Protokoll der Sitzung vom 28.06.2007

Frau Kollegin, haben Sie in den letzten Jahren nicht den Rückgang der Zahl derer beachtet, die mit dem Hauptschulabschluss eine Lehrstelle gefunden haben? Zurzeit sind es nur noch ca. 20 %, die eine Lehrstelle bekommen.

(Zuruf des Abg. Volker Schebesta CDU)

Das war früher anders. Haben Sie diese Entwicklung nicht beachtet? Warum können Sie trotzdem sagen, das sei ein Erfolgsmodell Ihrer Bildungspolitik?

Deshalb richten wir jetzt den Pädagogischen Assistenten ein,

(Lachen bei Abgeordneten der SPD – Abg. Claus Schmiedel SPD: Völlig nichtssagend!)

der eben auch den Übergang in den Beruf und in die Berufsausbildung verbessern und in diesem Bereich Hilfestellung leisten soll. Sie sehen, dass das an allen Schulen, die sich hierauf konzentrieren und hier Hilfestellung leisten, hervorragend funktioniert. Früher war das Aufgabe der Eltern, die dieser Aufgabe auch nachgekommen sind und das alles geleistet haben.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Warum haben Sie das nicht schon vor zehn Jahren gemacht?)

Das geschieht heute nicht mehr. Also muss das die Schule übernehmen.

(Beifall bei der CDU)

Für die Fraktion der FDP/DVP erhält Frau Abg. Dr. Arnold das Wort.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte mich zunächst einmal den beiden Änderungsanträgen zuwenden, die heute noch auf den Tisch gekommen sind.

Meine Damen und Herren von der SPD, Sie wollen 1 150 zusätzliche Lehramtsanwärter im kommenden Schuljahr in den Schuldienst einstellen. Dies splitten Sie auf: Zum einen soll die Sperrung der 521 Lehrerstellen aufgehoben werden, die ja im letzten Doppelhaushalt erfolgt war. Nehmen Sie doch bitte zur Kenntnis, dass diese Sperrung schon aufgehoben

worden ist und dass diese Aufhebung auch in einem Nachtragshaushalt realisiert werden wird.

(Abg. Renate Rastätter GRÜNE: Nein! Nur ein Teil!)

Weiter wollen Sie die höhere Unterrichtsverpflichtung für Referendare in Höhe von 349 Stellen zurückgenommen haben. Sie sollten der Öffentlichkeit hierbei jedoch auch sagen, dass das am Ende bedeuten würde, dass wir dann einen Numerus clausus für einzustellende Referendare hätten.

Zweitens fordern Sie, die Umwidmung von 280 Stellen zur Finanzierung der Evaluation an Schulen zurückzunehmen. Sie haben unserem Evaluationsvorhaben seinerzeit im Landtag jedoch zugestimmt und haben dies genauso für richtig gehalten wie wir. Dazu müssen Sie nun auch die nötigen Mittel im Personalbereich bereitstellen.

(Glocke des Präsidenten)

Zum Änderungsantrag der Grünen: Die Forderung nach einem Bildungspakt hört sich toll an. Sie schlüsseln in Ihrem Antrag auch auf, was Sie mit diesem Bildungspakt alles erreichen wollen. Aber Sie verschweigen dabei, dass dieser Bildungspakt, der ja schon im Rahmen der Haushaltsberatungen eine Rolle gespielt hatte, nur über einen Schattenhaushalt zu finanzieren wäre.

(Abg. Renate Rastätter GRÜNE: Nein, das habe ich gesagt!)

Das lehnen wir ab, und das haben auch Sie früher abgelehnt. Bleiben Sie ruhig bei Ihrer Haltung.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Meine Damen und Herren, bisher sind drei Komplexe angesprochen worden. Zum einen ist das Problem der sogenannten Mangelfächer, vor allem im Bereich der beruflichen Bildung, angesprochen worden, zum anderen ist auf die Tatsache hingewiesen worden, dass es viele Fachgebiete gibt, in die junge Leute nicht als Lehrer hineinwollen, sogenannte Mangelgebiete.

Die Landesregierung hat ein sehr umfangreiches Bündel von Maßnahmen entwickelt, um gerade dieser Mangelsituation im beruflichen Bereich entgegenzutreten. In der Stellungnahme zum Antrag Drucksache 14/980 sind diese Maßnahmen ja alle detailliert aufgeführt, und ich kann es mir daher ersparen, diese im Einzelnen noch einmal zu nennen.

Wir unterstützen die Möglichkeiten, die hier eröffnet werden – die Möglichkeit des Seiteneinstiegs für Referendare sowie die Möglichkeit des Direkteinstiegs. Allerdings möchten wir an dieser Stelle auch zu bedenken geben, dass dies nur Übergangslösungen sein können. Wir haben hier in der Tat ein sehr schwieriges Problem, und es darf nicht zu einer Gefährdung der grundständigen Lehrerausbildung kommen.

Zur Frage der Unterrichtsversorgung generell: Es bleibt beim Grundsatz der Koalitionsvereinbarung – wir haben das festgehalten, und wir führen es auch durch –: Die durch den Schülerrückgang rein rechnerisch frei werdenden Stellen verbleiben im Bildungsbereich. Das heißt konkret, dass sie in Bereiche umgeschichtet werden, in denen wir Mangelsituationen

haben, z. B. an den Gymnasien. Es werden keine Stellen gestrichen; sie werden lediglich umgeschichtet.

