Protokoll der Sitzung vom 09.02.2007

Ein Weiteres: Schenken wir doch den Milchbauern klare Milch ein,

(Heiterkeit)

was die Milchpolitik angeht: Schluss mit der Milchquote 2015, meine Damen und Herren! Sie war von Anfang an am Markt vorbei orientiert und stellte daher den falschen Weg dar.

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Wer hat denn damals regiert?)

Lieber Herr Walter, es war der Wunsch von Bauernverbänden und der des damaligen Landschaftsministers Kiechle. Das muss man einfach so sehen. Ihre Vorschläge waren aber auch nicht viel besser, auch unter dem Reimer nicht; um das einmal klar zu sagen.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Karl Rombach CDU: Sehr gut! – Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Ich sage nur: Kü nast! – Gegenruf des Abg. Karl Rombach CDU: Wer ist Künast?)

Jedes kleine Kind wusste damals, dass eine Festschreibung von 15 bis 20 % Überproduktion bei der Milch eine Selbstbelügung ist. Meine Damen und Herren, es ist wichtig, das man hier auch die Weltmarktorientierung der Betriebe sieht. Allerdings – auch das sage ich –: Wir wollen und sollen uns nicht an dem messen lassen, was in Australien, in den USA, in Kanada oder in anderen Ländern der Fall ist – das gilt auch für den Arbeitsmarkt und bei den Stundenlöhnen –, und wir soll ten uns auch nicht an China orientieren. Wir haben hier eine andere Struktur, und dafür hat Herr Kübler die Zahlen ja genannt. Daneben haben wir auch andere Aufgaben, nämlich die, die multifunktionale Rolle der Landwirtschaft zu fördern. Das bedeutet auch Landschaftspflege und die Erhaltung der Kulturlandschaft.

(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Klasse statt Masse!)

Meine Damen und Herren, mit dem vorgelegten Haushalt nutzen wir unseren Spielraum hier im Land, denn wir wollen den Betrieben Planungssicherheit geben und Investitionsanreize bieten. Die Verarbeitung und Vermarktung von land- und

forstwirtschaftlichen Erzeugnissen müssen wir unterstützen. Auch müssen wir die Betriebsübernahmen durch Junglandwirte fördern und ihnen Perspektiven bieten.

Wir wollen auch die Tätigkeit der vielen Nebenerwerbslandwirte, die vor allem in landwirtschaftlich benachteiligten Gebieten, zum Beispiel im Schwarzwald oder auf der Alb, arbeiten und die Dienstleistungen zur Pflege der Landschaft zur Verfügung stellen, honorieren. Um Gotteslohn werden die jungen Landwirte diese Arbeit nicht tun. Deshalb an dieser Stelle auch ein herzliches Dankeschön an alle Bäuerinnen und Bauern, an alle diejenigen, die mit dem Naturschutz zusammen hervorragende Leistungen für unser Tourismusland Baden-Württemberg erbringen.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Die Mittel für die Leistungen zur Pflege der Kulturlandschaft, werte Kolleginnen und Kollegen, sind auch für einen FDPler keine Subventionen, sondern die Bezahlung einer Leistung, die am Markt mit landwirtschaftlichen Produkten von unserer Wohlstands- und Freizeitgesellschaft nicht bezahlt wird. Sie sind Investitionen in die Zukunft Baden-Württembergs, und sie stärken die Standortfaktoren – und hier insbesondere die weichen Faktoren – unseres Wirtschaftsstandorts.

Meine Damen und Herren, der ländliche Raum darf den Anschluss an die technischen Innovationen nicht verlieren.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Abg. Win- fried Kretschmann GRÜNE: Halten Sie uns jetzt ei- ne Grundsatzvorlesung?)

Deshalb sind Verbreitung und Nutzung beispielsweise des Breitbandkabels in ländlichen Räumen vor allem für die moderne Dienstleistung und die Freiberufler entscheidend, um zukunftsträchtige Arbeitsplätze in ländlichen Räumen zu schaffen und zu erhalten. Wir haben hier Nachholbedarf, genauso wie die Telekommunikationsunternehmen.

Meine Damen und Herren, die Aufstockung des ELR, dieses Erfolgsprogramms, um 10 Millionen € zeigt, dass die Koalition nicht nur verbal Programme für den ländlichen Raum macht, sondern dies auch fiskalisch zum Ausdruck bringt.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Abg. Jo- chen Karl Kübler CDU: Sehr gut!)

Wir können Kürzungen der EU zwar nicht ausgleichen, wir nutzen aber unseren Spielraum, um die Umwelt- und Landschaftsprogramme des Landes weiterzuentwickeln. BadenWürttemberg ist mit seinem Agrarumweltprogramm bundesweit – ich wiederhole: bundesweit – führend.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Dies wird so bleiben. Wir wollen keinen Naturschutz mit einseitigen Insellösungen und Käseglocken, sondern wir wollen eine flächendeckende, naturverträgliche Landbewirtschaftung. MEKA, AZL und SchALVO sind Kernpunkte baden-würt tembergischer Landwirtschafts- und Naturschutzpolitik.

