Protokoll der Sitzung vom 08.02.2007

(Beifall bei den Grünen)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Berroth.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir sind uns alle einig: Kunst und Kultur bedeuten nicht nur Lebensqualität und Wertefragen, sondern stellen auch einen wichtigen Wirtschaftsfaktor dar. Für uns gehören Kunst und Kultur genauso zur Infrastruktur wie Straßen, Bahnlinien und Schifffahrtswege.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Die Aufgabe des Landtags besteht darin, dafür zu sorgen, dass wir es schaffen, Leuchttürme und Lichtermeer gleichermaßen strahlen zu lassen, weil sich ohne das Lichtermeer keine Leuchttürme entwickeln können und umgekehrt.

Mir ist klar: Kunst und Geld, das ist wie Feuer und Wasser. Eigentlich lässt sich Kunst mit Geld nicht bewerten. Sie braucht aber Geld, um entstehen zu können, und sie soll nicht unbedingt am Geldmangel scheitern. Trotzdem muss ich schon auch an alle, die da tätig sind, meine Erwartung äußern, dass man in Bezug auf Organisation und bestmöglichen Einsatz der Finanzmittel auch Effizienzkriterien gelten lässt. Frau Kollegin Heberer, Sie haben jetzt so getan, als ob Sie gar nicht bemerkt hätten, dass wir – anders als in vielen anderen Haushaltsbereichen – im Kunstbereich massiv zugelegt haben.

(Abg. Helen Heberer SPD: Aber keine Schwerpunkte gesetzt!)

Nein, Sie haben das zunächst einmal richtig heruntergemacht. – Es ist mir wirklich wichtig, deutlich zu machen: Wir haben hier im Vergleich zu allen anderen Bereichen außerordentlich zugelegt, und zwar sehr bewusst.

Ich sage Ihnen ein Zweites – das ist Ihnen vielleicht ein Trost –: Schon in den letzten Legislaturperioden hatten wir gerade im Bereich von Kunst und Kultur eine gute, fraktionsübergreifende Zusammenarbeit.

(Abg. Helen Heberer SPD: Schön!)

Ein erstes Gespräch – da konnten Sie leider nicht dabei sein – hat ja auch schon stattgefunden. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir das auch diesmal wieder schaffen.

Eines ist klar: Kunst ist immer personalintensiv. Dessen waren wir uns schon in der Haushaltsstrukturkommission bewusst. Deshalb haben wir, bevor es überhaupt darum ging, Änderungsanträge einzureichen, schon im Urhaushalt z. B. den kommunalen Theatern einen Aufschlag gegeben, um Personalkostenentwicklungen auffangen zu können. Dabei bin ich mir durchaus bewusst, dass die Gegenfinanzierung insbesondere für das Staatstheater Stuttgart eine ganz schwierige Aufgabe dargestellt hat. Dort gab es bisher eine Spitzabrechnung der Tarifentwicklung, und nun hat man ausgerechnet hier eine Kürzung bekommen, als schon ein Tarif mit einer im Vergleich zu früher riesigen Erhöhung ausgehandelt war. Ich würdige die Anstrengungen, und ich denke, wenn wir da eine Unterstützung geben können, sollten wir dies auch tun.

Wir haben gleichermaßen auch Verbesserungen für die freien Theater, für die Kleintheater, für Kulturinitiativen und die Soziokultur – auch dies war uns sehr wichtig – sowie zur Vertiefung der internationalen Beziehungen vor allem zu Osteuropa erreicht.

Auch die FDP/DVP-Fraktion ist der Meinung, dass wir zügig eine Novellierung der Kunstkonzeption Baden-Württembergs brauchen. Ich möchte dazu allerdings abwarten, was uns nun der noch gar nicht so lange bestehende Kunstbeirat mit auf den Weg gibt. Ich erwarte mir von da durchaus Wegweisungen.

Eine Schlussbemerkung noch zum Stil und in diesem Fall auch zur Landesstiftung: Wir haben mit Freude vernommen, dass der Literatursommer 2008 nun zum Thema „Dialog der Kulturen“ stattfinden wird. Wir haben uns aber auch ein wenig darüber gewundert. Denn wir hatten schon für 2006 einen entsprechenden Antrag gestellt und hatten das Thema sogar mit einem Motto versehen: „Was kann uns die Königin von Saba heute noch sagen?“

(Abg. Katrin Altpeter SPD: Das würde mich auch einmal interessieren!)

