Hans-Martin Haller

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Herr Scheuermann – so möchte ich heute die Anrede beginnen –, Herr Präsident, mei ne sehr geehrten Damen und Herren! Noch ein Wort zu Ihnen, Herr Scheuermann: Vielen Dank für die Hommage. Wir von der SPD geben das gern zurück. Sie haben – das hat man auch bei der heutigen Rede wieder gesehen – auch beim Anblick einer Regierung immer den Mut gehabt, eine eigenständige persönliche Meinung zu äußern. Das hat uns immer hohen Re spekt abgefordert.
Wenn heute noch dieser Antrag von Rot-Grün behandelt wird, so haben wir ihn vielleicht auch deswegen auf die Tagesord nung setzen lassen, um Ihnen einen würdigen Abgang zu ver schaffen.
In der Sache trennt uns dieses oder jenes. Es ist aber auch deutlich geworden, dass uns nicht allzu viel trennt. Es gibt ei
nen Wirrwarr an Verkehrsverbünden. Herr Wölfle hat vieles gesagt. Ich muss das nicht alles wiederholen.
Meine Damen und Herren, wenn eine Troika aus SPD, Grü nen und Rechnungshof einer Meinung ist, dann muss schon ein kräftiger Wahrheitsgehalt gegeben sein. Das sollten Sie nun wirklich ernst nehmen.
Es ist sicherlich richtig, dass wir große Erfolge erzielt haben. Jeder, der vom Auto auf den ÖPNV umsteigt, ist ein Gewin ner. Er macht wieder Platz frei für andere Autos. Dabei ist sehr viel erreicht worden. Das wissen wir zu schätzen.
Das heißt aber nicht, dass wir uns ausruhen dürfen. Wir müs sen vielmehr die vorhandenen Schwachstellen im ÖPNV be seitigen. Das ist nun einmal – bei allem Respekt – die Vielfalt der Verkehrsverbünde. Herr Wölfle hat vieles dazu gesagt.
Wir können uns nicht auf das E-Ticket verlassen. Weniger ist manchmal einfach mehr. Das Land muss – siehe Beispiel Fahrradbeförderung – mehr eigene Vorstellungen gegenüber den Verbünden durchsetzen. Als Land, das so viel Geld in das System hineingibt, kann man sich nicht völlig davon abhän gig machen, wie zwei Verbundgeschäftsführer miteinander auskommen. Das haben die Bürger in diesem Land nicht ver dient.
Ich will einen zweiten Aspekt nennen. Bei den anstehenden Ausschreibungen für den Wettbewerb auf der Schiene geht es auch um Streckenabschnitte, die bis zu neun Verbundgebiete durchqueren. Das hat eindeutig Auswirkungen auf die Wett bewerbsfähigkeit, weil kaum jemand diesen Tarifwirrwarr durchblickt. Vor allem weiß niemand mehr, wer welche Ein nahmen bekommt. Das behindert die Wettbewerbsfähigkeit und verschafft einem Unternehmen, das in fast allen Verbün den vertreten ist, nämlich der DB Regio, einen Wissensvor sprung gegenüber allen von außen kommenden Wettbewer bern.
Insoweit bleibt die Forderung stehen: Weniger Verbünde sind mehr. Das ist völlig klar. Das zeigt auch, dass größere Ver bundeinheiten wie der NALDO, Frau Ministerin, aus dessen Heimatgebiet Sie kommen, durchaus funktionsfähig sind und weniger Schnittstellen haben als die kleineren Verbünde.
Dabei möchte ich es bewenden lassen, um zu zeigen, dass man die Redezeit nicht immer ausschöpfen muss.
Das können Ihnen die Verkehrspolitiker immer wieder vor machen. Die Würze liegt manchmal in der Kürze. Ich halte keine Abschiedsrede. Ich gehe davon aus, in der nächsten Le gislaturperiode wieder hier vertreten zu sein.
Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Da men und Herren! Heiner Geißler wurde von den Grünen als Schlichter vorgeschlagen, von der Regierung als solcher ak zeptiert und hat eine bislang in der Bundesrepublik einmali ge, medial hoch beachtete Fachschlichtung vorgenommen – mit einem bemerkenswerten Ergebnis: Stuttgart 21 ist von he rausragender verkehrspolitischer Bedeutung.
Das sei einmal klipp und klar gesagt. So kristallisiert sich die Situation heraus.
Aber bedauerlicherweise glauben wir schon feststellen zu kön nen, dass die Gegner diesen Schlichterspruch ablehnen. Sie stehen damit formal in einer demokratisch legitimen, rechts staatlich korrekten Tradition, aber es muss schon noch einmal aufgezeigt werden: Am Anfang stand der Protest in den par lamentarischen Gremien. Es gab Einwände. Sie haben aber mit diesen Einwänden nie Wahlen und Abstimmungen mehr heitlich gewonnen. Dann wurde der Rechtsweg beschritten. Alle Prozesse wurden verloren. Danach wurden die Legitimi tät und das Urteil infrage gestellt, und es wurde nach einer Schlichtung gerufen.
Jetzt hatten wir die Schlichtung – auch wieder nicht okay. Jetzt wird irgendetwas gefordert, und das Schlichtungsergebnis wird nicht akzeptiert.
Das finden wir schon bemerkenswert. Jetzt soll eine neue Run de eingeläutet werden, wahrscheinlich danach wieder eine neue Runde und dann nochmals eine, und nie kommen wir zu einem Ergebnis.
Wir, die SPD, bekennen uns aber klipp und klar zu diesem Schlichterspruch – salopp formuliert: „Stuttgart 21 plus“. Wir wollen den Stresstest; wir vertreten die Meinung, dass dessen Ergebnisse bei der weiteren Planung zu berücksichtigen sind. Wenn sich also z. B. herausstellt, dass der Fildertunnelbahn hof und die Wendlinger Kurve zwei Gleise erfordern, dann stehen wir dazu, dann wollen wir diese bauen.
An dieser Stelle möchte ich schon mein Erstaunen zum Aus druck bringen. Wenn Herr Scheuermann sagt, dass die CDU ohne Wenn und Aber das Schlichtungsergebnis, den Stress test, befürwortet, dann möchte ich jetzt aus der Antwort der
Frau Ministerin auf eine Anfrage von meiner Kollegin, Frau Haller-Haid, zitieren:
Nach dem Ergebnis der Prüfungen der DB Netz AG ist die Wendlinger Kurve... hinsichtlich Kapazitäten und Fahrplanstabilität ausreichend dimensioniert. Die Lan desregierung sieht daher keinen Nachbesserungsbedarf.
Hier muss ich schon sagen, es verwundert doch sehr, dass hier das Ergebnis schon festgestellt wird, bevor der Stresstest ge macht worden ist.
Meine Damen und Herren von der CDU, so schaffen Sie es, das Vertrauen, das durch die Schlichtung etwas verbessert wurde, wieder zu belasten. Es geht nicht, dass man Methoden einführt, aber das Ergebnis schon vorher formuliert. Das ist eine ganz, ganz schlechte Methode.
