshaushalt sanieren, der irrt. Lächerliche 3,5 Milliarden € stehen dort für Schieneninvestitionen zur Verfügung. Allein die Sozialhaushalte – das heißt: aktuell Konsum; nachher ist nichts mehr da –

(Zuruf des Abg. Andreas Hoffmann CDU)

verschlingen über 150 Milliarden €.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. Fritz Buschle SPD)

Das zeigt schon einmal – –

(Zuruf von der CDU)

Ja, klar. Die SPD unter Gerhard Schröder hat angefangen,

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Schröder? Jetzt ist es gut!)

andere Wertigkeiten zu setzen.

Noch ein Zweites können wir von der Schweiz lernen, und zwar den Umgang mit den Bürgern. Nehmt die Bürger ernst! Stellt sie nicht vor vollendete Tatsachen. Wir brauchen einen langen Dialog – keinen Dauerdialog, aber einen langen, ehr lichen Dialog –, an dessen Ende dann eine klare Entscheidung zu stehen hat. Kommunikation ist kein Selbstzweck, sondern Mittel zum Zweck für eine klare Entscheidung. Dafür gibt es zwei Möglichkeiten: Parlamentsentscheid und Volksentscheid.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Meine Damen und Herren, ich darf um Ruhe bitten.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Genau!)

Beide haben die gleichran gige Legitimität, die gleiche Dignität. Das hängt von der po litischen Kultur des Landes ab. Aber Plebiszite sind kein Mo nopol der Schweiz oder Kaliforniens.

(Zuruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD)

Sie sind Elemente einer volksnahen Entscheidungsfindung. Wenn nun in dieser aktuell verworrenen Situation eine Volks abstimmung eine Befriedung zu ermöglichen scheint, so soll ten wir diesen Weg beschreiten.

(Zuruf: Das glauben Sie doch selbst nicht!)

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Wem darf ich das Wort für die Fraktion der FDP/DVP erteilen? – Herr Kollege Bachmann, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Frau Prä sidentin. – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Scheuermann hat zu K 21 alles Notwendige gesagt: Es gibt nichts Neues.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Zu Stuttgart 21 ist an diesem Pult auch schon oft alles gesagt worden. Der Schlichter hat entschieden. Jetzt wird gebaut. Wir stehen selbstverständlich zum Schlichterspruch.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU)

Deswegen zu Beginn meiner Rede ein kurzes Versprechen: Ich werde, wenn Sie es mir erlauben, den Rest und die Ein zelheiten meiner Rede – das, was für unsere Fraktion vorbe reitet ist –, später zu Protokoll geben. (Siehe Erklärung zu Protokoll am Schluss des Tagesordnungspunkts.)

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU – Zuruf von der CDU: Sofort! Unverzüglich!)

Aber ganz persönlich möchte ich noch eine ernst gemeinte Frage stellen dürfen. Immer wenn ich zu unserem Bahnhofs gebäude gehe, stelle ich fest, dass dort riesige Steinquader ver baut wurden, wie die Ägypter sie auch schon verwendet ha ben.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Die haben keinen Crailsheimer Muschelkalk gehabt!)

Das ist Machtarchitektur. Wenn ich in die Halle schaue, er scheint mir das wie eine postmoderne Kathedrale. Wenn ich dann dieses Kriegerdenkmal am Eingang sehe, dann erinnert mich das an Phasen deutscher Architekturgeschichte – hier gilt ja Indemnität –,

(Abg. Werner Wölfle GRÜNE: Oh!)

die mich irritieren.

Auf der einen Seite ist zu sagen: Das war die Zeit, in der Wil helm II. König von Preußen und Deutscher Kaiser war; da baute man so. Das ist ein Fanal wilhelminischer Machtarchi tektur – samt Seitenflügeln übrigens. Auf der anderen Stra ßenseite hat man große Steinquader verbaut, große Torbögen errichtet und das Gebäude auch konsequent nach dem Gene ralfeldmarschall, dem späteren Reichskanzler Hindenburg be nannt.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Reichspräsident!)

Entschuldigung, stimmt. Kanzler war jemand anderes. Dan ke für den Einwurf. Das war geplant.