Protokoll der Sitzung vom 14.03.2007

(Zuruf der Abg. Christine Rudolf SPD)

Wir haben sehr viel Mühe darauf verwandt, die Expertenkommission interdisziplinär zusammenzusetzen und die wissenschaftlich und fachlich ausgewiesensten Mitglieder zu berufen. Uns ging es um eine größtmögliche wissenschaftliche Kompetenz und keineswegs um die Frage der Antizipation eines Ergebnisses.

(Lachen des Abg. Jürgen Walter GRÜNE – Abg. Jür- gen Walter GRÜNE: Ihr habt doch ein Ergebnis schon vorher gehabt! Das ist eine Verdrehung der Tatsa- chen!)

Ich glaube, wenn man die Gutachter kennt, ihre Namen kennt, ihre Reputation kennt, und zwar gerade in den Gebieten, in denen sie jetzt arbeiten, dann wird man das volle Vertrauen darauf setzen können, dass diese Gutachter uns eine verlässliche Grundlage für ein Regierungshandeln geben können.

Es wird immer wieder die Frage gestellt, wann mit der Vorlage des Abschlussberichts der Expertenkommission zu rechnen ist. Natürlich hätten wir alle gern möglichst schnell einen Bericht auf unseren Schreibtischen. Wir sollten jedoch nicht vergessen, dass seit 1918/1919 sowohl das Land als auch das Haus Baden immer wieder Anläufe unternommen haben, zu klären, wer nach dem Ende der Monarchie Eigentümer der großherzoglichen Kunstsammlung und der Bibliotheksgüter geworden ist. Das Ergebnis dieser mehr oder weniger vergeblichen Versuche ist uns allen bekannt. Mit der eingesetzten Expertenkommission wird nun versucht, zum ersten Mal in dieser Gründlichkeit und Interdisziplinarität die Fülle der zu klärenden Rechts- und Sachfragen vollkommen aufzuklären. Das Thema kann eben nicht in ergebnisorientierter Hauruckmanier, sondern jetzt nur mit wissenschaftlich seriöser Methodik angegangen werden.

(Lachen des Abg. Jürgen Walter GRÜNE)

Dabei gilt der Grundsatz: Gründlichkeit vor Schnelligkeit.

(Beifall bei der CDU – Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Wer hat denn den Beschluss gefasst, dass man Hand- schriften verkauft?)

Wir haben auch bewusst davon abgesehen, der Expertenkommission einen verbindlichen Zeitplan vorzugeben. Es geht um die akribische Durchsicht aller Archiv- und Aktenbestände, die mit den betreffenden Eigentumsfragen zusammenhängen. Dabei kann das Auffinden eines Dokuments – Herr Kollege Palm hat darauf hingewiesen – vieles, auch den möglicherweise von den Experten selber gefassten Zeitplan, wieder infrage stellen.

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE schüttelt den Kopf.)

Die Expertenkommission arbeitet äußerst motiviert. Die Mitglieder arbeiten mit großem persönlichen Einsatz, und daher können wir volles Vertrauen in die Arbeit dieser Expertenkommission haben, allerdings kein verbindliches Datum für die Vorlage eines abschließenden Berichts geben. Wir sind zuversichtlich, dass die Arbeiten bis zum Herbst abgeschlossen sein könnten, aber das hängt eben auch von den Ergebnissen einer höchst komplizierten Analyse ab.

(Zuruf des Abg. Jürgen Walter GRÜNE)

Nun zum sogenannten Dreisäulenmodell.

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Das gab es aber schon vor der Expertenkommission!)

Was gab es, bitte, Herr Abg. Walter, vor der Expertenkommission?

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: All Ihre Beschlüsse gab es schon, bevor es die Expertenkommission gab! Warum haben Sie denn die nicht vorher eingesetzt, wenn die so wichtig ist?)