Wir wissen, dass im Verlauf der Debatten und Diskussionen mehrfach Vertrauen verspielt wurde. Ich muss nur einmal da ran erinnern, dass auch von dem auch von Grünen-Wahlemp fehlungen getragenen OB Schuster manche Versprechung so nicht umgesetzt wurde. Solche Widersprüchlichkeiten wollen wir in der Diskussion auch von der Regierung nicht mehr ha ben. Nehmen Sie die Formulierung, sehr verehrte Frau Minis terin, bitte zurück, dann sind wir wieder auf einer Ebene.
Zu Stuttgart 21 – das ist klar – gibt es keine Alternative. K 21 – Herr Scheuermann hat es erwähnt – ist ein Phantom, mehr nicht. Es ist eine Fata Morgana, die keine Realisierungsmög lichkeit darstellt. Das würde 20 Jahre Stillstand bedeuten. Es würde bedeuten, 20 Jahre das Rad von vorn zu drehen, um dann gegebenenfalls im Jahr 2030 festzustellen, dass die Pa rameter, auf denen die Planung beruht, veraltet sind.
Diese Logik würde dann wiederum eintreten. Das wollen wir nicht.
Arbeitnehmer, Mittelstand, Pendler, Schüler, Unternehmer und der Tourismus in diesem Land sind darauf angewiesen, dass wir ein Verkehrsnetz haben, es umfassend und zügig aus bauen und erhalten – jetzt und heute und nicht am Sankt-Nim merleins-Tag. Das ist eine klare Perspektive.
Wir brauchen mehr Schiene, bessere Schiene, und Stuttgart 21 und die Neubaustrecke sind zwei wichtige Mosaiksteine in unserer Zukunftsvision von einem verkehrsgerechten Land Baden-Württemberg.
Sie alle wissen: Die SPD ist die Partei der modernen Infra struktur – Schiene, Straße.
Die CDU schludert da ein bisschen. Das wissen wir sehr wohl – Stichwort Landesstraßen. Aber langsam lernt sie etwas da zu.
Wir stehen auch zu einer industriellen Modernität, die mehr beinhaltet als Fotovoltaik, Biogas und Windkraft. Wir wollen eine Verkehrsinfrastruktur mit dem Vorrang der Schiene. Weil die Schiene, die Bahn, das umweltfreundlichste, bequemste Verkehrsmittel ist, lässt sich hier nach jahrzehntelangen Ver säumnissen nur mit sehr viel Geld etwas bewirken. Wir for dern, dass die Verkehrshaushalte von Bund und Land endlich ausreichend Mittel beinhalten, um in Deutschland, um in Ba den-Württemberg
den permanenten Vermögensverzehr am Verkehrsnetz zu be enden.
In Sachen Verkehr gilt für uns das Motto: Von der Schweiz lernen heißt siegen lernen.
Meine Damen und Herren, Helvetia –
dem sozialdemokratischen Verkehrsminister Moritz Leuen berger sei es gedankt –
gibt pro Kopf 285 € für die Schiene aus.
Deutschland ist unter den Industrieländern in Europa das Schlusslicht. Mit Ausgaben in Höhe von jämmerlichen 47 € pro Kopf sind wir das Schlusslicht.
Daher müssen wir uns doch klarmachen: Wir brauchen nicht weniger, sondern mehr Geld für die Schiene. Wer glaubt, mit dem Verzicht auf den Ausbau der Schiene ließe sich der Bun deshaushalt sanieren, der irrt. Lächerliche 3,5 Milliarden € stehen dort für Schieneninvestitionen zur Verfügung. Allein die Sozialhaushalte – das heißt: aktuell Konsum; nachher ist nichts mehr da –
verschlingen über 150 Milliarden €.
Das zeigt schon einmal – –
Ja, klar. Die SPD unter Gerhard Schröder hat angefangen,
andere Wertigkeiten zu setzen.
Noch ein Zweites können wir von der Schweiz lernen, und zwar den Umgang mit den Bürgern. Nehmt die Bürger ernst! Stellt sie nicht vor vollendete Tatsachen. Wir brauchen einen langen Dialog – keinen Dauerdialog, aber einen langen, ehr lichen Dialog –, an dessen Ende dann eine klare Entscheidung zu stehen hat. Kommunikation ist kein Selbstzweck, sondern Mittel zum Zweck für eine klare Entscheidung. Dafür gibt es zwei Möglichkeiten: Parlamentsentscheid und Volksentscheid.
Beide haben die gleichran gige Legitimität, die gleiche Dignität. Das hängt von der po litischen Kultur des Landes ab. Aber Plebiszite sind kein Mo nopol der Schweiz oder Kaliforniens.
Sie sind Elemente einer volksnahen Entscheidungsfindung. Wenn nun in dieser aktuell verworrenen Situation eine Volks abstimmung eine Befriedung zu ermöglichen scheint, so soll ten wir diesen Weg beschreiten.
Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Da men und Herren! Wir brauchen eine neue Rechtsgrundlage durch eine im Zuge der Föderalismusreform – Drexler und Co. haben sie dankenswerterweise herbeigeführt –
neu geschaffene Situation. Es hat etwas gedauert, aber nun liegt ein Entwurf vor, der – so würde ich meinen – in die rich tige Richtung weist.
Der erste und entscheidende Punkt ist: Die Zweckbindung bleibt beim Verkehr und liegt nicht bei sonstigen Investitio nen. Das ist eine zentrale Forderung, die wir erfüllt sehen. Das ist ganz eindeutig. Die Vorhabenträger erhalten nun auch für einen gewissen Zeitraum eine Planungssicherheit. Insoweit begrüßen wir den Gesetzentwurf. Wir sehen die Prüfung auch ergebnisoffen.
Ein Rückblick in die Vergangenheit zeigt, dass der GVFGTopf in aller Regel wohl viel besser gefüllt war als der Topf für die Landesstraßen. Das kann man häufig daran sehen, dass kommunale Straßen, Gemeindeverbindungsstraßen und Kreis straßen viel besser sind – im flachen Land manchmal perfekt mit Radwegen ausgestattet – als die Landesstraßen dort, wo sich der Verkehr zentralisiert. Aber da haben wir nun auch ge wisse Steuerungsmöglichkeiten – vielleicht in der Zukunft ein bisschen mehr. Wir halten das für richtig. Die Inhalte, die Ver änderungen von Parametern – dass alte Schienenwege nicht mehr umtransformiert werden – und auch die neuen Tatbe stände, die aufgenommen werden, tragen wir insoweit mit.
Klar ist aber auch: Wenn wir neue Tatbestandsmerkmale ha ben, die gefördert werden können, heißt das nicht, dass auto matisch mehr Geld zur Verfügung steht, sondern dass die Kon kurrenz der Vorhaben größer wird. Das müssen wir sehen. Deswegen – bei allem Optimismus aufgrund dessen, was in dem Entwurf steht – wird die für die Wirkung entscheidende Frage sein, ob und gegebenenfalls wie viel Geld zur Verfü gung gestellt wird. Davon hängt der Erfolg dieses Gesetzes
ab, nicht von der Lyrik. Wir wissen, dass die Ministerin in ver kehrspolitischer Lyrik sehr gut ist.
