Meine Damen und Herren, ich glaube, eine solche Debatte darf nicht enden ohne einen Appell an die Vernunft, an die Solidarität und an das Verantwortungsbewusstsein aller Verkehrsteilnehmer. Es gibt viele technische Verbesserungen, und es gibt viele Anstrengungen in der Politik. Aber das alles reicht nicht aus, wenn über 90 % der Verkehrsunfälle auf das Ignorieren der Straßenverkehrsordnung zurückgehen.
Ein französischer Philosoph – ich glaube, es war Pascal – hat einmal sinngemäß gesagt: Alles Unheil der Menschheit liegt darin, dass die Menschen ihre Wohnzimmer verlassen.
Ich möchte behaupten: Wenn sich alle Verkehrsteilnehmer an die Straßenverkehrsordnung halten würden, dann wären unsere Straßen so sicher wie unsere Wohnzimmer.
Meine Damen und Herren, dass unsere Straßen sicherer werden und dass sie nicht zu Schlachtfeldern in einem ansonsten friedlichen Land werden, ist die Herausforderung und Aufgabe für die Politik, aber auch für uns alle.
Meine Damen und Herren, unter unseren Gästen auf der Zuhörertribüne gilt mein besonderer Gruß der Präsidentin und der Vizepräsidentin des Landrats des Kantons Basel-Landschaft, Frau Elisabeth Schneider-Schneiter und Frau Esther Maag.
Die beiden Schweizer Kolleginnen wollen sich heute über die Arbeit des Landtags und der Landesregierung informieren und Gespräche zu grenzüberschreitenden Fragen führen.
Frau Kollegin Schneider-Schneiter und Frau Kollegin Maag, ich darf Sie im Landtag von Baden-Württemberg sehr herzlich willkommen heißen und Ihnen einen angenehmen und informativen Aufenthalt in unserer Landeshauptstadt wünschen.
Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Ich habe vier Anmerkungen zu machen.
Herr Staatssekretär Köberle, zunächst vielen Dank für Ihre wie immer – so habe ich es auch erwartet – sehr kompetenten und inhaltsreichen Ausführungen. Trotzdem gebe ich Ihnen einen Hinweis: Ich glaube, im Zeitalter der Globalisierung ist die Welt unser Wohnzimmer. Das passt auch beim Thema Verkehr.
Meine Damen und Herren, Herr Scheuermann, Sie haben das Thema Lenkzeiten angesprochen. Gerade die Überprüfungen der Lenkzeiten sind sicherlich sehr wichtig. Ich war bei einigen Spediteuren, und ich höre hier etwas, dem einmal das Innenministerium und die Polizei nachgehen sollten, nämlich dass das BAG anscheinend etwas stärker deutschsprachige Fahrer kontrolliert. Das ist auch einfacher als Kontrollen der vielen ausländischen Fahrer. Ich wohne an einer Autobahn, auf der 50 % ausländische Fahrzeuge unterwegs sind, und ich weiß, dass es ist viel leichter ist, meine Damen und Herren, bei Kontrollen Hohenlohisch, Schwäbisch und Alemannisch zu verstehen als vielleicht Ukrainisch, Slowenisch, Französisch oder Ähnliches. Das heißt, wir müssen schauen, dass hier kein Ungleichgewicht aufkommt. Das sind wir unseren Spediteuren bezüglich der vermuteten Wettbewerbsverzerrungen schuldig.
Meine Damen und Herren, Herr Haller, natürlich brauchen wir Kontrollen; das ist auch klar. Aber Kontrollen haben nur dann einen Wert, wenn auch Sanktionen spürbar sind. Ich glaube nicht, dass es das Entscheidende ist, die Zahl der Kontrollen zu erhöhen. Nehmen wir einmal das Thema Handy; es wurde hier auch angesprochen. Wenn Kontrollen keine Konsequenzen haben, sondern man vielleicht alle fünf Jahre einmal beim Telefonieren erwischt und dann mit einem Pünktchen bestraft wird, dann wird sich am Verhalten wahrscheinlich kaum etwas ändern. Wenn derjenige, der telefoniert und weiß, dass er dadurch andere gefährdet, wüsste, dass er einen Monat lang autofrei telefonieren kann, wenn er erwischt wird, dann würde er sich vielleicht überlegen, ob er dieses Risiko eingeht. Das vielleicht nur als Anmerkung.
