Protokoll der Sitzung vom 28.06.2007

Meine Damen und Herren, warum gehe ich so intensiv auf Amtzell ein? Wenn Sie sich mit dieser Schule einmal etwas intensiver auseinandersetzen, sich einmal anschauen, was dort geleistet wird, wie dort gearbeitet wird, und wenn Sie dieses Konzept mit dem Maßnahmenkonzept vergleichen, das das Kultusministerium mit unserer Zustimmung vor zwei Tagen auf den Tisch gelegt hat, dann werden Sie feststellen, dass Amtzell für dieses Schulkonzept Pate gestanden hat.

Warum sage ich „Pate gestanden hat“? Ich sage es noch einmal: Wir haben in der letzten Sitzung gesagt, dass die Förderung jedes einzelnen Kindes zum Herzstück einer neuen Bildungspolitik in unserem Lande werden muss. Da sind wir uns alle einig. Genau das wird an dieser Schule geleistet, und das ist das Ziel, wofür wir arbeiten und wo wir hinwollen.

Wir unterstützen voll und ganz das Maßnahmenkonzept der Landesregierung, weil wir uns in ihm in vielen Bereichen politisch wiederfinden. Sie werden sich erinnern, dass ich an dieser Stelle schon eine Vertiefung der Basiskompetenzen, mehr Mathematik- und Deutschunterricht, mehr soziale Kompetenz im Hauptschulbereich gefordert habe. Das wird jetzt umgesetzt.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU)

Wir haben eine individuelle Förderung der Kinder gefordert. Auch das wird in Angriff genommen. Das Projekt „Pädagogischer Assistent“ ist schon angesprochen worden. Das hat für uns den großen Charme, dass zum ersten Mal auch die Hauptschule ein Personalbudget bekommt,

(Beifall der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP)

mit dem sie selbst arbeiten kann.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Genau!)

Sie kann jetzt entscheiden: Wen nehme ich wofür? Das ist für uns ein ganz wichtiger Schritt in eine richtige Richtung.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Den heraussuchen, der zu ihr passt!)

Schon angesprochen worden ist das Thema „Kompetenzanalyse in Klasse 7“. Auch das ist eine Möglichkeit der individuellen Förderung gerade der Hauptschülerinnen und Hauptschüler. Ich würde vorschlagen, Herr Kultusminister, dieses schreckliche Wort „Kompetenzanalyse“ hier herauszunehmen. „Kompetenzanalyse“ hört sich so furchtbar wissenschaftlich an, wenn man damit einem Siebtklässler kommt. Sagen wir doch einfach „Talentcheck“. Das ist doch das, was da stattfinden soll.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Dr. Stefan Schef- fold CDU: Talentüberprüfung!)

In der siebten Klasse soll jeder einzelne Schüler, jede einzelne Schülerin gefragt werden: Was sind deine Stärken?

(Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Sie wollen doch für Französisch an der Rheinschiene eintreten!)

Was möchtest du werden? Wo willst du hin, und was musst du noch leisten, um da hinzukommen? Fordern und fördern, das ist das Konzept an dieser Stelle. Ich bleibe bei „Talentcheck“. Ich glaube, damit kommen Sie bei den Schülern etwas besser an.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Wir haben eine Verstärkung des Praxisbezugs gefordert. Auch das wird mit dem Maßnahmenkonzept der Landesregierung flächendeckend umgesetzt. Die guten Erfahrungen, die wir mit der Förderung der Berufsorientierung, mit der Förderung der Berufsfähigkeit gemacht haben, können jetzt flächendeckend umgesetzt werden. Auch das findet voll und ganz unsere Billigung.

Ein weiterer wichtiger Punkt für uns – und auch da haben wir unser Ziel fast erreicht – ist die Aufhebung der Hauptschulbezirke. Jetzt kann jede Kommune selbst entscheiden, ob sie die Hauptschulbezirke aufhebt oder ob sie an ihnen festhält.

(Abg. Norbert Zeller SPD: Das stimmt doch gar nicht!)

Auch das ist ein wichtiger Schritt hin zu mehr Profilbildung, zur Autonomie der Schule und auch zur Akzeptanz vonseiten der Eltern. Sie können ihre Hauptschule jetzt selbst aussuchen.

(Beifall bei der FDP/DVP – Glocke der Präsiden- tin)

Frau Abgeordnete, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Zeller?

Ich komme allmählich zum Schluss. – Darf ich gerade meinen Gedankengang noch zu Ende entwickeln, Herr Zeller? Dann stehe ich Ihnen gern zur Verfügung.

Ich möchte auf einen Punkt noch ganz besonders eingehen. Dieser ist für uns im Grunde das Herzstück dieses Maßnahmenkonzepts, das wir zur Stärkung der Hauptschule auf den Weg gebracht haben.

Herr Zeller, es dauert schon noch ein, zwei Minuten. Nehmen Sie wieder Platz.

(Heiterkeit – Abg. Norbert Zeller SPD: Ich kann auch so lange stehen! – Abg. Volker Schebesta CDU: Der hockt schon den ganzen Tag!)

