Dieter Kleinmann

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Frau Präsidentin, meine verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kolle gen! Zunächst einmal, Frau Kollegin Bauer: Der Begriff „Me morandum“ kommt von – lateinisch – „memorare“ und heißt nichts anderes als erinnern. Wer ein Memorandum schreibt, erinnert daran, dass es hier ein Problem gibt, das es zu lösen gilt. Deshalb hat ein Memorandum nichts mit Aufschieben zu tun, sondern es zeigt, dass Aktualität gegeben ist. Punkt 1.
Punkt 2: Wenn Sie erwähnen, Herr Frankenberg sei nicht da, aber die Sache sei gescheitert, und sich dann auf die Rekto renkonferenz und deren Brief konzentrieren, dann müssten Sie der Fairness halber auch gleich erwähnen, dass die Rek toren sich darüber beschweren, dass sie bisher nicht in die Ent scheidung einbezogen worden sind,
und zum Zweiten meinen, dass die Studenten bisher alle bes tens in den bereits bestehenden universitären Gremien vertre ten wären. Das geht sogar so weit, dass es in Bezug auf die Studiengebühren in diesem Schreiben heißt – ich zitiere –:
Ein Letztentscheidungsrecht der Studierenden halten wir jedoch nicht für angemessen.
Meine Damen und Herren, was da sehr studentenfreundlich sein sollte, ist mir nicht ganz klar.
Der Vorschlag von SPD und Grünen, einfach nur die Verfass te Studierendenschaft wieder einzuführen, ist aus Sicht der FDP/DVP weder originell noch zukunftweisend. Wir finden, dass ein so entscheidendes Thema wie die studentische Mit bestimmung es verdient hat, dass man sich ein wenig Mühe gibt, einen Vorschlag zu erarbeiten, der die Entscheidungspro zesse an unseren Hochschulen verbessern kann und dem Mehrheitswillen der Studierenden auch zur Durchsetzung ver hilft. Wenn die Verfasste Studierendenschaft per definitionem für alle Studierenden spricht, heißt das nämlich noch lange nicht, dass diejenigen, die sich bei einer Sitzung zusammen finden, auch den Willen der Mehrheit der Studierenden ver treten.
Es ist das alte Problem, meine Damen und Herren – es geht hier um Universität, da kann man auch ein bisschen in die Phi losophie gehen –, mit dem „allgemeinen Willen“ nach JeanJacques Rousseau: Wie lässt sich dieser am besten ermitteln? Auch besteht bei der Verfassten Studierendenschaft die Ge fahr, dass völlig unklar bleibt, wer jeweils die eigentliche po litische Verantwortung trägt. Dass die Studierendenschaft kei ne fest umgrenzten Kompetenzen hat, wird ihren Stand im Ge samtgefüge der Hochschulorgane nicht stärken, sondern schwächen.
Die FDP/DVP-Fraktion strebt dagegen an, dass möglichst vie le und nicht nur einige wenige Studierende hinter den sie be treffenden und von ihren Vertretern auch getroffenen Entschei dungen stehen. Dies ist nach unserer Auffassung am besten durch ein von den Studierenden zu wählendes Parlament ge währleistet. Das Studierendenparlament soll nach unserer Auf fassung ein von den Studierenden gewähltes Mitbestimmungs organ sein, das über alle fakultätsübergreifenden studentischen Belange mitentscheidet. Dies betrifft die fachlichen, sozialen, wirtschaftlichen und hochschulpolitischen Angelegenheiten der Studierenden einerseits, genauso aber Sport, Kultur und Internationales andererseits und last, not least insbesondere auch die Verwendung der Studiengebühren.
Auf diese Weise wird den Studierenden zugleich ein Kontroll instrument an die Hand gegeben. Denn wer könnte besser da rüber entscheiden und wachen als die Studierenden selbst, dass die Einnahmen aus Studiengebühren wirklich für sie nutzbringend eingesetzt werden?
Damit hier kein Missverständnis aufkommt, möchte ich beto nen: Die Hochschulen sind verpflichtet, die Einnahmen aus Studiengebühren ausschließlich für die Verbesserung der Stu dienbedingungen auszugeben. Wie wir aus den regelmäßigen Berichten an den Landtag sehen können, erfüllen sie diese Aufgabe auch.
Dennoch ist auch klar, meine Damen und Herren: Die Studie renden als unmittelbar Betroffene setzen möglicherweise an dere Prioritäten. So mögen ihnen längere Öffnungszeiten z. B. der Bibliothek wichtiger sein als bestimmte bauliche Maßnah
men. Aber das wissen die Studierenden selbst am besten, und deshalb sollen sie darüber auch selbst entscheiden.
Angeregt durch einen Vorstoß der Liberalen Hochschulgrup pen und des Rings Christlich-Demokratischer Studenten ha ben die Regierungsfraktionen von CDU und FDP/DVP im No vember vergangenen Jahres eine Beschlussempfehlung des Wissenschaftsausschusses herbeigeführt, ein zentrales Mitbe stimmungsorgan der Studierenden an den Hochschulen Ba den-Württembergs einzurichten. Anschließend haben wir die Frage, wie die studentische Mitbestimmung zu verstärken sei, hier in diesem Haus im Plenum diskutiert.
Das Wissenschaftsministerium hat umgehend gehandelt, Eck punkte für einen Gesetzentwurf zusammengefasst und damit das Gespräch mit den Vertretern der Hochschulen aufgenom men. Schließlich sollen die Gesetze gemeinsam mit denjeni gen vor Ort entwickelt werden – das ist jetzt ganz wichtig –, für die sie gemacht werden. Ich bin sicher, dass sich vieles klärt und man eine einvernehmliche Lösung finden wird, wenn man erst einmal zusammen an einem Tisch sitzt und über die konkrete Ausgestaltung der Vorschläge berät.
Ich bin der Überzeugung, dass ein Studierendenparlament mit klar geregelten Verfahren und Zuständigkeiten letztlich für al le am Hochschulleben Beteiligten Vorteile – und nur Vorteile – bringt. Transparenz schafft Vertrauen und ermöglicht, wie wir von der FDP/DVP sehen, ein gedeihliches Miteinander gerade auch in Konfliktfällen.
Den Gesetzentwurf von SPD und Grünen lehnen wir daher ab. Einen anderen werden wir in der nächsten Legislaturperi ode vorlegen.
Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Verehrte Kollegin Bauer, zunächst ein mal: Der Gegensatz zwischen Tun und Predigen ist keines falls ein notwendiger Gegensatz. Wenn Sie den Gegensatz zwischen Tun und Reden – weil man schließlich auch etwas zerreden kann – darstellen wollen,
dann mag ich Ihnen da vielleicht zustimmen, aber ein gutes Predigen führt meist dazu, dass es kein zielloses Tun gibt, und infolgedessen ergänzt sich beides.
Sie gestatten mir als einzigem Pfarrer in diesem Haus, das klarzustellen.
Der nächste Punkt: In der Tat wollen wir natürlich nicht Stu dierende haben, die an einem demokratischen Willensbil dungsprozess nicht beteiligt sind. Aber Sie wissen genauso gut, meine Damen und Herren, dass die große Schwierigkeit in dem ständigen Wechsel der Studentinnen und Studenten liegt. Das hat nicht zuletzt einst Bundespräsident a. D. Dr. Ri chard von Weizsäcker gesagt, als er das Stift in Tübingen be suchte. Genau hier liegt die große Schwierigkeit der Verfass ten Studierendenschaft oder Studentenschaft. Wo bleibt die Kontinuität?
Deshalb schlägt die FDP/DVP-Fraktion vor, die Möglichkeit zu erörtern, an den Hochschulen ein Studierendenparlament einzurichten. Das Studierendenparlament soll nach unseren Vorstellungen ein von den Studierenden gewähltes zentrales Mitbestimmungsorgan sein, das über alle fakultätsübergrei fenden studentischen Belange mitentscheidet.
Das betrifft dann die fachlichen genauso wie die sozialen, die wirtschaftlichen und die hochschulpolitischen Angelegenhei ten der Studierenden, einschließlich Sport, Kultur und Inter nationales sowie natürlich auch, wenn ich mir erlauben darf, das zu sagen, die Verwendung der Studiengebühren.
