Protokoll der Sitzung vom 07.02.2007

Was haben wir erreicht, was mir wichtig ist? Es ist uns am Ende gelungen, auch im Sozialhaushalt unseren Beitrag zur Haushaltskonsolidierung zu leisten. Das ist auch im Interesse derer wichtig, für die wir im Moment Politik machen. Das sage ich auch ganz offen als Kinderbeauftragte, die natürlich immer Gelegenheit hat, Geld auszugeben. In der jetzigen Zeit ist die Haushaltskonsolidierung auch im Interesse eines Gestaltungsspielraums für die Generation, die im nächsten Jahrzehnt etwas gestalten will, sehr wichtig. Insofern haben wir einen Beitrag zur Haushaltskonsolidierung leisten können. Dabei haben wir darauf geachtet, dass den Bürgerinnen und Bürgern keine zusätzlichen Lasten auferlegt werden, sondern die Kürzung der Ansätze regelmäßig auf die letzten Istausgaben beschränkt bleibt.

Dabei bin ich auch froh, dass insbesondere bei den Selbsthilfegruppen und beim bürgerschaftlichen Engagement „Rasenmäherkürzungen“ vermieden werden konnten.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Mit Ihrer Unterstützung, liebe Kolleginnen und Kollegen, konnten noch im Finanzausschuss Kürzungen bei der Jugenderholung und bei der Suchthilfe zurückgenommen werden. Dabei haben alle Fraktionen an einem Strang gezogen. Auch dafür möchte ich mich ganz herzlich bedanken. Ich bin für jeden Euro dankbar, den wir sinnvoll ausgeben können.

Auch heute werden wieder Anträge auf zusätzliche Ausgaben im Sozialhaushalt gestellt. Bei allem Dank für das konstruktive Miteinander muss ich den Damen und Herren Antragstellern aber auch sagen, dass es wirklich nicht zielführend ist, an nicht verausgabten Haushaltsansätzen festzuhalten.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Genau!)

Genauso wenig können wir eingestellte Förderungen, die anderweitig finanziert sind, wieder aufleben lassen.

(Zuruf des Abg. Dr. Nils Schmid SPD)

Der wiederholt gestellte Antrag der Grünen, das Landeserziehungsgeld bereits 2008 in die Förderung der Kleinkindbetreuung umzuschichten, ist rechtlich bedenklich, wenn nicht sogar rechtswidrig.

(Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Nein, das stimmt ja nicht! – Gegenruf des Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP – Zuruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Das wäre auch gegenüber finanzschwachen jungen Familien sozial ungerecht. Der Antrag ist außerdem überflüssig, denn wir haben bereits zusätzliche Mittel für die Kleinkindbetreuung in den Haushalt eingestellt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Unruhe – Glo- cke der Präsidentin)

Das Wort hat Frau Ministerin Dr. Stolz.

Der Ansatz für 2008 ist mit 18,8 Millionen € gegenüber 9,65 Millionen € im Jahr 2006 nahezu doppelt so hoch. Hier wie in anderen Schwerpunktbereichen unserer Gesellschaftspolitik haben wir Zeichen gesetzt, die sich in finanziellen Verbesserungen widerspiegeln.

Das Landeserziehungsgeld ist hier schon angesprochen worden, auch die Ermahnung, dass wir den Paradigmenwechsel des Elterngeldes offensichtlich nicht mit vollzogen hätten. Es ist gerade das Charakteristikum einer Landespolitik, eigene Akzente zu setzen. Dass wir einkommensschwache Eltern weiterhin unterstützen wollen und dass wir Eltern bei ihrer Erziehungsaufgabe unterstützen wollen, ist unser eigener Akzent,

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: So ist es! Ja- wohl!)

der mindestens genauso wichtig ist wie das Elterngeld, das ich auch gut finde. Aber ich sehe keine Veranlassung, als Land nicht auch eigene wichtige Akzente zu setzen.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Sehr gut!)

Meine Damen und Herren, der Ausbau Baden-Württembergs zum „Kinderland“ wird auch zukünftig den Einsatz aller erfordern, die hierfür Verantwortung tragen. Als Kinderbeauftragte werde ich dieses Vorhaben mit großem Nachdruck aktiv unterstützen. Dabei weiß ich die Landesregierung und auch den Ministerpräsidenten an meiner Seite. Wir werden den Weg zum „Kinderland“ gemeinsam mit den Familien, den Kommunen und allen anderen Akteuren Schritt für Schritt gehen.

Kinder- und Familienfreundlichkeit kann allerdings nicht verordnet werden und ist nicht nur eine Sache des Geldes, auch wenn wir hier jetzt Haushaltsberatungen führen. Kinderfreundlichkeit und Familienfreundlichkeit entstehen in den Köpfen und Herzen der Menschen vor Ort, in den Gemeinden und Städten. Ich bin dankbar, dass bereits viele Kommunen in unserem Land mit großem Einsatz ihre Infrastruktur für Kinder und Familien weiterentwickelt haben.

