Protokoll der Sitzung vom 13.12.2006

(Beifall bei der CDU – Abg. Ursula Haußmann SPD: Glauben Sie das nur, oder wissen Sie das auch? – Glocke des Präsidenten)

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Abg. Kipfer?

Bitte, Frau Abgeordnete.

Herr Kollege Nemeth, ist Ihnen eigentlich bekannt, dass z. B. im Kreis Böblingen, wo wir beide unseren Wahlkreis haben, nur jeder vierte Hauptschüler einen Ausbildungsplatz bekommen hat? Drei von vier Hauptschülern haben keinen bekommen.

(Zuruf des Abg. Dieter Hillebrand CDU)

Diese Zahl ist falsch, Frau Kipfer. Die Zahl ist veraltet. Ich habe gerade gesagt, dass im Augenblick noch viele, viele Gespräche laufen und dass viele Firmen auch jetzt noch einstellen. Ich weiß direkt von der IHK – ich war erst vor zwei Wochen dort –, dass wesentlich mehr junge Menschen eingestellt werden als im Jahr zuvor – auch im Kreis Böblingen. Die Zahl, die Sie haben, stammt etwa von August oder September. Die ist also nicht richtig.

(Zuruf von der CDU: Also! – Abg. Veronika Netz- hammer CDU: Völlig veraltet!)

Es hilft auch nicht, die besten Zahlen in ganz Deutschland, die wir haben, schlechtreden zu wollen. Wir ergreifen konkrete Maßnahmen, die ich gerade aufgeführt habe.

(Beifall bei der CDU – Zuruf von der CDU: Sehr richtig! – Abg. Norbert Zeller SPD: Sie müssen die Realität zur Kenntnis nehmen!)

Jetzt will ich noch ganz kurz zu Ihrem Antrag kommen. Wenn man Ihren Antrag liest – und ich hoffe, möglichst wenige haben das getan –, stellt man fest: Sie stellen fünf Fragen und erheben zehn Forderungen – im Grunde nichts Neues dabei –, aber in der Begründung schreiben Sie zweierlei: Erstens wollen Sie die Auflösung des dualen Systems und zweitens die Einführung einer Ausbildungsabgabe für Mittelständler.

(Unruhe bei der SPD – Abg. Ute Vogt SPD: Sorg- fältig lesen!)

Das schreiben Sie in Ihrer Begründung.

(Abg. Rudolf Hausmann SPD: Was? – Unruhe bei der SPD)

Ich kann Ihnen das vorlesen.

(Zuruf des Abg. Reinhold Gall SPD)

Ihre Politik ist im Grunde ähnlich: Alles ist Theorie, aber von der Praxis haben Sie keine Ahnung. Wir sind gegen diese Vorstellungen, und deswegen lehnen wir Ihren Antrag als untauglich ab.

(Beifall bei der CDU – Unruhe bei der SPD – Zu- ruf des Abg. Reinhold Gall SPD)

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Hausmann?

Bitte, Herr Abgeordneter.

Herr Kollege, Sie haben gerade zwei Dinge behauptet. Ich würde Sie bitten, die angesprochene Passage aus der Begründung zu zitieren; sie liegt Ihnen ja vor.

(Abg. Dieter Hillebrand CDU: Ist das eine Frage?)

Erstens haben Sie behauptet, wir wollten die duale Ausbildung auflösen – so habe ich Sie verstanden. Da würde ich Sie doch gerne um das Zitat dazu bitten.

(Abg. Ute Vogt SPD: Ja!)

Zweitens haben Sie etwas von der Ausbildungsumlage gesagt. Unabhängig von unserer inhaltlichen Position steht dazu meines Erachtens in der Begründung überhaupt nichts drin. Aber vielleicht sind Sie schlauer als ich. Ich würde bitten, dass Sie mir das zitieren.

(Unruhe – Zuruf von der CDU: Die Frage lautet: „Sind Sie schlauer als ich?“!)

Das lese ich Ihnen gerne vor. Wenn Sie die Begründung zu Ihrem eigenen Antrag nicht kennen, tut mir das leid. Aber da steht ganz eindeutig:

Die Finanzierung der betrieblichen Ausbildung wird allerdings nur noch von einer Minderheit der Unternehmen getragen.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Stimmt!)

Die Aufgabe, eine gerechtere Finanzierung dieser Ausbildungskosten zu erreichen, wird sich die Politik weiter stellen müssen.

Was heißt das denn? Das, was Sie hier zwischen den Zeilen fordern, bedeutet eine Ausbildungsabgabe.

(Zurufe von der SPD – Unruhe bei der SPD – Abg. Reinhold Gall SPD: Da muss man aber viel Fanta- sie haben! – Abg. Gunter Kaufmann SPD: Was hat das damit zu tun?)

Damit komme ich zu Ihrem zweiten Punkt:

Außerdem sind ergänzend zum dualen System die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass vollzeitschulische Ausbildungsgänge anerkannt und angerechnet werden

(Abg. Gunter Kaufmann SPD: Richtig! – Abg. Ur- sula Haußmann SPD: Da müssen Sie halt ordent- lich lesen! – Abg. Katrin Altpeter SPD: Lesen und verstehen!)

und dass Absolventen

also ohne Praxis –

zur Kammerprüfung zugelassen werden.

Damit öffnen Sie die Tür für eine rein theoretische Ausbildung.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Sie haben doch von „ab- schaffen“ gesprochen! Das ist doch Blödsinn! So viel zum Thema „keine Ahnung“!)

Das, meine Damen und Herren, lehnen wir ab – wie auch Ihren Antrag insgesamt.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU – Abg. Reinhold Gall SPD: So ein Käse! Das ist doch unglaublich! – Gegenruf von der FDP/DVP: Was? Der Antrag?)

Für die Fraktion GRÜNE erhält Herr Abg. Lehmann das Wort.

Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Das war jetzt ein eindrücklicher Beitrag zur Situation auf dem Ausbildungsmarkt in BadenWürttemberg und, das muss ich sagen, dem Thema eigentlich nicht angemessen.

Wenn man die Bilanzierung, die Sie hier vorgenommen haben und die Herr Minister Pfister am 13. November 2006 vorgenommen hat, ernst nimmt, dann muss man zu dem Ergebnis kommen – Sie haben das auch formuliert, ich zitiere –:

Es konnte allen ausbildungswilligen und ausbildungsfähigen Jugendlichen ein Angebot gemacht werden.

Was für ein Angebot? Diese Frage muss man sich doch auch stellen. Ich möchte jetzt gar nicht auf die Erbsenzählerei bei der Nachvermittlung eingehen und nicht fragen, ob die Zahlen von der Bundesagentur für Arbeit richtig sind oder ob die Statistiken der Kammern richtig sind. Das trifft nämlich das Problem, Herr Nemeth, im Kern überhaupt nicht.

Im Kern trifft das Problem die Aussage, dass im Zeitraum von 2003 bis 2006 die Anzahl der Altbewerber stark gestiegen ist. Wir müssen heute feststellen, dass fast jeder Zweite, der sich um einen Ausbildungsplatz bewirbt, ein Altbewerber ist. Und da sagen Sie, es sei alles in Butter, man rede das schlecht. Sie müssen einmal den jungen Leuten erzählen, die in einer solchen Warteschleife drin sind, dass alles in Ordnung ist.

(Beifall bei der SPD – Zurufe von der SPD, u. a. Abg. Rudolf Hausmann: Ja!)