Auf diese Weise wird den Studierenden auch ein Kontrollin strument an die Hand gegeben. Denn wer könnte besser dar über wachen als die Studierenden selbst,
dass die Einnahmen aus Studiengebühren eben auch wirklich für sie nutzbringend eingesetzt werden?
Damit hier kein Missverständnis aufkommt: Die Hochschu len sind verpflichtet, die Einnahmen aus Studiengebühren aus schließlich für die Verbesserung der Studienbedingungen aus zugeben. Wie wir aus den regelmäßigen Berichten an den Landtag sehen können, erfüllen sie auch durchweg diese Vor gabe. Dennoch ist auch klar: Die Studierenden als unmittel bar Betroffene, Frau Bauer, setzen möglicherweise andere Pri oritäten. So mögen ihnen beispielsweise längere Öffnungszei ten der Bibliothek wichtiger sein als eine bestimmte bauliche Maßnahme. Das wissen die Studierenden selbst am besten, und darüber sollen sie deshalb auch selbst entscheiden.
Gemeinsam mit den Freunden von der CDU hat die FDP/ DVP-Fraktion einen Antrag in den Wissenschaftsausschuss eingebracht – als Mitglied dieses Ausschusses, Frau Bauer, kennen Sie diesen Antrag –, der die Landesregierung um ei nen Vorschlag für die Errichtung eines zentralen Mitbestim mungsorgans an den Hochschulen in Baden-Württemberg er sucht. Ich bin sehr zuversichtlich, dass demnächst, wahr scheinlich noch in dieser Legislaturperiode, ein sehr guter Vor schlag vorgelegt wird. Der Wissenschaftsausschuss stimmte diesem Antrag der Koalitionsfraktionen mehrheitlich zu, und zu diesem Vorhaben äußerte sich auch der Wissenschaftsmi nister sehr positiv. Den Vorstoß verdanken wir im Übrigen den liberalen Hochschulgruppen einerseits und dem Ring Christ lich-Demokratischer Studenten andererseits.
Diesem Konzept liegt ganz nach Montesquieu der Gedanke der Gewaltenteilung zugrunde. Die Studierenden wählen das Studierendenparlament, und dieses wählt wiederum einen Ausschuss als Exekutivorgan. Der Ausschuss ist natürlich dem Studierendenparlament gegenüber verantwortlich und wird von diesem auch kontrolliert. Aus meiner Sicht haben uns die beiden studentischen Organisationen damit einen sehr inter essanten Weg aufgezeigt, wie wir die studentische Mitbestim mung stärken und zugleich die Verfahren durch klare Verant wortlichkeiten transparent gestalten können.
Der von SPD und Grünen vorgelegte Entwurf leistet genau dies nämlich nicht.
Einfach nur die Verfasste Studierendenschaft wieder einzu führen scheint kein sehr zukunftweisender Vorschlag zu sein. Alle Studierenden sollten diese Studierendenschaft bilden, die sich selbst eine Satzung gibt. Wie soll das möglich sein? Das hört sich zunächst vielleicht bestechend an, dürfte in der Pra xis aber, wie sich bisher gezeigt hat – ich war lange genug als Assistent an der Uni Tübingen tätig –, gewichtige Probleme nach sich ziehen. Wer jeweils die politische Verantwortung trägt, kann dabei völlig unklar bleiben.
Wenn die Studierendenschaft keine klar umgrenzten Kompe tenzen hat, wird das ihren Stand im Gesamtgefüge der Hoch schulorgane gewiss nicht stärken, sondern eher schwächen.
Die FDP/DVP-Fraktion strebt dagegen an, dass möglichst vie le und nicht nur einige wenige Studierende dann auch hinter
den sie betreffenden und von ihren Vertretern getroffenen Ent scheidungen stehen. Dies ist nach unserer Auffassung durch ein von den Studierenden selbst zu wählendes Parlament am besten gewährleistet.
Ich bedanke mich.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir sind uns in der Sache einig. Deshalb sei es mir gestattet, Herr Minister Reinhart, noch auf ein paar Schwierigkeiten hinzuweisen.
Schon die Entstehungsgeschichte der Novelle war, wie Sie wissen, relativ kompliziert. Frühere Entwurfsfassungen wa ren durchaus geeignet, auch Missverständnisse über die Zie le der Novelle aufkommen zu lassen. Eine Verbändeanhörung brachte ein relativ einhelliges negatives Echo.
Vor diesem Hintergrund erklären sich auch – wie Sie wohl wissen – die in der Anlage abgedruckten Protokollerklärun gen. Insbesondere wird bekräftigt – ich zitiere –,
dass die Kontrollpflichten von Anbietern für fremde In halte, auch im Rahmen von Foren und Blogs, durch die sen Staatsvertrag nicht erweitert werden.
Schwieriger als unbedingt notwendig wird die Auseinander setzung mit Staatsvertragsentwürfen zusätzlich dann, wenn vor einer Einigung der Ministerpräsidenten wechselnde Ent würfe verbreitet werden. Im Netz fanden sich fast alle Ent wurfsstadien, ohne dass sie eine klare und präzise Begrün dung aufwiesen. Auch dies sollte in Zukunft vielleicht geän dert werden.
Aber nun zum Inhalt selbst. Das Internet ist aus dem Alltag unserer Gesellschaft in der Tat nicht mehr wegzudenken und für viele Bevölkerungsgruppen ein zentrales Instrument ge sellschaftlicher Teilhabe.
Der freie Zugang zu Informationsquellen sowie die freie Kom munikation sind Grundpfeiler unseres demokratischen Staa tes – darin sind wir uns einig – und gleichzeitig Voraussetzun gen für unsere wissensbasierte Gesellschaft.
Gleichzeitig ist aber – meine Vorredner haben darauf hinge wiesen – der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor nicht altersgerechten Internetinhalten ein, wie wir Liberale eben falls meinen, sehr hohes Gebot und Gut.
Es geht also darum, der Meinungs- und Informationsfreiheit im Netz auf der einen und dem Jugendmedienschutz auf der anderen Seite – beides sind im Übrigen verfassungsrechtlich geschützte Güter – mit den gesetzlichen Regelungen gleicher maßen Rechnung zu tragen.
Die Novelle zum Jugendmedienschutz-Staatsvertrag zielt auf die Etablierung der Möglichkeit von Anbieterselbstkennzeich nungen ab. Anbieter von Telemedien können ihre Angebote selbst mit einer Altersstufe kennzeichnen. Die Kennzeichnung soll dabei sowohl optisch als auch elektronisch erfolgen.
Die vorhandenen elektronischen Labels können in einem nächsten Schritt von Jugendschutzprogrammen, das heißt von einer Software, die freiwillig z. B. von Eltern auf dem heimi schen Computer installiert wird, ausgelesen werden.
Wenn sie es können, ja. Richtig, das ist die Voraussetzung, Herr Kollege Pauli.
Insgesamt verfolgt die Novelle damit das sinnvolle Ziel, ins besondere den Eltern ein verbessertes Jugendschutzinstrumen tarium an die Hand zu geben – wenn sie es denn anwenden, Herr Kollege Pauli.
Manche Bedenken, die gegen die Novelle des Jugendmedien schutz-Staatsvertrags vorgebracht worden sind, sind aller dings, Herr Minister, inzwischen entkräftet. Das Haftungssys tem des Telemediengesetzes bleibt unberührt. Es werden kei ne neuen Kontrollpflichten in Bezug auf Inhalte Dritter ge schaffen. Auch für Blogs, Foren und Chats ist die Alterskenn zeichnung in jedem Fall freiwillig.
Es werden keine Netzsperren durch Provider oder staatliche Stellen vorgenommen.
Last, but not least: Mit nutzerautonomen Filterprogrammen, den Jugendschutzprogrammen, soll Eltern ein Werkzeug zur Verfügung gestellt werden, um ihre Kinder vor schädlichen Inhalten im Internet effektiv zu schützen.