Es geht immer um die Umsetzung, um die Tat, Frau Razavi. Wir messen an Taten, nicht an Worten. Das wird dann auch fortwährend der Fall sein.
Der Inhalt ist so weit klar.
Wir haben – das Wesentliche möchte ich einmal ansprechen – drei Punkte anzumerken. Von den vielen Vorschlägen wol len wir nicht alle übernehmen. Wir könnten sie eines Tages auch umsetzen müssen.
Aber es sind drei Punkte, bei denen wir meinen, dass die An regungen zu berücksichtigen sind.
Der eine Punkt: Es heißt, dass Bahnkörper nur auf gesonder ten Gleisen gefördert werden. Wir haben in manchen Gemein den die Situation, dass Schienenverkehr und sonstiger Ver kehr nur gemeinsam möglich sind. Dies ist gerade am Ende von Strecken der Fall. Wie soll ich sonst in kleine Gemein den, in Dörfer hineinkommen? Darüber müssen Sie noch ein mal nachdenken.
Der andere Punkt sind die rechnergestützten Betriebsleitsys teme. Fahrgastinformation ist im Schienenverkehr vorge schrieben. Ich stehe am Bahnhof, meinetwegen in einem be heizten U-Bahn- oder S-Bahn-Schacht. Aber draußen auf dem Land – nehmen Sie einmal Stetten am kalten Markt – bin ich auf den Busverkehr angewiesen. Da stehe ich eine Viertelstun de, eine halbe Stunde lang und weiß überhaupt nicht, ob der Bus kommt und was überhaupt los ist.
Auch dort, wo ich vom Bus auf Schiene umsteigen muss, hat der Fahrgast keinerlei Informationen über eine Verspätung und der Busfahrer natürlich auch nicht. Frau Ministerin, gehen Sie diesbezüglich nochmals in sich.
Dasselbe betrifft Steuerungs- und Informationssysteme haupt sächlich im ländlichen Raum. Auch da halten wir eine Nach besserung für sinnvoll und richtig.
Ansonsten sehen wir der weiteren Lesung und Beratung er gebnisoffen entgegen.
Vielen Dank.
Herr Kluck, da haben wir gar keinen Bistrowagen. Auf diesem Level waren wir noch gar nie. Sie dort im Fränkischen sind halt verwöhnt.
Frau Ministerin, ich habe eine Frage zum IC „Loreley“, im Volksmund südlich von Tübingen auch „Palmer-Express“ ge nannt.
Zu welchem Ergebnis haben die angekündigten Bemühungen der Landesregierung geführt, die drohenden Mehrbelastungen der Landeskasse im Umfang von 400 000 € jährlich abzuwen den, die nach gegenwärtigem Kenntnisstand mit der Einfüh rung des IC „Loreley“ aufgrund höherer Stationspreise für Halte in Nürtingen und Tübingen anfallen werden?
Es ist zu befürworten, dass Sie sich bemühen, aber das war bislang – wie manchmal oder gar des Öfteren – leider nicht erfolgreich.
Wenn das Stationspreissystem nichts taugt, dann ist die Alter native, auf diesen Zug zu verzichten. Das hat eine „Eisenbahn koryphäe“ aus Tübingen, die an den Schlichtungsgesprächen teilnimmt, vorgeschlagen: „Dann verzichten wir halt einfach auf diesen Zug; es ist ohnehin der langsamste Zug von Tübin gen bis ,jwd‘.“ Das wäre doch eine Alternative.
Meine Frage: Beabsichtigen Sie, diesen Vorschlag aufzugrei fen?
Frau Präsidentin, meine Da men und Herren! Um diese Uhrzeit ist der Landtag meist ei ne Oase der Ruhe.
Deswegen können wir uns getrost dem Thema Lärm zuwen den.
Das Umweltbundesamt hat in einer Studie festgestellt, dass der Lärm jährlich einen Schaden von ca. 9 Milliarden € ver ursacht. Frau Ministerin Gönner wird nachher vermutlich ver künden, dass ein Drittel der Bevölkerung davon betroffen ist. Es gibt vielerlei Lärmquellen; die bedeutendste ist sicherlich der Verkehr. Es gibt aber noch viele andere Lärmarten, ange fangen bei der Disco bis hin zur Demo, und natürlich ist Lärm auch ein Thema bei der Produktion.
Lärm verursacht nun einmal hohe volkswirtschaftliche Kos ten, häufig ohne dass die Geschädigten einen Ersatzanspruch hätten. Lärm ist im Grunde zu billig; Lärm hat im Großen und Ganzen keinen volks- und betriebswirtschaftlichen Wert. Wir beobachten bei Bürgerinnen und Bürgern in hohem Maß ge sundheitliche Schäden. Lärm beeinträchtigt die Lebensquali tät, und – das kann man nicht häufig genug sagen – er entwer tet Vermögen. Der Verkehrslärm an einer verkehrsreichen Straße führt zu einer kalten Enteignung der Eigentümer der an dieser Straße befindlichen Häuser. Möglicherweise sind diese Häuser nicht mehr verkäuflich und nicht mehr vermiet bar – nichts, nichts, nichts. Deswegen ist Lärmschutz im Grunde auch Bestandteil von Eigentumsschutz, nicht nur von Gesundheitsschutz. Daher müssen wir uns diesem Thema ver stärkt zuwenden.
Die Lärmmessung als solche stellt Grenzwerte fest. Damit kommen wir zum ersten Thema: Wie misst man überhaupt Lärm? Wenn ich es richtig weiß – daran besteht wenig Zwei fel –, wird nicht der Maximalwert gemessen, sondern der Mit telwert. Wenn also ein kurzes lautes Geräusch auftritt und es danach wieder ruhig ist, ergibt dies einen tollen Mittelwert nach dem Motto „Lärm macht keinen Schaden“. Das kann nicht sein. Lärm ist ein Impulselement. Ein einmalig auftre tendes Geräusch kann den Schlaf stören; das schafft sogar je de Mücke. Es ist also nicht so, dass diese Messungen das Pro blem in seinem vollen Umfang erfassen würden.
Deswegen ist eine unserer Forderungen, dass wir andere Grenzwertmessungen herbeiführen. Ich weiß, das ist nicht leicht. Aber es ist im Interesse der vielen betroffenen Men schen eigentlich unabdingbar.
Bei dem Thema Lärm sind alle Gebietskörperschaften – Bund, Land, Kommunen – beteiligt. Es gibt Lärmschutzpläne. De ren Umsetzung ist natürlich eine Herkulesaufgabe. Das geht nicht allein mit gutem Willen; sonst hätten wir das alles schon erreicht. Vielmehr braucht man dazu natürlich Geld, Geld und nochmals Geld, um die Pläne, die teilweise schon vorhanden sind, in die Tat umzusetzen. Aber der Plan allein schützt kei nen einzigen Bürger vor dieser Misere.
