Protokoll der Sitzung vom 08.02.2007

Ich wollte Ihnen zwei Fragen zum Thema Privatisierung stellen. Erste Frage: Können Sie sich erinnern, dass Sie im Wirtschaftsausschuss selbst einen Vorschlag eingebracht haben, das Haus der Wirtschaft zu privatisieren? Das war die erste Frage. Ich kann Ihnen das auch anhand des Protokolls belegen.

(Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: Wenn Sie es wis- sen, ist es keine Frage!)

Zweite Frage: Welchen konkreten Antrag zur Privatisierung hat die FDP/DVP-Fraktion in dieser oder in der letzten Legislaturperiode in diesem Haus denn tatsächlich eingebracht?

(Zuruf von der SPD: Gefängnisse!)

Frau Sitzmann, Ihre erste Frage war, ob ich mich daran erinnern kann, dass ich dies selbst gefordert hätte. Die Antwort lautet nein, weil ich selbst dies nicht gefordert habe.

Als Zweites haben Sie die Privatisierung angesprochen. Dazu könnte ich Ihnen eine ganze Menge sagen.

(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Wenigstens drei!)

Nehmen wir zum Beispiel die Psychiatrischen Landeskrankenhäuser.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Wo ist der Antrag? Nicht einfach daherreden! Ein richtiger Antrag!)

Herr Schmiedel, schreiben Sie ihn, wir stimmen zu.

(Beifall des Abg. Dr. Klaus Schüle CDU – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Sehr gut! – Abg. Claus Schmie- del SPD: Sie sind aber mutig! Ich habe gesagt, ich berate nur, ich schreibe nicht selbst!)

Mit den Ausbildungsverbünden haben wir die Möglichkeit, Betriebe zu gewinnen, die bisher aus irgendwelchen Gründen nicht ausgebildet haben, vielleicht weil sie nicht die gesamte Palette der Ausbildungsmöglichkeiten hatten. Das Land Baden-Württemberg hat im letzten Jahr die finanziellen Mittel dafür in vollem Umfang zur Verfügung gestellt und wird dies auch in diesem Jahr tun, damit es solche Ausbildungsverbünde geben kann. Ich betone nochmals: Die Mittel wurden in vollem Umfang zur Verfügung gestellt.

Seit zwei Jahren haben wir einen Ausbildungspakt. Dieser sieht vor, dass bei den Ausbildungsplätzen ein Plus von 3 800 und bei den Praktikumsplätzen ein Plus von 3 200 erreicht werden soll. Diese Verpflichtung gilt sowohl für 2004 als auch für 2005 und 2006. Die Wirtschaft und nicht die Politik stellt Ausbildungsplätze zur Verfügung. Die Wirtschaft hat die Zahl der Ausbildungsplätze in den vergangenen Jahren mehr als verdoppelt, und sie wird sie – das zeigen schon jetzt alle Zahlen – auch in diesem Jahr weiter erhöhen.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Als zusätzliches Instrument hat das Wirtschaftsministerium noch einmal 2 Millionen € als Sofortmaßnahme zur Verfügung gestellt, um den mittelständischen Betrieben ganz gezielt ein zusätzliches finanzielles Angebot zu machen – jedenfalls dann, wenn sie bereit sind, einen weiteren, zusätzlichen Ausbildungsplatz anzubieten. Die Erfolge sprechen für sich. Mit nur 4,9 % sind wir auch im Bereich der Jugendarbeitslosigkeit bundesweit spitze.

Im Bereich der Wohnraumförderung – einem Ihrer Schwerpunkte – gehen wir neue Wege. Das Förderprogramm wurde grundsätzlich neu ausgerichtet. So stehen nun Familien – Stichwort „Kinderland“ Baden-Württemberg – mehr im Fokus der Förderung, als dies vorher der Fall war. Mit einem Volumen von fast 50 Millionen € werden junge Familien gefördert. Die neue Einkommensgrenze von 4 900 € pro Monat richtet sich gezielt auch an die Mittelschicht. Im Gegenzug haben wir uns keineswegs aus der Mietwohnraumförderung zurückgezogen.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Jetzt zuhören!)

Mit der L-Bank wurde ein ungedeckeltes Förderprogramm vereinbart.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Ungedeckelt!)

Das Programm finanziert entsprechend dem Leitbild „Kinderland“ Baden-Württemberg den Neubau von Mietwohnungen für Familien mit Kindern.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Eine Bindung an bestimmte Einkommensgrenzen wird es nicht geben.

In der Vergangenheit mussten wir feststellen, dass das Mietwohnraumförderungsprogramm des Wirtschaftsministeriums nicht voll ausgeschöpft wurde. Das Problem der fehlenden Mietwohnungen in Baden-Württemberg ist aber weniger in der fehlenden Subventionierung durch das Land zu sehen als vielmehr darin, dass die Rahmenbedingungen für den Mietwohnraumbau bei uns so miserabel sind, dass niemand mehr gewillt ist, sein Geld in Mietwohnungen zu investieren.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Das ist es!)

