Protokoll der Sitzung vom 07.02.2007

Ich erkläre gleich, warum ich das sage.

Wir setzen uns gern zusammen; das biete ich gern an. Wenn es um das Thema „Nutzerfinanzierung des Verkehrs“ geht, beteiligen wir uns gern an der Debatte.

Wir haben heute den ganzen Tag gehört – egal, zu welchem Thema –: Baden-Württemberg Nummer 1, Vorreiter Nummer 1, keiner überholt uns.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Wenn es halt stimmt!)

Wenn es stimmt, stimmt’s. Da widerspreche ich auch gar nicht. Jetzt kommen wir eben leider zu einem Thema, wo es nicht stimmt,

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Dann stimmt es nicht!)

nämlich zum Verkehr, und zwar zum Schienenverkehr. Vorhin haben wir von Boris Palmer schon die Kritik gehört, dass sein Zug gestrichen wird. Er weiß, wovon er redet, denn er fährt wenigstens mit dem Zug. Ich bin mir ganz sicher, wenn mehr von Ihnen mit dem Zug fahren würden, dann würden Sie die Bagatellisierung, an der der Herr Ministerpräsident heute Morgen mitgewirkt hat, nicht unterstützen. Es ist näm

lich kein Vergnügen für jemanden, der bisher pünktlich zu seinem Arbeitsplatz kam, wenn sein Zug gestrichen wird.

(Abg. Nicole Razavi CDU: Ich fahre täglich! Seit 15 Jahren!)

Sie haben Glück. Zu mir hat auch schon jemand gesagt: „Ich habe den Eindruck, dass man die, die erst um neun anfangen müssen, die Ministerialen, die Behördengänger, früher ein bisschen ausgenommen hat. Die kommen jetzt alle ein wenig früher.“ Das kann ich Ihnen sogar am Zugfahrplan Tübingen beweisen. Das spielt aber jetzt gar keine Rolle.

Ich wehre mich entschieden dagegen, dass man denjenigen, die sich zu Recht mit der Frage konfrontiert sehen: „Wie komme ich pünktlich zum Arbeitsplatz?“, sagt, es seien nur ein paar Züge, die gestrichen würden. Das ist es nicht.

Kein anderes Land streicht so viel wie Baden-Württemberg. Auch dies ist richtig. Sie wissen auch, dass das Thema Regionalisierungsmittel komplex ist. Herr Scheuermann hat eine Pressemitteilung herausgegeben, die ich vor mir liegen habe. Darin heißt es:

„Theoretisch könnte man diese 13 Millionen auch noch aufbringen“, räumte Scheuermann ein. Er habe jedoch keine Ideen, woher das Geld kommen könne.

(Abg. Winfried Scheuermann CDU: Das ist die Wahr- heit!)

Sonst enttäuschen Sie mich eigentlich nicht so. Sie sind weitaus findiger. Heute Morgen lese ich in der „Stuttgarter Zeitung“: Das Kabinett hat 1,5 Millionen € gefunden, bewilligt, zugesagt. Es geht um eine private Universität. Wenn Sie wollen, dann geht’s. Das ist der Unterschied: Sie wollen nicht. Es scheint ums Prinzip zu gehen. Das ist das Bedauerliche, das ist der Grund, warum wir Sie kritisieren. Kein Land hat einen so schlechten Vertrag mit der DB wie wir. Wir müssen beim Neubestellen sogar noch eine Strafe zahlen. Erkläre das dem Bürger, wer immer es will.

Wir hätten erwartet, dass Sie – so innovativ, wie Sie sich sonst gebärden – sagen: Okay – –

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Sind! Sind!)

Wie Sie sich gebärden und manchmal auch sind. Ehre, wem Ehre gebührt.

Also: Wir hätten erwartet, dass Sie sagen: Zwei Jahre lang haben wir ein Problem, aber das bewältigen wir. Wir reden mit der DB, wir verhandeln, wir sind innovativ, und dann haben wir es geschafft.

Heute brauchen wir kein Bekenntnis – das mache ich in der Kirche – für oder gegen Stuttgart 21. Sie selbst wissen, Frau Razavi, dass 2008 kein Baubeginn von Stuttgart 21 erfolgt, egal, wie die Entscheidung ausgeht. Wir als Land hätten also diese Gelder, die ja noch im Haushalt waren, nutzen können, um in diesen zwei Jahren dafür zu sorgen, dass nicht gestrichen werden muss und in den nächsten Jahren etwas Innovatives geschehen kann. Ich denke dabei vor allem an das Thema Wettbewerb und den Vorschlag, den die SPD hier wieder

holt eingebracht hat, nämlich die Zahl der Verbünde zu reduzieren.

In den letzten Jahren hatten wir in der Tat Erfolg. Das ist gar keine Frage. Wir haben 50 % mehr Fahrgäste. Warum sollten wir das aber jetzt aufs Spiel setzen? Das ist die Frage, auf die Sie uns keine Antwort geben.

Nicht nachvollziehbar sind die Streichungen im Berufsverkehr; das habe ich schon angesprochen.

Dann habe ich noch einen Appell: Hören Sie – ich weiß nicht, warum Ihnen das nicht gelingt – auf Ihre Bürgermeister und Landräte, solange sie noch in Ihren Reihen sind.

(Heiterkeit bei den Grünen und der SPD)

Denn die sind offensichtlich näher dran und hören, was die Bürger sagen. Lassen Sie sich beeinflussen; Sie haben noch eine Woche Zeit.

