Dass Sie, Herr Innenminister, hierzu allerdings die Unterstützung des Parlaments benötigen, spricht nicht gerade für eine starke Stellung innerhalb des Kabinetts.
Herr Innenminister, Sie sagten vor Kurzem auf dem Jahresempfang der GdP ebenfalls, die Polizei sei bei den Haushaltsberatungen und bei dem, was wohl beschlossen werden wird, gut weggekommen. Ich sage Ihnen: Die Polizei hat keinen Grund, Danke zu sagen. Denn erstens musste die Polizei bereits in den zurückliegenden Jahren kräftig Federn lassen, und zweitens sind alle Maßnahmen, die der Polizei das notwendige Handwerkszeug, die notwendige Ausstattung und die technischen Gerätschaften geben, nichts anderes als eine pure
Notwendigkeit – man muss sagen: eine Selbstverständlichkeit –, zumindest dann, wenn sie die an sie gestellten Aufgaben und Anforderungen erfüllen soll.
Positiv erwähnen will ich, dass nun eine alte Forderung von uns umgesetzt werden soll, nämlich die Forderung, dem Verfassungsschutz die Einrichtung eines dritten Observationstrupps dauerhaft zu ermöglichen – wenngleich Sie die erforderlichen Personalstellen nicht etwa neu schaffen, sondern umschichten, und zwar ebenfalls aus dem Bereich der Polizei. Das heißt: Stärkung einer Organisation der inneren Sicherheit zulasten einer anderen.
Ich denke, meine Damen und Herren, wir sind uns bei der Bewertung einig, dass auch in unserem Bundesland nach wie vor eine terroristische Gefährdung besteht. Wir alle wissen, dass wir bei der Fußball-WM knapp an einer Katastrophe vorbeigeschrammt sind. Aber dieser Situation sollten wir nicht etwa dadurch begegnen, dass innerhalb des Bereichs „Innere Sicherheit“ umgeschichtet wird. Gleichwohl – ich sagte es – unterstützen wir die Einrichtung dieses dritten Observationstrupps, weil er notwendig und sinnvoll ist und weil er gebraucht wird.
Wenn Sie, Herr Innenminister, jetzt noch Ihre ständig neuen Ideen nicht immer in den Vordergrund drängen würden, wäre es gut. Ich meine neue Ideen wie sinnloses Datensammeln, ungezügelte Videoüberwachung und deren Vernetzung mit Kameras etwa von Lidl und Aldi.
Ich denke, es sollte uns schon aufrütteln, wenn gerade die Einzelhandelsverbände dieses Vorhaben unterstützen mit der Begründung, da würden Synergien entstehen. Es fragt sich nur, für wen diese Synergien da entstehen. Dazu sagen wir eindeutig: Bürgerrechte haben einen solch hohen Rang, meine Damen und Herren, dass sie nicht allenthalben der Tagesaktualität und nicht immer dann, wenn Sie in Argumentationsnot sind, geopfert werden dürfen.
Sie sollten dafür Sorge tragen, dass in den unterschiedlichen Bereichen ausreichend Personal vorhanden ist, dass die Arbeitsbedingungen stimmen und dass die Ausstattung und die Ausrüstung derer stimmen, die unsere innere Sicherheit gewährleisten.
Ein Haushaltsantrag der Regierungsfraktionen, meine Damen und Herren, macht darüber hinaus deutlich, dass es schwerwiegende Versäumnisse, gar Mängel im Bereich des Katastrophenschutzes gibt. Vor wenigen Wochen noch haben Sie es abgelehnt, dem Landtag ein flächendeckendes Katastrophenschutzkonzept für Baden-Württemberg vorzulegen, während Sie heute 4 Millionen € in den Haushalt einstellen wollen, mit denen vorwiegend Krankentransportfahrzeuge beschafft werden sollen. Aufgrund welchen Konzepts soll das geschehen? Das frage ich in diesem Zusammenhang.
Deutlich wird die Konzeptionslosigkeit auch dadurch, dass Sie uns vor Jahresfrist im Innenausschuss nicht einmal sagen konnten, bei welchen Gemeinden eigentlich die Fahrzeuge für den Brandschutz im Katastrophenfall stationiert sind. Ganz besonders will ich auch die Art der Finanzierung kritisieren, die Sie vorgesehen haben. Sie wollen das nämlich mit einem erneuten Griff in die Mittel aus der Feuerschutzsteuer finanzieren. Das ist ein Rückfall in alte Zeiten – so möchte man sagen –, die wir längst für vergessen hielten.
