Protokoll der Sitzung vom 25.07.2007

Wenn Sie gerade meine Ausführungen verfolgt haben, Herr Heinz, dann werden Sie mit Sicherheit vernommen haben, dass wir in der Fraktion hierzu eine andere Meinung haben als der OB von Schorndorf. Auch dies ist in einer föderalen Welt durchaus möglich.

(Beifall bei der SPD – Abg. Claus Schmiedel SPD: Noch bestimmen die Parlamentarier und nicht die Oberbürgermeister! Wo sind wir denn? Seit wann können Oberbürgermeister Gesetze bestimmen? – Zuruf des Abg. Peter Hofelich SPD – Abg. Hans Heinz CDU: Das ist ein kommunaler Praktiker vor Ort!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn Sie unseren Änderungsanträgen bezüglich der zwei maßgeblichen Lücken im Gesetzentwurf zum Nichtraucherschutz heute zustimmen könnten, dann stünde einer Zustimmung unserer Fraktion zum Gesetzentwurf im Ganzen nichts entgegen. Da aber nicht zu erwarten ist, dass Sie sich bewegen – es sei denn, lieber Herr Noll, es gehen heute tatsächlich noch die Wunderkerzen in diesem Haus an –,

(Zuruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

müssen wir den Gesetzentwurf im Ganzen ablehnen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Thomas Blenke CDU: Immerhin kennen Sie uns!)

Für die Fraktion GRÜNE erteile ich Frau Abg. Mielich das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Damen und Herren! Wir werden heute – das haben wir eben gehört – ein Nichtraucherschutzgesetz bekommen. Das ist positiv. Aber wir werden keinen umfassenden Nichtraucherschutz bekommen. Wir werden zwar das Gesetz haben, aber einen umfassenden Schutz gibt es nicht.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Das liegt an den Rau- chern und nicht am Gesetz! – Abg. Alfred Winkler SPD: Wollen Sie die Raucher abschaffen? – Gegen- ruf des Abg. Martin Rivoir SPD: Wie war das mit den getroffenen Hunden?)

Das heißt, es gibt insgesamt zu viele Ausnahmen. Das bedauern wir zutiefst. Ich will das an ein paar Punkten noch einmal deutlich machen.

Wir haben eben schon einmal gehört – das hat Herr Klenk sehr schön ausgeführt –, dass es bei diesem Nichtraucherschutzgesetz darum geht, die Folgen des Passivrauchens einzudämmen und die Leute, die eben nicht rauchen, zu schützen. Es geht nicht darum, den Raucherinnen und Rauchern zu sagen: Ihr dürft in Zukunft überhaupt nicht mehr rauchen. Die dürfen rauchen, aber die dürfen eben nur dort rauchen, wo sie sozusagen nur minimalen Schaden anrichten. Es geht darum, die

Leute zu schützen, die nicht rauchen wollen. Das entspricht genau dem Argument, dass die Freiheit des Einzelnen da aufhört, wo die Freiheit des anderen beginnt.

Ich finde, da müssen wir einfach springen. Wir müssen ganz klar sagen: Wenn wir das wollen, wenn wir das wirklich ernst nehmen, wenn wir die Nichtraucherinnen und Nichtraucher tatsächlich vor den Gesundheitsgefahren des Passivrauchens schützen wollen, dann müssen wir auch konsequent sein und dürfen keine Ausnahmen zulassen.

Ganz besonders gravierend sind diese Ausnahmen im Schulbereich. Es wird zwar gesagt: Es gibt ein grundsätzliches Rauchverbot. Aber ein grundsätzliches Rauchverbot – das habe ich mittlerweile gelernt – ist eben kein umfassendes Rauchverbot. Das ist ein kleiner Unterschied, und der ist wesentlich.

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Das heißt, es gibt Ausnahmen!)

Genau darum geht es. Wir wollen nicht, dass es im Ermessen der einzelnen Schulen liegt, ob sie Raucherecken einrichten – ja oder nein. Wir wollen vor allem nicht, dass es überhaupt Raucherecken gibt. Denn wir alle wissen, dass Raucherecken – eingerichtet für die Leute, die volljährig sind, auch für die Lehrerinnen und Lehrer – ein ganz besonderer Anreiz für die Kinder sind, die eben noch nicht volljährig sind die noch nicht rauchen dürfen. Die werden möglicherweise genau dadurch dazu animiert, außerhalb des Schulgeländes zu rauchen, wo das niemand mehr verbieten kann. Das eigentlich wirklich wichtige Ziel, das wir mit einem umfassenden Nichtraucherschutzgesetz verfolgen wollen, uns verstärkt in der Prävention einzusetzen, wird damit nicht erreicht.