Herr Minister Hauk, wir brauchen allerdings schnellstens grünes Licht von der EU, damit Klarheit kommt. Denn wir

wollen die Naturschutzpolitik mit der Landwirtschaft und nicht gegen die Landwirtschaft machen. Wir leben jedoch nicht auf einer Insel der Seligen. Gut ausgebildete, motivierte Landwirte und ein kaufkräftiger Markt vor der Haustür sind beste Chancen für unsere heimische Landwirtschaft. Produktvielfalt und Qualität – wie Sie gesagt haben: Klasse vor Masse –, Nähe zum Verbraucher sowie die Honorierung anderer multifunktionaler Dienstleistungen, wie beispielsweise der Landschaftspflege, unterstreichen dies.

Neue Betriebszweige und zusätzliche Einkommensperspektiven bietet auch der Energiemarkt. „Nahrungsmittel und Ener gie“, und nicht „Nahrungsmittel oder Energie“ – so muss es heißen. Das war auch der Tenor der DLG-Wintertagung in München.

Ich warne allerdings etwas vor der Euphorie im Bereich Biogas. Auch die Goldgräberstimmung auf der EuroTier im Herbst in Hannover hat gezeigt, dass man rechnen und beide Seiten sehen muss, also auch die ökologische Seite. Man kann nicht Monokulturen, z. B. Mais, zur Energielieferung anlegen. Das kann es auch nicht sein.

Biogas hat meines Erachtens – das kam heute auch schon zum Ausdruck – nur dann eine Bedeutung, wenn elektrische und thermische Energie entsprechend genutzt werden. Wenn man keine Kraft-Wärme-Kopplung einsetzt und auch keine Direkt einspeisung ins Erdgasnetz schafft, dann ist das nicht viel besser als die Atomkraftwerke oder die fossilen Kraftwerke, die die Wärmeenergie nicht nutzen und nur elektrische Energie produzieren.

(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Was ist denn das? Was für ein Extremismus!)

Der Vorteil ist sicherlich, dass es CO2-neutral ist. Das ist sicherlich wahr. Aber es ist unter dem Strich nicht die Energiepolitik, die wir brauchen.

(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Biogasanla- gen mit Atomkraftwerken zu vergleichen, das kriegt nur ein FDPler hin!)

Meine Damen und Herren, Ja zum Biogas, aber Investoren müssen beide Seiten der Kalkulation sehen.

Herr Kretschmann, Brennholz wird wieder gestohlen.

(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Aber nicht von mir! – Abg. Reinhold Gall SPD: Von mir aber auch nicht! – Heiterkeit)

Das ist nicht erfreulich, aber es ist ein gutes Zeichen – – Wenn er immer dazwischenredet, muss ich ihn ja einmal direkt ansprechen, damit er auch zuhört.

(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Aber nicht gerade beim Thema „Brennholz klauen“! – Unruhe)

Meine Damen und Herren, es ist ein gutes Zeichen, dass diese Energiequelle nach jahrzehntelanger Missachtung wieder an Bedeutung gewinnt.

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Eine kriminelle Ener- giequelle!)

Der Anteil der regenerativen Energien durch grundlastfähige Bioenergie, durch nachwachsende Rohstoffe – –

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Was ist jetzt gut daran, dass Holz geklaut wird? – Gegenruf des Abg. Dr. Ul- rich Noll FDP/DVP: Dass es wieder etwas wert ist!)

Können Sie vielleicht die Uhr anhalten, bis es wieder ruhiger ist, Herr Präsident?

(Glocke des Präsidenten)

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Dann muss man halt selbst Präsident werden!)

Herr Minister Hauk, sorgen Sie mit Initiativen im Bundesrat dafür, dass die übertriebenen Störfeuer bei der Feinstaubdiskussion nicht weiter Blüten treiben,

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

sondern dass auch die Damen und Herren im Umweltministerium, auch im Hause Gönner, sich fortbilden und den Stand der Technik endlich akzeptieren. Sonst werden unsere Bürgerinnen und Bürger diese Technologie nicht nutzen, sondern ihre alten Öl- und Gasherde wieder anwerfen.

Noch eine Bitte: Sorgen Sie, die Sie im Bundesrat sind, mit dafür, dass während der deutschen Ratspräsidentschaft die Kanzlerin und Herr Seehofer

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Die haben andere Pro- bleme!)

die Chance nutzen, vor allem die Wettbewerbsverzerrungen, die wir in der EU nach wie vor haben – im Pflanzenschutzrecht, in der Besteuerung, im Krankenwesen, bei den ganzen Nebenkosten –, zu beseitigen und zu einer Harmonisierung zu kommen.

Ich wünsche mir, lieber Michael Theurer, dass wir bis zu Ihrem 50. Geburtstag auch in diesem Bereich die Harmonisierung innerhalb der EU vorangebracht haben.

(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Was hat das mit dem Theurer zu tun?)

Zur sogenannten Gesundheitsreform, meine Damen und Herren: Murks bleibt Murks. Daher ist das abzulehnen. Auch die Landwirte werden Nachteile in diesem Bereich erleiden.