Protokoll der Sitzung vom 08.02.2007

(Heiterkeit)

Wir sind noch längst nicht am Ende der notwendigen Reformen, um die internationale Wettbewerbsfähigkeit unseres Hochschulsystems zu erhalten. Dies ist vielmehr eine permanente Aufgabe. Bei aller Freiheit bleibt das Hochschulsystem in der Regel eine Res publica, eine öffentliche Angelegenheit, und dennoch unterliegt es dem Prinzip der Libertas, der Freiheit, nicht nur der Freiheit des Einzelnen nach Artikel 5 des Grundgesetzes, sondern auch der Freiheit der Institutionen. Zu dieser Freiheit gehört auch die Freiheit privater Hochschulen. So wie wir die unternehmerische Hochschule wollen, müssen wir auch den Unternehmer Hochschule akzeptieren.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Dann muss er aber auch pleitegehen können!)

Deshalb sind wir auch dafür, dass wir, wenn ein Unternehmen eine Hochschule übernimmt, nämlich Steinbeis das SIMT, dieses mittragen, wenn dadurch ein Vorteil für das gesamte Land entsteht.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Wie viel Geld haben Sie da bisher hinausgeschmissen?)

Für Hochschulen schmeißt man nie Geld hinaus.

(Beifall bei der CDU – Zuruf von der CDU: Bravo! – Abg. Claus Schmiedel SPD: Outputorientiert!)

Denn Hochschulen sind keine Sache des Profits,

(Abg. Carla Bregenzer SPD: Was? Die 10 Millionen wären an staatlichen Hochschulen besser eingesetzt gewesen!)

sondern Hochschulen dienen ausschließlich der Vermehrung des Wissens und der Zahl der wissenden Köpfe.

(Zuruf des Abg. Claus Schmiedel SPD)

Es ist gut, dass bei uns im Hause Wissenschaft und Kunst vereinigt sind. Denn ich glaube, die strategisch richtige Hochschulpolitik zu machen ist eine Kunst, und eine gute Kunstpolitik zu machen ist eine Wissenschaft für sich.

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Da müsst ihr aber vor- her auch noch auf die Uni gehen!)

Über die Kunstpolitik wird Herr Kollege Birk weitere Ausführungen machen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Palm.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zur Beratung des Kunstetats habe ich mir heute Nacht im Schlaf extra eine besonders kunstvolle Stimme zugelegt. Ich bitte, das zu entschuldigen.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Sie Armer! Da haben Sie ja gar nicht geschlafen!)

Frau Haußmann, nicht genug, dass ich hier als OB so langsam nur noch den Status der Duldung erreiche,

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Mir kommen die Trä- nen, Herr Palm!)

jetzt müssen Sie sich auch noch über meine körperlichen Gebrechen lustig machen.

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Reinhold Gall SPD: Nein, das ist Fürsorge von Frau Haußmann! Sie ist Krankenschwester!)

Ich hole mir nachher das Hustenbonbon ab.

Erlauben Sie mir ferner zu Beginn meiner Ausführungen die Feststellung, dass Politik keine Kunst macht. Man kann möglicherweise kunstvoll Politik machen. Man kann vor allem aber für die Kunst Politik machen.

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Oder gegen die Kunst!)

Eine Gesellschaft ohne Kunst ist eine Gesellschaft ohne Seele. Wie wollen Sie eine Wertedebatte führen ohne Kunst? Wie wollen Sie über Integration reden ohne Kunst? Wie wollen Sie über Bildung diskutieren ohne Kunst? Ich betone hier aber ausdrücklich auch, dass die Kunst nicht nur Steigbügelhalter oder Vehikel für andere wichtige gesellschaftliche Bereiche ist. Die Kunst hat auch einen Wert sui generis, einen Wert für sich.

Die Kulturarbeit in unserem Land zeichnet sich generell durch einen hohen Anspruch aus. Nochmals: Die Kunst ist nur nachrangig Prestigefaktor. Wir lernen aus der Kunst für Gegenwart und Zukunft. Ein guter Künstler – so möchte ich behaupten – stellt sich den Herausforderungen seiner Zeit. Wohlgemerkt: Er bedient nicht den Zeitgeist, sondern formuliert seine individuellen Erfahrungen mit der Wirklichkeit und reflektiert darüber in Zeichen und Bildern. Die Künstler machen uns quasi ein Angebot zum Dialog über die Kunst und uns selbst.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Wer hat Ihnen das auf- geschrieben?)

An dieser Stelle gilt mein Dank im Namen der CDU-Fraktion allen Kunstschaffenden im Land. Sie tragen unbedingt zum guten Miteinander und hohen gesellschaftlichen Niveau in Baden-Württemberg bei.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Politik bietet der Kunst also den Rahmen. Wenn ich vom Rahmen für die Kunst spreche, so ist damit heute natürlich in ers ter Linie der finanzielle Rahmen gemeint. Verlässlichkeit und Stabilität sind wichtige Faktoren, die wir der Kunst auch in Zeiten strikter Haushaltskonsolidierung bieten wollen. Der Solidarpakt für die Kunst gibt mittelfristige Planungssicherheit. Ich werte es als Erfolg, wenn der Kunsthaushalt 2007/2008 im Vergleich zum Haushaltsjahr 2006 Zuwächse in Höhe von rund 2 Millionen € bzw. 4,3 Millionen € erfährt. Einzelne Verschiebungen durch tarifliche Mehrausgaben und als notwendig erachtete Sachausgaben sind gegeben. Dieses Spannungsfeld konnte im weitgehenden Konsens zwischen den beteiligten Partnern gelöst werden.

