Protokoll der Sitzung vom 08.02.2007

Wir kommen nun zum Einzelplan 04 – Ministerium für Kultus, Jugend und Sport – und damit zu einer weiteren Kernkompetenz der Landespolitik. Das wird am Volumen dieses Einzelplans klar. Mit 7,7 Milliarden € macht dieser Einzelplan knapp ein Viertel des Haushaltsvolumens aus. Es ist der umfangreichste Einzeletat, wenn man von dem Einzelplan der Steuereinnahmen absieht.

Meine Damen und Herren, Kinder erfahren im Land BadenWürttemberg eine gute Bildung. Dies liegt an der guten Arbeit der Lehrkräfte in unseren Schulen, dies liegt am Engagement der Eltern, und dies liegt an der guten Bildungspolitik, die wir hier im Land seit Jahren und Jahrzehnten betreiben. Mit den veranschlagten Haushaltsansätzen setzen wir diese gute Arbeit fort.

Heute wird es bei der finanzpolitischen Diskussion nicht in erster Linie um Inhalte gehen, sondern um die Ressourcen für diese Arbeit. Dazu einige Zahlen vorneweg:

Wir haben im Jahr 1990 knapp 80 000 Lehrerinnen und Lehrer im Land Baden-Württemberg gehabt. Im Jahr 2006 waren es über 90 000 Lehrerinnen und Lehrer. Dies zeigt, in welchem Umfang wir in diesen Bereich investieren.

Die Relation von Schülerinnen und Schülern zu Lehrerinnen und Lehrern hat im Jahr 2000 18,7 betragen. Dieses Verhältnis hat sich gebessert. Im Jahr 2005 hatten wir durchschnittlich 17,5 Schülerinnen und Schüler je Lehrer.

Dies liegt auch daran, dass wir in der letzten Legislaturperiode 5 500 Lehrerstellen geschaffen haben. Diese 5 500 zusätzlichen Stellen stehen auch in dieser Legislaturperiode mit diesem Haushaltsplan in den Jahren 2007 und 2008 in vollem Umfang für bildungspolitische Maßnahmen zur Verfügung. Vonseiten der Grünen wurde im Finanzausschuss gesagt, die se 5 500 Stellen verblieben nicht in vollem Umfang für die Bildungspolitik.

(Abg. Renate Rastätter GRÜNE: Für die Schulen, ha- be ich gesagt!)

Dies ist nicht richtig. Die Sperrung von 521 Lehrerstellen wirkt sich auf diese Zahl der 5 500 Lehrerstellen nicht aus. Denn in der letzten Legislaturperiode ist zusätzlich zu den 5 500 neuen Lehrerstellen durch die Deputatserhöhung an

Gymnasien und beruflichen Schulen ein Gegenwert von 950 Deputaten in den Schulen zustande gekommen. Diese wurden mit der Deputatserhöhung nicht in Reduzierungen von Stellen umgewandelt, sondern sind im System belassen worden, weil zum selben Zeitpunkt die Schülerzahlenprognose des Jahres 2003 gegenüber der Schülerzahlenprognose des Jahres 2000 einen stärkeren Anstieg der Schülerzahl und ein längeres Verbleiben auf diesem Niveau ergeben hat. Im Jahr 2006 hat die Schülerzahlenprognose diese Entwicklung nicht bestätigt. Deshalb werden jetzt aus dem Ressourcengewinn der Deputatserhöhung 521 Deputate gesperrt – gesperrt und nicht gestrichen, damit man flexibel auf die Entwicklung reagieren kann und bei der nächsten Prognose mit den gesperrten Stellen reagieren könnte.

Auch wir, die Bildungspolitiker der CDU-Landtagsfraktion, wüssten in der Bildungspolitik etwas mit diesen Stellen anzufangen. Auch wir wissen, was man an Maßnahmen damit machen könnte. Wir halten die Entscheidung aber vor dem Hintergrund der Haushaltskonsolidierung für vertretbar. Inzwischen ist auch in der SPD-Fraktion anerkannt, dass wir um einen Beitrag zur Haushaltskonsolidierung aus dem Bereich der Bildungspolitik nicht herumkommen. Statt der Sperrung schlagen Sie die Absenkung der Eingangsbesoldung vor. Wir in unserer Fraktion treffen Entscheidungen so, dass in solchen wichtigen Fragen eines Themenfeldes Finanzpolitiker mit Fachpolitikern nach Lösungen suchen und man in der Gesamtverantwortung eine Entscheidung trifft.

(Abg. Klaus Herrmann CDU: Sehr richtig!)

Bei Ihnen halte ich es für bemerkenswert, dass diese Entscheidung in einer wichtigen bildungspolitischen Frage gegen die ausdrückliche Meinung der Bildungspolitiker Ihrer Fraktion getroffen worden ist.