Gleichwohl sind aber auch Konstellationen darstellbar, die ge rade für kleine, nicht gewerbliche Anbieter – der Kollege von den Grünen hat schon darauf hingewiesen – schwer zu bewäl tigende Hürden aufbauen: Wenn es zu einer massiven Verbrei tung von Jugendschutzprogrammen kommt, werden die An bieter ein hohes Interesse entwickeln, auf die sogenannte „Weiße Liste“ zu kommen, um weiterhin für die Masse der Nutzer erreichbar zu bleiben. Wer eine entsprechende Kenn zeichnung erhalten will, ist dann auch für das Gesamtangebot unter Jugendschutzaspekten verantwortlich. Gerade für nicht gewerbliche Anbieter von Homepages mit Nutzerforen kann dies eine schwer zu erfüllende Vorgabe sein.
Ebenso ist zumindest die Frage zu stellen, ob Jugendschutz programme nicht eine eher trügerische Sicherheit verschaf fen. Kann es nicht auch sein, dass Jugendliche Möglichkeiten finden werden – Herr Walter hat schon darauf hingewiesen –, die Schutzmechanismen zu umgehen, während sich die Eltern noch in trügerischer Sicherheit wiegen? Wer wagt die Frage zu beantworten, Herr Pauli, wie viel Prozent der Eltern ein Ju gendschutzprogramm überhaupt installieren werden, instal lieren können und installieren wollen?
All dies verweist auf die Notwendigkeit einer Evaluation des neuen Jugendmedienschutz-Staatsvertrags und auf die Not wendigkeit, dies zugleich für eine grundlegende Neukonzep tion des Jugendmedienschutzes bei Internetangeboten zu nut zen, wie sie in der Protokollerklärung des Landes BadenWürttemberg, Herr Minister, angesprochen ist.
Trotz dieser kritischen Fragen meinen wir von der FDP/DVPLandtagsfraktion, dass wir uns mit diesem Staatsvertrag ein Stück weit in die richtige Richtung bewegen, und erteilen ihm daher unsere Zustimmung.
Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wesentlicher Inhalt dieses Gesetzentwurfs ist vor allem: Wie verschaffen wir beruflich qualifizierten Menschen den Zugang zur Hochschule? War um sollte z. B. eine Hebamme oder ein Pfleger nach mehre ren erfolgreichen Berufsjahren nicht noch ein Studium z. B. der Wirtschaftswissenschaften oder der Medizin aufnehmen?
Mancher Kritiker würde jetzt kritisch hinterfragen: Muss das wirklich sein? Ich würde darauf antworten: Es muss natürlich nicht sein, aber wir Liberalen sagen: Es muss möglich sein.
Immerhin wäre jemand mit fundierten betriebs- und volks wirtschaftlichen Kenntnissen und zugleich praktischen Erfah rungen und Fertigkeiten z. B. aus dem Gesundheitsbereich in der Tat ein sehr geeigneter Bewerber respektive eine geeigne te Bewerberin für eine leitende Funktion in einem Kranken haus. Der Pfleger und die Hebamme sind auch ein gutes Bei spiel dafür, wie sehr zahlreiche Betriebe ebenso wie öffentli che Einrichtungen ein überaus starkes Interesse an beruflich Qualifizierten haben, die sich dann an Hochschulen weiter qualifizieren können.
Viel ist allerdings noch nicht bekannt über den Verlauf bei den sogenannten Pionieren unter den beruflich Qualifizierten, die bereits aufgrund einer ersten Öffnungsregelung von 2006, wie vom Landtag beschlossen, an unseren Hochschulen studieren. Eine umfassende Untersuchung wäre aus Sicht der Liberalen lohnenswert: Wie ist das Studium verlaufen? Wie hoch war die Erfolgsquote? Auf welche besonderen Schwierigkeiten stießen diese Personengruppen? Aber vor allem auch: In wel cher Hinsicht hat das Studium sie persönlich und wissen schaftlich bereichert und weitergebracht?
Die Hochschulen könnten aus einer solchen Untersuchung Schlüsse ziehen, worauf sie bei der Aufnahme, Betreuung und Förderung von Studierenden, die schon mitten im Leben ste hen, in ihrem Beruf ihren Mann, ihre Frau gestanden und viel leicht auch schon eine Familie gegründet haben, besonders achten müssen.
Meine Damen und Herren, eines steht jedenfalls fest: Wenn wir die Potenziale der beruflich Qualifizierten erkennen und fördern wollen, gibt es zweifellos noch Weiteres zu tun. Dies zeigt auch die geringe Zahl derer, die sich bisher an den Hoch schulen eingeschrieben haben. Waren es im Wintersemester 2008/2009 gerade einmal 224 Personen, so waren es ein Jahr später 322 Personen. Gleichzeitig zeigen diese Zahlen aber auch einen erfreulichen Aufwärtstrend, nämlich eine Steige rung – wenn man es prozentual sieht – um immerhin 40 %. Das belegt, dass schon die Öffnung im Jahr 2006 in der Tat relativ gut angenommen wurde, Herr Staatssekretär. Es ist ein Hinweis darauf, dass wir mit dem Hochschulzulassungsge setz, wie ich meine, auf dem richtigen Weg sind. Hier kommt meines Erachtens Vor- und Begleitkursen die wichtige Funk tion zu, Wissenslücken zu schließen.
Einige Weiterbildungsträger – meine Damen und Herren, das sollten wir hier wissen – bieten bereits relativ Interessantes an, wie z. B. die Technische Akademie Esslingen, deren PreUniversity als Pilotprojekt von den südwestdeutschen Arbeit gebern finanziell und auch beratend tatkräftig unterstützt wird. Aber aus zeitlichen, finanziellen, familiären oder häufig auch aus betrieblichen Gründen kann es sich nicht jeder leisten, sei nen Beruf einfach über mehrere Jahre nicht auszuüben. Mei ne Damen und Herren, deshalb fordern wir Liberalen unsere Hochschulen auf, Teilzeitstudiengänge anzubieten, die man auch berufsbegleitend absolvieren kann.
Als vorbildlich ist hier z. B. die Hochschule in Aalen zu nen nen
hören Sie zu; es ist nicht alles Tübingen –, die aktuell in ih rer Weiterbildungsakademie fünf berufsbegleitende Studien gänge im Programm hat: Allgemeiner Maschinenbau und Me chatronik – jeweils mit dem Abschluss Bachelor of Enginee ring –, Master of Business Administration und das Steuerfach – Master of Arts – sowie Vision Science and Business – Op tikwissenschaft –, bei dem als Abschluss auch Master of Arts angeboten wird.
Ich meine, das ist ein sehr schönes Beispiel dafür, dass es sich auszahlt, den Hochschulen Freiräume zu lassen. So entsteht ein vielfältiges Studienangebot, in dem sich auch der einzel ne Studierende mit seinen Begabungen und Schwerpunkten wiederfindet.
Ich danke Ihnen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Staatsvertrag des Landes Baden-Württemberg mit den Israelitischen Religionsgemeinschaften Baden und Württembergs ist im Grunde die Folge eines längeren Prozesses. Er ist auch die Folge der beiden Staatsverträge, die wir mit der badischen und der württembergischen Landeskirche sowie mit der Diözese Rottenburg-Stuttgart und der Erzdiözese Freiburg geschlossen haben. Er ist auch Ausdruck einer Besinnung auf unser christlich-jüdisches Abendland und die damit verbundene Tradition, und er ist auch – wie es die Vorredner alle schon ausgeführt haben – Folge der geschichtlichen Bedeutung, der wir alle uns verpflichtet wissen.
Meine Damen und Herren, nach einem längeren Prozess ist es nun gelungen, diesen Staatsvertrag unter Dach und Fach zu bringen. Er hat wie auch die anderen Staatsverträge Altes und Neues als Inhalt. Jüdischen Religionsunterricht gibt es schon seit Langem, und auch der Status der Körperschaft des öffentlichen Rechts ist nichts Neues. Staatsleistungen an die Israelitischen Religionsgemeinschaften gab es ebenfalls schon bisher, allerdings auf freiwilliger Basis. Jetzt sind diese Staatsleistungen vertraglich festgelegt, und auch die Dynamisierung dieser Leistungen ist nun in den Vertrag mit eingebaut.
Neu ist, dass die jüdischen Feiertage wie die kirchlichen Feiertage in das Feiertagsgesetz integriert sind. Sie sind somit geschützt. Das war bisher noch nicht der Fall.
Auch die Vertretung im Rundfunkrat und im Medienrat war bisher noch nicht geregelt. Dies soll analog zur Vertretung der Kirchen nun geschehen.