Wie so häufig beim Verkehr und wie so häufig bei der Lan despolitik sind wir in diesem Dilemma: Die Pläne sind manch mal akzeptabel, sind gut, aber es fehlt an der Umsetzung. „Wortreich, aber tatenarm“ – dieses Motto zieht sich durch die Verkehrspolitik des Landes hindurch.
Wir meinen, dass einiges machbar ist. In der Vergangenheit wurde einiges erreicht. Bei vielen Verkehrsmitteln konnte der Lärm reduziert werden. Seit 1970 konnte der Lärm bei Pkws um 10 dB(A), bei Flugzeugen um 12 dB(A) und bei Perso nenzügen gar um 15 dB(A) verringert werden. Nur die Güter züge dürfen weiterhin ohne Einschränkung nach den alten Normen durch das Land rattern.
Wir sagen: Das kann so nicht sein. Der richtige Weg – da be findet sich sogar die neue Koalition auf dem richtigen Weg – ist die Abschaffung des Schienenbonus; das ist erstrebenswert. Bei manchen Güterbahnstrecken hat der Lärm nicht abgenom men, sondern zugenommen, weil die Intensität des Verkehrs zugenommen hat.
Der Schienenverkehr muss sich an den allgemeinen Lärm grenzwerten messen lassen. Wir brauchen lärmabhängige Trassenpreise. Wir brauchen natürlich auch passive Lärmmin derungstechnik wie die neue K-Sohle, mit der vieles erreicht werden kann, oftmals mehr als durch Lärmschutzwände. Das ist unsere klare Forderung.
Es freut uns auch, wenn die Landesregierung sagt, sie sei be reit, gegebenenfalls Landesgelder hierfür einzusetzen. Ich hof fe, dass dann nicht die Grünen sagen, das sei nicht statthaft,
weil es eigentlich eine Bundesaufgabe sei. Da setzt einem ja manchmal fast der Verstand aus,
wenn man sieht, wie Projekte durch bestimmte Positionen konterkariert werden.
Wir sagen: Hauptsache, dem Bürger dient es. Die Frage der Finanzquelle schauen wir einmal in zweiter Linie an. Natür lich hat jede Gebietskörperschaft ihre Verantwortung; das ist völlig klar. Aber so wie bei der Verkehrspolitik müssen auch bei der Lärmpolitik manchmal Finanzmittel des Landes für Maßnahmen an Bundesverkehrswegen eingesetzt werden.
Beim Flugverkehr wird sich einiges tun; das habe ich gelesen. Wir sind eines der ersten Länder, die die Lärmschutzbereiche vergrößert haben. Aber auch hier war der Bund wieder der große Verzögerer. Wir sind der Meinung, dass die Lärmakti onspläne, die nun einmal im Land vorhanden sind, vertieft, intensiviert, durch Druck der Landesregierung angegangen werden müssen. Die Gebietskörperschaften verfassen die Plä ne. Aber danach tut sich herzlich wenig.
Mehr dazu in der zweiten Runde.
Vielen Dank.
Frau Ministerin, ich bedan ke mich, dass Sie viele unserer Punkte bis hin zu der Defini tion und der Wortwahl teilen, dass es eine Herkulesaufgabe sei.
Zwei Kleinigkeiten aber doch noch zur Klarstellung: Die K-Sohle wünschen wir uns alle. Entsprechende Maßnahmen sind erfreulicherweise auch im Koalitionsvertrag vorgesehen. Nur ist es halt wie so oft in Verträgen und Plänen – das ist das, was wir Ihnen vorwerfen –: Es passiert nichts. Es ist wie mit den Steuersenkungen. Sie sind, glaube ich, im Koalitionsver trag auch vorgesehen.
Das sind ambitionierte Ziele. Darin sind wir uns einig. Noch mals: Die Bürger werden nicht durch Ziele, durch Ambitio nen, sondern nur durch Taten vor Lärm geschützt.
Damit noch einmal zu den Grünen. Sie sagen: Wir wehren uns dagegen, dass in die Finanzierung von Aufgaben, für die der Bund originär zuständig ist, auch Landesmittel einfließen. Diese Position kann man einnehmen. Das ist klar. Aber man kann das nicht als Dogma durchführen, wenn es darum geht, Bürger vor Lärm zu schützen oder Verbesserungen im Ver kehrsbereich zu erzielen.
Nehmen Sie doch einmal eine planfestgestellte Trasse. Daran können Sie doch nichts mehr ändern, weil der Bund dem nicht entsprechen wird. Wir sagen: Wenn die Regierung dazu be reit ist, muss man es machen. Dann kommen die Grünen und sagen: Nein, Dogma, das ist Bundessache; es gibt kein Geld vom Land.
Gehen Sie einmal nach Bayern. Die Schweiz zahlt dem Bund 50 Millionen €, damit die Eisenbahnstrecke München–Lindau elektrifiziert werden kann. Fordern die Grünen in Bayern, dass das Geld zurück in die Schweiz geht, oder dürfen die Schwei zer zahlen? Die Grünen müssen einmal eine Linie finden. Wir können das nicht nachvollziehen.
Seiʼs drum. Zum Schluss: Den Antrag zur Rheintaltrasse möchten wir gern an den Ausschuss überweisen. Über den An trag zu den Seitenstreifen wollen wir abstimmen. Denn klar ist: Diese verkehrliche Verbesserung, die damit verbunden ist,
erhöht die Akzeptanz für solche Maßnahmen, die verkehrlich sinnvoll sind. Sie sind doch völlig richtig. Sie erhöhen die Ak zeptanz bei den Bürgerinnen und Bürgern, wenn Sie deutlich machen, dass Sie sich bemühen, hier eine Änderung herbei zuführen. Wenn Sie nicht einmal am Bemühen beteiligt sind, dann mindern Sie auch die Akzeptanz für solche sinnvollen Projekte und jagen die Bürger zum Aufstand gegen diesen Staat.
Vielen Dank.
Die Sache ist halt vielschich tig.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der SPD gebührt das Verdienst, das Thema Verkehrssicherheit wieder einmal in den Mittelpunkt gerückt zu haben, nachdem uns der Ver kehr neben anderen Themen stetig und ständig beschäftigt. Das ist ein wichtiges Thema. Ein Element der Sicherheit ist nun einmal die Geschwindigkeit.
Es gibt noch andere Elemente wie die Fahrzeuge, die passi ven Elemente, aber natürlich auch die Straßenbeläge. Frau Ra
zavi, Sie wissen schon, worauf ich hinauswill. Ich spreche heute aber nicht umfänglich an, dass die Straßen in diesem Land häufig marode sind und auch ein Sicherheitsrisiko dar stellen. Deshalb sieht man auch sehr häufig das Schild „Vor sicht Straßenschäden“.