Die CDU-Fraktion hat, auch weil wir das Verhältnis zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Einrichtungen behutsam verändern wollen, gemeinsam mit der FDP/DVP-Fraktion mehrere Änderungsanträge gestellt, um die Förderung der Klein- und Figurentheater, die Förderung der soziokulturellen Zent ren, die Förderung der kulturellen Bildung vor allem Jugendlicher im Theaterbereich sowie die Förderung internationaler Kunstprojekte im Rahmen des Möglichen zu verbessern.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, im Koalitionsvertrag steht, dass der Kunst nicht mehr, aber auch nicht weniger Geld als bisher zur Verfügung gestellt werden soll. Ich freue mich, dass diese Vorgabe leicht überschritten wird und sogar die Verwirklichung eines ganz bedeutenden Hochschulprojekts möglich ist. Die Akademie für Darstellende Kunst ergänzt den wichtigen Bereich zwischen der Filmakademie Ludwigsburg und der Kunstakademie Stuttgart und wird eine zukunftsträchtige, nahezu konkurrenzlose Nische in der europäischen Hochschullandschaft erschließen.

Neben dem zuständigen Fachminister, dem Kunststaatssekretär und den rührigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Kunstabteilung des MWK danke ich auch denjenigen, die sich im näheren Umfeld des Landtags um die Unterstützung der Kunst verdient gemacht haben und sicher auch weiterhin verdient machen werden. Ich nenne hier insbesondere den Landeskunstbeirat, die Landesstiftung sowie die Kunststiftung Baden-Württemberg. Hier danke ich als Beiratsvorsitzender stellvertretend für alle ehrenamtlich Engagierten dem Kuratoriumsvorsitzenden, dem Kollegen Dr. Nils Schmid, für die von Beginn an reibungslose, zielorientierte Zusammenarbeit im Sinne der jungen Künstlerinnen und Künstler.

Meine Damen und Herren, nicht ohne Stolz und völlig zu Recht halten wir unser Land für etwas Besonderes. Inhalt der Kunst ist das Besondere. Soll Baden-Württemberg besonders bleiben, so brauchen wir weiterhin Kunst auf besonders hohem Niveau.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU – Zuruf von der CDU: Sehr gut!)

Meine Damen und Herren, ich würde nun gerne Frau Heberer das Wort erteilen. Allerdings reicht ihr die Redezeit, die ihr der Kollege Rivoir übrig gelassen hat, nur noch aus, um zum Mikrofon zu „hechten“.

(Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: Ein Grußwort! – Zuruf des Abg. Werner Pfisterer CDU)

Aber da Sie sicherlich wichtige Gedanken vorzutragen haben, darf ich Sie bitten, uns das in drei Minuten wissen zu lassen.

(Abg. Werner Pfisterer CDU: Das war nicht schön vom Kollegen, ihr die Zeit wegzunehmen! – Gegen- ruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Er ist rück- sichtslos! Ein Macho!)

Sehr geehrter Herr Präsident – herzlichen Dank für diese Kulanz –, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich im Anschluss an meinen Kollegen Martin Rivoir noch ein Thema in den Blickpunkt rücken, das bei der Beratung des Einzelplans 14 angesprochen werden

muss, nämlich die Kultur. Das wurde von meinem Vorredner auch schon ausgeführt.

Der Kulturpolitik in unserem Land merkt man immer mehr an, dass sie einem vordergründig ökonomisch inspirierten Nützlichkeitsdenken unterworfen ist. Vordergründig deshalb, verehrte Kolleginnen und Kollegen, weil ein Denken, das Kultur nicht angemessen fördert und pflegt, volkswirtschaftlich gesehen das Unökonomischste darstellt, was man sich nur vorstellen kann. Kunst und Kultur sind nicht nur Basis unseres intellektuellen Potenzials, nicht nur Grundlage von Wissensvermittlung, sondern eine immer notwendiger werdende Klammer im Prozess einer immer noch fortschreitenden Individualisierung – eine integrierende Kraft, oft der einzige Weg, die Bildung von Parallelgesellschaften zu verhindern.

Deshalb hatte Lothar Späth seinerzeit recht, als er die Auffassung vertrat, dass die sich entwickelnde Industrie- und Wissensgesellschaft ohne nachhaltige Kulturpolitik durch deren Zentrifugalkräfte gesprengt würde. Kulturhistorisch knüpft die Landesregierung gern an Lothar Späth an. Nur finanzpolitisch wird der Ziehvater völlig ignoriert.

(Heiterkeit des Abg. Claus Schmiedel SPD)

Er hat damals zusammen mit seinem kulturpolitischen Mentor Hannes Rettich dafür gesorgt, dass die hoffnungsvolle Saat auch den notwendigen Dünger und das notwendige Wasser erhielt. Heute jedoch werden die Kultureinrichtungen in Einsparrunden gezwängt. Die Zuwendung zur Kultur und zu den Künsten beschränkte sich auf einen Auftritt des Ministerpräsidenten im Wahlkampf bei einem Kongress in Karlsruhe, bei dem die Landesregierung die Kunst zur Hauptsache emporhob. Wenn Herr Oettinger auf diesem Kongress erklärt, ein regionales Angebot von hoher Qualität sei der Ausweis eines Kulturstaats, zu dem er sich bekenne, dann ist das – mit Verlaub, Herr Ministerpräsident; auch wenn er nicht hier ist, er möge es hören, wo immer er jetzt weilt –

(Lachen des Abg. Jürgen Walter GRÜNE – Abg. Jür- gen Walter GRÜNE: Er lebt doch wohl noch!)

wohlfeil gesprochen, aber nicht wirklich nahrhaft für unsere Theater, unsere Bibliotheken, unsere Orchester, unsere Museen und schon gar nicht für die freie Kulturszene, die der Nährboden jeder kulturellen Entwicklung innerhalb unserer Kommunen und unseres Landes ist.

(Beifall bei der SPD)