Ich sage es noch einmal: Es gab keine Vereinbarung mit dem Haus Baden, und warum wir die Expertenkommission eingesetzt haben, darüber haben wir hier bereits eine Landtagsdebatte geführt. Ich habe meine Ausführungen gemacht, und ich hoffe, Sie erinnern sich jedenfalls noch an meine Ausfüh

rungen, wenn Sie sich vielleicht an Ihre eigenen damals – denn das haben wir schon einmal diskutiert – auch nicht mehr erinnern sollten.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU – Zuruf von der CDU: Den Eindruck hat man manchmal!)

Es gibt keine Verabredung, Frau Heberer, mit dem Haus Baden. Aber eine Bemerkung gestatten Sie mir dennoch, weil Sie gesagt hatten, man könne einen Euro nur einmal ausgeben: Ich bin sehr dankbar, dass auch die SPD zu dieser Erkenntnis gekommen ist.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Ursula Haußmann SPD: Populismus!)

Denn wenn wir schon an die Vergangenheit denken, so hatte ich immer eher den Eindruck, als ob das eine Position und eine Erkenntnis der CDU und der FDP/DVP wäre.

(Beifall bei der CDU – Oh-Rufe von der SPD)

Um es noch einmal zu sagen: Das Dreisäulenmodell ist derzeit nicht aktuell. Es liegt quasi als Anhang zusammen mit den Vergleichsverhandlungen mit dem Haus Baden im wörtlichen Sinn auf Eis.

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Ist also nicht abge- schlossen!)

Vor Abschluss der Arbeit der Expertenkommission werden wir nicht verbindlich wissen, wie wir auf der Basis dieser Expertenkommissionsberichte verfahren werden.

Für die Landesregierung – das muss man auf der anderen Seite sagen – war aber immer klar, dass eine Vereinbarung mit dem Haus Baden mit dem generellen Ziel der Landesregierung, nämlich der Nettonullneuverschuldung, in Einklang gebracht werden muss. Das heißt, dass ein Ausgleich mit dem Haus Baden nicht durch zusätzliche Landesmittel erfolgen kann. Dies war der eigentliche Grundgedanke des Dreisäulenmodells, nämlich dass Mittel der Landesstiftung, private Mittel, die eingeworben werden sollten, und bereits veranschlagte Haushaltsmittel verwendet werden sollten.

Bei den in einem solchen Fall vorzunehmenden Umschichtungen innerhalb des Haushalts erschien es auch unter Sachgesichtspunkten sinnvoll, die Haushaltsmittel auch aus den Bereichen heranzuziehen, die einen unmittelbaren Nutzen von einer Klärung der Eigentumsverhältnisse haben würden, nämlich konkret dem Kunst- und Bibliotheksbereich.

In einer weiteren Anfrage der SPD zum Dreisäulenmodell wurde die Frage gestellt, ob das Einverständnis der von diesen Umschichtungen betroffenen Einrichtungen vorliege. Die se Frage ist offen gestanden etwas weltfremd, denn von welchem Bibliotheks- und Museumsdirektor könnte man schon das Einverständnis zur Kürzung seines Etats erwarten?

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Wie bei den Minis tern!)

Wir haben mit den Einrichtungen Gespräche geführt.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Eine Antwort gibt es nicht?)

Die Einrichtungen sehen für den Fall eines Ausgleichs mit dem Haus Baden die Notwendigkeit der Umschichtung aus unserer Sicht ein und werden sich – das ist ihre Zusage – an der konkreten Umsetzung eines solchen Vorhabens, falls es auf der Basis des Expertenkommissionsberichts zustande kommt, beteiligen.

Wir hatten für den Haushalt 2007 und 2008 vorsorglich Mittel aus diesen Bereichen dafür vorgesehen. Wir werden jetzt dafür Sorge tragen, dass diese Institutionen im laufenden Etat nicht zu sehr belastet werden, dass aber auf der anderen Seite durch einen relativ restriktiven Haushaltsvollzug eine notwendige Zukunftsvorsorge getroffen wird.