Das soll aber nicht im Mittelpunkt stehen. Vielmehr soll die Frage im Mittelpunkt stehen, wie wir Verkehrssicherheit durch Geschwindigkeitsbegrenzungen gewährleisten können. Es ist bereits dargestellt worden, dass das in vielen Einzelfällen Sinn macht.
Wir haben großes Vertrauen in die Mitarbeiter der Straßen bauverwaltung, dass sie aufgrund ihrer Erfahrung vor Ort wis sen, wo Geschwindigkeitsbegrenzungen angemessen sind.
Es gibt vielerlei Gründe für Geschwindigkeitsbegrenzungen: Lärmschutz, Umweltschutz, Sicherheitsgründe usw. Man kann aber nicht verlangen, dass – wie ich es aus dem Antrag her auslese – die vorgegebene Regelung ausführlich auf dem Ver kehrsschild begründet wird; denn ansonsten müssten wir ir gendwann Handzettel verteilen, bis der letzte Verkehrsteilneh mer dies einsieht.
Dabei gilt nun einmal grundsätzliches Vertrauen in den Staat, konkret in die Straßenbauverwaltung, wenn es um Sicher heitsaspekte geht.
Natürlich. Daran besteht doch gar kein Zweifel.
Die Realität sieht allerdings etwas anders aus. Auf 30 % der Autobahnkilometer haben wir Geschwindigkeitsbegrenzun gen. Nach der von vielen Menschen gefühlten Realität ist dies auf etwa 50 % bis 60 % der Autobahnen der Fall.
Die Verkehrsdichte in diesem Land, nämlich der Stau, sorgt selbst für eine Geschwindigkeitsbegrenzung. An sechs Tagen in der Woche kann man in diesem Land selten mehr als 130 km/h fahren. So stellt sich die Frage, ob die Steuerung durch ein Tempolimit von 130 km/h sinnvoll ist. Meine Da men und Herren, Sie wissen, dass sich die SPD-Fraktion in einem ihrer berühmten Mehrheitsbeschlüsse dafür ausgespro chen hat.
Natürlich spricht vieles dafür, auch der Verkehrsfluss. Das sei einmal deutlich formuliert. In der Stellungnahme steht sogar eigens, dass eine – ein neuer Begriff, den ich jetzt gelernt ha be – Harmonisierung des Verkehrsflusses sehr wichtig für die Sicherheit ist.
Genau dann, wenn zu viel und zu schnell gefahren wird, ent steht dieser Wellenstau. Einerseits wird Stau und andererseits eine Verkehrsgefährdung verursacht. Deswegen ist es ein heh
res und gutes Ziel, 130 km/h als Höchstgeschwindigkeit in dieser Republik einzuführen. Treten Sie uns bei!
Ein Letztes noch: Das beste Mittel, dass diese Bestimmungen auch eingehalten werden, ist natürlich immer der Appell an die Moral der Fahrzeugführer. Blöderweise erreicht man mich persönlich am besten mit Sanktionen,
wenn ich wieder einmal zahlen muss. Das ist einfach ein sehr zielsicheres Instrument des Staates, dass Geschwindigkeits begrenzungen eingehalten werden.
In diesem Sinn brauchen wir zur Sicherheit auf den Straßen verständige Autofahrer, aber auch einen Staat, der lenkt und steuert.
Vielen Dank.
Herr Sckerl, Sie haben er freulicherweise festgestellt, dass Stuttgart 21 durch legitime Entscheidungen zustande gekommen ist.
Ihr Kollege Kretschmann hat im Juli gesagt, es sei legal, aber nicht legitim zustande ge kommen.
Ist Ihnen bekannt, ob Herr Kretschmann inzwischen einen Meinungswandel vollzogen hat?
Herr Kollege Walter, ich le se gar keine Reden vor; ich rede nach eigenem Gusto.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte vorab zwei, drei Vorbemerkungen zur Verkehrspoli tik machen. Die SPD tritt entschieden für eine Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur in Baden-Württemberg ein, gerade auch bezogen auf die Schiene. Wir haben hier landauf, land ab kräftigen Nachholbedarf. Ein wirtschaftsstarkes Land braucht gute Vernetzungen in die Zentren, aber auch – das sa ge ich ganz deutlich – im ländlichen Raum, egal ob Südbahn, Frankenbahn, Hochrheinbahn oder Zollernbahn. Die Aufzäh lung lässt sich fortsetzen. Insoweit ist das Projekt, eine Schnellbahntrasse von Stuttgart nach Ulm zu bauen, eines von vielen Vorhaben, mit denen wir den Schienenverkehr in Ba den-Württemberg im Interesse dieses Landes und seiner Zu kunft verbessern wollen.
Bei all diesen Projekten, verehrte Damen und Herren, wird es Befürworter und Gegner geben. Das ist in Ihren Reihen so, und das ist auch in unseren Reihen so. Damit können wir bes tens leben. Das ist Sache einer Gewissensentscheidung. Das ist Angelegenheit der freien Ausübung des Mandats. Das ist innerparteilich und außerhalb gelebte Demokratie. Diese Dis kussionen brauchen wir.
Wir haben überhaupt kein Problem damit, dass es abweichen de Meinungen in manchen Reihen gibt, sei es bei Ihnen in der
CDU oder gar bei uns in der SPD. Das ist gelebte Demokra tie. Kollege Stickelberger hat einmal so schön gesagt: Wir ha ben gelernt – das gehört zu unserer Kultur –, auch mit Wider sprüchen zu leben. Das ist auch hier so. Wir haben in unseren Reihen, im Parlament und außerhalb, Kollegen, die keine Be fürworter des Projekts sind. Es ist elementarer Bestandteil ei ner 150-jährigen Tradition, kampferprobt zu sein und mit Wi dersprüchen zu leben.
Nun zum Projekt selbst ein paar grundsätzliche Anmerkun gen. Seit knapp 20 Jahren ist das Projekt in der Planung. Je der einzelne Schritt hat ein rechtsstaatliches Planungsverfah ren durchlaufen und hat Klageverfahren standgehalten.
Zum Anfang gehören auch die Kritiker. Sie haben in Wahlen zum Teil erfolgreich abgeschnitten, aber sie haben in den letz ten 20 Jahren nie auch nur annähernd die Minderheitenposi tion verlassen können.
Diese Kritiker haben in der Vergangenheit alle rechtsstaatli chen Möglichkeiten und Instrumente, die ihnen natürlich zu stehen, genutzt, um das Projekt zu Fall zu bringen. Das ist völ lig legal. Jedes einzelne Instrument, so unterschiedlich es sich darstellt, hatte aber immer nur ein Ziel: das Projekt in toto, im Ganzen, zu Fall zu bringen. Es geht im Einzelfall nicht um ei ne Verbesserung hier, um eine Verbesserung dort, sondern es geht letztlich immer um das Projekt im Ganzen, weil Sie es nicht wollen. Seien es die OB-Wahlen, die Rechtsauseinan dersetzungen, die planerischen Mängelgutachten – es geht nie um die Einzelfallsystematik.
