Protokoll der Sitzung vom 03.02.2011

Immerhin sind wir aber konzentriert genug, um zu wissen, worüber wir abstimmen.

Meine Frage ist: Halten Sie wirklich eine Lösung für sachgerecht, die der Ministerpräsi dent noch vor zwei oder drei Wochen selbst für schlecht hielt?

Halten Sie das der Öffentlichkeit gegenüber wirklich für ver mittelbar? Wundern Sie sich nicht, dass sich die Beamten auch wundern, wenn innerhalb kürzester Zeit ein derartiger Wan del der Bewertung durch den Ministerpräsidenten erfolgt? Ein Freiwilligkeitsmodell, das er vor wenigen Wochen noch ab gelehnt hat, wird jetzt fast zur heiligen Kuh hochstilisiert.

Das Freiwilligkeitsmo dell wurde auf eine bessere Basis gestellt, als dies ursprüng lich der Fall war.

Noch etwas zu der Situation vor zwei Wochen: Vielleicht wä ren Sie mit einer solchen Erkältung überhaupt nicht da gewe sen. Ich habe es jedoch für notwendig gehalten, anwesend zu sein. An diesem Tag habe ich viel gearbeitet, aber einen Feh ler gemacht, zu dem ich stehe. Das ist so passiert.

Herr Stickelberger, im Übrigen wollte ich mich bei Ihnen noch bedanken; denn Sie gehen davon aus, dass ich auch dem nächsten Landtag angehöre. Ich freue mich, wenn dem so ist.

(Abg. Rainer Stickelberger SPD: Wir freuen uns auf eine gute Opposition!)

Außerdem sage ich Ihnen, dass ich das, was ich von diesem Pult aus versprochen habe, immer eingehalten habe. Das kön nen Sie nachprüfen. Wenn Sie etwas anderes finden, dann zei gen Sie es mir bitte.

(Glocke der Präsidentin)

Frau Abgeordnete, bitte kommen Sie zum Ende.

Ich habe hier noch nie etwas versprochen, von dem ich nicht wusste, ob es einhalt bar ist.

Die Beamten werden profitieren und sind in keiner Weise ver unsichert. Vielmehr werden sie sich freuen, wenn ihnen schon ab April mehr Geld zur Verfügung steht und sie nicht erst bis zum Oktober oder November warten müssen.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Dietmar Bachmann FDP/DVP: Und nicht zum Schlachter!)

Das Wort erteile ich Herrn Staatssekretär Dr. Scheffold.

Frau Präsidentin, mei ne sehr verehrten Damen und Herren!

(Zuruf des Abg. Eugen Schlachter GRÜNE)

Im Gegensatz zu Ihnen, Herr Kollege Schlachter, halte ich den Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen von CDU und FDP/ DVP für ausgesprochen durchdacht. Deswegen kann ich an dieser Stelle ausdrücklich für diesen Gesetzentwurf werben. Sie bleiben sich aber treu. Sie sind in diesem Fall wie auch bei vielen anderen Fragen dagegen. Die Bürgerinnen und Bür ger haben bald Gelegenheit, darüber abzustimmen, ob sie die se Verfahrensweise als richtig und gut für unser Bundesland empfinden.

Jedenfalls soll bei diesem Gesetzentwurf nicht über irgend welche Freiwilligkeitsmodelle oder andere Dinge abgestimmt

werden, sondern über die Anpassung der Besoldung. Im Vor griff auf die anstehenden Tarifverhandlungen wollen wir zum 1. April 2011 eine Erhöhung der Besoldung sowie der Alters- und Hinterbliebenenversorgung um 2 % vornehmen.

In der Vergangenheit wurden Besoldung und Versorgung in der Tat erst nachträglich angepasst, nachdem das Tarifergeb nis vorlag. Es wurde verhandelt, und das Tarifergebnis wur de übernommen. Dabei kam es nicht selten dazu, dass man die Anpassung noch zeitlich gestreckt hat, sodass die Beam ten und Versorgungsempfänger zusätzlich warten mussten. In diesem Jahr wollen die Koalitionsfraktionen die Anpassung aus verständlichen Gründen vorziehen. Sie wollen honorie ren, dass die Beamtinnen und Beamten in unserem Bundes land eine sehr gute Arbeit leisten. Deswegen wollen wir die Grundsätze zur Anpassung der Besoldung und Versorgung landesrechtlich regeln.

