und die sind doch genauso auf Einzelne zugeschnitten, und die sind auch nicht flächendeckend. Das wissen Sie doch.
Wir haben aber auch eine Ungleichbehandlung der Hochbegabten untereinander, denn es gibt diejenigen, die zufällig die Möglichkeit haben, einen solchen Hochbegabtenzug zu besuchen, und es gibt diejenigen, die diese Möglichkeit nie bekommen. Frau Lazarus, das können wir nicht von der Erkenntnis und der Entscheidung und auch nicht von der sozialen Situation der Eltern abhängig machen; wir können es nicht davon abhängig machen,
ob die in der Lage sind, es zu erkennen, es rechtzeitig zu überprüfen und dann eventuell auch noch einen Schulweg von 20 oder 30 km zu organisieren. Es ist vielmehr unsere Aufgabe, sicherzustellen,
(Abg. Dieter Kleinmann FDP/DVP: Von der Wiege bis zur Bahre, der Staat regelt alles über Formu- lare!)
Wir haben auch eine Ungleichbehandlung der verschiedenen Kommunen. Wir haben in Mannheim ein ausgebautes System an Kinder- und Jugendakademien, um Hochbegabte schon in der Grundschule, aber auch darüber hinaus mit zusätzlichen Angeboten zu fördern.
Trotzdem hat Mannheim einen erheblichen Imagenachteil, weil es trotz eines Antrags, ebenfalls einen solchen Hochbegabtenzug zu bekommen, nicht berücksichtigt wurde.
Wenn ich als Kommune einen solchen Hochbegabtenzug anbieten kann, dann habe ich auch nach außen einen Imagevorteil und einen Auslesevorteil für eine bestimmte kleine Gruppe, die, wenn ich mir einzelne Städte angucke, gerade einmal 17, 18 oder 19 in einem Jahrgang umfasst.
Daher lehnen wir diese Art der Hochbegabtenförderung als Grundstrategie des Landes ab. Wir brauchen eine umfassendere Hochbegabtenförderung, die im Kindergarten be ginnt,
die über die Grundschule geht und die im Gymnasium endet. Wir brauchen einen integrativen Ansatz, der für jedes Kind
im Land sicherstellt, dass es im Rahmen seiner normalen Klasse eine individuelle Förderung bekommt. Wir brauchen einen Ausbau der Beratung für Schulen und Eltern und auch entsprechende Überprüfungen bei Kindern; denn im Moment ist es noch zu sehr dem Zufall überlassen, ob einzelne Kinder in eine solche Hochbegabtenförderung kommen oder nicht.
Es ist nicht darstellbar, warum die Hochbegabten eine Förderung bekommen, die viele andere mit Förderbedarf in diesem Maß nicht bekommen. Das entspricht nicht der Vorstellung eines gerechten, eines integrativen, eines individuellen und eines wohnortnahen Bildungssystems, wie wir es dringend benötigen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich mit einem Zitat beginnen:
Hüten wir uns vor falschen Alternativen. Bildung heißt: Benachteiligung vermeiden, es heißt aber auch, Begabung, ja auch Höchstbegabung, rechtzeitig zu erkennen und zu fördern. Das sind Ziele, die nicht gegeneinander stehen.
Das Zitat stammt aus der Rede, die der seinerzeitige Bundespräsident Johannes Rau auf dem ersten Kongress des Forums Bildung am 14. Juli 2000 in Berlin gehalten hat.
Recht hat er, natürlich. – Ich stelle diese Sätze an den Anfang, weil in der breiteren öffentlichen Diskussion immer wieder die Tatsache übersehen wird, dass die Förderung von Begabungen und auch – das ist hiervon zu unterscheiden – die Förderung von Hochbegabten der generell unumstrittenen Förderung von Benachteiligten nicht gegenübersteht.
Ich gehe davon aus, dass hier im Haus keine Uneinigkeit darüber besteht, dass wir also alle sinngemäß den von Altbundespräsident Herzog im Jahr 1997 geforderten Mut haben, gute Schüler gute Schüler und schlechte Schüler schlechte Schüler zu nennen, und dass wir uns der von ihm daraus abgeleiteten Pflicht stellen, uns beiden Gruppen besonders intensiv zu widmen.
