Protokoll der Sitzung vom 27.06.2007

Ich sage, unabhängig von diesem Erdbeben muss die Forschung zur Tiefengeothermie weitergehen. Der Problemfall in Basel kann geradezu als Chance gesehen werden. Vom Landesamt ist der gesamte Spannungsabbau aufgezeichnet worden, und ich meine, dass man das Geschehen als Forschungsobjekt nutzen kann.

Ich komme zum Projekt Neuried. Der Kollege Schebesta und ich waren damals beim ersten Spatenstich dabei. Wir haben das Projekt auch immer sehr stark unterstützt. Es handelt sich um eine Kombination zwischen Tiefengeothermie und einer Biogasanlage mit Kraft-Wärme-Kopplung, wo die Abwärme genutzt wird. Wir halten das für sehr sinnvoll.

Es ist ganz klar, Herr Knapp, ein gewisses Risiko wird bei den Betreibern – in diesem Fall ist es eine Kommune mit einer

GmbH – immer bleiben. Aber ich denke, wir sollten dieses Projekt unterstützen. Ich wünsche der Kommune ein Erfolgserlebnis, das wir in Baden-Württemberg sehr bald brauchen können, damit diese Risikobereitschaft der Kommune und der GmbH auch belohnt wird.

Ich möchte meinen Dank an Sie, Frau Gönner, und an das Umweltministerium aussprechen. Ich weiß von den Betreibern, dass es Zusagen des Umweltministeriums gibt. Natürlich ist das Problem der Versicherung noch nicht aus der Welt. Aber es ist das erste Projekt in dieser Größenordnung, und das braucht am Anfang etwas Zeit. Ich bin sehr zuversichtlich, dass es zum Erfolg führt.

Die Idee eines Fonds bei der KfW, die in der Stellungnahme des Umweltministeriums angesprochen ist, halte ich – wer immer dazu beiträgt; in erster Linie ist natürlich der Bund sehr stark gefordert, sind Bund und Länder gefordert – für gut. Ich weiß, Herr Untersteller, von dem Projekt Ettenheim. Man ist zunächst sehr euphorisch darangegangen und hat jetzt Bedenken. Aber wer ernsthaft die Tiefengeothermie fördern will, der muss sich an diesem Risikofonds beteiligen.

Eines muss ich bestätigen: Natürlich erwarte ich auch von der EnBW – Herr Untersteller, Sie haben das angeschnitten, und ich habe dies in vielen Gesprächen vor Ort mit führenden Mitarbeitern der EnBW auch gefordert – ein Engagement. Ein kapitalkräftiger Konzern wie die EnBW könnte sich durchaus stark engagieren.

Insgesamt: Wir sind nicht so skeptisch wie Sie, Herr Knapp. Wir möchten die Tiefengeothermie sehr stark fördern und fordern.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Das Wort erteile ich Frau Ministerin Gönner.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst einmal glaube ich, wir sind uns alle einig, dass es angesichts der Herausforderung, den CO2- -Ausstoß so weit wie möglich zu reduzieren, notwendig ist, auch über neue Technologien zu sprechen.

(Abg. Thomas Knapp SPD: Jawohl!)

Dabei müssen wir feststellen, dass die Tiefengeothermie heute bundesweit bei der Stromerzeugung noch keine Rolle spielt, dass aber trotzdem die Aufgabe besteht, die Chancen auszuloten und diese Technologie weiterzuentwickeln.

Lieber Herr Kollege Knapp, ich bin etwas erstaunt, wenn Sie sagen, Sie hätten keine Antwort darauf bekommen, welches denn die Auswirkungen sind.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Der sitzt da drü- ben!)

Ja, das weiß ich, aber es ist immer so schwierig, dort hin überzuschauen; ich gucke lieber in Ihre Richtung.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Danke!)

Sehen Sie. Ich wollte Ihnen heute Abend noch ein kleines Kompliment machen.

(Heiterkeit – Abg. Thomas Knapp SPD: Dann schau- en Sie wenigstens lieber in die Mitte, zum Kollegen Untersteller!)

Man kann ja nun trefflich darüber streiten, wo die Mitte ist.