Wenn wir uns für einen umfassenden Nichtraucherschutz einsetzen, dann wollen wir das nicht deshalb, weil wir grundsätzlich der Meinung sind, dass das wichtig ist, sondern deshalb, weil wir sagen: Es geht um die volkswirtschaftlichen Kosten; es geht auch um die Gesundheitskosten, die letztendlich damit einhergehen. Da nenne ich nur ein paar Krankheiten, die verstärkt durch Passivrauchen hervorgerufen werden: Das ist Asthma, das ist Lungenentzündung, das ist Bronchitis, das sind Atembeschwerden und Mittelohrentzündungen. Das alles sind Krankheitsbilder, die erst einmal nicht besonders auffällig sind, die aber ganz besonders verstärkt auftreten, wenn Leute dem Passivrauchen ausgesetzt werden. Genau diese Folgen wollen wir verhindern. Wir wollen einen verstärkten Nicht raucherschutz, und wir wollen auf diese Weise auch die volkswirtschaftlichen Kosten senken.

(Beifall bei den Grünen)

Aus genau diesem Grund sind wir der Meinung, dass es wichtig ist, diesen Nichtraucherschutz auch in den Gaststätten umfassend umzusetzen und auch da keine Ausnahmen zuzulassen. Es ist zum einen überhaupt nicht einzusehen, dass es sinnvoll sein soll, bestimmte Raucherzimmer zu haben.

(Zuruf des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP)

Zum anderen ist es ein Wettbewerbsnachteil für all diese schönen kleinen Kneipen, die keinen zweiten Raum haben, bei denen von vornherein klar ist, dass sie tatsächlich zu einer Nichtraucherkneipe gemacht werden müssen. Die großen Hotels

und Gaststätten können dann möglicherweise einen Raucherraum abtrennen, um eben eine kleine Nische zu schaffen. Die vorgesehene Ausnahmeregelung ist nicht sinnvoll. Sie dient überhaupt nicht der Prävention und führt ganz abgesehen davon auch für die Menschen, die dort arbeiten sollen und müssen, zu einem unzumutbaren Zustand, weil der Arbeitsschutz eben nicht gewährleistet wird.

(Beifall des Abg. Reinhold Pix GRÜNE)

Wir haben verschiedene Änderungsanträge gestellt. Wenn Sie diesen Änderungsanträgen zustimmen – es ist ja durchaus möglich, dass Sie das tun;

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Träumen Sie?)

ich bin da ähnlich optimistisch wie Frau Altpeter –, wenn Sie springen und sich jetzt doch für einen umfassenden Nichtraucherschutz entscheiden, dann stimmen wir dem Gesetz zu. Damit belassen wir es nicht bei einem grundsätzlichen Nichtraucherschutz.

Wir wollen ein Nichtraucherschutzgesetz, das diesen Namen auch tatsächlich verdient. Dann müssten Sie allerdings unseren Änderungsanträgen zustimmen. Wir wollen die Ausnahmen, die jetzt im Gesetzentwurf enthalten sind, heraus haben und wollen einen umfassenden Nichtraucherschutz in den Gaststätten. Wir wollen einen umfassenden Nichtraucherschutz an den Schulen. Wir wollen, dass Hotels, die an Krankenhäuser angegliedert sind, ebenso keine Raucherecken haben. Wir wollen, dass öffentliche Gebäude keine Raucher ecken haben. Wir wollen letztendlich nur eine Ausnahme in Justizvollzugsanstalten und Hospizeinrichtungen sowie Palliativstationen zulassen; da sind wir einer Meinung.

Ich denke, es wäre eine gute Möglichkeit, wenn wir heute vom Landtag aus ein gemeinsames Signal setzen und sagen würden: „Wir wollen diesen umfassenden Nichtraucherschutz; wir springen. Denn uns ist es wichtig, die Menschen, die nicht rauchen wollen, davor zu schützen, Schaden zu erleiden. Die se Gesundheitssicherung ist uns ein großes Anliegen. Darum wollen wir dieses Gesetz hier im Plenum noch einmal deutlich verbessern“. Das wäre mein Anliegen. Wenn das nicht gelingt, wird unsere Fraktion, weil ihr das Gesetz nicht weitreichend genug ist, nicht zustimmen.

Schönen Dank.

(Beifall bei den Grünen)

Für die FDP/DVPFraktion erhält Herr Abg. Dr. Noll das Wort.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Am liebsten würde ich die im Rahmen der Einbringung gehaltene Rede noch einmal halten. Aber das würde Sie wahrscheinlich langweilen. Deswegen will ich es vergleichsweise kurz machen und zunächst nur ein paar wenige Programmsätze voranstellen, die da lauten: Die Freiheit des Einzelnen endet da, wo die Freiheit des anderen gefährdet oder beeinträchtigt ist. Dazu stehe ich in vollem Umfang. Die Freiheit des Rauchers, sich selbst zu schädigen – sonst müsste man das Rauchen ja generell verbieten –, endet da, wo er andere zwingt, mitzurauchen. Punkt. Deswegen stehen wir uneingeschränkt zu dem Thema: Wie können wir

effektiven Nichtraucherschutz gewährleisten, damit der, der sich die Freiheit nimmt, gesund zu leben und nicht zu rauchen, in dieser Freiheit nicht beeinträchtigt wird? Das ist eine völlig klare Aussage.

