Protokoll der Sitzung vom 28.06.2007

(Abg. Reinhold Gall SPD: So ist es! – Beifall des Abg. Reinhold Gall SPD – Zuruf des Abg. Dieter Hil- lebrand CDU)

Die Bayern, die Hessen – alle wenden sich dagegen. Das zeigt, Herr Ministerpräsident: Sie versuchen, von Punkt zu Punkt zu springen und Schlagzeilen zu machen. Sie schaffen es nicht, sich zu konzentrieren. Sie schaffen es nicht mehr, in eigener Linie professionell zu regieren. In diesem Sinn können wir

nur hoffen, dass Sie Ihren inneren Kompass, den Sie seit zwei Jahren vermissen lassen,

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Oh! – Zuruf von der CDU: Welchen inneren Kompass hat die SPD? – Gegenruf des Abg. Alfred Winkler SPD: Ru- he in den hinteren Reihen!)

finden, denn das, was Sie in der Haushaltsdebatte zu uns gesagt haben – „Stören Sie uns nicht beim Regieren!“ –,

(Zuruf von der CDU: Sehr gute Formulierung!)

erscheint mittlerweile in einem ganz anderen Licht. Es bedeutet: Stören Sie uns nicht beim Regieren; wir tun uns selbst schon schwer genug mit diesem Ministerpräsidenten und können froh sein, dass die Bürgerinnen und Bürger, dass die Unternehmen dieses Landes und die Arbeitnehmer solche Leis tungen erbringen, dass es auf die Leistung des Ministerpräsidenten im Moment, in Zeiten des Wirtschaftsaufschwungs Gott sei Dank nicht so sehr ankommt wie in Zeiten, in denen es schwieriger ist.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Oh-Rufe von der CDU – Abg. Dr. Bernhard Lasot- ta CDU: Das war ziemlich unkonzentriert!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Noll.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wenn man Bilanz zieht, ist man natürlich versucht, buchhalterisch Zahlen aufzuführen. Dem will ich an dieser Stelle widerstehen. Viele Zahlen sind schon genannt worden. Ich will beispielhaft ein paar Erfolge und Prinzipien der gemeinsamen Regierungsarbeit unserer beiden Regierungsfraktionen – an der Spitze der Regierung steht der Ministerpräsident – bilanzieren.

Hier wird festgestellt – ich glaube, von Ihnen, Frau Vogt –: Dieses Land ist spitze. Gott sei Dank nehmen Sie die Rankings und auch die externen Bewertungen zur Kenntnis.

(Abg. Norbert Zeller SPD: Trotz dieser Regierung! Das ist das Entscheidende, Herr Kollege! – Gegen- ruf des Abg. Klaus Herrmann CDU: Trotz der SPD!)

Die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes sagen auch nach der Wahl vor gut einem Jahr: Weil wir spitze sind, spitze bleiben und sogar noch besser geworden sind, haben wir richtig gewählt und haben die richtige Regierungskoalition mit dem richtigen Ministerpräsidenten an der Spitze gewählt.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Abg. Wolf- gang Drexler SPD: Wir sind doch nicht überall spit- ze! Erzählen Sie doch keinen Unsinn! Kinderbetreu- ung!)

Herr Kretschmann, Frau Vogt, bei Ihrem Satz „Wir werden unter unseren Möglichkeiten regiert“ ist mir spontan eingefallen, dass die Zwischenbilanz von heute Vormittag lautet: Hier wird von Ihrer Seite unter den Möglichkeiten

(Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: Geredet!)

opponiert. Das muss ich nun wirklich einmal sagen.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU – Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Lassen Sie mich etwas zu dem Motto äußern, unter dem wir gemeinsam angetreten sind und das ich in Bezug zu dem von Ihnen, Herr Kretschmann, zu Recht als „Nachhaltigkeit“ titulierte Thema setzen will. Es schließt sich überhaupt nicht aus, dass man unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit auch fragen muss: Welche Welt, welches Land, welche Kommune wollen wir unseren Kindern und Enkeln hinterlassen? Das ist in der Tat eines der wichtigsten globalen Themen. Wir handeln auch lokal – Stichwort Klimaschutz, Klimaveränderung. Aber weil wir hier konkret Verantwortung tragen und seit der Föderalismusreform auch handeln können,

(Abg. Norbert Zeller SPD: Was tun Sie denn?)

lautet die Frage auch: Welche Haushalte hinterlassen wir unseren Kindern? Können wir es weiterhin tolerieren, dass wir die Schuldenberge immer weiter auftürmen? Der Satz gilt: Auf Schuldenbergen können Kinder nicht spielen.

Hierzu haben wir in der Koalitionsvereinbarung ein ehrgeiziges Ziel formuliert. Wir hatten dieses Ziel schon früher einmal zu erreichen versucht. Wir haben uns nun vorgenommen: Spätestens zum Ende der Legislaturperiode wollen wir zumindest keine neuen Schulden auftürmen – das heißt doch Nettoneuverschuldung von null –; von Schuldenabbau war noch gar nicht die Rede. Jetzt ist dies als Ziel ausgegeben und wird von uns gemeinsam verfolgt, und zwar konkret verfolgt. Während Sie immer wieder fragen, wenn irgendeine Interessengruppe kommt: „Darf es noch ein bisschen mehr sein?“, haben wir nach unseren Prinzipien Haushaltsdisziplin gewahrt.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Da dürfen wir es schon als einen großen Erfolg dieses ersten Regierungsjahrs bezeichnen, dass wir noch mit diesem Doppelhaushalt das Ziel der Nettonull erreichen,

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Noch!)

dass wir weitere nachhaltige Entwicklungen einleiten können, nämlich mit der Gründung eines Pensionsfonds.

