Wir haben deswegen die Längsschnittstudie mit Sachsen angeregt, weil dieses Land ein anderes System als Baden-Württemberg hat. Sachsen ist auch aus einem anderen System gekommen. Diesen Fakten wollen wir uns stellen.
Kollege Zeller hat gemeint: „nicht noch eine Untersuchung“. In Deutschland gibt es noch keine einzige Längsschnittstudie zu den Hauptschulen. Das wird die erste sein. Deswegen glaube ich, dass wir schließlich auf der Basis erstmals gesicherter Fakten hier manches, was in die Welt gesetzt worden ist, wieder ad acta legen können.
Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Die Rede des Minis ters war bereits beendet. Wir haben jetzt noch Zwischenfragen, die vorhin gestellt wurden, abgearbeitet. Ich kann keine weiteren Zwischenfragen mehr zulassen.
Entschuldigung. Ich bin darauf hingewiesen worden, dass Herr Abg. Dr. Mentrup eine persönliche Erklärung abgeben möchte, weil er angesprochen wurde. Dazu hat er die Möglichkeit.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Der Kollege Schebesta hat mich wegen des Begriffs „Makel“ in einem Redaktionsgespräch angesprochen. Ich lege Wert darauf, dass ich mit diesem Begriff keine persönliche Etikettierung gegenüber den Hauptschülerinnen und Hauptschülern und auch keine Etikettierung gegenüber der Hauptschule vorgenommen habe. Vielmehr habe ich einen Zustand beschrieben. In dieser Hinsicht haften der Hauptschule sowie den Hauptschülerinnen und Hauptschülern – unberechtigterweise, aber in der Sache nachvollziehbar – zwei Makel an.
Der erste Makel ergibt sich aus einer wahrgenommenen Perspektivlosigkeit beim Übergang in den Ausbildungsmarkt. Das hat der Herr Kultusminister indirekt selbst bestätigt.
Der zweite Makel – der Hinweis ist für mich noch einmal wichtig – ist der, es würde sich bei den betreffenden jungen Leuten um Problemschülerinnen und Problemschüler handeln. Diesen Makel habe nicht ich verursacht. Vielmehr wird er z. B. von dem Vertreter der Realschullehrerverbände „gefüt
dass die Realschullehrerverbände sagen würden: „Wir haben ein gutes pädagogisches Konzept, und wir wären froh, es mit noch mehr Kindern ausprobieren zu können“, dann würde ich Ihrem System an dieser Stelle eine Chance geben.
Wenn die Realschullehrerverbände aber sagen: „Wir wollen diese Probleme bei uns nicht haben“, dann trägt Ihr eigenes System zu den Makeln bei – aber nicht der Abgeordnete Mentrup und nicht die Medien.
Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Novellierung des Verwaltungszustellungsrechts des Landes Baden-Württemberg – Drucksache 14/1212
Das Präsidium hat festgelegt, dass keine Aussprache über diesen Punkt erfolgen soll. Vielmehr soll der Gesetzentwurf der Landesregierung, Drucksache 14/1212, zur weiteren Beratung direkt an den Innenausschuss überwiesen werden. – Dagegen erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist es so beschlossen.
Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Ausführung des Berufsbildungsgesetzes (AGBBiG) – Drucksache 14/1232
Auch hierzu wurden keine Redezeiten festgelegt. Ich gehe davon aus, dass der Gesetzentwurf zur weiteren Beratung an den Wirtschaftsausschuss überwiesen werden soll. – Dagegen erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist es so beschlossen.
Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz über den Vollzug der Jugendstrafe in BadenWürttemberg (Jugendstrafvollzugsgesetz – JStVollzG) – Drucksache 14/1240
Hierzu erfolgt zunächst die Begründung durch die Regierung. Für die Aussprache nach der Begründung hat das Präsidium eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor gut einem Jahr war die Rechtslage beim Jugendstrafvollzug düster. Da hatte das Bundesverfassungsgericht gerade die wenigen Regeln, die es auf Bundesebene gab, für verfassungswidrig erklärt und dem Gesetzgeber bis zum 31. Dezember 2007 eine relativ kurze Frist zur Schaffung einer verfassungsgemäßen Regelung gesetzt. Damals lag die Gesetzgebungskompetenz noch beim Bund. Der Bund hat dann so reagiert, dass er seinen alten, schon einmal in die Diskussion gebrachten Gesetzentwurf, den die Länder geschlossen abgelehnt hatten, nochmals zur Diskussion gestellt hat. Ich glaube, man behauptet nicht zu viel, wenn man sagt: Wahrscheinlich würden wir heute bei diesem Thema immer noch auf der Stelle treten oder aber wir hätten ein schlechteres Gesetz als das, was wir heute vorschlagen, wenn nicht die Kompetenz auf die Länder übergegangen wäre. Das ist die Realität.
