Protokoll der Sitzung vom 23.05.2007

Finanzministeriums – Landesstiftung Baden-Württemberg gGmbH; hier: Transparenz und parlamentarische Kontrolle – Drucksache 14/680

Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung zu a und b fünf Minuten und für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion.

Wem darf ich das Wort für die Fraktion GRÜNE erteilen? – Frau Kollegin Bauer.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Seit sieben Jahren existiert die Landesstiftung, und sie hat – so ist es in der Stellungnahme zu unserem Fraktionsantrag zu lesen – inzwischen 181 Projekte finanziert und dafür 463 Millionen € ausgegeben. Sie hat in diesem Zeitraum dem Land Zuwendungen in Höhe von 809 Millionen € im Rahmen sogenannter Zukunftsoffensiven zur Verfügung gestellt.

Die Landesstiftung hat sich in diesen Jahren einen Namen gemacht, nicht nur im Land, sondern sicher auch bundesweit und international. Immerhin gehört sie auch bundesweit zu den größten Stiftungen.

Deswegen wollen wir heute in diesem Haus keine „Was wäre, wenn“-Debatte führen und den alten Schlagabtausch über die Frage „War es richtig, diese Landesstiftung einzurichten, oder nicht?“ nicht wiederholen. Die Argumente sind hinlänglich bekannt, und wir haben uns gegenseitig nicht von unseren Standpunkten überzeugt. Wir wollen heute eine Debatte auf der Grundlage der geschaffenen Fakten führen. Wir wollen nach vorne blicken und schauen, welche Folgen die Aktivitäten der Landesstiftung haben und was sie mit dem Parlament zu tun hat. Wir wollen hier in diesem Haus über den Sachstand und über das Thema „Parlamentarische Kontrolle und Transparenz“ diskutieren. Wir sind fest davon überzeugt, dass das Parlament viele gute Gründe hat, sich viel intensiver als bislang mit dem Agieren der Landesstiftung und mit den Aktivitäten, die aus Landesstiftungsmitteln finanziert werden, zu beschäftigen.

Vorneweg aber drei Aspekte, die ich betonen möchte:

Die Landesstiftung hat in den vergangenen Jahren sicher viele gute Einzelprojekte angestoßen und viele positive Dinge finanziert. Ich weiß von vielen Initiativen im Land, die dankbar dafür sind, dass durch die Finanzierung der Landesstiftung Dinge möglich wurden, weil andere Kassen und Quellen öffentlicher Mittel versiegt sind.

Die Landesstiftung hat ihre größten Verdienste sicher im Bereich der Stipendienvergabe und der Förderung von Nachwuchswissenschaftlern. Ich glaube, dass dieses Engagement bundesweit einzigartig ist und dass die Landesstiftung an dieser Stelle wirklich gute Grundlagen für die Zukunft legt und ihrem Motto „Zukunft stiften“ in vollem Umfang gerecht wird.

Ich glaube zum Dritten, dass es der Landesstiftung in den vergangenen Jahren gelungen ist, sich ein Stück weit von dem Image freizuschwimmen, dass sie so etwas wie der verlängerte Arm der Ministerialbürokratie oder Lückenbüßerin für Dinge ist, die man aus dem Landeshaushalt nicht mehr finanzieren kann.

Es ist dem Engagement der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landesstiftung zu verdanken, dass so etwas wie eine Eigenständigkeit, Unabhängigkeit und Professionalität dieser

Einrichtung akzeptiert wird. Aber – das will ich auch betonen – auf diesem Weg sind immer wieder und auch aktuell Rückschläge zu verzeichnen, die nicht gering zu bewerten sind. Ich will nur zwei Beispiele aus jüngster Zeit benennen:

Das eine war die Entscheidung zur Reservierung von 10 Millionen € zum Kauf badischer Kulturgüter. Dieser Beschluss hatte offensichtlich keinen anderen Grund als den, einer Landesregierung, die in die Klemme geraten ist, aus der Bredouille zu helfen.