Auch heute führen wir eine Debatte, haben aber keinen An trag vorliegen, mit dem ein Moratorium begehrt würde. Das sei auch noch erwähnt.
Wir von der SPD würden ein Moratorium auch nicht befür worten, weil wir zu diesem Projekt stehen. Für uns ist auch völlig klar, dass bei Projekten dieser Größenordnung – mög licherweise auch in Zukunft – Überraschungen finanzieller, baulicher, technischer Art anstehen werden. Das ist bei Groß projekten völlig normal. Man darf sich nicht bei jedem ein zelnen Schritt verunsichern lassen. Sonst haben wir in dieser Republik Stillstand. Das wollen wir nicht. Die Kollegen ha ben in mehreren Debatten darauf hingewiesen: Wir wollen dieses Land wirtschaftlich nach vorn bringen.
Zum Vergleich: In der Schweiz gibt es das NEAT-Projekt mit Gesamtkosten in Höhe von ca. 30 Milliarden Schweizer Fran ken. Auch dieses Projekt ist umstritten gewesen. Allerdings gibt es einen Unterschied: Die Schweiz ist eine plebiszitäre Demokratie. Auch dort gab es Gegner. Wir haben eine reprä sentative Demokratie. Das eine kann nicht gegen das andere
ausgespielt werden. Wir stimmen in dieser Republik durch Parlamente ab – das ist seit dem Jahr 1949 unsere Tradition –,
und niemand darf die vom Volk gewählten Abgeordneten als undemokratisch bezeichnen.
Denn sonst verlässt dieser den Rahmen des Grundgesetzes. Wenn nun die Gegner Stuttgarts
von – ich zitiere – „sogenannter demokratischer Legitimati on im Rahmen von Landtags- oder Stadtratsbeschlüssen“ re den, von „Gemauschel“, und eine „offene demokratische Dis kussion“ fordern, so sind diese auf dem Holzweg. Wir haben das Recht und die Legitimation durch eine Volkswahl bekom men.
Man kann sich andere Demokratiemodelle vorstellen. Das kann auch die SPD. Aber wir sind damit nicht durchgekom men. Deswegen sind wir legitimiert, diese Entscheidungen zu treffen.
Es kann nicht sein, dass nun die Gegner anfangen, sich auf Notwehr, auf überstaatliches Widerstandsrecht zu berufen. Das geht nicht an, meine Damen und Herren. Die Jakobiner aus der Vergangenheit lassen grüßen. Wir haben den Rechts staat. Nur in diesem Rahmen sind Auseinandersetzungen mög lich und denkbar. Es gibt keinen Schritt darüber hinaus, um das einmal deutlich zu formulieren.
So viel zu ein paar Grundsatzpositionen. Auf das Einzelne, auf das Aktuelle werde ich nachher in der zweiten Runde noch eingehen.
Besten Dank, meine Damen und Herren.
Herr Präsident, meine Da men und Herren! Laut Grünen soll ein Moratorium her. Die Frage ist: Weshalb, und was soll danach kommen? Durch ein Moratorium werden die Kosten um keinen Cent geringer. Die Standpunkte werden sich nicht ändern. Die Frage ist: Was soll danach kommen? Was ist der Sinn eines Moratoriums? Noch einmal Händchen halten, sich noch einmal nett austauschen, und am Ende stehen wir mit genau den gleichen Argumenten da, über die wir mit den Bürgerinnen und Bürgern seit 17 Jah ren diskutieren. Deshalb lehnen wir ein Moratorium ab. Dar auf habe ich vorhin schon hingewiesen.
Dieses Projekt hat wie jedes Großprojekt Chancen und Risi ken. Das ist doch völlig klar. Es hat auch problembehaftete Stellen, gerade bei dem noch nicht planfestgestellten Ab schnitt. Wir sind froh, dass er noch nicht planfestgestellt ist; denn das ermöglicht die Optimierung dieses Abschnitts. Die Frau Ministerin hat zugesagt, sich ernsthaft darum zu bemü hen – sie hat unsere Unterstützung –, die von SMA aufgezeig ten Probleme zu lösen. Das ist doch der Sinn des Gutachtens. Wir können nicht immer dann, wenn ein Problem auftritt, ein Moratorium verkünden und das Gesamtprojekt infrage stel len. Das werden wir nicht mitmachen.
Die Kosten sind gestiegen – das ist unstrittig –, aber nie in den von Ihnen behaupteten Dimensionen, sondern um 40 %.
Es ist doch klar, dass sie steigen. 200 Millionen € akzeptie ren Sie, den anderen Teil nicht. Das werden Sie bei allen Pro jekten haben. Das werden Sie auch bei den von Ihnen befür worteten Projekten haben.
Nur ein Hinweis: In Freiburg gibt es auf einer anderen Ebene die Diskussion über einen Tunnel für eine Straße in der Stadt, der ein ganz schlechtes Kosten-Nutzen-Verhältnis aufweist. Ich frage Sie: Wer will diesen Tunnel? Die Grünen sind es, die ihn wollen.
Ich zitiere den Kollegen Pix: „Vor allem die Verkehrspolitik muss besser werden; der Bau des Stadttunnels in Freiburg muss her“ – ein Tunnel mit dem schlechtesten Kosten-Nut zen-Verhältnis.
Ihnen geht es doch gar nicht um diesen oder jenen Cent. Wenn ein Vorhaben Ihrer Meinung nach gut ist, spielen die Kosten eine nachrangige Rolle; wenn Sie dagegen sind, werden sie in den Vordergrund geschoben.
Das, was Sie vorbringen, ist relativ.
Klar ist: Wir stehen hinter dem Projekt. Niemand wird be haupten, dass bei den Kosten das Ende der Fahnenstange un abänderlich erreicht sei.
Die Kosten hat niemand hundertprozentig im Griff. Es ist doch völlig klar – das weiß jeder Kommunalpolitiker in Hintertup fingen –, dass sich ein Projekt verteuern kann.
Die Zahlen müssen zum jeweiligen Planungsstand nach bes tem Wissen und Gewissen offengelegt werden. Das ist der Knackpunkt. Ich verdeutliche Ihnen einmal die Relation. Wir haben hier ein Projekt für ganz Baden-Württemberg mit Kos ten in Höhe von ca. 7 Milliarden €. Daimler erwartet in die sem Jahr einen Jahresgewinn von 6 Milliarden €. Das ist eine Firma. Wir planen ein Jahrhundertprojekt – eine Firma erwar tet einen Jahresgewinn von 6 Milliarden €. Ich glaube, der volkswirtschaftliche Nutzen für die Infrastruktur und das da mit verbundene, sich über Jahre erstreckende Konjunkturpro gramm für dieses Land sind es wert, dass wir jetzt und heute für dieses Projekt eintreten.