Zweite klare Aussage: Ganz besonders gilt das selbstverständlich mit Blick auf Kinder und Jugendliche. Da kommt noch ein zweiter Aspekt hinzu, nämlich dass wir – und auch dazu stehe ich – selbstverständlich dafür sorgen müssen, dass die besonders sensible Phase der Kindheit und Jugend nicht durch Passivrauchen beeinträchtigt wird und dass Anreize zum Rauchen nach Möglichkeit vermieden werden. Dazu zählt auch eine möglichst große Vorbildfunktion.

Das sind einmal die grundsätzlichen Aussagen, in denen wir vermutlich alle übereinstimmen.

Wie immer ist es aber so, dass, auch wenn man ein Ziel gemeinsam verfolgt, die Wege dorthin oft sehr schwierig und sehr unterschiedlich sind. Um auch das vorwegzunehmen: Das, was wir Ihnen heute als Nichtraucherschutzgesetz vorlegen, ist das Ergebnis eines langen Diskussionsprozesses, einer langen Diskussion zusammen mit Ihnen, aber auch innerhalb der Regierungsfraktionen, an deren Ende – das will ich gern zugestehen – aus meiner Sicht nach wie vor nicht alles völlig logisch klingt. Aber so ist es halt einmal in der Demokratie: Kompromisse tragen immer auch Schwachstellen in sich. Das ist überhaupt keine Frage.

Wir sollten hier drin bitte auch nicht so scheinheilig diskutieren.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Martin Rivoir SPD: Wer macht denn das?)

Ich wage die Prognose – vielleicht lässt der Präsident es zu; nein, das war nur ein Spaß –, dass wir uns, wenn wir hier eine geheime Abstimmung

(Heiterkeit des Abg. Jörg Döpper CDU)

zu einzelnen Details dieses Nichtraucherschutzgesetzes machen würden, wahrscheinlich alle wundern würden, was bei geheimer Abstimmung und völliger Freigabe der Abstimmung am Ende herauskäme. Da käme nämlich kein effektives Nichtraucherschutzgesetz heraus, sondern Chaos. Leider muss man das so sehen.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Aber nicht wegen uns! – Gegenruf des Abg. Jörg Döpper CDU: Gerade wegen Ihnen! – Gegenruf des Abg. Reinhold Gall SPD: Was?)

Aber noch einmal: Politik ist das Verwirklichen des Möglichen. – Lieber Kollege Döpper, bei mir outen sich manche Kolleginnen und Kollegen aus anderen Fraktionen, die hinter vorgehaltener Hand sagen: Was wollt ihr eigentlich noch alles zu Tode regulieren? So ist es halt! Die trauen sich aber offensichtlich nicht, das zu sagen.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Deren Namen muss ich wissen!)

Zweitens: Wenn man einen Kompromiss gefunden hat, dann sollte dieser gefundene Kompromiss – dafür bitte ich um Ver

ständnis – nicht im letzten Moment, indem man ihn aufdröselt und indem man in verschiedenen Einzeldetails Spielchen spielt, wieder gefährdet werden.

Dafür stehen wir Liberalen in dieser Diskussion nicht bereit. Das muss auch klar sein.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Von daher dürfen Sie nicht auf Wunderkerzen hoffen. Wir stehen zu dem, was wir mit dem Koalitionspartner verabredet haben. So werden wir es jetzt machen.

Der Grund dafür ist nämlich folgender: In der Diskussion über einen effektiven Nichtraucherschutz ist in der Bevölkerung plötzlich unter anderem gefragt worden: Was machen die da eigentlich? Der Bund hat nämlich eine Gesetzesvorlage erstellt und hat dann plötzlich festgestellt: Nein, wir sind ja gar nicht mehr zuständig; jetzt sind die Länder zuständig. Ich muss Ihnen bei allen Bauchschmerzen, die ich an der einen oder anderen Stelle immer noch habe, schon ehrlich sagen: Das verheerendste Signal, das man der Bevölkerung vermitteln könnte, wäre: Jetzt, wo die Länder zuständig sind, bringen sie überhaupt nichts mehr zuwege; vorher haben sie es wenigstens versucht; jetzt bringen sie gar nichts mehr zuwege.

Noch einmal: Im Interesse des Zustandekommens einer Regelung, die den Nichtraucherschutz in diesem Land ver stärkt,