Ich glaube, Junglehrer haben kein Verständnis für eine solche Absenkung, wenn sie zur Haushaltskonsolidierung beitragen soll. Wenn man sich schon über eine Absenkung des Gehalts der Junglehrer Gedanken macht, dann kann das doch nur dann geschehen, wenn es im Zusammenhang mit Aufstiegsmöglichkeiten, mit Leistungshonorierung im System der Bildungspolitik geschieht, z. B. über Besoldungsstufen. Von uns werden Sie für Ihren Vorschlag zum Zwecke von Haushaltseinsparungen keine Zustimmung erhalten.

Meine Damen und Herren, mit diesen Mitteln, die im Haushalt vorgesehen sind, werden wir auch zusätzliche Lehrerdeputate für Ganztagsschulen zur Verfügung stellen. Wir werden das Jugendbegleiterprogramm und das Projekt „Schulreifes Kind“ weiter ausbauen. Es ist das gute Recht der Opposition, zu sagen, man brauche mehr Lehrerinnen und Lehrer für die Unterrichtsversorgung, und dass Sie diese Umgestaltung in bildungspolitische Maßnahmen nicht für richtig halten. Ich möchte aber daran erinnern, dass wir noch vor etwas mehr als einem Jahr in einer Rede des damaligen Fraktionsvorsitzenden der SPD Drexler hören konnten, dass man ein Drittel des Ressourcengewinns aus der zurückgehenden Schülerzahl für die Haushaltssanierung verwenden wollte. Dies machen wir nicht. Die 5 500 Lehrerstellen der letzten Legislaturperiode stehen in vollem Umfang weiter der Bildungspolitik zur Verfügung.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Wir wollen die Unterrichtsverpflichtung der Referendare erhöhen. Die erhöhte Unterrichtsverpflichtung führt nicht dazu, dass dadurch eingesparte Deputate in der Unterrichtsversorgung fehlen, sondern dass Unterricht jetzt mit einer erhöhten Unterrichtsverpflichtung von Referendaren gehalten wird. Das ist unsere Reaktion darauf, dass die Zahl der Referendare im Lehramt steigt. 13 andere Bundesländer haben einen Numerus clausus für Referendare. Wir halten diesen Weg nicht für richtig. Denn was es für die Motivation von Lehramtsstudenten bedeutet, wenn sie wissen, am Ende kommt ein Numerus clausus fürs Referendariat, das ist, glaube ich, jedem hier klar.

Dafür sind zusätzlich 60 Millionen € notwendig. Dass zur Finanzierung eines Ziels eine Solidarleistung der Referendare in dieser Form gemacht wird, halten wir für vertretbar und für den richtigen Weg gegenüber einem Numerus clausus. Wir sind auch den Grünen dankbar dafür, dass aus ihren Reihen im Finanzausschuss gesagt wurde, dagegen sei nichts einzuwenden.

Nach diesen Hauptdiskussionspunkten zum Einzelplan des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport will ich auf einige Einzelpunkte noch näher eingehen, die im Verlauf der Diskussion im Finanzausschuss Veränderungen erfahren haben.

Wir haben die Personalstellen im Bereich der schulpsychologischen Beratung verdoppelt. Diese Veränderung ist im Finanzausschuss einstimmig angenommen worden. Wir tragen damit dem in den letzten Jahren deutlich gewordenen höheren Bedarf Rechnung, auch unter dem Eindruck der Amoklauf androhung im Dezember letzten Jahres.

Auf den Jugendbereich und auf das, was an vielen positiven Veränderungen hierzu im Finanzausschuss zustande gekommen ist, wird die Kollegin Kurtz als jugendpolitische Sprecherin der Fraktion gesondert eingehen. Wir haben unsere Redezeit thematisch aufgeteilt.

Wir stellen für das Landesinstitut für Schulentwicklung mehr Geld zur Verfügung, als im Haushaltsplanentwurf vorgesehen war. Diese Änderung ist im Finanzausschuss ebenfalls angenommen worden. Wir haben im Dezember hier im Landtag die Änderung des Schulgesetzes mit der verpflichtenden Einführung der Evaluation einstimmig beschlossen. In dieser Aufbauphase wollten wir keine Kürzung für das Landesinstitut für Schulentwicklung und haben deshalb die Beträge um 135 000 € bzw. 160 000 € erhöht.

Es wird für Blockschüler nicht, wie im Haushaltsplanentwurf vorgesehen, eine Kürzung geben. Hierfür stehen je 300 000 € mehr zur Verfügung.