Aber jetzt weiter im Text, Herr Knapp. Ich weiß nicht, ob Sie wollten, dass ich schreibe: „Alles ganz furchtbar, alles ganz schwierig, und deswegen ziehen wir uns daraus zurück.“ Ich weiß nicht, ob Sie das hätten erreichen wollen. Auf alle Fälle sehe ich die Notwendigkeit nicht. Wir haben klar gesagt: Es gilt, bei jedem einzelnen Vorhaben Lehren aus den Vorfällen bei Basel zu ziehen und darauf zu achten, welchen Weg wir dann gehen. Ich komme nachher noch einmal auf Basel zurück.

Insofern bin ich eher erstaunt. Ich bin gern bereit, mit Ihnen die Stellungnahme noch einmal Wort für Wort daraufhin auszulegen, was dahinter steht und wie die Antwort zu verstehen ist. Aber ich finde, dass unsere Antwort ziemlich klar ist und eigentlich verständlich sein müsste.

Nichtsdestotrotz müssen wir, wie gesagt, auch weiterhin an der Entwicklung arbeiten. Baden-Württemberg hat bereits frühzeitig Projekte zur Kraftnutzung geothermisch gewonnener Energie durchgeführt, aber wir mussten feststellen, dass der Weg zum Erfolg ziemlich steinig ist. Das wurde ja dargestellt. Gerade das vom Bund betreute Pioniervorhaben Bad Urach konnte wegen technischer Schwierigkeiten bisher nicht zum Erfolg geführt werden.

Jetzt gibt es zwei Dinge, die anzumerken sind.

Erstens: Im Rahmen der Ausschreibung, die wir für die Risikoabsicherung laufen hatten, die das Land gewährt, gab es keinen Antrag, was aber vor allem auch daran liegt, dass der Bund derzeit eine Studie laufen hat, um feststellen zu können, ob es dort überhaupt weitergehen kann. Ich bitte auch um Verständnis, dass das Land Baden-Württemberg keine Gelder in irgendein Projekt hineinsteckt, bei dem der Bund als derjenige, der dieses Projekt bisher vorangetrieben hat, sagt: Ich muss zuerst einmal überprüfen, ob es überhaupt noch Sinn macht.

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Wer regiert denn im Bund?)

Ich glaube, dass es auch unsere Aufgabe ist, entsprechend mit Geld umzugehen.

Die Stadtwerke in Bruchsal – um auch einmal ein positives Beispiel zu nennen – erwarten nach geotechnischen Nachbesserungen und dem Einbau der Generatoren, ab 2008 eine Stromerzeugung bis zu 550 Kilowatt elektrische Leistung sowie die Bereitstellung von Heizwärme für nahegelegene Liegenschaften erreichen zu können. Darüber hinaus gibt es Planungen für Geothermienutzung im Forschungszentrum Karlsruhe, in Karlsruhe-Scheibenhardt, in Ettlingen, Bad Bellingen, Weinheim und Neuried.

Unser Ziel ist klar: Wir wollen tiefengeothermisch gewonnene Energie in Baden-Württemberg praktisch einsatzfähig machen. Allerdings – das wurde mehrfach angesprochen – bedarf es dafür durchaus hoher Investitionen. Außerdem – auch das muss man wissen – ist die Geothermie technisch äußerst

anspruchsvoll und mit einem hohen Risiko bei der Fündigkeit belastet. Dieses hohe Risiko muss abgesichert werden. Deswegen müssen sich auch Träger für Geothermiekraftwerksvorhaben finden.

Aber wichtig ist, glaube ich, auch einmal klarzustellen: Das kann nicht allein der Staat machen, sondern wir brauchen auch diejenigen, die anschließend bereit sind, hier voranzugehen. Genau vor diesem Hintergrund haben wir als Land gesagt: Wir sind bereit, hier eine Absicherung des Bohrrisikos für Pilotprojekte zu übernehmen.

Es gibt im Übrigen kein Land in der ganzen Bundesrepublik, das bereit ist, eine solche Maßnahme in diesem Umfang zu unterstützen. Ich finde, dass wir das entsprechend hervorheben müssen.

(Abg. Thomas Knapp SPD: Da reicht eine Bürg- schaft!)

