Herr Kollege Hauk, Sie ha ben soeben ausgeführt, dass Sie den Ausbau der regenerati ven Energien mit Dividendenüberschüssen aus unserer EnBW-Beteiligung finanzieren wollen. Geben Sie doch bitte dem Hohen Haus eine Prognose, wie viel Dividende wir in den nächsten Jahren von der EnBW bekommen,
damit ein bisschen Fleisch an die Knochen kommt, wie hoch die Zuschüsse für den Ausbau regenerativer Energien ausfal len werden.
Herr Kollege Schlachter, über die sen Nebenkriegsschauplatz können wir uns gern unterhalten. Ich sage Ihnen klar: Die Dividende in den nächsten Jahren wird mit Sicherheit der Gewinn sein. Der Gewinn in den nächsten Jahren wird mit Sicherheit deutlich niedriger ausfal len als im vergangenen Jahr. Er wird aber nicht so niedrig aus fallen – so hoffe ich jedenfalls –, dass am Ende überhaupt kein Gewinn übrig bleibt.
Das bedeutet, an die Adresse der Opposition gerichtet, ganz klar: Wer künftig Strom und Wärme aus erneuerbaren Ener gien will, muss auch dafür Sorge tragen, dass beides bei uns ankommt bzw. dass es entsprechende Speichermöglichkeiten gibt. Dies haben Sie, Herr Kollege Kretschmann und die Grü nen, bisher verhindert,
weil Sie bei allen Fragen eine Gegenposition eingenommen haben, wenn es zum Schwur gekommen ist. Das war der Punkt.
Ich fordere deshalb Sie und Ihre Parteifreunde vor Ort auf, den Prozess des Ausbaus der erneuerbaren Energien nicht wei ter zu behindern.
Meine Damen und Herren, wir werden unser Mitspracherecht als Miteigner der EnBW weiterhin nutzen, um Einfluss auf die Unternehmensstrategie der EnBW zu nehmen. Die EnBW muss zum wirtschaftlichen – ich betone: wirtschaftlichen – und ökologischen Vorreiter beim schnellen Ausbau der erneu erbaren Energien werden. Neben Atdorf brauchen wir in Ba den-Württemberg weitere Pumpspeicherkraftwerke. Sie sind die einzige größere Batterie zur Speicherung von Wind- und Sonnenenergie im Land.
Baden-Württemberg ist von Ländern umgeben, in denen die Diskussion über die Kernenergie bislang in völlig anderen Bahnen verlaufen ist und in denen derzeit keine grundsätzli che Abkehr von der Atomkraft zu erwarten ist. Dies gilt ins besondere für Frankreich mit dem Kernkraftwerk im elsässi schen Fessenheim in unmittelbarer Nähe zur Landesgrenze.
Ich fordere deshalb auch die französische Regierung auf, in gleicher Weise, wie wir dies in Baden-Württemberg, in Deutschland mit Neckarwestheim I und KKP 1 tun, das Kern kraftwerk in Fessenheim bis zur Klärung der Sicherheitsfra gen und bis zu einer Neubewertung des Restrisikos abzuschal ten.
Meine Damen und Herren, angesichts der aufgeworfenen Si cherheitsfragen, aber auch vor dem Hintergrund des Themas Energieversorgung generell reicht es nicht aus, eine rein na
tionale Diskussion über die Energiepolitik zu führen. Viel mehr muss die nationale und landesweite Diskussion durch eine europäische Diskussion flankiert werden. Deshalb bin ich Herrn Kommissar Oettinger sehr dankbar, dass er diese Fra gen bereits aufgegriffen hat und einer europäischen Bewer tung und einer europäischen Lösung zuführen wird.
Herr Kollege Hauk, Sie haben Fessenheim erwähnt und die Abschaltung des dortigen Kern kraftwerks gefordert. Wie hält es die Landesregierung mit der Mehrzahl der Blöcke an der deutschen Grenze, nämlich de nen auf der Schweizer Seite? Dort stehen vier.
Herr Kollege Winkler, meiner Kennt nis nach hat die Schweiz ein Moratorium für ihre Kraftwerks blöcke verkündet.
Da Fessenheim in der Vergangenheit immer in der Kritik auf deutscher Seite stand und weil die Erdbebenfrage dort schon immer eine Rolle gespielt hat, habe ich empfohlen, dass die französischen Behörden so verfahren, wie wir in Deutschland verfahren. Deshalb habe ich die französische Regierung ge beten – wir können sie aber nicht zwingen –, gleichermaßen zu verfahren und für den Zeitraum der Überprüfung und der Neubewertung des Risikos das Kernkraftwerk Fessenheim ab zuschalten.