Sie taucht auch heute noch sehr, sehr interkulturell immer wieder auf. Allerdings wurde uns damals bescheinigt, dass das ein nicht besonders hohes innovatives Potenzial habe. Wir freuen uns, dass die Landesstiftung lernfähig ist.

(Abg. Dr. Nils Schmid SPD: „Stiftung Moser“! Mo- ser ist lernfähig!)

Wir gehen aber davon aus, dass sie diesmal – so, wie bei Projekten der Landesstiftung immer verlangt wird, dass man auf die Förderung durch die Landesstiftung verweist – selbst darauf aufmerksam macht, dass dieses Thema auf Vorschlag des runden Tisches der Kunst, initiiert von der FDP/DVP, dargestellt wird.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Mein Dank gilt zum Schluss allen, die sich für Kunst und Kultur im Lande einsetzen, gerade auch im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Ursula Haußmann SPD: Der Staatsse- kretär muss jetzt nichts mehr sagen!)

Das Wort erteile ich Herrn Staatssekretär Dr. Birk.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Frau Berroth hat aber schon alles gesagt, Herr Staatssekretär! – Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU)

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Kunsthaushalt, über den wir heute sprechen, ist in seinem Wesen geprägt von Solidität und von der Zuverlässigkeit, die die Landesregierung hier einmal mehr zum Ausdruck bringt. Kurzum: Wir haben Wort gehalten. Das Landesbudget für Kunst und Kultur in Baden-Würt temberg konnte gegenüber dem Jahr 2006 nicht nur gehalten werden, sondern es konnte sogar erhöht werden. Ich vermute einmal, die Reden der Opposition waren

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Gut!)

vor dieser Erhöhung schon anders vorbereitet. Sie haben in einer breiten Front mit einer Kürzung gerechnet.

(Zuruf der Abg. Helen Heberer SPD)

Deshalb ist es umso besser und zeigt auch den Stellenwert, den Kunst und Kultur für die Landesregierung haben,

(Zuruf des Abg. Jürgen Walter GRÜNE)

Herr Kollege Walter, wenn wir nicht nur davon reden, wie wichtig uns das ist, sondern wenn wir auch solide, planbare und damit zuverlässige Zahlen in den Haushalt einstellen und zeigen, welche Perspektiven Kunst und Kultur in BadenWürttemberg haben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Hört, hört!)

Wir wollen den Kunst- und Kulturschaffenden ein verlässlicher Partner sein. Wir wollen ihnen sagen, dass wir die Bedeutung ihrer Arbeit kennen und schätzen. Meine Damen und Herren – Kollege Palm und andere haben es angesprochen –, Kunst ist nicht brotlos und darf nicht brotlos sein. Ihre Förderung ist insofern keine Subvention und auch kein Luxus, sondern sie ist existenziell für das menschliche Zusammenleben. Kunst schafft Bewegung, sie gibt Freiräume, und sie verbindet Menschen. Lyonel Feininger hat einmal richtig gesagt: „Kunst ist nicht Luxus, sondern Notwendigkeit.“

Ich sage dies insbesondere auch in einem Bundesland wie Baden-Württemberg, das wirtschaftlich sehr erfolgreich ist: Die Rohstoffe unserer modernen Wissensgesellschaft heißen Kreativität, Aufgeschlossenheit, Innovationsbereitschaft und Toleranz – all die Faktoren, die letztendlich der Nährboden für Kunst und Kultur im Lande sind. Ich denke deshalb, dass beides, sowohl wirtschaftliche Stärke als auch kulturelle und

künstlerische Vielfalt, ein Markenzeichen Baden-Württembergs ist.

Meine Damen und Herren, mit der Einsetzung des Landeskunstbeirats hat die Landesregierung eine weitere Zusage von Ministerpräsident Oettinger auf dem Kunstkongress eingehalten. Uns liegt sehr viel am ständigen Dialog mit Experten aus allen Branchen und Sparten, die uns Impulse für unsere Politik geben. Zu den Aufgaben des Landeskunstbeirats gehören die Bewertung der bestehenden Kunst- und Kulturförderung, konzentriert auf den professionellen Bereich aller Sparten einschließlich der Soziokultur, die Beratung der Landesregierung bei der Gestaltung der Kunst- und Kulturförderung – bei einer Fortschreibung des Etats auf gleicher Höhe – und die Unterstützung beim Finden von Spielräumen und neuen Förderungen.

