Protokoll der Sitzung vom 08.02.2007

(Beifall bei der SPD)

Das wirkliche Kulturverständnis unseres Landesvaters brach in dem Moment durch, als ihn erste kritische Berichte zum drohenden Schicksal der badischen Kulturgüter verärgerten.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Die Zeit ist um!)

Ich erinnere daran: Nicht das Feuilleton interessierte ihn, sondern der Wirtschaftsteil. Das war, verehrte Kolleginnen und Kollegen, nicht nur vor dem Hintergrund dieser Ausführungen, sondern auch in Bezug auf das nationale und internationale Echo ein beschämender Vorgang für unser ganzes Bundesland.

(Beifall bei der SPD)

Ein solches Kulturverständnis ist unökonomisch.

(Zuruf von der CDU: Die drei Minuten sind um! – Gegenruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ein gütiger Präsident!)

Warum ist es unökonomisch? Es nutzt nicht die gestaltende und gemeinschaftsbildende, integrierende Kraft der Kunst und Kultur, und es lässt eines völlig außen vor: die Möglichkeit, Voraussetzungen für einen Bereich der Bildung zu schaffen, der das im Menschen freisetzt, was Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft voranbringt, nämlich Kreativität.

Der Haushaltsentwurf zeigt im Kulturbereich folgendes Bild: Hier ein wenig mehr, dort ein bisschen weniger. Was er vermissen lässt, ist ein Konzept, bei dem ein eigenes und konsequentes kulturpolitisches Profil erkennbar wird. Das Thema Schwerpunktsetzung hat der Kollege Tappeser ja bereits in einem anderen Bereich angemahnt.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Kollege Palm!)

Nein, es war Herr Tappeser, der über die Bildung gesprochen hat. Ich bin da völlig im Bilde.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Sie müssen sich ein bisschen kürzer fassen! Sie müssen nicht alles vor- tragen!)

Vielleicht gibt es ja eine Chance, über alle Fraktionsgrenzen hinweg in einem kreativen Prozess eine gemeinsame Leitschnur für eine thematische Koalition zu bilden. In diesem Fall wäre das eine übergreifende Koalition für eine zeitgemäße Kulturpolitik. Ich würde mich freuen, wenn sich ein solches Projekt in dieser Legislaturperiode anbahnen ließe, und lade dazu ganz herzlich ein.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und sage auch dem Präsidenten noch einmal herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Walter.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Der kriegt auch ei- nen Zuschlag!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Fangen wir einmal mit dem Positiven an: Der Haushalt ist nahezu unverändert. In Zeiten, in denen stark gekürzt wird, hätte das ja auch anders sein können. Sie haben, Herr Kollege Palm, zu Recht darauf hingewiesen.

Außerdem möchte ich positiv vermerken, dass Sie ähnliche Anträge gestellt haben wie wir, nämlich im Hinblick auf die Förderung der Theater- und der Kulturpädagogik. Auch die Jugendkunstschulen sind letztendlich von Kürzungen verschont geblieben. Das ist ebenfalls ein positiver Aspekt.

Die Kulturpädagogik – da sind wir uns hoffentlich einig – wird zukünftig immer wichtiger werden. Aber dazu will ich anmerken: Es reicht nicht, lediglich die entsprechenden Gel der zu geben, sondern wir müssen die Kulturpädagogik auch entsprechend ausgestalten. Um in diesem Bereich erfolgreich zu sein, brauchen wir eine Vernetzung aller Ebenen. Kultusministerium und Kunstministerium müssen stärker miteinan

der vernetzt werden. Dasselbe gilt für die Beteiligten auf kommunaler Ebene und für die kulturellen Einrichtungen, die sich an dieser Pädagogik beteiligen wollen. Alle diese Institutionen müssen besser zusammenarbeiten als in der Vergangenheit; hier müssen wir mehr vernetzen.

Meine Damen und Herren, es besteht auch kein Zweifel daran – Herr Palm hat schon darauf hingewiesen –, dass wir in diesem Land sehr viele herausragende und bundesweit beachtete kulturelle Einrichtungen haben. Hätten wir von diesem Plenarsaal aus einen freien Blick, müssten wir nur Richtung Opernhaus schauen und könnten eine Einrichtung sehen, um die uns die ganze Republik beneidet.

(Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Oder auch in die entge- gengesetzte Richtung!)

Auch in diese Richtung.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Meinen Sie die Königstraße? – Abg. Martin Rivoir SPD: Der einzige Tiefpunkt ist hier im Zentrum!)

Das wäre noch ein weiterer Teil der Parlamentsreform. Und wenn man von hier aus einen besseren Blick auf die Kultur hätte, würde man vielleicht auch eine bessere Kulturpolitik machen.

Aber, meine Damen und Herren, das reicht für die Zukunft einfach nicht aus. Auch die warmen Worte von Herrn Palm werden in Zukunft nicht ausreichen, um die kulturelle Szene und die kulturelle Landschaft, die wir haben, noch stärker zu fördern als in der Vergangenheit. Wir haben seit Jahren eine Closed-Shop-Mentalität. Das heißt, diejenigen, die Förderung bekommen, bekommen diese Förderung auch in Zukunft. Das ist schon einmal gut, denn die meisten bekommen diese Förderung zu Recht. Aber all diejenigen, die mit etwas Neuem, etwas Innovativem kommen, bleiben auf der Strecke. Gerade im Kulturbereich ist dies aber kontraproduktiv. Kultur lebt von Innovation, Kultur lebt von Neuem. Es reicht nicht, wie Herr Minister Frankenberg es getan hat, zu sagen: „Kunst hat für die Landesregierung nichts mit Subvention zu tun, in Kunst wird investiert.“ Da hat er zwar völlig recht, aber davon können sich all diejenigen, die etwas Neues machen wollen, nichts kaufen.

