Protokoll der Sitzung vom 02.03.2011

Der Rechnungshof kritisiert heftig.

Ich muss zugeben: Immerhin haben wir Verbünde. Man könn te jetzt sagen, Bescheidenheit ist auch eine Zier. Wenn ich mir aber die sich wiederholenden Pressemeldungen der Landes regierung anschaue, die täglich von der Notwendigkeit mo derner Mobilität sprechen, dann muss ich sagen: Wo sie recht hat, hat sie recht.

Dazu gehört aber auch, Übergänge und Unterbrechungen in dieser Mobilitätskette zu verhindern bzw. zumindest zu redu zieren. Die Übergänge zwischen den verschiedenen Verbün den stellen immer wieder eine Hürde dar. Es gibt einen Tarif wirrwarr; das bestätigt sogar der Rechnungshof.

Jetzt sagt die Landesregierung in der Stellungnahme zu unse rem Antrag, die Tarifgestaltung sei relativ einheitlich und übersichtlich. Ich wette: Kein einziger Nutzer des öffentlichen Personennahverkehrs würde dieses Urteil bestätigen. Viel leicht würde dies ein Autofahrer tun, für den sich der Tarif an der Tankstelle definiert. Aber jemand, der den öffentlichen Verkehr benutzt, wird dies sicher nicht tun.

Zugegeben: Alle Verbünde haben Einzelfahrscheine und Abos. Das war es aber dann auch schon mit den Gemeinsamkeiten. Nicht einmal die Altersgrenzen für die Kinderfahrscheine sind einheitlich geregelt.

Wir haben also einen Tarifdschungel bzw. einen Tarifwirrwarr. Dazu kommen Finanzstrukturen und Finanzierungsströme, die nur von wenigen Experten durchschaut werden. Der Dschungel wird immer dichter. Der Rechnungshof fordert die Landesregierung auf, gestalterisch tätig zu werden.

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Bürokratie abbau!)

Wenn der Wähler uns am 27. März beauftragt,

(Abg. Albrecht Fischer CDU: Was Gott vermeiden möge!)

diesen Dschungel zu lichten, dann werden wir das tun. Mit dem Geld des Landes wären und sind wir in der Lage und so gar in der Pflicht, zu lenken.

(Zuruf des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP – Gegenruf der Abg. Bärbl Mielich GRÜNE: Mann, Wetzel!)

Jeder blamiert sich, so gut er kann. Das ist eine alte Weis heit.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Meist der, der vorn steht!)

Ich habe zu dem werten und geschätzten Kollegen gespro chen.

Es ist also Aufgabe einer Landesregierung, diesen Dschungel zu lichten und die Verbünde zu locken. Das kann die Landes regierung mit unserem Geld. Das hat bereits anhand eines gu ten Beispiels funktioniert, als es nämlich um die Fahrradmit nahme ging.

Wir haben mehrere Elemente genannt. Wie gesagt: Die nächs te Landesregierung muss dies anpacken. Wir werden das tun.

(Beifall bei den Grünen)

Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Scheuermann das Wort.

(Abg. Winfried Scheuermann CDU: Die SPD will nicht das Wort?)

Die SPD hat die Begründung des Antrags an die Fraktion GRÜNE abgetreten. Damit geht es nach der Begründung in der normalen Reihenfolge weiter.

(Abg. Winfried Scheuermann CDU: Das weiß doch ich nicht!)

Herr Scheuermann, wir sind doch schon so lange im Land tag.

(Zuruf: Oh! – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Kann je mand den Präsidenten beruhigen?)

Also bitte.

Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Herr Präsident, entweder ich habe nicht zugehört, oder Sie ha ben das nicht gesagt. Aber gut, sei’s drum.

Herr Wölfle, ganz kurz zu Ihnen. Wir haben in Baden-Würt temberg in der Tat einen ganzen Teppich von Verbünden.

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Flickenteppich!)