Dritte Anmerkung: Herr Wölfle, ich glaube, Sie haben einfach nicht richtig zugehört. Ich habe ganz klar gesagt: Wir müssen uns erneut „mit Themen wie“ auseinandersetzen.
Vielleicht noch ein Punkt: Im Ausschuss haben Sie einen Antrag eingebracht, der mit 11 : 7 Stimmen abgelehnt wurde, und zwar zu Recht, weil die Landesregierung ganz klar das Signal gegeben hat, dass dies nach dem Gutachten und nach einer Überprüfung aller Voraussicht nach zügig eingeführt werden wird. Etwas, das sowieso kommen wird, brauche ich nicht noch zu beantragen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wie wir gehört haben, zeigen die Unfallzahlen, wie groß unsere Verantwortung im Bereich der Verkehrssicherheit ist und dass wir nicht nach Versuch und Irrtum handeln dürfen.
Endlich selbst Auto fahren zu dürfen, endlich den Führerschein in der Tasche zu haben und mit Papas Auto oder mit dem eigenen in die Schule, zum Arbeiten, in die Disco zu fah ren, das ist eines der wichtigsten Dinge im Leben eines jungen Menschen. Das war bei uns so, und das ist auch heute noch so: je früher, desto besser.
Wenn aber wir – die Politik – die Frage zu beantworten haben, ab welchem Alter ein junger Mensch ans Steuer darf, kann die Antwort nicht lauten: „je früher, desto besser“,
sondern muss lauten: je sicherer, desto besser. Dies, meine Damen und Herren, ist für uns die ganz nüchterne Grundvoraussetzung dafür, ob wir dem begleiteten Fahren mit 17 zustimmen oder nicht. Da geht es für uns nicht um Ideologie oder um Zeitgeist, sondern ausschließlich um die Sicherheit und das Leben junger Menschen.
Die Unfallzahlen belegen, dass die Gruppe der Fahranfänger die größte Risikogruppe ist. Unsere Aufgabe ist es, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass sie zu möglichst sicheren und zu möglichst verantwortungsbewussten Autofahrern werden.
Das begleitete Fahren mit 17 könnte der richtige Weg dazu sein. Aber bevor wir seiner Einführung zustimmen, wollen wir wissen, ob die, die an den Modellversuchen in anderen Bundesländern teilgenommen haben, mit 18 dann auch wirklich sicherer Auto fahren als die, die wie bisher erst mit 18 den Führerschein machen.
Das ist die zentrale Frage, auf die es bisher noch keine Antwort gab, ganz einfach deshalb, weil aus einem Versuch, der erst Anfang 2006 eingeführt wurde und ein Jahr lief, erst jetzt belegbare Daten vorliegen.
Wir wollen im wahrsten Sinn des Wortes auf Nummer sicher gehen. Das ist unsere Pflicht. Wir wollen nicht ins Wasser springen, ohne zu wissen, wie tief es ist, nur weil andere schon vorausgesprungen sind.
Deshalb lassen Sie uns bitte diese Zeit. Wir wollen zusammen mit dem Innenministerium die ersten Ergebnisse, die jetzt vorliegen, auswerten und dann entscheiden. Sollten sie positiv sein, wird für uns das begleitete Fahren mit 17 nicht nur ein Versuch sein, sondern werden wir es dann voll und ganz unterstützen.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich jenseits des begleiteten Fahrens noch einmal im Kern zum Thema Verkehrssicherheit zurückkommen. Denn das ist nur ein Aspekt.
Nach ca. 30, 40 Fahrstunden und ca. 1 000 km Fahrleistung erhält jemand mit 18 den Führerschein und ist mit vollem Recht, wie vorhin geschildert, als Autofahrer Teilnehmer am Verkehr. Das ist so, wie wenn ein Fußballspieler aus der Kreisklasse B glaubt, unmittelbar in die Bundesliga aufsteigen und dort mitmischen zu können.
(Beifall bei der SPD – Allgemeine Heiterkeit – Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Machen wir’s doch gleich heute!)
Wir lassen uns von Ihnen die Debatte nicht diktieren, meine Damen und Herren. Wir setzen selbst Schwerpunkte beim Thema Sicherheit.