Im Übrigen hat diese Anpassung an die Entwicklung der all gemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse re gelmäßig durch Gesetz zu erfolgen. Das ist eine gesetzlich normierte Verpflichtung. Wir befinden uns dabei also nicht in irgendeinem Freiraum. Vielmehr sind wir verpflichtet, eine Anpassung vorzunehmen. Dass diese Anpassung notwendig ist, liegt auf der Hand. Wenn man auf das wirtschaftliche Um feld blickt, kann man das nachvollziehen.

Mit diesem Gesetzentwurf gelingt auch der Spagat zwischen dem, was uns die wirtschaftliche Entwicklung gebietet, und dem, was uns finanzpolitisch verantwortbar erscheint. Des halb plädiere ich dafür, diesem Gesetzentwurf der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP/DVP zuzustimmen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich schlage vor, den Gesetzentwurf Drucksache 14/7545 zur wei teren Beratung an den Finanzausschuss zu überweisen. – Sie stimmen dem zu. Dann ist es so beschlossen.

Damit ist Tagesordnungspunkt 9 erledigt.

Ich rufe Punkt 10 der Tagesordnung auf:

Mündlicher Bericht des Vorsitzenden des Petitionsaus schusses und Aussprache

Ich erteile dem Vorsitzenden des Petitionsausschusses, Herrn Kollegen Döpper, das Wort.

Sehr verehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Die 14. Legislaturperiode neigt sich dem Ende zu. Es ist Zeit für den Bericht des Petitions ausschusses nach § 69 der Geschäftsordnung des Landtags von Baden-Württemberg.

Der Petitionsausschuss nimmt für die Bürgerinnen und Bür ger mit der Kontrolle von Verwaltungsentscheidungen eine wichtige Aufgabe wahr. Die 23 Mitglieder des Petitionsaus schusses setzten sich sehr engagiert für die Anliegen der Pe tenten ein. Auch wenn nicht immer geholfen werden konnte, wurde in vielen Fällen trotz eines negativen Ausgangs des Pe titionsverfahrens zumindest Aufklärungs- und Überzeugungs arbeit geleistet.

In immerhin 21 % der Fälle hatten die Petitionen ganz oder teilweise Erfolg. Die Erfahrung des Bürgers, dass seine Ein gabe vom Petitionsausschuss und vom Landtag ernst genom men und sachgerecht behandelt wird, nimmt ihm das Gefühl der hoffnungslosen Unterlegenheit. Gegenüber dem auf ihn mächtig wirkenden Behördenapparat braucht der Betroffene einen „Anwalt des Bürgers“.

Der Petitionsausschuss hat nach heutigem Stand 45 Sitzun gen abgehalten. Er hat 98 Ortstermine durchgeführt – es wer den insgesamt über 100 werden, denn wir haben noch einige Termine –, und er hat 470 Anhörungen von Regierungsvertre tern vorgenommen.

Gegenüber der ersten Hälfte der 14. Wahlperiode hat die An zahl der Neueingaben weiter abgenommen. Nach dem Stand vom 1. Januar 2011 waren es 5 216 Petitionen. Das entspricht etwa 1 159 Petitionen pro Jahr.

(Abg. Dieter Hillebrand CDU: Wow!)

Ein Grund dafür ist der starke Rückgang der Zahl der Auslän derpetitionen. Das Asylrecht und die damit verbundenen Rückführungen ins Heimatland spielen momentan keine gro ße Rolle. Das kann sich und wird sich durch den Wegfall der Visumpflicht innerhalb der EU schnell ändern. An einem man gelnden Bekanntheitsgrad des Petitionsausschusses oder zu hohen Hürden, um das Petitionsrecht wahrzunehmen, kann es sicherlich nicht liegen.

Mit der Einführung von Onlinepetitionen ab der nächsten Le gislaturperiode tun wir einen weiteren Schritt, um den Bür gern den Zugang zum Petitionsrecht zu erleichtern.

Schwerpunkte der Petitionen bildeten wie schon in den ver gangenen Jahren die Bausachen mit 440 Eingaben. Den Straf vollzug betreffen 354 und das Ausländerrecht 327 Eingaben. Dem folgen der Bereich Sozialhilfe mit 237 Eingaben und Steuersachen mit 231 Eingaben. Die Gnadensachen haben mit 202 Eingaben ebenfalls großes Gewicht.

Erst jetzt hat sich wieder eine Studentin, die derzeit an der Universität Tübingen eine Dissertation über Begnadigungen schreibt, bei mir ausführlich über die Praxis und die Erfahrun gen des Petitionsausschusses in Gnadensachen informiert.

