Der erste Punkt ist, dass wir uns natürlich an der Haushaltskonsolidierung beteiligen mussten. Wir haben dies auch getan. Wir brauchen die Debatte über die Notwendigkeit ausgeglichener Haushalte an dieser Stelle jetzt nicht noch einmal zu führen. Ich stehe voll dahinter. – Das ist die eine Seite.
Aber natürlich muss zweitens ein Haushalt auch für die Zukunft die notwendigen Impulse setzen, die geeignet sind, um zu erreichen, dass die Zukunft des Landes Baden-Württemberg gewährleistet ist. Da will ich jetzt einfach einmal auf fünf oder sechs Punkte eingehen, die in dieser Debatte erwähnt worden sind.
Ich nenne als Erstes das Thema Mittelstandspolitik, und zwar ganz bewusst deshalb, weil Baden-Württemberg ein Land ist, in dem die Mittelstandspolitik, wie man weiß, in besonderer Form und Weise ausgeprägt ist. Man muss es sich immer wieder auf der Zunge zergehen lassen, um zu wissen, worüber man spricht: 95 % der Unternehmen in Baden-Württemberg haben weniger als 50 Beschäftigte. Und 99 % aller Unternehmen in Baden-Württemberg haben weniger als 500 Beschäftigte. Das aber sind die Betriebe, die 80 % der Ausbildungsplätze zur Verfügung stellen. Das sind die Betriebe, die zwei Drittel der Arbeitsplätze zur Verfügung stellen. Das sind die Betriebe, die dafür sorgen, dass dem Finanzminister 70 % des gewerblichen Steueraufkommens in die Kasse gespült werden. Das sind also die Betriebe, die wirklich die Korsettstangen dieses Landes sind.
Deshalb muss das Thema Mittelstandspolitik im Vordergrund eines baden-württembergischen Wirtschaftshaushalts stehen. Das tut es übrigens auch. Ich bin froh, sagen zu können, dass in diesen Bereichen nicht gekürzt worden ist. Wenn in diesen Zeiten in einem Bereich nicht gekürzt wird, dann ist das schon aller Ehren wert – zumal Sie ganz genau wissen, dass auch ich dazu beitragen musste, dass diese Haushaltskonsolidierung auf den Weg gebracht wird.
Meine Damen und Herren, worum geht es? Es geht z. B. um die Existenzgründung und auch um die Existenzübernahme, die in dieser Mittelstandspolitik eine große Rolle spielen. Auf die berufliche Bildung komme ich nachher zurück.
Zunächst zur Existenzgründung. Vorhin ist gesagt worden – Frau Kollegin Netzhammer hat darauf hingewiesen –, dass in den letzten Jahren in Baden-Württemberg rund 90 000 Exis tenzgründungen stattgefunden haben. 80 % aller Existenzgründungen in Baden-Württemberg, meine Damen und Her ren, die gefördert werden – das ist wahr –, sind Gründungen
Wenn wir heute feststellen können, dass das Land BadenWürttemberg im Vergleich zu anderen Bundesländern wirklich nur eine geringe Arbeitslosigkeit hat, dann hängt das auch damit zusammen, dass wir in den vergangenen Jahren eine außerordentlich erfolgreiche Existenzgründungspolitik gemacht haben. Diese werden wir fortsetzen, denn sie ist die Grundlage für unseren Erfolg.
Ein zweiter Punkt: Was mir wirklich große Sorgen macht, ist die Frage der Unternehmensnachfolge. Übrigens können Sie das im Haushalt auch nachlesen; aber ich will jetzt nicht auf Zahlen eingehen, sondern ich will Ihnen nur sagen, worauf es bei der Unternehmensnachfolge ankommt, damit dieses Land auch in der Zukunft die Spitzenposition hat.
Meine Damen und Herren, in den nächsten fünf Jahren werden allein in Baden-Württemberg 60 000 Betriebe vor der Frage stehen: Wie geht es mit dem Unternehmen weiter? Denn der Seniorchef oder die Seniorchefin geht in den Ruhestand, und es ist noch nicht klar, ob Sohnemann oder Tochter das Unternehmen übernehmen. Da geht es summa summarum um 600 000 Arbeitsplätze. Selbst wenn diese 600 000 Arbeitsplätze aufgrund von Übernahmen durch große europäische Unternehmen – um nicht zu sagen: Heuschrecken – noch gesichert werden könnten, wäre dies ein großer Identitätsverlust für Baden-Württemberg, weil diese 60 000 Betriebe durch die Bank bislang mittelständische Betriebe sind und diese natürlich ganz entscheidend für die Wirtschaftsidentität des Landes Baden-Württemberg sind.
Es kommt hinzu, dass wir vor fünf Jahren noch die Situation hatten, dass in 75 % aller Fälle Sohnemann oder Tochter das Unternehmen übernommen haben. Diese Zahl ist auf 45 % zurückgegangen. Das heißt, wir haben zunehmend das Problem, externe Lösungen zu finden, die aber außerordentlich schwierig sind. Schauen Sie in den Haushalt, in die Pläne hinein. Dann werden Sie feststellen, dass wir mit einem Zwölfpunkteprogramm versuchen, die Existenz, die Weiterführung von Betrieben auch in der Zukunft zu gewährleisten.