Nun zum Punkt des sogenannten Archivaliendiebstahls. Der Diebstahl von Archivalien aus dem Generallandesarchiv in Karlsruhe durch einen dort eingesetzten Freigänger, der entgegen der Vereinbarung mit dem Gefängnis Bruchsal etwas einschlägig vorbestraft war, ist ein ärgerlicher Vorgang.

(Heiterkeit)

Es ist ärgerlich, weil Archivalien verloren gegangen sind, deren Wiederbeschaffung fraglich ist, von denen man aber sagen muss, dass sie verfilmt sind. Das heißt, der Inhalt dieser Objekte ist für die Wissenschaft nicht verloren.

Es ist aber auch bedauerlich, dass ein über sehr viele Jahre laufendes Resozialisierungsprojekt zwischen dem Generallandesarchiv und dem Gefängnis in Bruchsal nun insgesamt beendet werden musste. Es kann nun niemand mehr verantworten, dass Freigänger im Generallandesarchiv arbeiten. So hat eine Person, die dort im Grunde genommen diese Vorzugsbehandlung missbraucht hat, es geschafft, dass jetzt für sehr viele Freigänger die Möglichkeit, im Generallandesarchiv zu arbeiten, nicht mehr gegeben sein wird.

Man muss allerdings diese Angelegenheit auch im Gesamtkontext bewerten. Diebstähle aus öffentlichen Bibliotheksbeständen sind leider keine Seltenheit. Sie geschehen auch nicht nur durch Freigänger. Selbst aus Hochschulbibliotheken werden Bücher entwendet, Gerüchten zufolge sogar aus juris tischen Bibliotheken in besonders großem Umfang.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU – Abg. Dr. Stefan Schef- fold CDU: Und aus theologischen!)

Die theologischen Bibliotheken habe ich jetzt weggelassen.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Die haben ja den Segen!)

Nach den bisherigen Ermittlungen – man muss sehen, dass das ja Stapel von Papier sind, denen man nicht von vornherein ansieht, dass darin ein Dokument fehlt, weil immer auch ein Ersatzblatt hineingeschoben wurde – beläuft sich der Diebstahl auf 500 Blatt. Es sind 500 Blatt aus 74 Regalmetern mit 4 000 Urkunden und insgesamt 730 000 Blatt. Man sieht also, wie schwierig es ist, die fehlenden Blätter zu identifizieren.

Man muss aber sagen, dass dieser Diebstahl überhaupt nichts mit den übrigen Fragen, die zwischen dem Haus Baden und

dem Land bestehen – also mit den zu klärenden Eigentumsverhältnissen –, zu tun hat. Für diese Fragen sind die verschwundenen Archivalien, deren Inhalt wir ja kennen, da sie verfilmt sind, ohne jede Bedeutung.

Nun zur Frage des Kulturgüterschutzes, Frau Heberer. Diese Regelungen zum Kulturgutschutz finden sich unter anderem im Gesetz des Bundes zum Schutze deutschen Kulturgutes gegen Abwanderung aus dem Jahr 1955. Das Land Baden-Würt temberg wendet dieses Gesetz unmittelbar und ohne Ausführungsbestimmungen an. Wir sind der Auffassung, dass sich das Gesetz bewährt hat und dass es keinen aktuellen Veränderungsbedarf gibt.

(Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Es wurde auch verän- dert!)

Es können aber nur Gegenstände geschützt werden, die in Privatbesitz sind. Es können auch nur einzelne Stücke und nicht ganze Konvolute geschützt werden.

(Abg. Helen Heberer SPD: Aber seit der UNESCO- Regelung ist das anders!)

Daran sieht man wieder, wo wir stehen. Wenn wir nicht wissen, was in Privatbesitz ist und was im Landesbesitz, können wir diese Gegenstände nicht auf die Kulturgüterliste bringen lassen.

(Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Deswegen fordern wir ja die Eintragung!)