Jetzt haben wir die Kompetenz selbst und legen relativ bald einen Entwurf vor. Das hat natürlich auch damit zu tun, dass wir uns vorher auch schon darüber Gedanken gemacht haben. Wir haben uns natürlich auch an der bundesrechtlichen Diskussion mit eigenen Vorschlägen und Entwürfen beteiligt. Darum können wir jetzt schnell handeln mit einem Entwurf, der in der Anhörung insgesamt – sage ich einmal – unterm Strich ein positives Echo gefunden hat, und zwar – diesen Eindruck habe ich – auch bei denen, die Teile daraus kritisch betrachten. Diesen Entwurf kann man nicht einfach beiseiteschieben. Er ist in sich schlüssig, er bietet Qualität, und er bringt ein eigenständiges Gesetz für Baden-Württemberg – gleich mehr dazu, warum wir einen eigenen Weg gehen –, aber auch ein eigenständiges Gesetz für den Jugendstrafvollzug.
Wir werden die U-Haft und die Strafhaft für Erwachsene gesondert regeln, allerdings diese Gesetze dann sozusagen zu einem Band zusammenfassen. Aber wir packen den Jugendstrafvollzug nicht in den Erwachsenenstrafvollzug mit hinein, sondern wir wollen ihn – auch das ist übrigens genau auf der Linie des Bundesverfassungsgerichts – als eigenständigen Bereich mit eigenständigen Merkmalen. Dann ist es das Beste, dafür ein eigenes baden-württembergisches Gesetz zu machen.
Ich habe mich vorhin ein bisschen von den bisherigen Entwürfen des Bundes abgegrenzt. Von diesen Entwürfen wollen wir uns weiter abgrenzen, aber auch von dem Entwurf der neun Länder. Es gibt neun Länder, die sich zur Erarbeitung eines gemeinsamen Musterentwurfs zusammengetan haben, den ich mehr in der Nähe der bisherigen Bundesentwürfe sehe.
Wenn ich mich jetzt in wenigen Punkten kurz mit diesen Entwürfen auseinandersetze, dann tue ich es zum einen mit dem Bundesentwurf, der angesichts der Kompetenzänderung nicht mehr aktuell ist, zum anderen mit dem Entwurf der neun Länder. Wir haben es dabei immer mit denselben Unterschieden in der Richtung zu tun. Diese Unterschiede möchte ich anhand von drei Beispielen deutlich machen.
Erstens: Unser Gesetzentwurf stellt einen umfassenden Erziehungsbegriff in den Mittelpunkt. Zu diesem Erziehungsbegriff gehört auch die Förderung der Jugendlichen, aber eben nicht nur die Förderung der Jugendlichen, sondern auch das Grenzen-Setzen und das Fordern der Jugendlichen. Dabei hat mich immer gestört, dass z. B. im Bundesentwurf nur das Wort „fördern“ vorkam. Sie konnten über diesen Entwurf ein Suchprogramm laufen lassen, wie man das dank der modernen Textverarbeitung machen kann, ohne das Wort „Erziehung“ zu finden. Wir sind dafür, dass man sich nicht von diesem umfassenden Erziehungsanspruch verabschiedet, der nicht nur Fördern bedeutet, sondern der auch bedeutet, Grenzen zu setzen und zu fordern.
Das hat etwas mit der Ausgewogenheit und mit der Richtung zu tun. Es geht also darum, das richtig „einzunorden“.
Das zweite Beispiel: Wir haben am Anfang unseres Gesetzentwurfs die kriminalpräventive Aufgabe des Strafvollzugs erwähnt. Der Strafvollzug dient – ich sage es bewusst – nicht zuletzt dazu, die Allgemeinheit davor zu schützen, dass weitere Straftaten begangen werden. Warum eigentlich Freiheitsstrafe? Ich darf das einmal salopp ausdrücken: Warum zieht man zwischendurch jemanden aus dem Verkehr? Natürlich zunächst einmal aus dem Grund, dass die Gesellschaft von seinem weiteren Handeln verschont bleibt.
Dann nutzen wir diese Zeit optimal, um den Jugendlichen wieder zu integrieren. Dann kommt das zweite, sicherlich genauso wichtige Element ins Spiel: Der Strafvollzug dient der Integration des Jugendlichen in die Gesellschaft. Damit kommen die Belange des Jugendlichen zum Tragen. Aber ich kann kein Gesetz machen, in dem ich nur über die Belange des Jugendlichen rede und mich geniere, die kriminalpräventive Aufgabe anzusprechen. Nein, diese Aufgabe muss man am Anfang des Gesetzes ansprechen. Das haben wir gemacht. Auch das ist ein Unterschied zu dem Entwurf der neun Länder.
Ein dritter Punkt, der genauso wichtig, vielleicht sogar der wichtigste ist. Man muss einmal klar sagen: Wir haben in unseren Gesetzentwurf eine Menge richtiger Verpflichtungen des Staates hineingeschrieben, etwas für den Vollzug zu tun. Ich erwähne das deswegen, weil gelegentlich so getan wird, als hätten wir alles im Unverbindlichen gelassen. Das ist völlig falsch. Der Unterschied liegt woanders. In unserem Entwurf sind die Verpflichtungen des Staates deutlicher angesprochen als in jedem anderen Entwurf, der hierzu vorgelegt worden ist. Aber wir haben es nicht als Anspruch des Jugendlichen dargestellt. Das ist der Unterschied. Wir betonen die Verpflichtung des Staates – nicht unverbindlich –, aber wir lassen nicht die Ansprüche des Gefangenen in den Vordergrund treten; Letzteres hielte ich für ein falsches Signal.
Interessanterweise wirkt sich das – das muss man zugeben – bei manchen umstrittenen Punkten gar nicht so sehr aus, wie