(Beifall des Abg. Michael Theurer FDP/DVP)

Nun möchte ich den Kollegen Kretschmann ein bisschen ins Visier nehmen.

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Ein bisschen! – Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Ganz kurz!)

Es wird von Ihnen eine gewisse Beliebigkeit im Regierungshandeln unterstellt. Es wird bösartigerweise eine Prinzipienlosigkeit unterstellt. Ich sage Ihnen eines: Prinzipienlos ist der, der nur ein Prinzip in den Vordergrund stellt und alle anderen Prinzipien im Zweifelsfall vernachlässigt.

(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU – Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Was soll jetzt dieser Spruch?)

Das gilt bei uns insbesondere, wenn es darum geht, ein neues Dienstrecht, eine neue Lösung bei der Versorgung der Landesbediensteten zu suchen. Da muss ich Ihnen schon den Vor

wurf machen, lieber Kollege Kretschmann, dass Sie zwar Gegenentwürfe haben, aber manchmal in zynischer Weise über das hinweggehen, worauf einer wie ich, der über 30 Jahre einen eigenen kleinen Betrieb geführt hat, Wert legt, nämlich, einen dialogorientierten Stil mit denen, mit denen man gemeinsam weiterhin Erfolg haben will, zu verfolgen.

(Beifall der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP)

Ich will hier noch einmal ganz klar benennen, dass unter der Führung des Ministerpräsidenten – die Beispiele sind ja konkret, etwa beim Thema Weihnachtsgeld, wie man es gemeinhin nennt – nicht mit Stammtischparolen argumentiert wird, nicht Äpfel mit Birnen verglichen werden, sondern gemeinsam mit den Beteiligten nach Lösungen gesucht wird. Wir sind da auf einem guten Weg. Diesen Weg wollen wir auch fortsetzen.

(Beifall bei der FDP/DVP)

In diesem Zusammenhang ist von Ihnen, Herr Kretschmann, auch von Vertrauen geredet worden. Welches Vertrauen sollen die Bediensteten des Landes noch haben, wenn sie für Fehler der Vergangenheit – etwa, dass man möglicherweise zu viele Aufgaben an den Staat gezogen und damit zu viel Personal eingestellt hat – bestraft werden? Vielmehr muss man sich konzeptionell klar dazu bekennen: Wir müssen künftig mit weniger Beamten, aber auch mit weniger Aufgaben in diesem Land auskommen. Dann werden wir eine nachhaltige Konsolidierung erreichen.

(Beifall der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP)

Bei dem Thema Aufgabenkritik fällt mir auf, dass immer dann, wenn es konkret wird – da gibt es verschiedene Bereiche, die wir schon jetzt angegangen sind –, die Bedenkenträger auf Ihrer Seite sitzen, etwa wenn es um Subsidiarität geht, wenn es um Privatisierung geht.

(Zurufe der Abg. Norbert Zeller SPD und Franz Un- tersteller GRÜNE)

Lassen Sie mich dieses erste Zwischenfazit ziehen: Wir folgen klaren Prinzipien in der Abwägung. Wir halten klar Kurs, an der Spitze Günther Oettinger. In Ihren Prinzipien ist kein Gegenkonzept erkennbar.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Richtig! – Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Nur Staat!)

Das Wort erteile ich dem Herrn Ministerpräsidenten.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die von den Grünen beantragte Aktuelle Debatte gibt uns Gelegenheit zu einem Schlagabtausch, Gedankenaustausch: Wo steht Baden-Würt temberg?

(Abg. Reinhold Pix GRÜNE: Vor Stoiber!)

Wie war die Entwicklung des letzten Jahres? Was ist die Tagesordnung für die nächsten Wochen? Und wo wollen wir in Baden-Württemberg bei Wirtschaft, Arbeitswelt und Bevölkerung in den nächsten Jahren stehen?

Zunächst: Natürlich stimmt es, dass für die Wirtschaft und die Arbeitswelt, für Wachstum und Beschäftigung die Landespolitik nicht maßgeblich verantwortlich ist. Da haben die Arbeitnehmer mit Fleiß, Kreativität, Flexibilität und Lohnzurückhaltung eine große Verantwortung, die sie wahrnehmen. Da haben Unternehmen, Handwerk, Handel, Mittelstand und Industrie im globalen Wettbewerb Chancen, aber auch große Risiken. Da geht es um Wirtschaftsförderung auf kommunaler Ebene; da geht es um Arbeitsmarkt- und Steuerpolitik – primär auf der Ebene des Bundes –, aber auch darum, ob über lange Jahre hinweg eine gute Bildung, eine gute Infrastruktur und eine enge Beziehung zu Arbeitswelt und Wirtschaft ein Land stärken oder nicht.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Wenn Baden-Württemberg bei beiden entscheidenden Faktoren – Wachstum und Beschäftigung – seit Jahren den ersten Platz hält, ihn ausbaut und festigt, dann kann die Landespolitik dabei nicht völlig ohne Mitverantwortung gewesen sein.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Zuruf des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP)

Im Länderranking der „Wirtschaftswoche“ nimmt BadenWürttemberg nach dem vierten Platz im letzten Jahr in diesem Jahr den