Auch für die jüdischen Friedhöfe gilt, dass sie in einen bestimmten Schutzrahmen kommunaler und kirchlicher Friedhöfe mit einbezogen werden.
Besonders wichtig ist – das wird deutlich, wenn man diesen langen Prozess noch einmal Revue passieren lässt; bei den meisten Diskussionen war ich dabei –, dass man die Denkmalpflege neu angedacht hat und neu regelt, analog zu dem evangelischen Kirchenvertrag, sodass man hier auch sieht, dass man sich einer gewissen geschichtlichen Verantwortung, aber auch einer gewissen Kultur verpflichtet weiß. Ich erinnere daran: Früher war folgende Finanzierung vorgesehen: 50 % Eigenmittel, 50 % aufgeteilt in 25 % Landesmittel und 25 % kommunale Mittel. Jetzt haben wir feste Beträge, die hier vorgesehen sind. Wir ermöglichen damit, den bestehenden Denkmalen und insbesondere deren Pflege angemessen Rechnung zu tragen.
Meine Damen und Herren, die FDP/DVP begrüßt zum einen, dass es nun zu diesem Staatsvertrag gekommen ist. Zum anderen stimmen wir selbstverständlich zu. Wir sind der Meinung, wie es mein Freund Tenné einmal gesagt hat, dass der Vertrag die beiden Israelitischen Religionsgemeinschaften auf eine sehr solide finanzielle Basis stellt.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Auch die FDP/DVP-Landtagsfraktion dankt Ihnen, liebe Frau Kipfer, herzlich für die gute Zusammenarbeit. Wir wünschen Ihnen alles Gute. Begleiten Sie auch weiterhin nicht nur die Arbeit der Medienpolitik, sondern die gesamte Arbeit dieses Hohen Hauses.
Meine Damen und Herren, die mit dieser Richtlinie einhergehende Legalisierung von Product-Placement – Herr Kollege Walter hat darauf hingewiesen – hat Auswirkungen auf die Ausgestaltung und Interpretation des Grundsatzes der Trennung von Werbung und Programm. Darum geht es letztlich.
Auch wenn sich in der Praxis schon seit der Etablierung der dualen Rundfunkordnung eine zunehmende Erosion des Trennungsgrundsatzes feststellen ließ, blieb das Trennungsgebot dennoch medienrechtlich unangetastet, Herr Walter. Dies ändert sich jedenfalls jetzt ein Stück weit. Trennung bedeutet jetzt nicht mehr eine strikte Trennung von Werbung und Pro
gramm, sondern eher eine Aufteilung in Sendungen mit und in Sendungen ohne inhärente Werbebotschaften.
Das Ziel des Trennungsgrundsatzes ist damit nicht mehr die faktische Abgrenzung von Programm einerseits und Werbung andererseits, sondern die Transparenz für den Zuschauer, ob und, wenn ja, wann er auf Werbung treffen kann. Zwar bleibt es grundsätzlich beim Verbot von Product-Placement, jedoch werden, wie Sie wissen, mit § 15 für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und mit § 44 für den privaten Rundfunk Ausnahmen eröffnet.
Betrachtet man das Ganze zusammenfassend, so kann man sagen: Bei diesem Rundfunkänderungsstaatsvertrag geht es um Transparenz für den Nutzer statt um faktische Trennung. Da ist es gut, dass zumindest Nachrichten, Sendungen zum politischen Zeitgeschehen, Ratgeber- und Verbrauchersendungen, Kindersendungen und auch Gottesdienste im öffentlich-rechtlichen wie im privaten Fernsehen völlig frei von Product-Placement bleiben. – Sie schmunzeln.
Sie denken an Gottesdienste? Man könnte z. B. noch für den Messwein werben.
Der Entwurf dieses Staatsvertrags ist schon vor einigen Monaten im Ständigen Ausschuss ohne Aussprache zur Kenntnis genommen worden. Selbstverständlich werden wir Liberalen der Ratifizierung zustimmen. Aber es wird, Herr Walter, in angemessenem zeitlichen Abstand doch nötig sein, genauer zu untersuchen, wie sich Werbung in ihren verschiedenen Sonderformen weiterhin entwickelt und ob die Transparenz für den Bürger, die wir von diesem Staatsvertrag erwarten – deshalb machen wir ihn –, tatsächlich auch gewährleistet werden kann. Darum geht es unserer Fraktion.
Ich bedanke mich.
Die ist in Urlaub.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Grundsätzlich gilt für uns Liberale: Das, was an neuen Modellen vor Ort gewünscht wird, was an der Schule von Eltern, Lehrern und Schülern gemeinsam entwickelt wird, was also gewissermaßen von der Basis her gewachsen ist, muss eine faire Chance haben, erprobt zu werden und sich auf Dauer zu bewähren.
Gleichwohl wird man unter quantitativen wie qualitativen Gesichtspunkten nicht alles, was an entsprechenden Schulversuchen, Herr Gall, gewünscht wird, auch durchführen können. Dies gilt insbesondere dann, wenn unter dem Deckmantel des Schulversuchs nicht etwa eine pädagogische Innovation, sondern die Wiederauferstehung des Vergangenen beantragt wird.
Passen Sie einmal auf! Ich mache gleich einen Vorschlag im Namen meiner Fraktion.
Wir wollen die Offenheit für neue Wege und die Sicherung der Qualität durch ein Wettbewerbs- und Auswahlverfahren sicherstellen, bei dem z. B. ein beim Kultusministerium eingerichteter Fachbeirat unter Beteiligung der pädagogischen Wissenschaften aus dem Land, aus anderen Bundesländern und aus dem Ausland jährlich oder halbjährlich – darüber kann man dann reden – die fünf oder zehn besten, erfolgversprechendsten, interessantesten, innovativsten unter den beantragten Schulversuchen auswählt.
Meine Damen und Herren, schon jetzt sind Schulversuche genehmigt, die sich durch ein hohes innovatives Potenzial auszeichnen. Beispielsweise straft der Modellversuch „Erweiterte Kooperation“ an der Geschwister-Scholl-Schule in Tübingen, den ich mir vor Ort im Detail habe darstellen lassen, alle diejenigen Lügen, die behaupten, das Kultusministerium be- und verhindere alles, was vor Ort gemeinsam entwickelt wird.
Ich erinnere an pädagogisch interessante Vorhaben wie die Jenaplan-Variante der Evangelischen Landeskirche in Würt temberg oder „Häuser des Lernens“ nach dem Vorbild des Schweizer Pädagogen Peter Fratton.
Das ist nicht alles privat.
Ich erinnere an die Begabtenförderung anhand von Enrichment-Clustern in Bad Waldsee – das ist z. B. nicht privat –, die Sprachprojekte „Chinesisch bis zum Wahlabiturfach“ an der Max-Weber-Schule Freiburg – das ist nicht privat –, an „Internationale Profile“ am Königin-Olga-Stift Stuttgart – das ist nicht privat –, Schulsportmentoren an der Schule auf dem Laiern in Kirchheim am Neckar und die zahlreichen Kooperationen zwischen Schule und Wirtschaft, nicht zuletzt an den schon bestehenden Werkrealschulen bzw. Hauptschulen.
Ich denke aber – ich sage es noch einmal –, dass ein regelmäßiges Auswahlverfahren unter Beteiligung externer Experten noch besser geeignet wäre, die Offenheit für neue Entwicklungen zweifelsfrei unter Beweis zu stellen, als dies gegenwärtig der Fall ist.
Meine Damen und Herren, in Baden-Württemberg ist der Bildungsaufbruch längst vorhanden. Wenn Sie von der Opposition mitmachen wollen, sind Sie herzlich dazu eingeladen.
Alte Modelle allerdings ständig wieder neu auferstehen zu lassen können Sie mit einem Pfarrer nicht machen, denn die dauernde Wiederauferstehung längst Verblichener ist auch christlich mit keinem Hintergrund versehen.
Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist klar: Modelle, die wir inszenieren, brauchen auch eine gewisse Nachhaltigkeit. Ebenso brauchen sie eine gewisse Durchlässigkeit. Was passiert denn, wenn ein Schüler mit seinen Eltern an einen anderen Ort zieht, dort eine andere Schule besuchen muss
ja, langsam –
und dort dann möglicherweise ein völlig anderes Modell vorfindet? – Die Bildungsstandards, Frau Kollegin Rastätter, sind
vorgegeben; das ist gar keine Frage. Aber dass eine gewisse Durchlässigkeit, eine gewisse Praktikabilität und eine gewisse Nachhaltigkeit vorhanden sein müssen, werden Sie doch ganz gewiss nicht bestreiten wollen. Deshalb kann natürlich nicht jede Schule machen, was sie will, sondern hier muss eine gewisse Genehmigungspflicht bestehen. Das werden Sie mir und uns insgesamt sicherlich zugestehen.
Ich habe schon gesagt: Lassen Sie uns doch einen Fachbeirat gründen, der über diese verschiedenen Modelle entscheidet. Ob das dann fünf, zehn oder sogar 15 Modelle sind, kann man dann noch sehen. Darin sollen auch Externe sitzen, nicht nur diejenigen, die an den Schulen unterrichten,
aber auch diese. Auf diese Art und Weise, meine ich, kann man wirklich eine qualifizierte, innovative Modellpalette bekommen.
Frau Kollegin, ich bitte Sie darum.
Frau Kollegin Rastätter, Letzteres habe ich schon vorher in meiner Rede gesagt: Die Bildungsstandards sind tatsächlich festgelegt. Sie stellen den eigentlichen Level dar, der eingehalten werden muss. Auf dessen Einhaltung müssen wir achten; das ist gar keine Frage.
Aber ich darf doch an die Debatte erinnern, bei der es darum ging, Englisch und Französisch an der Rheinschiene verbind
lich einzuführen. Welches Argument kam denn da ständig von Ihrer Seite? Es hieß: „Wenn die Schüler aus der Rheinschiene, die mit Französisch begonnen haben, umziehen und danach eine Schule besuchen müssen, die Englisch als erste Fremdsprache hat, dann ist das die Katastrophe schlechthin!“
Und jetzt argumentieren Sie gerade umgekehrt: „Gar kein Problem; Modell hin, Modell her; völlig egal!“
Meine Damen und Herren, vorhin ist das Thema „Längeres gemeinsames Lernen“ angesprochen worden. Wir wollen jetzt einmal die Verlängerung der Grundschulzeit beiseite lassen. Die Forderungen, Herr Zeller, reichen ja bis dahin, zehn gemeinsame Jahre vorzusehen, also vier Jahre Grundschule, denen sechs gemeinsame Jahre an einer weiterführenden Schule folgen. Das schöne Zauberwort heißt dann immer „Binnendifferenzierung“. Meine Damen und Herren, die einheitliche Unterrichtung bedeutet aus unserer Sicht, dass man auf die individuellen Probleme jeder einzelnen Schülerin und jedes einzelnen Schülers viel weniger eingehen kann, als wenn man differenziert unterrichtet.
Lassen Sie mich das an Beispielen darlegen. In Finnland, wo wir waren, werden die schwachen Schülerinnen und Schüler in den Klassen 1 und 2 herausgenommen, nach Ihrer Terminologie separiert oder selektiert,
um sie in einem Frontalunterricht zwei Jahre ganz gezielt zu unterrichten
aber natürlich, Frau Rastätter –, damit sie nachher in der dritten Klasse wieder in den normalen Schulunterricht integriert werden können.
Meine Damen und Herren, in Frankreich haben wir die Collèges erlebt; es gibt sie zweizügig, dreizügig und vierzügig. Die Schülerinnen und Schüler werden nicht nach dem Alphabet aufgeteilt, sondern nach deren Lernmöglichkeiten und Fähigkeiten. Damit wird wiederum eine größere Differenzierung vorgenommen.
Sie haben vorhin die Geschwister-Scholl-Schule angesprochen. Das war eine Gesamtschule, Frau Rastätter; da haben Sie recht. Auf Wunsch der Eltern wurde die Gesamtschule ab
geschafft und wieder differenziert die Hauptschule, die Realschule und das Gymnasium eingeführt.
Was braucht es denn noch mehr an Beweisen,
um zu widerlegen, dass das gemeinsame längere Lernen besser wäre?
Im Übrigen sage ich Ihnen: Längeres gemeinsames Lernen heißt am Schluss nicht, dass die Starken nicht ausreichend gefördert würden,
sondern dass die Schwachen letztlich auf der Strecke bleiben und nicht so gefördert werden können wie in einem differenzierten System.
Meine Damen und Herren, das sollten Sie sich auf der Zunge zergehen lassen. Ich habe auch lange unterrichtet. Wir haben eben schwache Leute, die aus unterschiedlichen Häusern kommen und gar nichts dafür können, dass es so ist, wie es ist. Umso mehr müssen wir sie daher gezielt individuell fördern, statt zu sagen: Einheitsbrei, wunderbar und schön.
Meine Damen und Herren, wir sprechen über Modelle und Schulpolitik. Wir sind uns als Liberale schon immer darin einig gewesen: Modelle sind gut. Wie gesagt: Sie müssen durchlässig und praktikabel sein, und sie müssen nach vorn gerichtet sein. Wir wollen keine alten Kamellen von vor zehn oder 20 Jahren. Sie müssen innovativ und dürfen nicht nach rückwärts gerichtet sein.
Es eilt, Frau Rastätter. Schauen Sie einmal.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der heute abschließend zu beratende Gesetzentwurf zur Werkrealschule ist, wie ich meine, gut durchdacht. Seine Stärke besteht vor allem darin, Herr Zeller, dass er offen ist für Entwicklungen und flexible Lösungen vor Ort, indem er auf zu enge und starre Vorgaben verzichtet. Ich meine, dass die neue Werkrealschule das Zeug hat, ein echtes baden-württembergisches Erfolgsmodell zu werden.
Die Werkrealschule gibt der Hauptschule und – was viel wichtiger ist; Frau Rastätter, Sie haben darauf hingewiesen, dass es auf das Kind ankommt, auf die Schülerinnen und Schüler – vor allem den Hauptschülern und Hauptschülerinnen eine echte Zukunftsperspektive.
Worin bestehen nun die Vorzüge der neuen Werkrealschule? Hier ist zunächst das berufspraktische Profil zu nennen, durch das die Schüler schon früh Einblicke in verschiedene Berufe erhalten, die sie später vielleicht ergreifen, und schon gewisse Fertigkeiten erwerben können. Natürlich können sie danach aber auch einen anderen Beruf ergreifen. Diesen Know-howZuwachs verdankt die neue Werkrealschule vor allem den Berufsfachschulen, zu deren Schülern nun auch die Werkreal
schüler in Klasse 10 gehören werden. Auf die Berufsfachschulen kommt damit eine erheblich größere Verantwortung in diesem neuen System zu. Sie übernehmen eine wichtige Aufgabe, die letztlich auch eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung ist. Sie haben sich bereit erklärt, dies zu übernehmen. Dafür gebührt ihnen unser aufrichtiger Dank.
Ich möchte allen Unkenrufen zum Trotz an dieser Stelle auch ausdrücklich betonen, dass die zweijährigen Berufsfachschulen nach wie vor bestehen bleiben.
Das zweite große Plus der neuen Werkrealschule besteht in einer möglichst individuellen Förderung aller Schüler. Das haben Sie, Frau Rastätter, gefordert. Nur so erhalten mehr Schüler als bisher eine reelle Chance für einen mittleren Bildungsabschluss. Das wird nur gelingen – davon sind wir überzeugt –, wenn wir möglichst früh – da sind wir uns auch einig – beginnen, Stärken auszubauen und bei Defiziten entsprechend gegenzusteuern.
Deshalb erhalten die Schulen Stunden für Deutsch und Mathematik zugewiesen, die sie in den Klassen 5 und 6 einsetzen können. Es folgen für die nächsten Klassen zusätzlich zehn Wochenstunden, welche je nach den Erfordernissen vor Ort – Schulautonomie! – beispielsweise für Förderkurse oder zur Berufsorientierung eingesetzt werden können.
Wichtig ist vor allem auch die Perspektive der demografischen Entwicklung. Durch sinkende Schülerzahlen wird sich das Zahlenverhältnis von Lehrern zu Schülern verbessern. Ein Drittel dieser sogenannten demografischen Rendite, Herr Zeller, bleibt der jeweiligen Schule erhalten. So viel zur Rechnung von Herrn Stächele.