Meine Damen und Herren, SPD und Grüne erwecken den Ein druck, mit einem sofortigen Abschalten der Kernkraftwerke wären alle Probleme gelöst. Herr Kollege Schmid und Herr Kollege Kretschmann, in Ihrem heute vorliegenden Antrag steht auch gar nichts anderes. In Ihrem Antrag steht nur: Ab schalten.
Wende kerntechnisches Regelwerk an, und damit ist alles er ledigt. Argumentativ bringen Sie nichts. Sie lassen vor allem die Menschen völlig im Unklaren, wie es um die Verantwor tung für die Energieproduktion
Meine Damen und Herren, es geht jetzt um die Menschen und um die Frage, welche Konsequenzen wir im Interesse der Si cherheit und der Verlässlichkeit unseres Wirtschaftsstandorts Baden-Württemberg für Baden-Württemberg ziehen müssen. Gefragt sind keine Schnellschüsse, sondern gefragt ist verant wortliches Handeln für unsere Sicherheit.
Deshalb sind alle Maßnahmen, die wir vorgeschlagen haben, nicht auf den Wahltermin, sondern auf die Zukunft unseres Landes ausgerichtet.
Wir haben eine Verpflichtung. Unser Land befindet sich nicht in einer der stark erdbebengefährdeten Regionen der Welt. Als Binnenland droht Baden-Württemberg auch kein Tsunami. Aber das Restrisiko hat in Japan ein Gesicht bekommen. Des halb muss über diese Risiken neu nachgedacht werden. Sie müssen gegebenenfalls auch neu bewertet werden.
Deshalb muss auch der Ausbau der erneuerbaren Energien noch stärker als in der Vergangenheit forciert werden. Aus die ser Verpflichtung und Verantwortung heraus müssen wir han deln und handeln wir für die Bürgerinnen und Bürger in Ba den-Württemberg.
Herr Präsident, mei ne Damen und Herren! Die Ereignisse in Japan erschüttern uns alle. Das Erdbeben und der Tsunami haben viele Tausend Menschen das Leben gekostet. Wir wissen nicht, wie viele. Ebenso wenig wissen wir, wie viele Menschen in Zukunft noch unter diesen schrecklichen Ereignissen leiden werden. Wir teilen Trauer und Sorge mit diesen Menschen.
Neben diesen direkten Folgen des Erdbebens und des Tsuna mis erleben wir eine atomare Katastrophe, deren Ausmaß wir auch noch nicht wirklich kennen. Wir können nur hoffen, dass die verzweifelten Versuche der Behörden, die Reaktoren nach dem Ausfall aller Stromsysteme mit ungewöhnlichen Maß nahmen wie der Einleitung von Meerwasser zu kühlen, irgend einen Erfolg haben. Aber es ist schon heute beunruhigend, dass bereits große Mengen von Radioaktivität freigesetzt wur den.
Innerhalb einer Generation müssen wir den dritten schweren und folgenreichen Störfall in einem Atomkraftwerk erleben: die Beinahe-Kernschmelze in Harrisburg im Jahr 1979, der Super-GAU in Tschernobyl im Jahr 1986 und nun die Katas trophe in Japan.
Das berührt mich persönlich auch deswegen besonders, weil ich bei dem atomaren Super-GAU in Tschernobyl Mitarbei ter von Joschka Fischer im damaligen hessischen Umweltmi nisterium war. Wir sahen uns herausgefordert, mit den pani schen Ängsten der Bevölkerung und mit den Auswirkungen der radioaktiven Wolke umzugehen. Wir waren teilweise wirk lich überfordert, Ratschläge zu geben, wenn gefragt wurde: Darf man nach draußen gehen? Dürfen die Kinder in Sand
kästen spielen? Was ist mit der Nahrungsaufnahme? Das hat uns alle und mich persönlich sehr, sehr betroffen und bewegt. Deswegen kann ich gut mitfühlen, was es für die Verantwort lichen in Japan bedeutet, mit den noch viel schwereren Kata strophen vor Ort umzugehen.
Für mich jedenfalls, meine Damen und Herren, ist als Konse quenz aus diesem nochmaligen schweren Reaktorunfall klar: Den Begriff „Restrisiko“ müssen wir im Zusammenhang mit der Risikotechnologie Atomkraft aus unserem Repertoire streichen.
Denn er erweckt immer den Eindruck, als wäre das Risiko ir gendwie theoretischer Art. Jetzt haben wir nach Tschernobyl zum zweiten Mal gesehen, was für eine leichtfertige Einschät zung das ist: Es gibt einfach ein echtes Risiko. Das wurde uns wieder vorgeführt. So müssen wir auch mit der Atomkraft um gehen. Sie ist eine Risikotechnologie. Das ist sozusagen der Schlusssatz zu dieser Technologie.