Der konkrete Antrag für ein Vorhaben in Neuried liegt uns vor. Die Erkundigungen zu diesem Projekt sind fortgeschritten. Wir stehen hier Gewehr bei Fuß. Es müssen noch Fragen des Antragstellers geklärt werden, und dann wird auch das von uns zur Verfügung zu stellende Geld bereitgestellt.

Aber ich bitte auch um eines: Wir können Fördermittel nur dann auszahlen, wenn Anträge gestellt werden. Ich bitte um Verständnis, dass wir niemanden nötigen, Förderanträge zu stellen. Aber wir werden, wenn Anfragen an uns gerichtet werden, in Gespräche eintreten, dann aber auch klar darauf achten, dass wir Erkundungen vornehmen, um dann schon das Risiko hinsichtlich der Fündigkeit abklären zu können.

Für Tiefengeothermievorhaben auch in Baden-Württemberg wäre es ein Fortschritt – keine Frage –, wenn, wie angekündigt, die Kreditanstalt für Wiederaufbau eine Risikoabsicherung anbieten würde. Wir bemühen uns beim Bund, wir drängen beim Bund darauf, dass dies bereits ab dem Jahr 2008 möglich ist. Aber darüber, dass die Länder dann noch extra einen Risikofonds bereitstellen sollen, gibt es derzeit keine Gespräche. Wir haben uns für unseren Teil entschieden und sagen: Die Kreditanstalt für Wiederaufbau ist genau dazu da, um auch solche Dinge zu machen. Deswegen drängen wir beim Bund darauf, dass das entsprechende Geld zur Verfügung gestellt wird.

Aber – das war auch der Grund für Ihre Anfrage – neben dem Thema des Fündigkeitsrisikos hat sich mit Basel natürlich die Frage, welche weiteren Risiken es gibt, noch einmal gestellt. Es müssen im Rahmen des Bergrechts Vorkehrungen getroffen werden, dass Bohrungen erfolgreich sind und dass nicht

Injektionen mit zu hohem Druck erfolgen, die bestehende tektonische Spannungen lösen und so Erderschütterungen begüns tigen. Genau das war das Problem in Basel.

Das heißt für uns im Übrigen, dass wir sogenannte Hot-DryRock-Ertüchtigungsverfahren, wie sie in Basel stattgefunden haben, in Baden-Württemberg so nicht haben wollen, weil bei ganz bewusst zur Ertüchtigung vorgenommenen Injektionen Probleme auftreten können und das Risiko eines hierdurch ausgelösten Erdbebens entsprechend hoch ist. Aber es gibt andere Möglichkeiten. Deswegen sind wir der Auffassung, dass man dort vorangehen kann.

Die Tiefengeothermie steckt – ich glaube, das hat die Debatte auch klar gemacht – noch in den Kinderschuhen. Gerade die Umsetzungsprojekte haben noch einen erheblichen Forschungsbedarf gezeigt. Die Weiterentwicklung dieser hochinteressanten Technologie sollte deshalb durch die Einrichtung eines Instituts für Tiefengeothermie gefördert werden. Für den Sitz eines solchen Instituts liegen unterschiedliche Bewerbungen vor. Wir beabsichtigen allerdings, ein entsprechendes Institut einzusetzen. Ich kann Ihnen sagen, dass dort die Wirtschaft bereit ist, auf der Basis von Stiftungsprofessuren mitzuarbeiten. Ich halte es auch für notwendig, dass man das einmal klarmacht.

Meine Damen und Herren, trotz des Rückschlags in Basel sieht die Landesregierung auch in Zukunft ein erhebliches Potenzial in der Tiefengeothermie. Wir brauchen für den Klimaschutz den Ausbau aller erneuerbaren Energien, auch der Tiefengeothermie. Aber klar ist auch, dass es dort noch einige Aufgaben gibt, die wir angehen müssen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Der Antrag kann als reiner Berichtsantrag wohl für erledigt erklärt werden. – Das ist der Fall.

Damit ist Punkt 11 der Tagesordnung erledigt.

Meine Damen und Herren, wir sind am Ende der heutigen Tagesordnung angelangt.

Die nächste Sitzung findet morgen, Donnerstag, 28. Juni 2007, um 9:30 Uhr statt.

Ich danke Ihnen, wünsche Ihnen einen schönen Abend und schließe die Sitzung.

Schluss: 18:12 Uhr

Anlage

Vorschlag