Mit dem Projekt „Schritt für Schritt ins Kinderland“ möchte ich auf diesem Prozess aufbauen. Wir wollen den weiteren Ausbau kinder- und familienfreundlicher Strukturen gerade auf kommunaler Ebene mit Bausteinen weiterverfolgen und unser Modell „Zukunftswerkstatt Familie“ möglichst flächendeckend und auch nachhaltig – d. h. auch mit Bilanzworkshops – überprüfen und zu einer Nachhaltigkeit der Familienfreundlichkeit vor Ort kommen.

Kindern neue Aufmerksamkeit zu schenken heißt für mich auch, insbesondere auf Kinder zu achten, die auf der Schattenseite des Lebens stehen oder geboren werden. Ein guter Start ins Kinderleben für jedes Kind ist daher ein weiterer Schwerpunkt meiner kommenden Arbeit als Kinderbeauftragte.

Um Vernachlässigung und Misshandlung von Kindern effektiv entgegenzuwirken, sollen Eltern von Säuglingen und Kleinkindern in einer sehr frühen Phase gestärkt und gestützt werden. Darin sind wir uns alle einig. Sie werden in ihrer Erziehungs- und Beziehungskompetenz zu ihren Kindern möglichst von Anfang an gestärkt. Baden-Württemberg setzt hier einen Schwerpunkt bei jungen oder auch psychisch kranken Müttern.

Als repräsentative Modellstandorte in Baden-Württemberg wurden die Stadt Pforzheim und der eher ländlich geprägte Ostalbkreis ausgewählt. Die Pilotphase des bis Ende 2008 laufenden Projekts hat im November 2006 begonnen. Ein wesentliches Ziel des Projekts liegt darin, die Vernetzung der Jugendhilfe und des Gesundheitswesens zu verbessern. Das ist gerade für diese Kinder ein wichtiger Schritt.

Auch dieses Standbein Landeserziehungsgeld, Stärkung der Erziehungskompetenz weist natürlich in die Richtung, Eltern in einer frühen Phase zu unterstützen, damit sie gegen Überforderungen gewappnet sind.

(Beifall des Abg. Dieter Hillebrand CDU)

Um Baden-Württemberg zum „Kinderland“ zu machen, müssen die Familien und Kinder noch bessere Chancen haben. So sollen natürlich Kind und Beruf nicht im Widerspruch stehen. Ein zentrales Element hierfür ist der bedarfsgerechte Ausbau der Kinderbetreuung. Das habe ich schon angesprochen. Mit rund 4 500 neuen Betreuungsplätzen im Jahr 2006 stehen nunmehr 25 000 Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren zur Verfügung. Die große Bedeutung, die die Landesregierung dem weiteren Ausbau der Kleinkindbetreuung beimisst, zeigt sich auch in den Ansätzen. Wir haben diese Ansätze – das habe ich schon angesprochen – bis zum Jahr 2008 auf 18,8 Millionen € verdoppelt.

Ich gebe zu, wir sind noch nicht am Ziel; aber dieses Ziel ist klar definiert. Wir rechnen aufgrund der Rückmeldungen der Kommunen damit, dass wir bis zum Jahr 2010 einen bedarfsgerechten Ausbau erreichen werden, der dann bei etwa 20 % liegt.

Lassen Sie mich noch auf einige wichtige Aspekte des Ressorts und des Haushalts eingehen. Die Landesregierung und die sie tragenden Parteien haben sich zum Ziel gesetzt, die Pflegeheimförderung des Landes noch bis zum Jahr 2010 mit

vier Förderprogrammen von jeweils 50 Millionen € fortzuführen.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Die Fraktionen! Ich bin Abgeordneter und kein Parteisoldat!)

So ist das in der Koalitionsvereinbarung vorgesehen. Damit soll eine möglichst wohnortnahe Grundversorgung in allen Landesteilen sichergestellt werden. Wir wollen die bestehenden Pflegeheime leistungsfähig erhalten. Ganz wichtig ist uns auch, dass die demenzspezifische Orientierung verbessert wird.

Nach 2010 werden wir prüfen, ob und inwieweit modellhafte Projekte in der Pflege und der Altenhilfe gefördert werden können oder sollen. Den Zeitraum bis 2010 und das Fördervolumen brauchen wir, um noch bestehende Versorgungsdefizite auszugleichen und die entsprechenden Kreispflegeplanungen und die laufenden Fördervorhaben umzusetzen.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Sehr gut! Das ist auch Vertrauensschutz!)

Damit haben wir die Grundlagen für einen geordneten und an sachlichen Kriterien ausgerichteten Förderausstieg gelegt.