In der öffentlichen Diskussion, zum Beispiel dort, wo es konkret darum geht, einen Hochbegabtenzug an einem Gymnasium einzurichten, wird jedoch – ich formuliere es zurückhaltend – immer wieder die Befürchtung artikuliert, dass das, was man der einen Gruppe – in diesem Fall den Hochbegabten – geben will, der anderen Gruppe, sprich den Benachteiligten bzw. allen anderen Schülern, genommen werde. Ich komme auch nicht um die Feststellung herum, dass dieses in der Sache verquere Argument im Antrag der Fraktion GRÜNE, Frau Kollegin Rastätter, genährt wird.
In der Frage nach zusätzlichen Lehrerstunden für Hochbegabtenzüge schimmert es zumindest durch. Wenn in der Begründung „ressourcenintensive Hochbegabtenzüge“ den regulären Klassen gegenübergestellt werden, kommt es letztlich unmissverständlich zum Ausdruck.
Deshalb sage ich in aller Klarheit: Es gibt kein Modell irgendwelcher besonderen Förderung – sei es integrativ, sei es differenziert –, das ohne den Einsatz zusätzlicher Ressourcen für die besondere Förderung von Schülerinnen und Schülern und damit von Hochbegabten auskäme.
Ich zitiere aus dem Orientierungsrahmen Begabtenförderung der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung – Sie gestatten, Herr Präsident –:
Die konsequente Verwirklichung der integrativen Variante in der Begabtenförderung erfordert eine Veränderung des Unterrichts in Richtung Binnendifferenzierung bis hin zum Einsatz einer „Zweitlehrkraft“.
Beide Varianten der Begabtenförderung werden in Deutschland akzeptiert und realisiert – die Integration von Begabten in den Schulalltag an Regelschulen und ihre spezielle Förderung in speziellen Klassen.
Welche der beiden Varianten in den Ländern bevorzugt wird ist eine Frage der in den Ländern gesetzten Priorität.
Dieselbe Aussage „beide Varianten sind möglich und zielführend“ findet sich beispielsweise auch in einer von der seinerzeitigen Bundesbildungsministerin Bulmahn verantworteten Broschüre zu demselben Thema. Die aktuelle Realität in den Bundesländern spiegelt dies letztendlich wider.
Für die Behauptung der Grünen, bei der dann als Selektion diffamierten äußeren Differenzierung handle es sich um einen bildungspolitisch veralteten Ansatz, fehlt mir jegliches Verständnis.
Noch mehr gilt das für die ausdrückliche Forderung, für die weitere Entwicklung und Erprobung ausschließlich den von ihnen als allein selig machend erachteten integrativen Weg zuzulassen.
Ich halte nicht hinter dem Berg damit, dass mit der wirklichen Hochbegabtenförderung in der Schule selbst in Baden-Würt temberg nicht mit dem Vorgängermodell – dem sogenannten Elitegymnasium – des heutigen G 8 begonnen worden ist, sondern erst mit der Einrichtung – vorhin ist es schon erwähnt worden – des Landesgymnasiums für Hochbegabte in Schwäbisch Gmünd. Nicht nur wir haben dazu gesagt, dass es mit einem einzigen solchen Angebot für das ganze Land letztlich nicht getan sein soll und kann. Deshalb brauchen wir weitere Angebote. Dem sind richtigerweise dezentrale Angebote durch die Einrichtung von Hochbegabtenzügen gefolgt, unter anderem unter Berücksichtigung der Bevölkerungs- und Schüler
Dies alles ist richtig. Ebenso richtig ist das Ziel, die hierbei zu gewinnenden pädagogischen und didaktischen Erkenntnisse nutzbar zu machen für die vorhandenen und natürlich ebenfalls weiter auszubauenden integrativen Formen der Förderung, Frau Rastätter.
Wir unterstützen die Landesregierung in diesem Bemühen mit allem Nachdruck, und wir wollen auf diesem Weg gemeinsam fortfahren. Nur einen Weg zuzulassen, wie Sie das wollen, wäre nicht nur nicht liberal, sondern wäre auch – wie gerade in der Bildungspolitik fast immer – nicht sachgerecht. Wir wollen mehr Autonomie, mehr Selbstständigkeit, mehr Delegieren nach unten und kein Diktat von oben.