Ich denke, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, Sie wissen, dass die in den Haushalt eingestellten Mittel von 45 Millionen € eh deutlich unter den mittelfristig prognostizierten 49 Millionen € zurückbleiben – und da greifen Sie nochmals in diesen Topf hinein! Das werden Sie den Städten und Gemeinden sowie den Feuerwehren erklären müssen, deren Förderanträge für Fahrzeuge, die etwa drei Jahrzehnte alt sind, dann abgewiesen werden müssen.
Das Thema Verwaltungsreform – Herr Kollege Heinz, Sie haben es auch angesprochen – muss bei den Beratungen des Einzelplans des Innenministeriums angesprochen werden. Da sage ich Ihnen: Allein die Tatsache, dass diese Reform umgesetzt wurde, rechtfertigt noch lange nicht, von einer gelungenen Reform zu sprechen.
Es ist mehr Sand im Getriebe – das wissen Sie –, als Sie zugeben. Selbst der Ministerpräsident spricht ja zwischenzeitlich von einer Nachbesserungsquote, einer Fehlerquote von rund 20 %. Ich sage Ihnen: Bei einer Fehlerquote von 20 % würde man in jedem anderen Bereich von Murks reden.
Bei der Evaluation, die Sie angekündigt haben und die bezeichnenderweise natürlich von denen vorgenommen werden soll, die die Verwaltungsreform auch auf den Weg gebracht haben
und die ein Interesse daran haben, dass dies, wie Sie gesagt haben, auch möglichst geräuschlos vollzogen wird, sollten Sie neben den fiskalischen Auswirkungen, die es tatsächlich – unbestritten – zugunsten des Landes gibt,
auch einmal untersuchen, ob die von Ihnen formulierten Ziele Aufgabenabbau, schnellere Entscheidungen und mehr Bürgernähe erreicht worden sind. Sie könnten auch einmal unterhalb der Landräteebene Beschäftigte fragen, was sie von der vollzogenen Verwaltungsreform haben,
Wir erwarten von Ihnen: Sie sollten den Mut aufbringen, eine externe Evaluation machen zu lassen, und vor allem sollten Sie dann die Fehler eingestehen und rasch handeln.
Meine Damen und Herren, Nepomuk Nestroy hat einmal gesagt: „Die Phönizier haben das Geld erfunden“, und er hat dann die Frage angeschlossen: „Warum nur so wenig?“
Der Finanzminister unseres Landes hat sich diese Frage in den zurückliegenden Haushaltsjahren wohl häufig auch schon gestellt. Aber im Gegensatz zu Nestroy hat er erkannt, wo er es holen kann, nämlich bei den Städten und Gemeinden im Land. Ich und meine Fraktion stellen fest: Wiederum miserabel werden diese auch im Doppelhaushalt 2007/2008 behandelt.
Da helfen Ihnen auch alle Umarmungen mit den kommunalen Landesverbänden nicht aus der Patsche, denn die Wahrheit ist – und das wird uns auch von Verhandlungsteilnehmern bestätigt –: Sie waren mit deren Vertretern im Folterkeller und haben bei 500 Millionen € die Daumenschrauben angesetzt.
(Beifall bei der SPD und des Abg. Siegfried Lehmann GRÜNE – Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Sie wa- ren doch dabei!)
Das wird Ihnen nicht aus der Patsche helfen, denn vor Ort herrscht eine andere Stimmung als die, die offiziell verbreitet wird.
Der Hinweis auf steigende Gewerbesteuereinnahmen – auch das wissen Sie – hilft nicht weiter, denn auch die kommen nicht bei allen Kommunen an. Sie, meine Damen und Herren, sollten diese Einnahmen schon gar nicht ins Feld führen, denn ginge es nach Ihnen, gäbe es diese Gewerbesteuer überhaupt nicht mehr.
(Beifall bei der SPD – Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/ DVP: Aber einen Ersatz, einen verlässlichen Er- satz!)
Ich sage Ihnen: Auch was die kommunale Finanzausstattung anbelangt, haben Sie Ihre Versprechen gebrochen. Der innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion – das war auch damals schon Herr Heinz –
hat bei den Haushaltsberatungen für die Jahre 2005 und 2006 gesagt, dass die Entnahme von 304 bzw. 350 Millionen € un
(Lachen der Abg. Ursula Haußmann SPD – Abg. Bri- gitte Lösch GRÜNE und Abg. Ursula Haußmann SPD: Einmal ist keinmal!)
Jetzt ist festzustellen, dass die Eingriffe im Doppelhaushalt noch höher ausfallen, nämlich 405 bzw. 412 Millionen € – jährlich, wohlgemerkt. Meine Damen und Herren, Sie schwächen damit die Finanzkraft der Kommunen um etwa 40 € pro Einwohner. Sie verhindern kommunale Investitionen, notwendige Erhaltungsmaßnahmen, erforderliche Ersatzbeschaffun gen in den kommunalen Einrichtungen.