Denn es ist unzumutbar, dort zwei neue Gleise zu bauen für Züge, die für diese Region gar nichts bringen außer Lärm.
Als ich in meiner Jugend mit der Märklin-Bahn gespielt habe, habe ich gewusst: Wenn das eine Gleis so verläuft und das andere so, dass es nicht dazu passt, entgleist der Zug.
Wir haben derzeit zwischen Wendlingen und Esslingen keine europataugliche Schieneninfrastruktur. Diese neu zu bauen – als Tunnel oder auf dem alten Gleis – wäre notwendig. Auch darauf hatte Boris Palmer nie eine Antwort parat.
Hinzu kommt ein dritter Punkt: Wir werden nachher darüber sprechen, ob die Kosten in der Höhe angebracht sind. Das Projekt Pragsattel–Stuttgart–Flughafen–Wendlingen kostet um die 3 Milliarden €. Aber wer glaubt, das andere wäre kostenfrei, der täuscht sich. Alle Berechnungen, die wir haben, besagen, dass die Weiterführung auf der alten Trasse mit zwei neuen Gleisen – egal, ob diese durchsetzbar sind oder nicht – zwischen 2,1 und 2,5 Milliarden € kosten würde. Hinzu käme die Sanierung des Bahnhofs. Das heißt, im Grunde genommen haben wir eine neue Trasse,
eine europataugliche Trasse, die kaum teurer ist als die alte, die rechtlich nicht durchsetzbar gewesen wäre.
Ein weiterer Punkt kommt hinzu: Seit zwölf Jahren wird die Trasse Pragsattel–Stuttgart–Flughafen–Wendlingen geplant. Wir sind mit der Planfeststellung sehr weit. Für diese Strecke werden wir Ende 2008 mit allen rechtlichen und technischen Fragen fertig sein. Das heißt, der Baubeginn mit den vorangehenden Vergaben im Jahr 2010 wird gesichert sein. Für die
andere Trasse, die Weiterführung, die neuen Gleise und die Verbindung zwischen Esslingen und Wendlingen hat es noch nicht einmal eine einzige Arbeitsstunde irgendeines Planers gegeben. Wir müssten dabei von null anfangen und würden wertvolle Zeit verlieren.
Übrigens hat auch die rot-grüne Bundesregierung nie den Auftrag erteilt, parallel zu planen, weder durch Abgeordnete im Aufsichtsrat der Bahn noch im Fachausschuss, noch in der Bundesregierung. Das heißt, auch Rot-Grün hat unsere Trasse zwar sieben Jahre lang verzögert und hat sie nicht genehmigt, hat jedoch die andere Trasse nie aktiv geplant.
Deswegen: Es gibt nur die eine, die richtige, die moderne und die sparsame Streckenführung über die Filder nach Wendlingen und nach Ulm. Alles andere ist eine Schimäre, ein Potemkinsches Dorf, das Palmer hier aufgebaut hat.
Sie haben es geglaubt; aber dahinter ist gar nichts, und Palmer ist weg. Orientieren Sie sich bitte zukunftsgerichtet neu an uns.
Wir haben bei der zweiten Besprechung im April – Teilnehmer waren Mehdorn und wir als Land – bei Herrn Tiefensee erreicht, dass dieser erstmals von einem Gesamtprojekt, einer einheitlichen Neubaustrecke Stuttgart–Ulm, sprach. Seitdem ging es nur noch um die Frage: Wer finanziert vor, wer finanziert mit, und wer bringt welche Mittel ein, damit das Projekt finanziell gestemmt werden kann?
Für Wendlingen–Ulm werden derzeit Kosten in Höhe von 2,0 Milliarden € prognostiziert. Erwin Teufel hat im Jahr 2000 angeboten, dass das Land die Vorfinanzierung sicherstellt. Das heißt, das Land gäbe demnach nicht ein Darlehen über 500 Millionen €, das zurückgezahlt würde, sondern das heißt – und so hat er damals gerechnet –, dass durch die Vorfinanzierung dem Land Haushaltskosten in Höhe von 500 bis 550 Millionen € entstünden. Dieser Summe entspräche heute ein Barwert von 750 Millionen €. Davon gehe ich aus.
Klar ist aber: Im Albaufstieg steckt ein großes Risiko. Man kennt die dortigen Bodenformationen längst noch nicht gut genug. Ob dort die Firma Herrenknecht mit ihren Maschinen schnell durchkommt oder ob sich das Gestein als hart erweisen wird, ob da etwas bröckelt oder nicht, weiß man nicht. Das könnte ein hohes finanzielles Risiko darstellen. Dieses wollte ich nicht eingehen; vielmehr war mein Ziel, es auszuschließen.
(Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Zum Schluss sind noch die Tunnelbohrmaschinen von Herrenknecht da- ran schuld!)
Denn klar ist: Eine Vorfinanzierung, wie sie früher einmal angeboten worden war, bedeutet, dass, wenn das Projekt später realisiert wird, die Vorfinanzierungszeit länger ist und dass
gleichzeitig mehr bezahlt werden muss, falls der Kreditmarkt anzieht. Wenn das Projekt insgesamt teurer würde, bedeutete dies ebenfalls eine insgesamt teurere Vorfinanzierung. Jetzt haben wir mit einem Betrag von 950 Millionen € alle Risiken ausgeschlossen – die Risiken der Baukosten und die Risiken des Kreditmarkts, die ebenfalls nicht mehr unsere Sache wären. Auch die Frage, welche Mittel aus Europa kommen, ist damit abgehakt.