Wir machen auch Ernst damit, dass wir mit einer guten Bildung so früh wie möglich beginnen wollen. Dazu gehören Orientierungsplan, Sprachförderung und das Projekt „Schulreifes Kind“. Wir stellen über den Haushaltsplanentwurf hinaus zusätzliche Mittel für vorschulische Sprach- und Lernhilfe, für außerschulische Hausaufgaben-, Sprach- und Lernhilfe und für die vorschulische Bildung zur Verfügung. Dies ist, glaube ich, ein deutliches Zeichen dafür, dass wir diesen Bereich ernst nehmen.

Im Bereich der Weiterbildung ist aus unserer Sicht keine weitere Veränderung vertretbar. Sie von der SPD haben bei den

Beratungen im Finanzausschuss im Zuge der Behandlung Ihrer Anträge von weiteren Kürzungen im Bereich der Weiterbildung gesprochen. Lassen Sie mich deshalb an dieser Stelle noch einmal klarstellen, dass die Ansätze im Haushaltsplan entwurf 2007/2008 dem Iststand der Ausgaben im Jahr 2006 genau entsprechen.

(Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Nach der Haushaltssper- re!)

Dem Ist, habe ich gesagt, Herr Kollege. Sie wissen, dass das eine richtige Aussage war.

(Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Ja, aber nach der Haus- haltssperre!)

Es entspricht dem Ist 2006.

(Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Sie verschleiern die wahren Sachverhalte!)

Es wird also keine weitere Kürzung über die Maßnahme hinaus, die im Juni/Juli letzten Jahres vorgenommen worden ist, geben. Keine weitere Kürzung!

(Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Das ist Verschleie- rung!)

Auch hier können Sie von der Opposition natürlich mehr fordern. Das ist Ihr gutes Recht. Aber an der Diskussion geht das vorbei. Denn die Diskussionen darüber, ob es tatsächlich eine weitere Kürzung gibt, haben wir im Herbst letzten Jahres geführt. Diese Kürzung ist schon im Entwurf der Regierung nicht vollzogen worden, sondern wir haben denselben Betrag wie das Ist 2006 zur Verfügung gestellt. Dafür hat sich der Volkshochschulverband auch ausdrücklich bedankt. Dies ist ein vertretbarer Weg, den wir gegangen sind, und dabei kann es unserer Ansicht nach bleiben.

Auch der Sport verdient Erwähnung. Darauf wird die Kollegin Brunnemer in einem weiteren Redebeitrag eingehen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir müssen jetzt einen Vorschlag zum Verfahren besprechen. Wenn wir die laufende Debatte zum Einzelplan 04 einschließlich aller Stellungnahmen der Regierung nun fortsetzen, werden wir erst gegen 14 Uhr oder 14:30 Uhr zum Ende gekommen sein. Wir haben inzwischen nämlich eine Stunde Verspätung.

Allerdings findet in der Mittagspause die Eröffnung einer Ausstellung der Evangelischen Kirche statt. Ich denke nicht, dass wir die Kirche nun verprellen und die Ausstellungseröffnung erst um 14:30 Uhr stattfinden lassen sollten. Daher sind wir jetzt übereingekommen, die Sitzung an dieser Stelle nach der hervorragenden Rede des Kollegen zu unterbrechen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Das haben wir mit den Geschäftsführern der Fraktionen gerade so besprochen. Wir setzen die Beratung des Einzelplans 04

nach der Mittagspause fort, und dann kann auch der Herr Minister direkt auf die Redebeiträge antworten. Die Alternative wäre gewesen, erst die Abgeordneten reden zu lassen,

(Abg. Reinhold Gall SPD: Nicht so viele Alternativen in den Raum stellen!)

und der Minister hätte nach der Mittagspause das Wort erhalten. Das wäre jedoch wenig sinnvoll gewesen.

Insofern schlage ich Ihnen vor, dass wir jetzt in die Mittagspause eintreten und die Sitzung um 13:45 Uhr wieder aufnehmen.

(Abg. Ute Vogt SPD: Oh nein, wir brauchen doch kei- ne anderthalb Stunden! – Weitere Zurufe)

Dann setzen wir die Sitzung nach der Mittagspause um 13:30 Uhr fort. So kann jeder an der Ausstellungseröffnung teilnehmen und trotzdem noch ein Mittagessen einnehmen. Ich bitte darum, pünktlich um 13:30 Uhr wieder hier zu sein.

Vielen Dank.

(Unterbrechung der Sitzung: 12:14 Uhr)

(Wiederaufnahme der Sitzung: 13:32 Uhr)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir setzen die Aussprache über den Einzelplan 04 – Ministerium für Kultus, Jugend und Sport – fort.

Für die SPD-Fraktion hat Herr Abg. Dr. Mentrup das Wort.