(Lachen des Abg. Norbert Zeller SPD)

Allerdings – auch hier möchte ich die Gelegenheit nutzen, dies in öffentlicher Sitzung anzusprechen –: Auch an mich sind in den letzten Monaten immer wieder Berichte herangetragen worden, dass es an Gymnasien in der Tat im Moment eine sehr angespannte Situation gibt.

(Abg. Nikolaos Sakellariou SPD: Erheblich! – Zuruf von der SPD: Das ist keine Ausnahme!)

Wir haben an den Gymnasien nach wie vor eine deutliche Zunahme der Schülerzahlen. Wir haben immer wieder Probleme aufgrund der Notwendigkeit langfristiger Krankheitsvertretungen, aufgrund von Schwangerschaften und aufgrund der anstehenden Pensionierungen. Im Haushalt sind hierzu Mittel vorhanden, und wir haben auch eine Vertretungsreserve im Umfang von 1 250 Stellen im Land. Dennoch bitte ich auch von meiner Seite aus das Kultusministerium, sich gerade dieses Problems im gymnasialen Bereich noch einmal intensiv anzunehmen

(Abg. Nikolaos Sakellariou SPD: Hört, hört!)

und zu schauen, welche Möglichkeiten wir hier haben, um die personelle Situation etwas zu entspannen.

(Zuruf des Abg. Alfred Winkler SPD)

Ich mache es kurz; Frau Vossschulte hat bereits wesentliche Dinge gesagt. Was die Einstellungspraxis im laufenden Schuljahr anbelangt, bin ich genauso gespannt auf die Äußerungen des Kultusministers wie Sie wahrscheinlich.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Für die Landesregierung erteile ich Herrn Minister Rau das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Land BadenWürttemberg hat in den Jahren zwischen 2000 und 2006 rund 34 000 junge Lehrerinnen und Lehrer eingestellt. Diese Entwicklung hat dazu geführt, dass das Interesse am Lehramt gestiegen ist und dass die Zahl der Studierenden gestiegen ist. Dazu kam, dass in einigen Regionen und Fachbereichen eine regelrechte Lehrerknappheit herrschte.

Wir haben dann fortlaufend zum Lehrerstudium über die Lage informiert und deutlich gemacht, wo die besten Aussichten bestehen, in Zukunft eingestellt zu werden.

(Abg. Alfred Winkler SPD: Ja, stimmt! Da gab es Flyer!)

Offensichtlich sind nicht alle diese Ratschläge angenommen worden. Diese Informationen haben bei der Studienwahl nur teilweise gefruchtet.

So stehen wir jetzt in der Tat vor einer Situation, die für die Lehramtsbewerberinnen und Lehramtsbewerber insbesonde

re im Grund- und Hauptschulbereich in diesem Jahr misslich ist.

(Abg. Alfred Winkler SPD: Oh, Pech!)

Wir haben eine hohe Bewerberzahl, und wir haben aufgrund der stark sinkenden Schülerzahlen – minus 22 500; steigende Schülerzahlen verzeichnen wir nur an Gymnasien und beruflichen Schulen, wo wir auch einen zusätzlichen Lehrerbedarf haben – im Grund- und Hauptschulbereich keine Einstellungsmöglichkeiten für viele der Lehramtsbewerberinnen und Lehramtsbewerber. Wir werden in diesem Bereich eine Einstellungsquote von 25 % erreichen.

Wir werden in anderen Fachbereichen und Schularten auf Einstellungsquoten von bis zu 80 % kommen, also auf Quoten wie in früheren Jahren, zum Teil sogar noch darüber. Das bedeutet, dass man diese Verschiebungen bei der Wahl des Ausbildungsgangs nicht angemessen widergespiegelt hat. Ich kann jede Enttäuschung nachempfinden, aber ich muss auf die Entwicklung der Schülerzahlen verweisen und kann nicht einfach sagen: Weil die ausgebildeten Lehrerinnen und Lehrer jetzt alle da sind, müssen sie alle eingestellt werden. So hat Lehrer einstellung noch nie funktioniert.

(Beifall des Abg. Dietmar Bachmann FDP/DVP – Abg. Alfred Winkler SPD: Sie haben sie doch ange- worben!)

Wir haben ihnen gesagt, wo sie die besten Chancen haben, Herr Winkler. Ich habe das gerade deutlich ausgeführt. Wir haben sie fortlaufend informiert.

(Abg. Carla Bregenzer SPD: Deshalb kriegen die jun- gen Leute mit Sport und Mathematik keine Stellen!)

Deswegen kommen wir heute auf Einstellungsquoten zwischen 25 und 80 %. 80 % ist eine hohe Einstellungsquote für das Lehramt.

Nichtsdestotrotz stellen wir in diesem Jahr bis zum Ende der Sommerferien – das zeichnet sich ab – rund 3 500 Lehrerinnen und Lehrer ein. Das ist eine ganz erhebliche Anstrengung im Landeshaushalt. Wir haben viele Jahre gehabt, in denen wir jährliche Einstellungszahlen von 1 000 und weniger hatten.