Mit einem gedeckelten Festbetrag stellen wir den Baubeginn mit dem Jahr 2010 sicher. Die Baumaßnahme für die Strecke von Wendlingen nach Ulm wird mit einem Festbetrag des Landes finanziert, wobei das Kostenrisiko beim Bund liegt. Ich halte dies für eine faire Kosten- und Aufgabenteilung, die uns eindeutig von Risiken in den Haushalten befreit.
Damit komme ich zum Thema Pragsattel–Stuttgart–Flughafen–Wendlingen. Um es vorweg zu sagen: Die Tieferlegung des Hauptbahnhofs ist von kommunalem Interesse und berührt mich nur indirekt. Klar ist aber: Wenn ich vom Pragsattel zum Flughafen kommen will, muss ich die Richtung der Gleise um 90 Grad drehen. Sie dann tiefer zu legen macht Sinn, weil dies der Landeshauptstadt, die zwar topografisch wunderbar gelegen ist, aber keine Erweiterungsmöglichkeiten hat, für ein ganzes Jahrhundert mit einem neuen Stadtteil Perspektive und Zukunft bringt.
Deswegen – wegen des kommunalen Interesses – war die Stadt auch immer zur Risiko- und Kostentragung bereit.
Wenn Herr Tiefensee am Samstag davon sprach, dass Stutt gart damit eine Perspektive wie Barcelona und Wien bekomme, wenn die „Stuttgarter Zeitung“ unser Projekt in der Stadtmitte mit der Hafen-City in Hamburg vergleicht – Stuttgart in einem Atemzug mit Barcelona, Hamburg und Wien! – , dann kann ich nur sagen: Dies ist Weltklasse, Champions League. Dies mit der Mithilfe der Stadt zu realisieren ist auch etwas, was Baden-Württemberg insgesamt wichtig sein muss. Die Metropolregion Stuttgart wird damit entscheidend ge stärkt.
Ich bin übrigens sicher, dass dieses Areal gerade für grüne Mandatsträger und Wähler einmal ein begehrtes Wohngebiet sein wird.
Dessen bin ich ganz sicher; denn die Möglichkeiten, zu wohnen, zu arbeiten, Freizeit zu gestalten, S-Bahn, Stadtbahn und Europabahn auf engstem Raum zu nutzen sowie einzukaufen sind dort hervorragend.
Wenn Sie mir zusagen, nicht dort hinzuziehen, dann glaube ich Ihnen das nicht. Denn das wird gerade auch für grüne Lebensverhältnisse ein attraktiver Wohnstandort der Zukunft sein.
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Zurufe von den Grünen – Zuruf der Abg. Heiderose Berroth FDP/ DVP – Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Bil- lig!)
(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Ist der Bahn- hof schon teuer, müssen die Argumente wenigstens billig sein!)
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, in einem Zeitalter, in dem Bahnhöfe geschlossen werden, bauen wir einen neuen Bahnhof in einer entscheidenden Lage, die es bundesweit kein zweites Mal gibt. Wir haben die Chance, dass ein neuer Bahnhof am Flughafen und an der Messe entsteht. Damit haben wir eine Infrastruktur, die es weder in München noch in Frankfurt, noch in Hannover, noch in Köln, noch in Düsseldorf, noch in Hamburg oder in Berlin gibt. Die Autobahn zwischen München und Karlsruhe ist leistungsfähig. Die Stadtbahn soll in den nächsten Jahren in zwei Bauabschnitten über Möhringen, Fasanenhof, das Industriegebiet und dann zur Messe gebaut werden.
Bei der S-Bahn ist eine Taktverdichtung vorgesehen. Die Bundesstraße führt nach Süden. Die Gäubahn kann von Zürich und vom Bodensee aus über Schwarzwald-Baar direkt hierher geführt werden. Außerdem haben wir den Flughafen und die Messe. Dann kommt der Europabahnhof hinzu. Ich bin sicher, dies allein wird schon ein gewaltiger wirtschaftlicher Schub für ganz Baden-Württemberg sein: kurze Wege vom Flughafen zur Messe, zu Fuß zum Bahnhof. Man braucht nicht einmal ein Fahrrad. Das ist eigentlich grünste Politik, wie sie hier nicht besser betrieben werden kann.
Aber klar ist: Der Bund bezahlt hier nur das, was Bundesaufgabe ist: Schieneninfrastruktur. Die Bahn bezahlt nur das, was wirtschaftlich ist. Deswegen war die Finanzierung des Projekts Pragsattel–Stuttgart–Flughafen–Wendlingen nicht leicht. Wir haben jetzt eine faire Aufgaben- und Lastenteilung zwischen der Stadt, der Region, dem Verband Region Stuttgart, dem Land, der Bahn und dem Bund sichergestellt. Ich glaube, dass dabei niemand über den Tisch gezogen worden ist, sondern dass die Aufgaben und Leistungen fair und zumutbar zwischen allen verteilt worden sind.