Wie Kollege Scheuermann gesagt hat, ist es vertraglich gesi chert. Das gilt auch für die Finanzierung. Da kann niemand aussteigen. Die gegenteilige Ansicht beruht auf einem Trug schluss. Sie streuen den Bürgerinnen und Bürgern Sand in die Augen und verunsichern sie. Sie stellen Behauptungen auf, die nicht stimmen. Das Projekt wird kommen.
Geben Sie sich damit endlich zufrieden. Akzeptieren Sie, dass das Projekt kommt, und arbeiten Sie pragmatisch mit, um noch Verbesserungen zu erreichen. Wir sind offen für Einzel
falllösungen und für Verbesserungen. Dafür werden wir kämp fen. Die SPD steht aber zu diesem Projekt.
Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Da men und Herren! Nachdem nun beim Tagesordnungspunkt 1 fast alle Themen mit Ausnahme des Verkehrs angesprochen worden sind, möchte ich mich sehr eng auf dieses Thema be schränken, damit der Zeitrahmen eingehalten wird. Ich finde, es ist eine parlamentarische Disziplin, eine Fähigkeit und Fer tigkeit, in einem vorgegebenen Zeitrahmen seine Argumente vorzubringen. Ich möchte das den Kolleginnen und Kollegen einmal mehr demonstrieren.
In den Pfingstferien hat nicht nur der Rücktritt unseres Bun despräsidenten Furore gemacht – aus vielerlei Gründen, nicht zuletzt auch deshalb, weil ein wichtiger Politiker aus BadenWürttemberg nun nicht mehr in Berlin aktiv sein kann –, son dern es gab auch eine Schlagzeile, die zumindest die Verkehrs politiker und diejenigen, denen die Wirtschaft des Landes am Herzen liegt, aufschrecken muss. Ich zitiere sinngemäß: Der Bund gibt für unser Bundesland 90 Millionen € weniger an Straßenbaumitteln. Statt mit 550 Millionen € muss das Land mit 460 Millionen € auskommen.
Es gibt also 90 Millionen € weniger und die Ankündigung, sehr verehrte Frau Ministerin Gönner, dass im Jahr 2011 mit einem weiteren Minus zu rechnen ist. Meine Damen und Her ren, das ist bedauerlich. Ich will es noch einmal klarmachen: Wir von der SPD treten entschieden für eine moderne Ver kehrsinfrastruktur in diesem Bundesland ein, denn die brau chen wir elementar, um das wirtschaftliche Wachstum zu si chern
und den Firmen Wachstumschancen zu geben. Wir sind das Stauland Nummer 1.
Das eine geht nicht ohne das andere. Den Strom kann ich in Leitungstrassen transportieren, Waren und Güter brauchen Achsen wie die Schiene, die Wasserstraße und – notabene – auch die Straße. Dafür steht die SPD uneingeschränkt. Nach unserer Meinung ist dieses Land mit seiner Wirtschaftskraft, seinem Verkehrsaufkommen, seiner Transferlage und den Mo bilitätsbedürfnissen seiner Bevölkerung gegenüber anderen Bundesländern heftig benachteiligt.
Die Gründe hierfür sind zum einen natürlich die jährlich von den politischen Mehrheiten im Bundeshaushalt festgelegten Haushaltsmittel; je nach Zusammensetzung des Parlaments können diese schwanken. Es sind aber auch Vereinbarungen zum Länderfinanzausgleich und zu Quotenfinanzierungen, de nen die Regierungen dieses Landes immer zugestimmt haben. Manchmal waren das Vereinbarungen, die unter der Federfüh rung der Landes-CDU formuliert und festgeklopft wurden.
Selbst diese dem Land zustehenden Quoten wurden in den letzten Jahren oftmals nicht erreicht – im Unterschied bei spielsweise zum Nachbarland Bayern. Sprich: Baden-Würt temberg kann seine Potenziale offensichtlich nicht ausschöp fen.
Wenn nun die Regierung Mappus angetreten ist, diese größ tenteils selbst verschuldeten und eigenverantwortlich verein barten Verträge revidieren zu wollen – so verstehen wir man che Ankündigung des Kollegen Mappus –, dann freuen wir uns, mit der CDU hier im Land und einer Regierung, die be hauptet, sie trete für das Wohl dieses Landes ein, trete für ver kehrliche Verbesserungen in einem Bundesland ein, das 2 Mil liarden € in den Länderfinanzausgleich einzahlt – wohlge merkt jährlich –, endlich Mitstreiter an unserer Seite zu ha ben. Das wollen wir so haben.
Wenn Baden-Württemberg also diesen Mehrbedarf an Bun desmitteln erhalten soll, bedarf es einer Regierung, die sich kraftvoll durchsetzt.
Es war ja der Anspruch der Regierung Mappus, sich in Ber lin endlich wirkungsvoll durchzusetzen. Mit dieser Forderung ist natürlich zunächst einmal eine Kritik an den Regierungen Teufel und Oettinger verbunden. Herr Mappus, ich zitiere die „Stuttgarter Nachrichten“, Überschrift: „Auftritt einer Dampf maschine“:
Mappus macht klar, dass er keine Lust mehr habe, jähr lich 2 Milliarden € in den Länderfinanzausgleich einzu zahlen, im Gegenzug aber nichts davon in der Infrastruk tur wieder zu sehen.
Das bedeutet nichts anderes als völliges Versagen der Vorgän gerregierungen. Das ist nun einmal Fakt.
Da teilen wir Herrn Mappus’ Meinung. Er trete auf wie eine „Dampfmaschine“, heißt es in den „Stuttgarter Nachrichten“.
Im Übrigen steht diese Einschätzung bezüglich Herrn Map pus im Gleichklang mit dem „Handelsblatt“. Ich zitiere wie derum:
Der junge Ministerpräsident will in Berlin gehört... wer den. Seinen beiden Vorgängern Günther Oettinger und Erwin Teufel blieb das versagt.
Das stellt das „Handelsblatt“ fest, eine der SPD nicht gerade zugeneigte Postille.
Was ergibt sich also nun bei der Betrachtung nach sieben Mo naten Regieren von Schwarz-Gelb in Berlin und nach 120 Ta gen Mappus/Goll in Stuttgart? Eigentlich ist alles schlechter geworden.
Noch schlechter, lieber Kollege Schmiedel.
Es ist ein Versagen auf der ganzen Linie: Statt mehr Geld, wie gefordert, erhält das Land weniger Geld für Verkehrsmaßnah men. Das geht sogar so weit, dass der von mir persönlich wohl geschätzte einstige Verkehrsminister Müller – so, wie er zi tiert wurde – absolut frustriert über das ist, was passiert. Das ist eine Emotionsaufwallung eines ansonsten sehr nüchternen Kollegen.