Der zweite aktuelle Sündenfall ist das private Festspielhaus Baden-Baden. Die Landesstiftung hat entschieden, 1,6 Millio nen € in ein privates Festspielhaus zu investieren. Die Spatzen haben von den Dächern gepfiffen, dass am Anfang dieser Debatte eine schnell gegebene Zusage des Aufsichtsratsvorsitzenden und Ministerpräsidenten Oettinger stand. Danach haben die Gremien der Landesstiftung entsprechende Beschlüsse vollzogen. Solche Übergriffe vonseiten der Regierung schaden dem Image der Landesstiftung und sollten tunlichst unterlassen bleiben.

Jetzt möchte ich in der Kürze der Zeit drei Aspekte herausgreifen, drei Gründe benennen, warum sich dieses Parlament wirklich intensiver und kritischer damit auseinandersetzen muss, was die Landesstiftung an Dingen bewirkt.

Der erste Grund: Wir sind inzwischen so weit, dass die erste Generation von Projekten ausgelaufen ist. Die Förderungsdauer betrug im Durchschnitt zwischen drei und fünf Jahren. Die ersten Förderlinien werden also eingestellt. Wir erleben jetzt die Grenzen dieser Projektförderung, wenn wir sehen, dass auch sinnvolle Projekte ihre Tore schließen müssen, weil keine Anschlussfinanzierung da ist. Einige dieser Projekte – auch das ist, denke ich, allen Kolleginnen und Kollegen hier im Haus bekannt – sind früher natürlich in nicht sehr viel anderem Gewand über den Landeshaushalt finanziert worden. Sie wurden dann in anderer Gestalt von der Landesstiftung projektförmig weiterfinanziert. Das ist nichts anderes als ein Ausstieg auf Raten und somit das Gegenteil von Zukunftsförderung. Das sollte man in der Zukunft unterlassen.

Das zweite Thema sind die Folgekosten für das Parlament. Ich habe einmal nachgeschaut, was früher zu dem Thema Folgekosten diskutiert wurde. Die SPD hatte im Jahr 2002 einen Antrag gestellt, in dem Fragen nach den Folgekosten für die Projekte gestellt wurden. Ich muss Ihnen das zitieren; es ist eine schöne kurze Antwort aus dem Jahr 2002, gegeben von Finanzminister Stratthaus. Er schreibt da:

Die Förderungen der Landesstiftung sind außerhalb der ZO III ganz überwiegend projektorientiert und ziehen keine Folgekosten nach sich. In Fällen, in denen die Landesstiftung für neue Einrichtungen eine Anschubfinanzierung vorgesehen hat, trifft eine eventuelle Dauerfinanzierung nicht das Land.

Im Gegensatz dazu steht die Stellungnahme zu unserem Antrag. Die Frage nach den Folgekosten füllt inzwischen drei Seiten, nämlich die Seiten 4 bis 6 der Drucksache 14/679. Ich nenne exemplarisch nur ein paar Projekte:

Für die Popakademie werden im Bereich des Staatsministeriums nach Ablauf der Anschubfinanzierung ab 2008 jährlich 300 000 € anfallen.

Aus dem Bereich des Innenministeriums gibt es verschiedene Vorhaben im Bereich der Kriminalprävention. Weil sie so erfolgreich waren, wurden sie nach dem Auslaufen der Projektförderung durch die Landesstiftung von der Landesregierung weiterfinanziert.

Im Bereich des Wissenschaftsministeriums fallen ab den kommenden Jahren sukzessiv Kosten für die Fortführung der Studiengänge im Ausbauprogramm „Informatik und Medien“ an. Das sind 750 Anfängerplätze, 25 Studiengänge, 51 Professorenstellen und 11 Infrastrukturstellen, die sukzessiv aus dem regulären Haushalt der Hochschulen oder aus dem Einzelplan 14 übernommen werden müssen. Nicht beziffert sind die Folgekosten aus Bewirtschaftung für die vielen investiven Maßnahmen im Gebäudebereich und bei der Geräteausstattung.

Im Justizbereich sind für das „Projekt Chance – Jugendvollzug in freien Formen“ ab 2008 2,22 Millionen € Folgekosten vorgesehen, die aus dem Landeshaushalt zu finanzieren sind. Und es geht gerade so weiter.

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Wollen Sie das abschaffen?)