Deshalb, Herr Kollege Walter, würde ich einfach darum bitten, jetzt die Vorschläge des Landeskunstbeirats abzuwarten und auf dieser Grundlage dann natürlich auch über Fragen der neuen Spielräume für die Kunst- und Kulturförderung in Baden-Württemberg zu diskutieren.

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Das machen wir!)

Ich rate hier zu mehr Gelassenheit, weil die Vorschläge, die der Landeskunstbeirat unterbreitet, sicherlich auch eine hervorragende Grundlage für die weitere parlamentarische Beratung sind.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Bis wann ist mit den Vorschlägen zu rechnen?)

Wir sprechen mit dem Landeskunstbeirat genau über den Punkt, den Sie angesprochen haben, nämlich die künftige Entwicklung unserer Kunstpolitik. Letztendlich geht es um die Fragen: Wie sehen Kunst und Kultur in den nächsten Jahrzehnten aus, auf welche neuen Herausforderungen müssen wir uns einstellen, und welche Möglichkeiten gibt es, die neuen Modelle und auch die neuen Entwicklungen im Bereich der Kunst und Kultur so aufzunehmen, dass wir sie trotz begrenzter finanzieller Ressourcen hier in Baden-Württemberg fördern können?

Meine Damen und Herren, Stabilität ist nicht gleich Stillstand, und ein stabiler Kunsthaushalt ist keineswegs die bloße Fortschreibung des Vorhandenen. Was wir erreichen wollten und erreicht haben, ist ein verlässlicher Rahmen, der zugleich Kontinuität sichert und neue Akzente ermöglicht. Kunst braucht Freiräume, aber auch Entwicklungsperspektiven.

Ich möchte einige Vorhaben ansprechen, die bereits laufen und die in diesem Jahr oder in den nächsten beiden Jahren realisiert werden.

Da ist zum einen das Landesmuseum für Technik und Arbeit in Mannheim. Wir geben gemeinsam mit der Stadt eine rückzahlbare Liquiditätshilfe, um dieses Museum nach modernen Maßstäben zu erneuern und damit wieder zu einem Blickpunkt im Bereich Technik für alle Generationen zu machen. Ich glaube, dies ist eine gute Investition und steht einem Technikstandort wie Baden-Württemberg sehr gut an.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Sehr richtig!)

Mit der Sanierung der Räume des Schiller-Nationalmuseums wird das Deutsche Literaturarchiv in Marbach seine literarischen Schätze noch besser und zeitgemäßer präsentieren können. Auch hier haben wir eine Einrichtung mit einem bundesweiten Alleinstellungsmerkmal, die entsprechend gefördert werden soll.

Im Frühjahr 2008 werden die Ausstellungsräume in der Alten Staatsgalerie endgültig saniert sein und wieder eröffnet werden, wo wir neue, auch zeitgenössische Kunst präsentieren wollen. Darüber hinaus wollen wir natürlich auch die hohen Besucherzahlen der Staatsgalerie, sowohl im Dauerausstellungsbereich als auch bei den Wechselausstellungen, stabil halten und sogar noch ausbauen.

Ich nenne weiter den Spatenstich für den Erweiterungsbau des Generallandesarchivs in Karlsruhe – eine überfällige Investition, die für unsere Archivverwaltung wichtig ist, um zeitgemäß arbeiten zu können. Denn nur wenn wir unsere geschichtlichen Bestände sammeln und systematisch und chronologisch anlegen, schaffen wir einen Mehrwert für nachkommende Generationen.

(Zuruf des Abg. Jürgen Walter GRÜNE)

Meine Damen und Herren, wir investieren aber nicht nur in Räume, sondern auch in neue Ideen und Köpfe. Mit Sean Rainbird in der Staatsgalerie Stuttgart, mit Albrecht Puhlmann in der Staatsoper in Stuttgart und mit Karola Grässlin in der Kunsthalle Baden-Baden haben wir renommierte Persönlichkeiten, die hier im Land Aufbruchstimmung verbreiten, neu für Landeseinrichtungen gewinnen können. Sie gehen mit hohem Engagement und viel Motivation daran, die Konzeption unserer Museen weiterzuentwickeln. Ich glaube, dies ist für den Kulturstandort Baden-Württemberg sehr gut. Es zeigt auch, welch hohe Attraktivität in diesem Standort liegt, wenn wir international bedeutende Leute für diesen Kulturstandort gewinnen konnten.

(Beifall bei der CDU)