Meine Damen und Herren, das Herzstück für uns ist, dass in Zukunft eine sehr viel intensivere Zusammenarbeit zwischen Realschulen und Hauptschulen möglich sein wird, wenn das vor Ort gewünscht wird und wenn es vor Ort zu leisten ist, wenn auch die Infrastruktur da ist. Ich darf Ihnen das noch einmal vorlesen. Herr Mentrup, wenn Sie sagen, wir blockierten hier, wir hielten krampfhaft am dreigliedrigen Schulsystem fest, wir ließen keine Modellversuche zu, dann hören Sie jetzt einmal bitte ganz genau zu, was hier steht: In Zukunft wird es möglich sein, schulartübergreifende Unterrichtsangebote zu machen.

(Beifall der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP – Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Bravo!)

Es wird möglich sein, schulartübergreifende Gruppenbildun gen anzubieten. Es wird ein schulartübergreifender Lehrereinsatz und ein gemeinsamer Ganztagsbetrieb möglich sein – und das Ganze, wenn vor Ort von beiden Schularten gewünscht, sinnvollerweise auch unter einer gemeinsamen Schulleitung.

(Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Dann machen wir es doch gleich richtig! Was soll denn das?)

Wenn man diesen Gedanken konsequent zu Ende denkt, dann bedeutet das, meine Damen und Herren, dass es in Zukunft auch möglich sein wird, dass in Klasse 5 und in Klasse 6 von beiden Schularten, wenn man das vor Ort wünscht, wenn alle Beteiligten damit einverstanden sind, wenn es zu leisten und umzusetzen ist, auch ein gemeinsamer Unterricht angeboten werden kann.

(Abg. Dr. Frank Mentrup SPD: Stimmt doch nicht! – Abg. Norbert Zeller SPD: Eben nicht! Das wird aus- geschlossen!)

Das steckt in diesem Konzept drin.

Meine Damen und Herren, da greifen wir – ich weise ganz bewusst heute an dieser Stelle darauf hin – einen weit verbreiteten Wunsch auf, der auch an mich herangetragen worden ist. Ich habe in den letzten Wochen viele Gespräche mit Schulleitern, vor allem Hauptschulleitern, geführt. Die haben gesagt: „Ein Stück weit mehr noch gemeinsam in den Klassen 5 und 6. Gebt uns die Möglichkeit, wenn wir das vor Ort wollen, wenn wir das wünschen.“ Das steckt in diesem Konzept drin. Wir machen hier die Tür ein Stück weit auf und laden die Schulen ein:

(Zuruf von der SPD: Machen Sie sie ganz auf!)

„Tut euch zusammen. Nutzt das, was an Freiheiten in diesem Konzept drin ist, im Sinne von Amtzell aus.“ Ich bin fest davon überzeugt, dass wir, wenn die Schulen die Chancen ergreifen, die in diesem Angebot liegen, in Zukunft noch mehr Amtzells in unserem Land haben werden.

(Beifall der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP)

Meine Damen und Herren, unser Ziel – damit komme ich zum Schluss, Herr Zeller, und dann dürfen Sie fragen – sind leis tungsfähige, zukunftssichere Standorte der Hauptschule auch im ländlichen Raum, damit jede Hauptschülerin und jeder Hauptschüler gezielt gefördert werden kann. Aber das können wir nur mit dezentralen, in der Region verorteten und aus der Region heraus erarbeiteten Konzepten. Dafür steht die Landesregierung, und wir stehen auch dahinter.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Herr Abg. Zeller, bitte stellen Sie Ihre Frage.

Frau Kollegin Arnold, nachdem Sie gerade gesagt haben, dass Sie für die Aufhebung der Hauptschulbezirke seien, wollte ich Sie fragen: Können Sie sich daran erinnern, dass die FDP/DVP im Schulausschuss gegen einen Antrag gestimmt hat, in dem genau dies gefordert wurde?

Ja, ich kann mich daran erinnern. Wir haben im Schulausschuss gegen diesen Antrag von Ihnen gestimmt. Aber vielleicht können Sie sich auch daran erinnern, dass wir zu dieser Frage einen gemeinsamen Antrag mit der CDU vorgelegt und genau den Vorschlag aufgegriffen haben, der vonseiten der kommunalen Landesverbände an uns herangetragen worden ist.

(Zuruf des Abg. Norbert Zeller SPD)

Die kommunalen Landesverbände sagen: „Lasst uns noch ein bisschen Zeit.“ Wir von der FDP/DVP haben immer gefordert: langfristig keine Hauptschulbezirke mehr. Aber die kommunalen Landesverbände sagen: „Lasst uns noch ein bisschen Zeit. Lasst uns die Möglichkeit dieses Steuerungsinstruments.“ Diesen Weg gehen wir auch mit. Deshalb haben wir damals einen eigenen Antrag eingebracht.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Bernd Hitz- ler CDU)

Das Wort erteile ich Herrn Minister Rau.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor fünf Wochen haben wir hier eine sehr intensive Debatte zu Fragen der Schulstruktur geführt. Diese Debatte hat einige klare Ergebnisse gebracht.

Erstens: Die Regierungskoalition steht zum gegliederten Schulwesen.

Zweitens: In der Debatte wurden auch Illusionen beim Namen genannt.