Bei der Theaterakademie Ludwigsburg – falls sie denn kommt – wurde den Trägern mit ihren Ängsten, dass sie durch dieses Projekt zukünftig finanziell belastet würden, gesagt: Wir bringen für euch eine langfristige Verpflichtungsermächtigung im Haushaltsplan für die Zeit nach dem Auslaufen der Anschubfinanzierung durch die Landesstiftung aus.

Sie sehen – ich bin mir da ganz sicher –: Vier Jahre später wird die Liste der Folgekosten, die wir im Landeshaushalt zu schultern haben, noch einmal viel länger sein. Deshalb bitte ich Sie, es ernst zu nehmen, dass wir uns hier im Haus damit auseinandersetzen müssen, was an Folgekosten produziert wird.

(Beifall bei den Grünen)

Jetzt der dritte Punkt. Auch das reiße ich nur in aller Kürze an. Es geht um das Kriterium der Gemeinnützigkeit, um die Bindung aller Aktivitäten an das Kriterium der Gemeinnützigkeit, das die Stiftung ja erfüllen muss. In der Praxis hat sich erwiesen, dass das in einigen Bereichen im Detail und dabei insbesondere bei Projekten im investiven Bereich sowie bei der Geräteausstattung im Hochschulbereich außerordentlich kompliziert ist und zu hoch riskanten und hoch problematischen Konstrukten und Nutzungsauflagen führt, die in der Praxis de facto kaum einzuhalten sein werden, kaum zu kontrollieren sein werden und hoch anfällig für Missbrauch sind.

Sie haben wahrscheinlich der Presse entnommen, welche Verhältnisse es an der Fachhochschule Furtwangen gibt. Es wurden inzwischen Hochschulgebäude gebaut, die nur für einen Teil der Studierenden zugänglich sind. Dort gibt es Parkplätze, die nur für einen Teil der Hochschullehrer und Studierenden mit ihren Autos befahrbar sind, nämlich nur für die „neuen“ Studierenden,

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Je weniger Autos, des to besser, Frau Bauer!)

und es gibt teuer eingekaufte Geräteausstattungen für Professoren, die von den Professoren nicht für Drittmittelprojekte nutzbar sind.

Man merkt erst mit der Zeit, welche Pferdefüße an diesen Konstrukten hängen. Ich meine, dass die Landesstiftung sehr gut beraten ist und auch wir als Parlament sehr gut beraten sind, darauf zu achten, dass das Kriterium der Gemeinnützigkeit da nicht unnötig strapaziert wird. Im Falle von Missbrauch würde das nämlich das Land sehr teuer zu stehen kommen. Die Landesstiftung ist an diesem Punkt zu Recht völlig eindeutig in ihren Aussagen; denn sie sagt: Wenn es bezüglich der Nutzungsauflagen zu Missbrauch kommt und wenn die Gelder nicht den Gemeinnützigkeitsregelungen entsprechend verwendet werden, dann wird sie das Geld vom Land zurückfordern. Das würde dann unweigerlich auf den Landeshaushalt zukommen. Denn wenn die Landesstiftung das nicht tun würde, wäre die Gemeinnützigkeit der gesamten Landesstiftung in Gefahr, und das würde das Land wiederum noch teurer zu stehen kommen.

Deswegen möchte ich zum Ende noch einmal bekräftigen, dass wir an unserer Forderung festhalten: Wir haben als Parlament ein großes Interesse daran, die Aktivitäten zu begleiten und ihre Folgen zu bewerten. Dafür brauchen wir eine aussagekräftige und ausreichende Informationsgrundlage. Es kann nicht sein, dass das Finanzministerium uns sagt: Wenn Sie etwas wissen wollen, dann schauen Sie doch auf die Home page der Landesstiftung oder schauen Sie sich den Geschäftsbericht an; der hat auch viele schöne bunte Bilder. Das kann doch nicht wahr sein!

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Er hat ja nicht nur Bilder! Ich hoffe, Sie können ihn auch lesen!)

Das ist richtig. Er hat schön aufbereitete Informationen. Natürlich kann ich ihn lesen. Aber Parlamentarier brauchen ein paar Informationen mehr, auch über die schwierigen und riskanten Seiten dieser Manöver, die ja zum großen Teil nicht von der Landesstiftung verantwortet werden müssen, sondern von der Landesregierung, die sehr strapazierte Konstruktionen für ihre Zukunftsoffensiven gewählt hat.