Schauen Sie sich den Hickhack um das World New Music Festival an. Nach meinen Informationen fehlen immer noch 50 000 € zur endgültigen Finanzierung. Das ist eine Blamage für dieses Land.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Auch der Hickhack um das Forum Neues Musiktheater hätte Ihnen die Augen öffnen sollen. Es kann doch nicht sein, dass wir zukünftig SWR 2 oder Deutschlandradio Kultur hören müssen, um über wirkliche Innovationen im Kulturbereich informiert zu werden – und zwar aus anderen Bundesländern!

Um aus diesem Dilemma – und jeder, der sich mit der Kulturpolitik und der Kulturlandschaft beschäftigt, erkennt doch dieses Dilemma im Land – herauszukommen, haben wir einen konstruktiven Vorschlag gemacht, nämlich den, einen eigenen Kulturfonds in der Landesstiftung zu bilden. Dann erwarte ich, dass man, wenn man einen solchen Vorschlag auf

den Tisch bekommt, nicht nur zwölf Zeilen Blabla als Antwort schreibt und dass man nicht nur sagt: „Das müssen die Gremien in der Stiftung entscheiden“, wo man doch selbst schon eine Stiftung Kinderland gegründet hat, die nicht in den Gremien der Landesstiftung, sondern in der Politik geboren wurde. Wir können doch nicht so tun, als hätte die Landesstiftung mit uns nichts zu tun. Landtag und Regierung müssen doch so selbstbewusst sein, dass sie sagen: Bei dem, was in der Landesstiftung passiert, wollen wir ein Wörtchen mitreden.

(Beifall bei den Grünen)

Der Herr Minister sitzt im Aufsichtsrat der Landesstiftung, und Herr Birk entscheidet mit über die Kulturprojekte. Trotzdem haben wir massive Kürzungen. Es ist wohl die klare Absicht der Landesstiftung, den Kulturbereich immer weiter zurückzufahren.

Jetzt hätten wir die Möglichkeit, den Kulturfonds zunächst einmal für zehn Jahre mit jährlich 10 Millionen € auszustatten. Herr Palm, Sie haben die Verlässlichkeit angesprochen. Aber genau diese Verlässlichkeit fehlt doch. Es war nicht Verlässlichkeit, sondern Beliebigkeit, mit der die Landesstiftung in den letzten Jahren Projekte gefördert hat. Davon müssen wir wegkommen.

Deshalb, meine Damen und Herren, erwarte ich von Ihnen – es ist ja oft so, dass ein Vorschlag der Opposition erst einmal abgebügelt wird –,

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Nein!)

dass Sie – wir werden an dieser Stelle und auch im Ausschuss noch darüber diskutieren – eine konstruktivere Haltung dazu einnehmen, wie wir das Innovative zukünftig besser fördern wollen.

Wir sind uns doch einig, dass Sie nicht zum Finanzminister gehen können – Lothar Späth, der große Schuldenmacher, ist ja nicht mehr da –

(Abg. Ernst Behringer CDU: Schon lange nicht mehr!)

und sagen können: „Gib mir mal 10 Millionen € im Jahr.“ Das wird nicht funktionieren. Deswegen wird es nur Geld geben, wenn Sie, Herr Birk, als der zuständige Staatssekretär, der Sie das Erbe eines Hannes Rettich und eines Michael Sieber verwalten, dafür kämpfen und nicht nur sagen: „Das müssen die Gremien entscheiden.“ Sie sind dort vertreten, also kämpfen Sie für mehr Geld für mehr Innovatives. Das ist Ihre Aufgabe; das erwarte ich von Ihnen. Staatssekretär im Kunstbereich ist kein Minijob, sondern da muss man wirklich kämpfen.

(Heiterkeit und Beifall bei den Grünen und Abgeord- neten der SPD)

Meine Damen und Herren, der Herr Präsident war so freundlich, mir etwas mehr Redezeit zuzugestehen, als die Kollegin Bauer übrig gelassen hat. Ich muss trotzdem zum Ende kommen.

Schauen Sie in andere Bundesländer, z. B. nach NordrheinWestfalen oder nach Berlin.

(Lachen bei der CDU – Zurufe von der CDU, u. a. Abg. Ernst Behringer: Besonders Berlin!)

Dass ihr keine Ahnung habt, was dort kulturell läuft, weiß ich.

(Beifall des Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE – Heiterkeit bei den Grünen)

Schauen Sie sich die dortigen Stiftungen oder die Bundeskulturstiftung an. Dort werden innovative Projekte gefördert. Dort wird in Bildung für Kinder investiert. Aber – das ist noch ein Unterschied zu uns – dort haben Kulturschaffende auch einen Einfluss. Bei uns entscheiden vier Politiker darüber – ich will die Namen jetzt nicht nennen –, was die Stiftung an Geldern letztendlich zur Verfügung stellt.

Deswegen, meine Damen und Herren: Wenn wir uns über die Fraktionsgrenzen hinweg über die Bedeutung der Kultur einig sind, dann müssen wir uns auch einig sein, dass wir nach neuen Mitteln suchen müssen, um die Kulturszene weiterhin lebendig zu gestalten. Wir haben Ihnen einen konstruktiven Vorschlag gemacht. Ich hoffe, Sie gehen im Ausschuss damit anders um als bei der Beantwortung meines Antrags.

Danke.

(Beifall bei den Grünen)