Jede Werkrealschule kann auf Antrag – das ist ganz in Ihrem Sinn – eine Ganztagsschule werden. Da rennen Sie bei mir sowieso offene Türen ein.
Vonseiten der FDP/DVP legen wir Wert darauf, dass der Abschluss der Werkrealschulabsolventen ein echter mittlerer Bildungsabschluss ist, gleichberechtigt mit den anderen mittleren Bildungsabschlüssen. Er hat ein eigenes, berufspraktisch orientiertes Ziel. Aber für den Übergang ins berufliche Gymnasium, Frau Rastätter, gelten die gleichen Anforderungen und Bedingungen wie für alle anderen Bewerber mit einer mittleren Reife.
Betonen möchte ich auch – das war uns Liberalen in den Verhandlungen immer sehr wichtig –, dass der Hauptschulabschluss in der Tat erhalten bleibt. Wer die entsprechenden Prüfungen absolviert hat, hat ein Abschlusszeugnis in der Hand, das etwas wert ist. Das gilt auch für diejenigen, die in Klasse 10 der Werkrealschule überwechseln.
Hier bin ich dankbar, Herr Minister Rau, dass das Ministerium unsere Anregungen aufgegriffen hat, dass alle – auch diejenigen, die in Klasse 10 weitermachen – die Hauptfachprüfungen als Zentrale Klassenarbeiten mitmachen und mitschreiben. Auch wenn er oder sie es nicht bis zur Werkrealschulprüfung schafft, geht dieser Schüler oder diese Schülerin – das war uns ganz wichtig – nicht ohne Abschluss von der Schule ab.
Schließlich glaube ich auch, dass der Übergang von Klasse 9 nach Klasse 10 sinnvoll geregelt ist – Sie haben es selbst gesagt –: Wenn die Klassenkonferenz der Auffassung ist, dass ein Schüler oder eine Schülerin erwarten lässt, dass er oder sie zwar den Notendurchschnitt von 3,0 nicht erreicht, aber trotzdem den Werkrealschulabschluss schafft, dann darf er oder sie in die Klasse 10 gehen. Letztlich ausschlaggebend ist die pädagogische Einschätzung der Klassenkonferenz. Die betroffenen Lehrer kennen den Schüler oder die Schülerin bes tens. Deshalb ist die Entscheidung bei ihnen, wie ich meine, am besten aufgehoben.
Meine Damen und Herren, die Zweizügigkeit darf und kann – so ist unsere Überlegung – kein Dogma sein. Denn Lösungen vor Ort müssen – Herr Zeller, Sie haben das auch gesagt – immer Vorrang haben.
Nur so bietet die Werkrealschule eine Perspektive zur Weiterentwicklung für unsere Hauptschulen, auch und gerade im ländlichen Raum, wo die Mehrzahl der Hauptschulen einzügig ist und bleiben wird. Wir sind deshalb froh, dass es gelungen ist, die Zweizügigkeit so auszugestalten, dass kleinere Standorte Kooperationen eingehen und eine gemeinsame Schule, verteilt auf mehrere Standorte, bilden können.
Ich weise ausdrücklich darauf hin, dass dies nach diesem Gesetzentwurf nicht nur für die Klassen 5 bis 7, sondern auch ab Klasse 8 möglich ist.
Gleichzeitig war es uns wichtig, zu betonen, dass auch einzügige Hauptschulen weiterbestehen können und keine Schule – das steht ausdrücklich im Gesetz – gegen den Willen des Schulträgers geschlossen wird. Diese Hauptschulen erhalten dieselben Förderungen wie die Werkrealschulen. Das sind vor allem die Wochenstunden für die von Ihnen angesprochene individuelle Förderung und für ein Wahlpflichtfach.
Damit besitzt der Gesetzentwurf die Offenheit und auch die Flexibilität, die notwendig sind, um vor Ort die jeweils beste Lösung zu finden.
Meine Damen und Herren, das Gesetz bildet den Rahmen, nicht weniger, aber natürlich auch nicht mehr. Entscheidend wird nun sein, was die Verantwortlichen vor Ort in den Schulen und Kommunen daraus machen.
Deshalb fordere ich an dieser Stelle nachdrücklich dazu auf, die neue Werkrealschule in der kommenden Zeit positiv zu kommunizieren.
Meine Damen und Herren, geben Sie den Hauptschülern eine Zukunftschance. Sie, die Hauptschüler, haben es verdient.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Aufschrei war groß: Schulspeisung soll der Umsatzsteuer unterliegen. In der Tat: Das ist, wenn es sich hierbei um eine ehrenamtliche Tätigkeit handelt, nicht nachvollziehbar. Es geht ja um Schülerinnen und Schüler. Warum sollten sie oder deren Eltern für das tägliche Mittagessen auch noch Steuern zahlen müssen?
Aber bei näherem Hinsehen ist uns dann auch klar geworden, dass es natürlich nicht nur Ehrenamtliche gibt, Herr Mentrup und Frau Rastätter. Vielmehr hat sich z. B. in meinem Wahlkreis, in Wellendingen, die örtliche Gaststätte bereit erklärt, die Schulspeisung auf ganz konventionelle Art und Weise zu übernehmen.
Sie erwartet am Vortag eine klare Übersicht über die Anzahl der Speisen, die herzustellen sind, und bietet diese dann am nächsten Tag an.
Dass sie in diesem Fall der Umsatzsteuer unterliegt, ist klar. Dass sie dann auch die Möglichkeit hat, von der Umsatzsteuer die beim Einkauf der Lebensmittel bezahlte Vorsteuer wieder abzuziehen, das ist auch klar.
Wir sollten das also nicht alles gleich in einen Topf werfen und dann umrühren und sagen: Das ist eine Brühe. Vielmehr sollten wir sagen, was Sache ist. Sache ist, dass das Finanzministerium – Herr Kollege Stächele wird dies auch machen – eine entsprechende Handreichung und entsprechende Empfehlungen für die ehrenamtlich Tätigen herausgeben muss, speziell auch für die Schulfördervereine, wie ihre ehrenamtliche Tätigkeit steuerfrei gestaltet werden kann, und zwar sowohl was die Verpflegung betrifft als auch was die Betreuung betrifft.
Meine Damen und Herren, was hier eben von den Kollegen zum Thema Ehrenamt geboten wurde, war einerseits ein Bekenntnis, aber andererseits auch eine Absage dahin gehend, dass klar gesagt wurde: Wenn die Ganztagsschule kommt – rhythmisiert; dagegen habe ich überhaupt nichts einzuwenden –, dann müssten auch ganz professionell die Schulspeisung und die Betreuung kommen.
Finnland ist als Beispiel angeführt worden, Frau Kollegin Rastätter. In Finnland sind es eben gerade nicht die Profes sionellen, die die Zusatzarbeit leisten –
im Gegensatz zu den Pädagogen, die den Unterricht leisten. Vielmehr sind es Mütter, die sich bereit erklären – natürlich sind sie versichert; das ist ein wichtiger Punkt –,
bei einem ganz geringen Entgelt, Herr Fraktionsvorsitzender Schmiedel – darum geht es in diesem Fall –, die Betreuung zu übernehmen. Lieber Herr Kollege, Pädagogik und Erziehung ist im Übrigen das Gleiche, weil das griechische Paideuein Erziehung heißt, und der Pädagoge ist ein Erzieher.
Zurück zu den Müttern: Sie übernehmen diese Betreuungs- und Erziehungsaufgaben, und sie machen auch die Verpflegung, und dies fast zum Nulltarif – aber, wie gesagt, mit einer für sie abgeschlossenen Versicherung. Das ist wesentlich an dieser Sache.
Meine Damen und Herren, im Gegensatz dazu will ich, wie auch Frau Kollegin Kurtz, schon ein Loblied auf das Ehrenamt singen. Es ist mir einfach zu billig, hierher zu treten und zu sagen, weil der Staat, in diesem Fall die Kommune, nicht in der Lage ist – die Kommune ist zuständig für das Mittagessen, das ist Betreuungsbereich; das ist kein reiner Erziehungsbereich –, die Sache zu finanzieren, und nur deshalb sei das Ehrenamt da.