Dies ist der Tatsache geschuldet, dass wir von vornherein ge sagt haben: Wir wollen die Verbünde nicht par ordre du muf ti, als Gesetzgeber oder als was weiß ich regeln, wie man dies beispielsweise in Hessen gemacht hat, sondern wir geben zu nächst Zuschüsse für verbundbedingte Mehrkosten und war ten ab, was sich aus dem Raum heraus entwickelt.

Nun wollen wir einmal ehrlich sein. Die Leute, von denen Sie gesprochen haben, sind unter denen, die Verbundleistungen in Anspruch nehmen, eine große Minderheit. Die große Mas se derjenigen, die Verbundleistungen in Anspruch nehmen, sind Schüler und Berufspendler. Diese Leute pendeln zum größten Teil auf den Verbindungen der zentralen Orte. Das heißt – ich möchte gar nicht sagen, dass wir uns zu Recht da rüber unterhalten –, wir unterhalten uns über eine ganz ver schwindend geringe Minderheit. Für den großen Rest ist völ lig klar: Er hat durch die Verbundstruktur nicht die geringsten Nachteile.

Nun aber zu dem Antrag, über den wir gerade reden. Dieser hat eine Geschichte. Der Antrag stammt vom 29. Juli 2009. Grundlage dieses Antrags war wohl eine Äußerung des Rech nungshofs über den Zustand des öffentlichen Personennah verkehrs in Baden-Württemberg. Daraufhin hat sich der Fi nanzausschuss – man kann sich natürlich lange darüber un terhalten, ob es nicht besser gewesen wäre, wenn sich der zu ständige Fachausschuss damit beschäftigt hätte – mit dieser Frage beschäftigt. Dieser hat eine Beschlussempfehlung ver abschiedet, der der Landtag am 17. Dezember 2009 gefolgt ist.

Aufgrund dieses Landtagsbeschlusses hat die Landesregie rung Ende des letzten Jahres einmal eine Stellungnahme über die Entwicklung abgegeben, die von Dezember 2009 bis heu te stattgefunden hat. Was sind die wesentlichen Kernpunkte dieser Entwicklung? Bei der Beschlussfassung gab es einen einzigen großen Streitpunkt. Dabei ging es um die Formulie rung einer entsprechenden Passage in dem Beschluss des Landtags. Sollte sie heißen: „mittelfristig einen Landesver bundtarif anzustreben“, oder sollte sie heißen: „mittelfristig durch eine entsprechende Gestaltung der Verbundförderung Verbundgrenzen überschreitende Fahrten zu erleichtern“?

Die zweite Fassung, die ich gerade vorgetragen habe, hat im Landtag eine Mehrheit gefunden.

(Zuruf des Abg. Franz Untersteller GRÜNE)

Nun weiß niemand in diesem Haus, ob ein Landesverbundta rif, wenn wir einen hätten, günstiger wäre, als es das BadenWürttemberg-Ticket ist, und, wenn ja, um wie viel günstiger. Tatsache ist – das halte ich für einen großen Erfolg –: Wir ha ben das Baden-Württemberg-Ticket. Das Baden-Württem berg-Ticket ist mittlerweile in allen Verbünden anerkannt, so dass ich mit diesem Ticket nicht nur den Schienenverkehr be nutzen kann, sondern alle Verkehrsmittel, die es in einem ent sprechenden Verbund gibt. Ich halte das für einen großen Fort schritt.

Ob sich ein weiterer Streit oder eine weitere Auseinanderset zung lohnt, könnte man nur sagen, wenn man wüsste, ob ein Landesverbundtarif billiger würde als ein Baden-Württem berg-Ticket. Da wir aber das Baden-Württemberg-Ticket ha ben, ist wohl die Veranlassung, der Drang, dazu auch noch ei nen Landesverbundtarif zu haben, entsprechend gering.

Weiter geht aus der Mitteilung der Landesregierung, die in Umsetzung des erwähnten Beschlusses des Landtags vorge legt wurde, hervor, dass das zuständige Ministerium die Ver träge, mit denen das Land seine Zuschüsse an die einzelnen Verbünde auszahlt, zeitlich synchron gestalten möchte. Das

heißt, aufgrund verschiedener Laufzeiten können im Jahr 2018 – zugegebenermaßen erst dann – alle Verträge über die Bezu schussung von Verbünden einheitlich sein.