Das ist genau der Punkt. – Wenn wir wollen, dass in der Zukunft den jungen Leuten der Sprung in die Selbstständigkeit nicht erschwert, sondern erleichtert wird, wenn wir wollen, dass wir wieder eine stärkere Unternehmerkultur im Land Baden-Württemberg bekommen, wenn wir wollen, dass die jungen Leute wieder Spaß an einer selbstständigen Existenz haben, dann sollten wir versuchen, all die Lasten, die mit einer Betriebsübernahme verbunden sind, abzuschaffen. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts lässt dies ausdrücklich zu. Deshalb fordere ich die Bundesregierung auf, denjenigen
Übernehmern, die nach zehn Jahren noch erfolgreich am Markt sind, die Erbschaftsteuer zu erlassen. Das wäre ein wichtiger Schritt für eine größere Unternehmerkultur auch im Land Baden-Württemberg.
Ich nenne einen weiteren Punkt, den auch der Kollege Schmiedel und auch andere angesprochen haben und der natürlich auf der Hand liegt. Natürlich ist es richtig: Allein die Tatsache, dass beim Deutschen Patentamt in München oder beim Europäischen Patentamt Patente liegen, ist noch keine Technologiepolitik. Denn ein vorliegendes Patent ist natürlich noch längst kein Produkt.
Trotzdem behaupte ich – da werden Sie gar nicht widersprechen –, dass wir gerade in Baden-Württemberg eigentlich ideale Voraussetzungen dafür haben, in der Zukunft mit modernen Produkten auf den Markt zu kommen. Wir haben eine sehr großzügige Forschungslandschaft, eine sehr üppige Universitäts- und Fachhochschullandschaft. Das ist ja völlig unbestritten. Das Problem ist in der Tat, dass wir Brücken bauen müssen zwischen dieser Hochschul- und Forschungsland schaft und der Einführung von marktfähigen Produkten und Dienstleistungen. Das ist genau die Aufgabe, hier die entsprechenden Brücken zu bauen.
Ich will es jetzt anders formulieren: Ich behaupte, dass wir in Baden-Württemberg und in Deutschland auf absehbare Zeit kein Lohnniveau, wie es derzeit noch in China herrscht, einführen können und es auch nicht einführen wollen.
Das bedeutet im Klartext, dass wir auf absehbare Zeit ein Hochlohnland bleiben werden. Klar ist natürlich: Wenn wir schon teurer als die anderen sind, dann müssen wir ein Stück weit besser sein. Sonst wird das nicht funktionieren.
Was heißt das jetzt konkret? Das heißt konkret, dass es längst nicht mehr ausreicht, nur ein innovationsfreudiges Land zu sein; dass es nicht mehr ausreicht, nur Patente zu erfinden und diese auf dem Patentamt zu lagern; dass es auch nicht mehr ausreicht, Patente in marktfähige Produkte und Dienstleis tungen umzuwandeln.
Es kommt nicht nur auf Innovationsfreudigkeit an, meine Damen und Herren, es kommt längst schon auf die Innovationsschnelligkeit an. Derjenige, der es schafft, in immer kürzeren Abständen mit neuen Produkten, mit neuen Dienstleistungen auf die Märkte zu kommen, der wird den Erfolg haben.
Auch hier will ich sagen, meine Damen und Herren, dass 50 % der baden-württembergischen Unternehmen es schaffen, in immer kürzeren Abständen mit ihren neuen Produkten auf die Märkte zu kommen. Oder eine andere Zahl: 6 % der bundesdeutschen Unternehmen schaffen es, innerhalb von einem Jahr mit einem völlig neuen Produkt oder einer völlig neuen Dienstleistung auf den Markt zu kommen. Es sind jedoch 15 % der baden-württembergischen Unternehmen, die das schaffen. Sie sehen also, wir haben hier einen Vorsprung, was die Innovationsfreudigkeit und Innovationsschnelligkeit angeht. Dieser Vorsprung ist nicht gottgegeben; er muss verteidigt werden. Deshalb ist es völlig richtig, dass z. B. die Mit
tel für unsere wirtschaftsnahen Institute, die nichts anderes machen, als eine Brückenfunktion zwischen Forschung und Markt auszuüben, selbstverständlich nicht um einen einzigen Cent gekürzt worden sind, damit sie ihre Aufgabe, die Brückenfunktion wahrzunehmen und den Technologietransfer zu gewährleisten – nichts anderes ist es –, fortführen können.
Meine Damen und Herren, ich weiß, dass die Frau Bundeskanzlerin im Augenblick Reklame dafür macht, dass in der Bundesrepublik Deutschland der Anteil für Forschung und Technologie von 2,5 %, gemessen am Bruttosozialprodukt, auf 3 % erhöht werden soll. Das ist völlig in Ordnung. Ich möchte Ihnen aber sagen, dass wir in Baden-Württemberg seit Jahr und Tag bei 4 % sind. Diese Quote ist höher als in Amerika, höher als in Japan, Kalifornien und wo auch immer.