Das stimmt so nicht. Ich möchte den Schulfördervereinen ausdrücklich meine höchste Hochachtung hier im Haus aussprechen,
und zwar in allen ihren Tätigkeiten, in denen sie in den einzelnen Schulen vor Ort ihre Arbeit leisten.
Das ist nicht nur Verpflegung, das ist nicht nur Betreuung, das ist auch bei der Neugründung von neuen Schulfördervereinen Unterstützung im organisatorischen Bereich. Man soll dies nicht in der Art und Weise abtun, dass man sagt: „Wenn die Ganztagsschule kommt, dann verzichten wir gern auf sämtliches Ehrenamt.“ Das kann es nicht sein, meine Damen und Herren.
Es ist für uns selbstverständlich, dass wir uns, was diese Leistungen betrifft, nicht darum stehlen können, bestimmte Versicherungen abzuschließen und die Leute in diesem Bereich abzusichern. Das braucht aber nicht hier im Landtag eine Debatte zu sein, sondern diese Debatte müssen die Experten vor Ort führen. Wie erwähnt, wird der Finanzminister einen entsprechenden Leitfaden herausgeben, in dem diese Dinge drinstehen. Er wird allen Ehrenamtlichen, auch den Schulfördervereinen und anderen, eine entsprechende Hilfe sein.
Meine Damen und Herren, was sind Pflichtaufgaben des Staa tes, und was sind Aufgaben, die ehrenamtlich wahrgenommen werden können? Sie können eine ganz strenge Unterscheidung vornehmen, so, wie Sie das gemacht haben, Herr Mentrup und Frau Rastätter. Ich nehme diese Unterscheidung nicht so streng vor. Klar ist: Der pädagogische Bereich ist eine Pflichtaufgabe und kann nicht ohne Weiteres von Laien erfüllt werden, obwohl Finnland ein Gegenbeispiel darstellt.
In Frankreich, wo wir mit dem Schulausschuss waren, kommen sehr viele Schülerinnen und Schüler aus ganz unter
schiedlichen Nationen. Um sie in ihrer Muttersprache zu unterrichten, wird in der Zeitung annonciert: „Wer beherrscht die Sprache Ghanas? Wer kann sich vorstellen, diese seine Muttersprache eventuell an dieser oder jener Schule zu unterrichten?“ Dann stellen sich Bewerber vor, und die werden dann in einem Einstellungsgespräch daraufhin überprüft, ob sie geeignet sind oder nicht. Wenn sie geeignet sind, werden sie eingestellt. Wenn Sie das für professionell halten – bitte schön. Ich habe eine andere Vorstellung von Professionalität.
Umgekehrt sage ich: Man kann diese Leute sehr sinnvoll – zusätzlich geschult und gebildet – tatsächlich in verschiedenen Bereichen in der Schule einsetzen. Seien Sie deshalb vorsichtig mit einer ganz strengen Unterscheidung von Ehrenamt und Pflichtaufgaben im Bereich der Schule.
Wir wollen ja gerade eine engere Verbindung zwischen Elternhaus und Schule. Wir wollen ja gerade nicht, dass Erziehung nur Aufgabe der Schulen, der Lehrerinnen und Lehrer ist, sondern sie ist ganz wesentlich Aufgabe der Eltern.
Meine Damen und Herren, ich möchte noch einmal sagen: Ich bedanke mich ausdrücklich bei den Schulfördervereinen und bei allen Ehrenamtlichen, die dazu beitragen, dass unser Schul system so funktioniert, wie es funktioniert.
Werten Sie diese wichtige Arbeit nicht einfach ab mit dem Argument: „Wenn die Ganztagsschule flächendeckend kommt, können wir auf das Ehrenamt in den Bereichen der Betreuung und Verpflegung verzichten.“ Wir können darauf nicht verzichten.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Bedeutung des Religionsunterrichts für die persönliche Entwicklung und Entfaltung von Schülerinnen und Schülern kann nicht hoch genug eingeschätzt werden, zumal der Religionsunterricht Themen aufgreift, die im Unterricht sonst nur teilweise oder gar nicht vorkommen. Ich erinnere z. B. an zwischenmenschliche Beziehungen wie Freundschaften, an existenzielle Randsituationen des Lebens wie Sterben, Tod und – ich ergänze – Auferstehung oder das Leben mit einer Behinderung. Er greift Themen von historischer Brisanz wie „Auschwitz, Juden und wir“ auf oder betont Verantwortung gegenüber der Schöpfung: „Gottes schöne neue Welt“. Wer Religionsunterricht erteilt hat, kennt die Themen und weiß, wie wichtig er – das habe ich schon einmal gesagt – für die persönliche Entfaltung und Entwicklung von jungen Menschen, von Schülerinnen und Schülern ist.
Dass dieser Unterricht als Religionsunterricht – ich glaube, da sind wir uns über alle Fraktionen hinweg einig – nur konfessionsgebunden erteilt werden kann, ist klar. Religion ohne Bekenntnis gibt es nicht. Die Neutralität des Staates verlangt geradezu, dass der Staat, der sonst sehr wohl Werte wie Demokratie und andere solcher Werte setzt, im religiösen Bereich solche Werte nicht festlegt. Deshalb kann der Religionsunterricht inhaltlich, wie das Kollege Kretschmann auch schon gesagt hat, anders als bei Didaktik und Methodik nicht vom Staat festgelegt werden.
Meine Damen und Herren, der Religionsunterricht wird bei uns je nach Schultyp zweistündig oder einstündig erteilt. Bisher haben sich, wie ich meine, auch kaum Menschen gefunden, die sich groß daran stören, dass es diesen konfessionsgebundenen Unterricht gibt. Wir führen ihn auch in allen Schularten durch, außer an Berufsschulen, wo uns teilweise leider die Zeit dafür fehlt. Herr Staatssekretär, das Kultusministerium oder das Land ist also nicht daran „schuld“, dass der Religionsunterricht an Berufsschulen teilweise ausfällt. Das liegt vielmehr schlichtweg an der Organisation des Unterrichts – so zumindest der leitende Oberstudiendirektor eines Berufsschulzentrums in Rottweil, der die Sache als jemand, der als Kirchengemeinderat in der katholischen Kirchengemeinde weit davon entfernt ist, den Religionsunterricht nicht zu bejahen, in der Tat als ein organisatorisches Problem beschrieben hat.
Der Unterricht wird von kirchlichen und – danach wurde im Antrag auch gefragt – staatlichen Lehrkräften erteilt, die, wie
ich meine, hervorragend ausgebildet sind. Es war gut, diese Unterscheidung hervorzuheben; denn es gibt einen Knackpunkt hinsichtlich der berühmten Geschichte mit den Ersätzen für Religionsunterricht, der von kirchlichen Lehrkräften erteilt wird. Die Einschätzungen gehen von Vergütungen zwischen 28 und 38 % aus. Nehmen wir einmal die höhere Zahl, dann verbleiben immer noch 62 %. Es war Ministerpräsident Erwin Teufel, der wiederholt gesagt hat, dass er dies wisse, aber auch um die hohen finanziellen Mittel wisse, die aufzubringen wären, um dieses Problem auf einmal zu lösen.
Lassen Sie es mich einfach bei der Bemerkung im Namen meiner Fraktion bewenden: Es ist sinnvoll, wenn wir hier das letzte Wort noch nicht gesprochen haben. Der Kirchenvertrag, der vor nicht allzu langer Zeit ausgehandelt worden ist, sieht vor, dass man eine gewisse Fortschreibung der Ersätze für Religionsunterricht, gehalten von kirchlichen Lehrkräften, vornimmt.
Meine Damen und Herren, die zweite Initiative zielt auf das Thema Ethik. Ich möchte zunächst einmal hervorheben, dass Ethik ein Ersatz für den Religionsunterricht ist. Wer am Religionsunterricht – aus welchen Gründen auch immer – nicht teilnehmen will und sich davon abmeldet, sollte die Möglichkeit haben, den Ethikunterricht zu besuchen. Ich habe an dieser Stelle wiederholt gesagt: Er ist für die Liberalen nicht gleichrangig, sondern gleichwertig. Auch die Leistungen im Ethikunterricht werden benotet – wie die im Religionsunterricht. Es gibt keinerlei Diskriminierung, Kollege Kretschmann. Der Unterschied ist darin zu sehen, dass zuerst Religion, der bekenntnisorientierte Religionsunterricht, als ordentliches Lehrfach genannt wird. Wer sich davon abmeldet, geht dann nächstrangig in den Ethikunterricht.