Wenn Frau Gönner mit dem Anspruch des Ministerpräsiden ten antreten durfte, ja antreten musste – ich zitiere wiederum –,
dass die neue Verkehrsministerin Tanja Gönner
aus Sigmaringen –
ihre guten Kontakte in Berlin nutzen wird, damit mehr Mittel für den Straßenbau nach Baden-Württemberg flie ßen,
hört, hört –, so ist festzustellen, dass die vermeintlich guten Kontakte von Frau Ministerin Gönner einen Malus von 90 Millionen € gegenüber dem geschätzten Kollegen Köber le bedeuten. Man sehnt sich wahrlich fast nach den Aktivitä ten des Kollegen Köberle zurück, der es immerhin verstanden hat,
im Zusammenspiel mit Frau Roth manchmal Restmittelantei le für dieses Bundesland zu akquirieren.
Was bleibt? Sie, meine Damen und Herren von der CDU und von der FDP/DVP, suggerieren unentwegt eine Situation, als hätte der Bund unbegrenzt Geld, als könnte er alle Verkehrs wünsche problemlos erfüllen.
Sie suggerieren das. Ich zitiere einfach noch einmal, meine geschätzte Kollegin Razavi:
Es ist die Aufgabe des Bundes,... dafür zu sorgen, dass bei uns die erforderlichen Mittel für die Realisierung der geplanten Projekte zur Verfügung gestellt werden.
Kategorischer Imperativ. Sie bemühen sich nicht einmal um eine Einschätzung der Bundesfinanzen.
Sie verweisen in steter Regelmäßigkeit auf die planfestgestell te Vorratskammer des Landes. Der Bund soll einfach bezah len. Das geht nicht. Selbst dem letzten Anhänger der Wunder gläubigkeit unter Ihnen muss nun endlich klar sein, dass die öffentliche Hand nicht mehr, sondern weniger Geld zur Ver fügung hat, und das in einer Situation, bei einer Finanzpoli tik, die Steuergeschenke an eine bestimmte Klientel verteilt
und andererseits eine Verkehrspolitik betreibt, als stünden un begrenzt Mittel zur Verfügung. Kürzlich meinte Frau Gönner: Wir brauchen 300 Millionen € mehr. Natürlich! Wir bräuch ten sie. Aber der Konjunktiv ist doch keine Strategie, kein re ales Verhalten für eine Regierung, sondern man muss die Re alität zur Kenntnis nehmen, egal, ob SPD oder CDU im Bund, in Berlin regieren. Auch dort sind die Mittel begrenzt. Das Er gebnis sind nicht 300 Millionen € mehr, sondern 90 Millio nen € weniger für dieses Land.
Werte Frau Ministerin, auch in der Verkehrspolitik haben Sie wahrlich eine bemitleidenswerte Strahlkraft. Sie jagen Wol ken mit Wind,
erklären den Menschen im Land, schuld an allem Elend sei der Bund. Das ist die alte Leier der CDU. Für die Erfolge sind Sie zuständig, wenn es GVFG-Gelder gibt, wenn Straßen ein geweiht werden, wie kürzlich wieder einmal. Für die Misser folge sind der Bund, die Preußen, die Bayern oder der Yeti im Himalaya verantwortlich. So geht es nicht. Sie können zu Recht Verantwortung für die positiven Ergebnisse akquirie ren, aber übernehmen Sie dann bitte auch die Verantwortung für das, was in diesem Bundesland und für dieses Bundesland nicht passiert.
Wenn jemand so vollmundig auftritt, muss er sich an seinen Worten messen lassen.
Tat und Wort müssen in Ihrer Verkehrspolitik in Einklang ge bracht werden. Das riesige Dilemma ist doch, dass bei Ihnen nicht das Erreichte als Erfolg zählt, sondern das Erzählte. Das ist mehr Märchenstunde als Verwaltungsrealität.
Wenn die Regierung Mappus mit dem Anspruch angetreten ist, mehr und Besseres für die Verkehrsinfrastruktur in BadenWürttemberg herbeiführen zu wollen, dann stellen wir mit Be dauern fest: Das ist kläglich gescheitert. Mappus ist keine Dampfmaschine, sondern ein Dampfplauderer.
Vielen Dank fürs Erste.
Die SPD kommt gern zu Spatenstichen, aber es ist Aufgabe der Regierung, den Men schen zu sagen: Wir haben nicht so viel Geld. Es sind genau Sie und Ihre Mitglieder, Ihre Abgeordneten, die durch die Lan de reisen und Straßen fordern
und die genau den Eindruck erwecken, als ob unbegrenzt Stra ßenbau finanzierbar wäre.
Ich habe es erst vor Kurzem wieder erlebt. Staatssekretär Wi cker steht vor einer geschlossenen Halle mit 1 000 Leuten und sagt: Wir brauchen diese B 27.
Er erweckt damit den Eindruck, als ob morgen der Spaten stich erfolgen würde. Das ist doch das Dilemma zwischen Ih rem Anspruch und Ihrer Wirklichkeit.
Da ist die Unehrlichkeit der CDU ganz, ganz tief verankert.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Scheuermann hat schön dargelegt: Autofahrerei kann in Baden-Württemberg furcht bar sein.
Ihre Interpretation daraus: Zugfahren ist nicht ganz so furcht bar, aber Verkehr in Baden-Württemberg ist furchtbar.
Die Quintessenz lautet: Immer dann, wenn es um Verkehr geht, sei es Straße oder Schiene, ist in Baden-Württemberg das Adjektiv „furchtbar“ häufig angebracht.
Die beiden Vorredner haben dargelegt, was das Problem ist. Ich brauche nicht mehr lange darauf einzugehen. Es ist ein Er folg – ganz klar –, dass der Schienenpersonenverkehr so stark gewachsen ist. Dafür teilen wir auch uneingeschränkt Lob aus; das anerkennen wir. Das hängt auch mit verschiedensten Re formen auf Bundesebene zusammen; darauf brauche ich nicht im Einzelnen einzugehen.
Das Problem ist nun einmal, dass der Erfolg auch Probleme zeitigt. Die Wagen und die Züge sind nicht nur im Einzelfall überfüllt, wenn am Sonntagspätnachmittag viele Wandergrup pen gleichzeitig einsteigen oder wenn eine Schulklasse einen Ausflug mit dem Zug nach Stuttgart macht. Nein, es ist der Regelfall, dass wir zu 110 % und teilweise zu 160 % ausge lastete Waggons haben. Da sind uns die Hände gebunden, weil eben dieser Verkehrsvertrag mit der DB uns Fesseln anlegt – Fesseln, die die Landesregierung selbst gestrickt hat – und keine Möglichkeit für Flexibilität bietet.
Die Frage heißt: Was ist zu tun? Im Kern müssen wir mög lichst schnell zu Ausschreibungen kommen. Es ist ja auch das erklärte Ziel der Regierung, aus dieser Tranche von 2016 ein zelne Pakete vorher herauszulösen und auszuschreiben.
Dass man damit Erfolg haben kann, zeigt die Schwarzwald bahn, die auch einen hohen Zuwachs an Gästen hat, die hohe Qualitätsmerkmale hat – die z. B. einen Schaffner hat – und schon wieder Engpässe aufzeigt. Der Erfolg ist so groß, dass nach zwei, drei Jahre Betrieb schon wieder nachgebessert wer den muss.