Ich will damit nur zum Ausdruck bringen, Herr Kollege Schmiedel, dass wir die Voraussetzungen dafür, dass dieser technologische Vorsprung auch in der Zukunft besteht, geschaffen haben. Ich will zum Ausdruck bringen, dass wir hier in diesem Haushalt die Voraussetzungen dafür geschaffen haben, dass dieser Vorsprung auch in der Zukunft gewahrt werden kann.
Sie haben das Thema Außenwirtschaft angesprochen, haben es auch kritisch angesprochen. Meine Damen und Herren, Außenwirtschaft ist längst nicht mehr nur etwas für die großen Unternehmen des Landes, sondern Außenwirtschaftsförderung ist längst eine Angelegenheit, die in allererster Linie für die mittelständische Wirtschaft stattfinden muss. Sie ist dabei außerordentlich erfolgreich. Wenn ich in Osteuropa bin – und Sie waren schon dabei –, wenn ich in Polen oder in den neuen EU-Ländern bin – –
Wenn ich sehe, in welchem Umfang dort die Notwendigkeit besteht, etwa in Umwelttechnologien, Abwasser, Abfallbeseitigung und ähnliche Dinge zu investieren, und wenn ich sehe, welche Chancen die baden-württembergischen Firmen gerade in diesem Bereich der Umwelttechnologie haben, dann schreit es doch geradezu danach, dass die Dinge durch eine entsprechende Außenwirtschaftspolitik zusammengebracht werden.
Ich bin absolut der Meinung, dass das Thema Außenwirtschaftspolitik in den verschiedensten Bereichen in der Zukunft eine viel größere Rolle spielen muss. Ich sage das nur deshalb: Wenn richtig ist, was ich sage, dann muss sich das auch in den Haushalten widerspiegeln; und genau das spiegelt sich auch in den Haushalten wider.
Nehmen Sie auch das Thema „städtebauliche Erneuerung“. Ich behaupte, dass das Thema Städtebausanierung in der Vergangenheit eines der erfolgreichsten Programme der Landesregierung war. Bislang wurden den Kommunen 5 Milliarden € zur Verfügung gestellt.
Deshalb bin ich froh, dass wir auch im Jahr 2007 mit einer ähnlichen Summe in Höhe von roundabout 150 Millionen €, wenn ich alles zusammenrechne und auch den Bundesanteil dazurechne, wieder eine Summe zur Verfügung haben, mit der wir eine Menge machen können – übrigens nicht nur ästhetische Dinge. Bei der Städtebauförderung geht es doch nicht nur darum, dass unsere Städte und Gemeinden schön herausgeputzt sind – das ist auch eine wichtige Sache –, sondern – irgendjemand hat schon darauf hingewiesen – es geht um den Faktor 8. Das heißt, jeder Euro, der in die Städtebauförderung gesteckt wird und zu diesem Zweck der Gemeinde X oder der Gemeinde Y gegeben wird, löst ein Achtfaches an Investitionsvolumen aus. Das bedeutet also: Mit 150 Millionen € lösen wir allein in diesem Jahr und allein über diesen Weg ein Investitionsvolumen in der Größenordnung von 1,2 Milliarden € aus. Meine Damen und Herren, dies tut unserer gebeutelten Bauwirtschaft gut.
Deshalb gilt auch hier, wenn Sie fragen, wo wir mit diesem Haushalt Zeichen setzen: Die Zeichen in diesem Haushalt bestehen unter anderem darin, dass die Städtebauförderung auch in der Zukunft in genau dem Umfang fortgeführt wird, wie es in der Vergangenheit der Fall war, meine Damen und Her ren.
Da gilt genau das Gleiche wie das, was ich zum Thema Städtebauförderung gesagt habe. Ich behaupte, dass die Wohnungsbauförderung, die neu akzentuiert, neu zugeschnitten worden ist, sowohl quantitativ als auch qualitativ besser ist als das, was wir in der Vergangenheit hatten. Warum ist das so? Erstens habe ich auch in diesem Jahr 2007 ein Bewilligungsvolumen von 48,5 Millionen € für wohnungsbaupolitische Maßnahmen zur Verfügung. Das sind genau 2 Millionen € weniger als im vergangenen Jahr. Jetzt habe ich zwei Möglichkeiten: Entweder kann ich nach dem Gießkannenprinzip vorgehen,
oder ich kann politische Schwerpunkte setzen. Ich habe den politischen Schwerpunkt so gesetzt – denn ich halte das für richtig –, dass diese 48,5 Millionen € in vollem Umfang für den Erwerb von Wohneigentum zur Verfügung gestellt werden. In vollem Umfang werden sie für den Erwerb von Wohn eigentum zur Verfügung gestellt.
Die Kriterien, nach denen das geht, sind klar: „Kinderland“ Baden-Württemberg, Familienpolitik – ich brauche jetzt nicht mehr zu erklären, wie das alles funktioniert.