Ja, das ist die liberale Position. Ich bin auch Vorsitzender der Kirchenkommission der FDP auf Bundesebene. Das ist auch dort die liberale Position, Herr Kretschmann.
In der Tat wird dieser Ethikunterricht erst ab Klasse 8 erteilt. Man kann sich sehr wohl darüber unterhalten, warum er erst ab Klasse 8 erteilt wird und nicht früher. Meine Damen und Herren, die FDP/DVP kann sich durchaus vorstellen, dass der Ethikunterricht ab dem Eintritt in eine weiterführende Schule, also ab Klasse 5, eingeführt und angeboten wird. Der Unterricht kann natürlich auch klassenstufenübergreifend stattfinden. Sie wissen, dass acht Interessenten erforderlich sind, damit ein Fach überhaupt unterrichtet wird. Aber dies kann man sich für die Klassenstufen 5, 6 und vielleicht noch 7 vorstellen. Ich halte es allerdings für wenig sinnvoll – wir sind für den Erhalt unserer kleinen Grundschulen auf dem Land –, dies logistisch und in der Organisation auch für alle Grundschulen durchzuführen.
Herr Kollege Kretschmann, ich habe mir einmal die Mühe gemacht, das auszurechnen. Sie haben darauf hingewiesen: An den Grundschulen sind 28,4 % der Schüler ohne Konfession oder haben eine andere Konfession als die evangelische bzw. die katholische. Viele dieser Schüler ohne Konfession nehmen dennoch am evangelischen oder am katholischen Religionsunterricht teil. Ihr Anteil unter allen Schülern beträgt 17,7 %. Bleiben also 10,7 % für vier Klassen übrig, die des
halb keinen Religions- bzw. keinen Ethikunterricht haben, wenn Ethik nicht ab Klasse 1 angeboten wird.
Meine Damen und Herren, ich komme gern gleich zum Schluss.
Ethikunterricht ab Klasse 5 an den weiterführenden Schulen gleichwertig zum Religionsunterricht einzuführen ist in Ordnung. Er ist aber nicht gleichrangig. Ansonsten sind wir froh, dass wir für unser Staatswesen den bekenntnisorientierten Religionsunterricht haben.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lassen Sie mich voranstellen: Es ist Aufgabe der Politik, Sorgen und Ängste der Bevölkerung aufzunehmen, sie gewissenhaft zu prüfen und Schaden von der Bevölkerung abzuwenden.
Die FDP/DVP-Landtagsfraktion versteht auch die Problematik der unter Rot-Grün getroffenen Beschlüsse zur Koexistenz
von konventioneller Landwirtschaft und Gentechnik. Gerade in der kleinstrukturierten Landwirtschaft – –
Dadurch, dass Sie es hier leugnen, wird es nicht besser. Dass Sie es beschlossen haben, ist Tatsache und in Protokollen des Deutschen Bundestags nachzulesen.
Gerade in der kleinstrukturierten Landwirtschaft in BadenWürttemberg ist nachvollziehbar,
dass Nachbarschaft auf kleinster Fläche oftmals nicht möglich ist.
Lassen Sie mich noch etwas voranstellen, wenn Kollege Kretschmann schon den zweiten Schöpfungsbericht mit Bebauen und Bewahren zitiert: Kollege Kretschmann, sowohl die Intelligenz als auch die Begabung sind Talente. Ich füge wie Sie hinzu: Es sind für uns Christen Talente Gottes. Die Forschung ist grundsätzlich nicht verboten.
Sie wissen, dass, wenn man die Schöpfungsvorstellung des Alten Testaments, die sowohl Ihnen als Ethiklehrer als auch mir bestens bekannt ist – nämlich von der Scheibe –, wörtlich genommen hätte, sich diese nicht weiterentwickelt hätte.
Es ist nur eine Frage der ethischen Abwägung. Diese ethische Abwägung kann nicht darin bestehen, dass man grundsätzlich zu jeglicher Art der Forschung, was gentechnische Forschung betrifft, Nein sagt. Herr Kollege Kretschmann, man kann durch Forschung durchaus den Verbraucherschutz verbessern.
Meine Damen und Herren, heute geht es bei dieser Debatte wie auch im Deutschen Bundestag um ein generelles Anbauverbot von Genmais trotz aller wissenschaftlicher Erkenntnisse. Dies geht an die Substanz der EU-Beschlüsse zur Koexistenz von Gentechnik und konventioneller Landwirtschaft. Die Entscheidung von Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner, den Anbau von MON 810 in Deutschland zu verbieten, wird weder einer gerichtlichen noch einer wissenschaftlichen Prüfung, noch den Prüfungen der EU standhalten.
Gerade erst hat die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit erklärt, dass keine Bedenken gegen diese Genmaissorte bestehen. Der Verweis auf andere EU-Mitgliedsstaaten,
die ein Anbauverbot für diesen Mais erlassen haben, ist letztlich haltlos.
Die vorgebrachten Studien sind alle widerlegt. Zuletzt hat eine französische Behörde der von Österreich angeführten Begründung für eine nationale Schutzklausel widersprochen. Nach den Regeln der EU dürfen Mitgliedsstaaten nur dann nationale Verbote von ansonsten in der EU zugelassenen gentechnisch veränderten Pflanzen erlassen, wenn sie dies wissenschaftlich ausreichend begründen können.
Herr Kollege Kretschmann, es liegen jedoch keine neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse vor, die ein Anbauverbot rechtfertigen. Ganz offensichtlich geht es hier also nicht um die Abwehr von Umweltrisiken, sondern vielmehr um die Abwehr eines von Bayern aus erzeugten Drucks.
Auch der Zeitpunkt der Entscheidung ist sehr bedenklich. Kaum ist das Saatgut an die Landwirte verkauft – nicht nur ausgegeben – und wartet darauf, gesät zu werden, werden die Landwirte mit Anbauverboten konfrontiert. Man hätte es ja auch etwas früher machen können.
Das hat weder etwas mit Seriosität noch mit verlässlicher Politik zu tun, meine Damen und Herren.
Der Maiszünsler, ein Kleinschmetterling, ist der wirtschaftlich bedeutsamste Maisschädling in Deutschland.
Es wird nicht dadurch besser, dass Sie Zwischenrufe machen. Sie haben das damals doch selbst beschlossen.
Der Maiszünsler verursacht jährlich einen Schaden von 11 Millionen bis 12 Millionen €. Das sind Schäden, die sich die Landwirtschaft, wie die FDP meint, nicht leisten kann. Deutlich ist auch, dass sich der Maiszünsler in den letzten Jahren verstärkt ausbreitet.
Um den Mais zu schützen, müssen chemische und biologische Bekämpfungsverfahren durchgeführt werden. Dies bedeutet in der Tat einen hohen Arbeitsaufwand, aber auch einen hohen Kostenaufwand. Dabei muss dann ethisch entschieden werden, wie weit man geht oder nicht.
Damit, dass Sie so deutlich dagegen sind, zeigen Sie nur, dass Sie nicht zuhören wollen, weil Sie sowieso alles besser wissen. Es ist immer die beste Politik, wenn man, bevor man redet und bevor der andere sagen darf, was er denkt, schon weiß, was dabei herauszukommen hat. Das spricht sehr für die demokratische Grundgesinnung mancher Leute.
Sicher ist auch: In Deutschland laufen die Zulassungsprüfungen für den Bt-Mais nach ganz strengen Rahmenvorgaben und Regularien. Wenn es wirklich ernsthafte Zweifel an der Umweltverträglichkeit einzelner Bt-Sorten gäbe, würden die se wohl kaum eine Chance auf Zulassung erhalten.
Es sollte uns daran gelegen sein, die Diskussion über die grüne Gentechnik zu versachlichen und diese Technik nicht einfach nur in Bausch und Bogen zu verwerfen. Dabei sollten wir auch der Wissenschaft Gelegenheit geben, zu Wort zu kommen. Denn es geht um Forschung und Wissenschaft.
Wissenschaft und Forschung sind auch im Bereich der grünen Gentechnik mit Zukunftstechnologien verbunden, denen wir uns, wie ich meine, nicht ohne Probleme verschließen können.