Ich bin begeistert, dass jetzt auch die SPD unter Leitung des Landtagsvizepräsidenten Drexler, wie ich der Zeitung entnommen habe, noch auf den Zug aufgesprungen und in den Zug eingestiegen ist und jetzt auch fordert, Mittel für Schienenverkehr zumindest in der gleichen Höhe zur Verfügung zu stellen wie in den Jahren zuvor. In der ersten Lesung hat das noch nicht so funktioniert, aber wir machen gern einen Sitzplatz frei und rücken etwas auf. Wir freuen uns über jeden, der sich dafür engagiert, dass es in unserem Nahverkehr, in unserem öffentlichen Schienenverkehr keine Rückschritte gibt.

Wir könnten natürlich auch sarkastisch und zynisch sagen: Macht nur weiter so; der Wählerzuspruch, den wir durch solche Aktionen bekommen, ist uns angenehm. Die Sorge um die Fahrgäste ist uns aber so viel wert, dass wir auf diesen zusätzlichen Zuspruch verzichten. Sie haben aber noch eine Woche Zeit. Bereiten Sie zumindest ein Paket vor, mit dem gewährleistet werden kann, dass es im Berufsverkehr nicht zu den befürchteten Streichungen kommt. Diese Bitte hätten wir.

Die Zahlen sind eigentlich ganz einfach: 4 Millionen € für dieses Jahr – denn die Hälfte des Jahres ist schon um – und 8 Millionen € für das nächste Jahr; Herr Köberle weiß, wie es funktionieren könnte. Er könnte die DB ein bisschen dazu zwingen, gemeinsam mit uns in ihrem eigenen Interesse daran zu arbeiten.

Zum Abschluss will ich noch einen wichtigen Satz loswerden: Der Herr Ministerpräsident hat heute Morgen gesagt, unser Nahverkehr und unser Schienenverkehr seien pures Gold. Ich würde ihn gern einmal in unseren Zügen mitnehmen und ihn bitten, den Fahrgästen diese These kundzutun. Ich wette, er käme mit einer anderen Position zurück.

Vielen Dank.

(Heiterkeit und Beifall bei den Grünen)

Das Wort für die Fraktion der FDP/DVP erhält Herr Abg. Kluck.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Eigentlich wollte Kollege Dr. Bullinger jetzt sprechen, der ja für den Verkehrsbereich zuständig ist. Er ist aber

wegen eines Trauerfalls heute nicht hier. Deswegen müssen Sie mit mir vorliebnehmen.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das machen wir gern!)

Ich werde versuchen, meinen Beitrag so zu fassen, wie er es tun würde.

Heute Morgen ist schon von Frau Kollegin Razavi gesagt worden, wie wichtig eine gute Verkehrspolitik für den Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg ist. Verkehrspolitik ist Standortpolitik. Wir meinen, dass sich dies auch im Verkehrshaushalt niederschlägt.

Sie wissen ja, individuelle Mobilität, Mobilität in der Arbeitswelt, Mobilität in Produktion und Handel, das alles ist von größter Bedeutung für unser Land. Wir brauchen Verkehr überall, also auf der Straße, auf der Schiene, auf dem Wasser und auch in der Luft.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Und so weiter, und so weiter! „Damit wir das nicht vergessen“!)

Das alles dürfen wir nicht vergessen. Damit dieser Verkehr auch funktioniert und damit alles rund läuft, sind wir vorbehaltlos für das Projekt „Baden-Württemberg 21“ – wie ich es immer nenne;

(Beifall der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP)

denn es kommt nicht nur der Region Stuttgart, sondern dem ganzen Land zugute und stellt einen wichtigen Fortschritt dar.

Trotz der erforderlichen Einsparungen im Gesamthaushalt sind im Straßenbau mehr Mittel vorgesehen als im letzten Jahr – das ist schon gesagt worden. Der Schwerpunkt liegt bei der Unterhaltung der Straßen, damit nichts kaputtgeht.

Bei den Neckarschleusen tut sich etwas, weil sich der Bund jetzt erfreulicherweise bewegt. Wir sollten die Planung jetzt zügig angehen. Auch das dritte und das vierte Gleis im Rheintal sind auf einem guten Weg. Dort müssen die Lärmschutzmaßnahmen jetzt zügig so geplant werden, dass die Sorgen der Bevölkerung berücksichtigt werden.

Der Landesflughafen und die anderen Luftverkehrsplätze decken unserer Meinung nach heute und in überschaubarer Zukunft den Bedarf. Das sagt der Kollege Bullinger, und ich stimme ihm zu – der Kollege Noll tut das sicherlich auch.

(Beifall des Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP)

Jetzt noch ein paar Worte zum Schienenverkehr, meine Damen und Herren. Man kann es nicht oft genug wiederholen: Nicht die Landesregierung kürzt. Ich weiß, auch das wird bei Ihnen wieder nicht ankommen: Die Landesregierung kürzt überhaupt nicht. Die richtige Adresse für den Protest ist nicht Stuttgart, sondern Berlin.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Herr Kollege Haller, wenden Sie sich an Ihren Genossen Tiefensee, wenden Sie sich an Herrn Steinbrück! Die streichen die Regionalisierungsmittel!

(Lachen der Abg. Ursula Haußmann SPD – Abg. Ur- sula Haußmann SPD: So einfach ist die Welt!)