Die wohnungswirtschaftlichen und steuerlichen Rahmenbedingungen für den Bau und den Erhalt von Mietwohnungen haben sich nämlich mit den Jahren zusehends verschlechtert. Am 29. März 2001 hat der Bundestag mit seiner rot-grünen Mehrheit das Mietrecht einseitig zulasten der Vermieter geändert, und das war der zentrale Fehler.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Claus Schmiedel SPD: Frau Merkel sieht das anders!)

Wenn es darum geht, eine Mehrheit für unsere baden-würt tembergische Bundesratsinitiative zu organisieren, das Mietrecht wieder zu verändern, sind sämtliche SPD-geführten Bundesländer willkommen.

Von zentraler Bedeutung für die landespolitische Gestaltungskraft unserer Wirtschaftspolitik ist das Programm zur Städtesanierung. Mit jährlich knapp 150 Millionen € an Haushaltsmitteln werden in jedem Jahr Gesamtinvestitionen von über 1 Milliarde € ausgelöst. Es gibt kein besseres Konjunkturprogramm.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Darüber hinaus leistet dieses Programm einen hervorragenden Beitrag zur Rückführung des Flächenverbrauchs. Wer nämlich seine Immobilie saniert, der baut nicht neu.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Michael Theurer FDP/DVP: Sehr richtig!)

Die Dienstleistungswirtschaft hat in den vergangenen Jahren überdurchschnittlich zur wirtschaftlichen Leistung und vor allem zur Beschäftigung in Baden-Württemberg beigetragen. Inzwischen entfallen auf den Dienstleistungssektor 62 % der Wertschöpfung und 64 % der Beschäftigung. Die Dienstleis tungswirtschaft des Landes zählt inzwischen 3,4 Millionen Beschäftigte. Unter anderem werden auch die personenorientierten Dienstleistungen in den Bereichen Gesundheitswirt

schaft und Freizeitwirtschaft wie Tourismus, Sport und Kultur zunehmend zu Wachstums- und Beschäftigungsträgern.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Wir werden in den nächsten Monaten die magische Schwelle von 5 % Arbeitslosigkeit unterschreiten. Die meisten Volkswirte sprechen in Zeiten der Globalisierung dann von Vollbeschäftigung. Problematisch sind und bleiben aber die Geringqualifizierten. Da sind wir uns einig: Die Geringqualifizierten verdienen unsere besondere Beachtung. Im Dienstleistungsbereich haben sie die besten Chancen – allerdings nur dann, wenn nicht eine völlig fehlgeleitete Bundespolitik dieses zarte Pflänzchen durch die Einführung von Mindestlöhnen zertrampelt.

(Beifall bei der FDP/DVP – Widerspruch bei der SPD)

Im Oktober 2007 startet die Messelandschaft Baden-Würt tembergs mit der Eröffnung der neuen Messe auf den Fildern.

(Abg. Michael Theurer FDP/DVP: Richtig!)

Bereits heute ist für 2008 im neuen Messegelände kaum noch ein Zeitfenster verfügbar. Zwei Drittel der für Stuttgart neuen Veranstaltungen entfallen auf die Hightechbranche. Schon jetzt lässt sich feststellen: Die Investition hat sich gelohnt.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Baden-Württemberg hat endlich wieder eine Messe, die internationale Ausstrahlung besitzt.

Wenn die Bundesregierung nun noch die Finanzmittel für den Ausbau der europäischen Hochgeschwindigkeitsstrecke Paris–Budapest, an die auch die neue Messe angebunden sein soll, zur Verfügung stellt, wird Baden-Württemberg einen der attraktivsten Messestandorte Europas sein Eigen nennen.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Das ganze Land profitiert davon, nicht nur Stuttgart.

(Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE: Das werden wir sehen!)

Der Tourismus ist und bleibt ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor für unser Land. Baden-Württemberg muss mit Kurorten in Osteuropa konkurrieren.

(Zuruf des Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE)

Deshalb bleibt es auch bei der entsprechenden Förderung. Teile der Opposition verstehen nicht, dass sich die Kurorte nicht gleichmäßig über das Land verteilen. Das liegt aber an den regionalen Gegebenheiten. Zwischen den Geschlechtern kann man vielleicht Quotenregelungen einführen, aber bei Kurorten wird das eher schwierig.

Auch die Denkmalförderung stellt einen nicht zu unterschätzenden Standort- und Wirtschaftsfaktor für den Tourismus und die Unternehmensansiedlung dar. Darum kümmern wir uns durchaus. Daher begrüßt auch die FDP/DVP-Fraktion die

Stärkung der Denkmalpflege im Haushaltsplan des Wirtschaftsministeriums.

(Beifall bei der FDP/DVP)