Aus der Vielzahl der positiv entschiedenen Petitionen darf ich Ihnen ein Praxisbeispiel aufzeigen. Es handelt sich um das Beispiel einer im öffentlichen Dienst beschäftigten türkischen Reinigungskraft. Diese konnte nicht verstehen, dass sie we gen einer fehlenden Unterschrift finanzielle Einbußen bei der Betriebsrente hinnehmen musste. Sie wehrte sich beim Peti tionsausschuss gegen die Kürzung ihrer Betriebsrente und brachte einen Stein ins Rollen. Weil die Petentin aus Unkennt nis versäumt hatte, im Jahr 2003 eine spezielle Rentenaus kunft beizubringen, wurden ihr von der Zusatzversorgungs kasse statt 653 € nur 200 € Betriebsrente zugestanden. Ähn lich erging es 1 100 anderen ehemaligen Beschäftigten des öf fentlichen Dienstes.

Der Petitionsausschuss forderte den Kommunalen Versor gungsverband auf, zusammen mit den Tarifpartnern nach ei ner befriedigenden Lösung zu suchen. Mit Erfolg: Dem An liegen der Petentin auf Neuberechnung der Betriebsrente wur de entsprochen. Ihr wird künftig die volle Betriebsrente be

zahlt, und die vorenthaltenen Beträge von etwa 20 000 € wer den nachgezahlt. Die Zusatzversorgungskasse des Kommu nalen Versorgungsverbands Baden-Württemberg wird bei al len Fällen prüfen, ob im Einzelfall ebenfalls die Vorausset zungen für eine Neuberechnung vorliegen. Die Tarifvertrags parteien haben sich entsprechend geeinigt und kommen so ih rer Fürsorgepflicht nach.

In unserer Ausschusssitzung im Dezember 2010, also vor nicht allzu langer Zeit, haben wir einstimmig einen Vorschlag für eine Entschließung des Landtags zur Unterbringung ehe maliger Heimkinder verabschiedet. Ich bin froh, dass wir die Betroffenen öffentlich angehört haben. Wir haben festgestellt, dass Kindern und Jugendlichen großes Leid zugefügt worden ist. Dieses manchmal unvorstellbare Unrecht wird von uns ausdrücklich verurteilt. Wir wären dem Landtag dankbar, wenn er unserem Vorschlag folgen würde.

Ich könnte über eine Fülle von Fällen aus dem vielfältigen Wirken des Petitionsausschusses berichten. Nicht vorenthal ten möchte ich Ihnen zwei von vielen Schreiben.

Eine junge Frau, die durch ihre Petition eine Ausbildung zur staatlich anerkannten Erzieherin erfolgreich abschließen konn te, schreibt:

Ich bedanke mich bei Ihnen für Ihre verständnisvolle Un terstützung. Mein Kolloquium habe ich am 30. April 2010 erfolgreich abgelegt. Gleichzeitig wurde ich bei der Stadt verwaltung S. im Kindergarten als staatlich anerkannte Erzieherin wieder eingestellt. Durch Ihre persönliche Ent scheidung wurde mir hiermit mein Berufsziel ermöglicht. Nochmals ein herzliches Dankeschön.

Im zweiten Beispiel – es kommt aus einer ganz anderen Rich tung – geht es um die Beseitigung von Forellenteichen. Das Ehepaar, das die Teiche laut Landratsamt entfernen musste, schrieb nach erfolgreichem Zustandekommen eines öffent lich-rechtlichen Vertrags Folgendes:

Die Teiche bleiben erhalten, und die Natur erhält noch mehr Raum als bisher. Dies jetzt auch in gesichertem Rah men, auch für uns. Dass dies so ist, verdanken wir letzt endlich der Vermittlung des Petitionsausschusses, seiner Arbeit und seinem Engagement. Dafür möchten wir Ih nen und den Ausschussmitgliedern herzlich danken. Soll ten Sie oder andere Ausschussmitglieder irgendwann mal Lust verspüren, ein positives Ergebnis der Petitionsarbeit zu besichtigen, besuchen Sie uns. Sie sind jederzeit herz lich willkommen.

In diesem Fall geht unser Dank auch an die flexible Landkreis verwaltung und an den Ersten Landesbeamten.

Leider konnten wir nicht immer helfen. Auch wir sind an Ge setz und Recht gebunden. Manchmal helfen aber auch der ge sunde Menschenverstand und etwas Zivilcourage auf allen Seiten weiter.

Meine Damen und Herren, dies ist heute mein letzter Rechen schaftsbericht. Ich verabschiede mich zum Ende dieser Legis laturperiode aus dem Landtag. Die Arbeit im Petitionsaus schuss und der kollegiale Zusammenhalt in diesem Gremium haben mir viel Freude gemacht. Allen Abgeordnetenkollegin nen und -kollegen des künftigen 15. Landtags kann ich die