(Beifall der Abg. Dr. Ulrich Noll und Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP)

Was ist uns sonst wichtig? Die Zahl der behinderten Menschen steigt aufgrund unserer demografischen Entwicklung kontinuierlich an. Die Behindertenpolitik ist und bleibt ein Schwerpunkt der Sozialpolitik unseres Landes. Trotz der schwierigen Haushaltssituation haben wir die Mittel in der Behindertenhilfe insgesamt nicht gekürzt. Beispielsweise sollen die Frühförderstellen, in denen behinderte Kinder von einem interdisziplinären Team behandelt werden, in diesem und im nächs ten Jahr wie bisher mit 1,8 Millionen € gefördert und unterstützt werden.

In der Investitionsförderung haben wir die Mittel gegenüber dem Vorjahr sogar um 2,2 Millionen € aufgestockt. Für die Bewilligung neuer Projekte in diesem Jahr sind im Landeshaushalt 8,5 Millionen € vorgesehen. Außerdem können wir für die Investitionsförderung in der Behindertenhilfe ergänzend Mittel aus dem Ausgleichsabgabeaufkommen einsetzen. Damit stehen in diesem Jahr mehr als 18 Millionen € für die Investitionsförderung bereit.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Damit tragen wir maßgeblich zur Weiterentwicklung der stationären Versorgung behinderter Menschen bei.

Meine Damen und Herren, auch wenn das Thema Hartz IV leider noch immer weit öfter negative als positive Schlagzeilen macht, kann ich Ihnen auch etwas Erfreuliches mitteilen. In langwierigen und schwierigen Verhandlungen konnten wir erreichen, dass sich der Bund an den Kosten der Kreise für Unterkunft und Heizung im Jahr 2007 mit einer Quote von 35,2 % beteiligt.

(Abg. Ingo Rust SPD: Wer ist da Arbeitsminister? – Abg. Ursula Haußmann SPD: Danke, Herr Müntefe- ring! Superfranzl!)

Bisher waren das 29,1 %. Es handelt sich dabei um eine Sonderquote für Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. Das ist für uns Baden-Württemberger etwas sehr Außergewöhnliches. Als Ausgleich erhalten die anderen 14 Länder nur 31,2 % anstatt der vom Bund ursprünglich vorgesehenen 31,8 %.

Das Gesamtergebnis halte ich für bemerkenswert. Die Kommunen in Baden-Württemberg werden dank dieses Erfolgs 2007 voraussichtlich landesweit 60 Millionen € mehr für diesen Bereich in der Kasse haben als 2006, nämlich insgesamt rund 340 Millionen €.

(Beifall bei der CDU – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Gut gemacht!)

Dieser positive Finanzeffekt wird sich auch in den Folgejahren fortsetzen.

Die Arbeitsmarktzahlen haben sich im letzten Jahr sehr positiv entwickelt. Baden-Württemberg hat nach wie vor die niedrigste Arbeitslosenquote aller Bundesländer – übrigens seit 74 Monaten. Dennoch haben zu viele Jugendliche erhebliche Schwierigkeiten, einen Ausbildungsplatz zu bekommen, oder sind bereits am Beginn ihres Berufslebens von Arbeitslosigkeit betroffen. Das dürfen wir so nicht hinnehmen. Die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit steht deshalb ganz oben auf der Agenda. Hierzu wollen wir das 2004 zwischen Landesregierung und Wirtschaft für eine Laufzeit von drei Jahren vereinbarte Ausbildungsbündnis in diesem Jahr unter Einbeziehung der Gewerkschaften erneuern und dabei auch das Thema „Qualifikation und Integration von benachteiligten Jugendlichen“ einbeziehen.

Mit dem Berufspraktischen Jahr fördern wir ein seit vielen Jahren erfolgreiches Kooperationsmodell mit der baden-würt tembergischen Wirtschaft. Hier setzen wir zusätzliche Landesmittel ein. Das ist bei einer Vermittlungsquote von 75 % ein sehr gut angelegtes Geld.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Wir werden auch auf anderen arbeitsmarktpolitischen Handlungsfeldern weiterhin gezielt ESF-Mittel einsetzen. Für die Förderperiode von 2007 bis 2013 wird das Land ESF-Mittel in Höhe von insgesamt 266 Millionen € erhalten. Diese werden wir schwerpunktmäßig für einen verbesserten Zugang zur Beschäftigung und zur sozialen Eingliederung benachteiligter Menschen einsetzen.

Die ESF-Mittel werden auch zukünftig zielgerichtet und wirksam im Land eingesetzt. Wir erreichen mit relativ geringen Landesmitteln, dass rund 190 Millionen € an ESF-Mitteln über die gesamte Laufzeit zum Einsatz gebracht werden. Damit wird ein Gesamtfördervolumen von insgesamt 570 Millionen € generiert. Dieses Geld kommt den Menschen in unserem Land auf dem Arbeitsmarkt zugute. Bei einem solch effizienten Mitteleinsatz werden wir auch weiterhin darauf achten müssen, dass dem Land keine EU-Mittel verfallen.