Warum machen wir das? Das ist nicht nur l’art pour l’art, son dern wir machen das, weil wir vor allem auch Beförderungs bedingungen vereinheitlichen möchten. Es geht vor allem um die Frage, bis zu welchem Lebensalter ein verbilligter Kin dertarif gilt, wann ein Tag als Werktag gilt, wann der Sonn tagstarif gilt. All dies können Sie nur dann landeseinheitlich regeln, wenn die entsprechenden Verträge auch gleichlautend und zeitlich gleichlaufend gestaltet werden.

Meine Damen und Herren, zwei Fragen bleiben aber nun wirklich offen.

Die erste Frage ist: Wie können wir erreichen, dass sich Ver bünde zusammenschließen oder dass wenigstens die Durch lässigkeit zwischen den einzelnen Verbünden, also der Über gang, erleichtert wird? Hier sagt die Landesregierung, das E-Ticket sei für uns die Lösung der Zukunft, was diese Fra gen angeht. Das heißt, Sie können mit Ihrem Handy, wenn Sie es entsprechend aufgeladen haben, in einen Bus einsteigen – dann wird das auf dem Handy vermerkt –, Sie können in den nächsten Zug umsteigen – auch das wird dann vermerkt –, und Sie können in weitere Verkehrsmittel ein- und wieder ausstei gen.

Nun nimmt die Zahl derjenigen, die ein Handy haben, zu. Auch die Zahl derjenigen, die ein Smartphone haben, nimmt zu. Aber ob jeder mit dieser Methode zurande kommt, ist nun wirklich noch die Frage.

Nun, Frau Ministerin, haben wir irgendwann einmal ein Bo nus-Malus-System bei der Bezuschussung eingeführt.

(Dem Redner wird das Ende seiner Redezeit ange zeigt.)

Sie lassen mir jetzt am letzten Tag, an dem ich hier eine Re de halte, noch zwei Minuten Zeit. Vielen Dank, Herr Präsi dent.

Ich wollte Sie nur dar auf hinweisen, dass Ihre Redezeit beendet ist.

Nun haben wir ein Bo nus-Malus-System eingeführt. Ich habe den Eindruck, dass das eher auf dem Papier steht, als dass es spürbar mit Geld in Verbindung gebracht wird. Jeder weiß, aus welchem Verbund ich komme: Das ist der Verbund Pforzheim-Enzkreis. Wir ha ben vorzeigbare, wirklich glänzende Schnittstellen zum Ver bund Karlsruhe. Wir kommen aber mit dem VVS nicht wei ter. Wir kommen mit dem VVS nicht weiter! Frau Ministerin, da sind wir eben mit der Antwort, in Zukunft werde alles bes ser, wenn wir E-Ticketing machten, nicht einverstanden.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und des Abg. Fritz Buschle SPD)

Der Verkehrsverbund Stuttgart müsste einen größeren Malus bekommen, als er im Moment tatsächlich hat. Der Malus, den wir dem Verkehrsverbund Stuttgart abverlangen, ist nicht der Rede wert. Vor allem bewirkt er überhaupt nicht, dass sich die Zuständigen beim Verkehrsverbund Stuttgart endlich einmal

bewegen und mit uns vom Verbund Pforzheim-Enzkreis über haupt einmal in Verbindung treten wollen.

Das ist, glaube ich, das eine, was noch geregelt werden muss. Ich glaube, wenn wir seitens des Landes jedes Jahr 50 Milli onen € an Verbundfördermitteln ausgeben, ist es nicht mehr als recht und billig, dass wir uns dieser Frage zuwenden.

So viel zum vorliegenden Antrag. Ich nehme an, dass Sie nicht auf einer Abstimmung bestehen. Überhaupt nicht zustimmen könnten wir dem Begehren, seitens des Gesetzgebers oder der Landesregierung auf eine Reduzierung der Zahl der Verbün de hinzuwirken.