Um die Folgen dieser Konstruktion hier diskutierbar zu machen, bitte ich um einen regelmäßigen Bericht über die Landesstiftungsfolgen in diesem Hause. Wir halten daran fest. Wir werden als Parlament hier regelmäßig diese Debatte führen, weil es besser ist, die Gefahren rechtzeitig zu erkennen, als sie danach ausbaden zu müssen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen)

Ich darf jetzt den Geschäftsführer der Landesstiftung, über die Sie ja gerade diskutieren, recht herzlich begrüßen. Der ehemalige Abgeordnete Herbert Moser hat auf der Zuhörertribüne Platz genommen. Recht herzlich willkommen!

(Beifall bei Abgeordneten aller Fraktionen)

Das Wort für die CDU-Fraktion bekommt jetzt Herr Abg. Dr. Scheffold.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Landesstiftung leistet ganz außergewöhnlich gute, geradezu hervorragende Arbeit. Ich darf das gerade auch in Anwesenheit des Geschäftsführers der Landesstiftung sagen.

Zunächst kann ich sagen, dass es mich freut, dass ich im Grunde meine Rede umschreiben kann, weil ich mich darauf vorbereitet habe, dass die Grünen wie in der Vergangenheit kräftig auf die Landesstiftung eindreschen und versuchen, gegen die Landesstiftung zu argumentieren. Sie haben sich offensichtlich doch damit arrangiert, dass es sich hierbei um eine bewährte Institution handelt, die wir eingerichtet haben. Es ist noch gar nicht so lange her, da haben Sie hier Gutachten vorgelegt, die mit fadenscheinigen Argumenten ausgestattet gewesen sind und uns weismachen sollten, wir müssten die Landesstiftung möglichst schnell wieder abschaffen.

(Zuruf des Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE)

Dieses Gutachten, Frau Kollegin Bauer, hat seinerzeit nicht einmal die SPD richtig ernst genommen. Die SPD ist sonst eigentlich immer schnell zur Stelle, wenn es um Kritik an der Landesregierung geht.

(Zuruf des Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE – Zurufe von der SPD, u. a. der Abg. Gustav-Adolf Haas, Ur- sula Haußmann und Nikolaos Sakellariou)

Sie sehen, dass dieses Gutachten nicht das Papier wert war, auf dem es geschrieben stand.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ganz am Schluss Ihrer Rede, Frau Kollegin Bauer, klang dann doch wieder ein bisschen die Kritik an der fehlenden parlamentarischen Kontrolle und an der fehlenden Transparenz der Arbeit der Landesstiftung an, die auch in Ihren Anträgen zum Ausdruck kam. Ich frage mich manchmal, wie Sie das den Leuten eigentlich klarmachen wollen. Viel transparenter als in der Landesstiftung kann doch gar nicht mehr gearbeitet werden.

Es gibt einen umfangreichen Geschäftsbericht. Wir haben umfangreiche Pressemitteilungen; hier auf meinem Abgeordnetentisch habe ich gerade wieder eine liegen. Wir bekommen ständig Informationen über die Tätigkeit der Landesstiftung. Wir bekommen dauernd Berichte über Projekte, die von der Landesstiftung finanziert werden. Nach jeder Aufsichtsratssitzung findet eine Pressekonferenz statt, in der expressis verbis dargestellt wird, was beschlossen worden ist. Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Landesstiftung ist völlig transparent ausgestaltet. Deswegen verstehe ich Ihre Kritik in diesem Punkt nicht.

Sie haben heute auch die Thematik der parlamentarischen Kontrolle wieder angesprochen. In Ihrem Antrag haben Sie nachgefragt, warum die Exekutive in der Landesstiftung die Mehrheit besitze. Ich muss Sie darauf hinweisen, dass im Aufsichtsrat der Landesstiftung neun Personen aus der Legislative und neun Personen aus der Exekutive sitzen. Nach Adam Riese ist das pari. Ein irgendwie geartetes Übergewicht der Exekutive ist überhaupt nicht vorhanden, Frau Kollegin Bauer.

Was die parlamentarische Kontrolle angeht: Sie selbst sitzen ebenfalls im Aufsichtsrat der Landesstiftung, ebenso wie verschiedene andere Abgeordnete aus den Reihen der SPD und