Noch einmal: Im Interesse des Zustandekommens einer Regelung, die den Nichtraucherschutz in diesem Land ver stärkt,
Für den öffentlichen Bereich ist das völlig unstrittig. In ein Amt oder in den Landtag muss im Zweifel jeder Bürger gehen können. Es gibt überhaupt keine Diskussion, dass wir dort einen stringenten Nichtraucherschutz brauchen. Einen noch stringenteren Nichtraucherschutz brauchen wir natürlich in Einrichtungen wie Kindergärten, Jugendhäusern usw. Das ist überhaupt keine Frage, weil es dort auch um Vorbildfunktionen geht. Ich darf aber einfach darum bitten, dass Sie einmal zur Kenntnis nehmen, dass die Baden-Württembergische Krankenhausgesellschaft e. V., die sich, wie ich denke, mit Gesundheit sehr intensiv beschäftigt, gebeten hat: Lieber Gesetzgeber, regle an dieser Stelle bitte nichts; wir gehen verantwortlich damit um; ihr wisst ganz genau, dass wir damit z. B. auf Stationen, in denen Mehrfachsuchtabhängige behandelt werden, schlicht und einfach nicht umgehen können.
Ich nenne auch das Thema Hospiz. – Natürlich treffen wir Ausnahmeregelungen. Ich will damit nur dafür werben, hier bitte schön nicht so zu diskutieren, dass hier die Guten sind, die für Nichtraucherschutz eintreten, und dort die Bösen sind.
(Abg. Claus Schmiedel und Abg. Martin Rivoir SPD, auf die CDU-Fraktion zeigend: Dort sind die Bö- sen!)
In allen Fraktionen gibt es gute und böse Menschen, ich nehme an, in allen Fraktionen mehrheitlich gute.
Mir missfällt auch immer noch der Stil, in dem teilweise diskutiert wird. Kollege Klenk hat auf Mails hingewiesen, die wir von beiden Seiten bekommen. Ich darf sagen, was mich schon getroffen hat: Ein jüdischer Mitbürger hat mir eine Mail geschickt und geschrieben, weil die FDP in der ganzen Geschichte offensichtlich ein bisschen bremse, seien wir die Vergasungspartei. Er hat uns in eine Reihe mit den Verbrechern im Nazisystem gestellt. Ich nehme das an dieser Stelle nicht wirklich ernst. Ich will damit nur sagen: Die Diskussion nimmt manchmal seltsame Züge an. Ich verweise darauf, dass Professor Lütz in seinem Buch „Lebenslust“ schreibt, es werde nicht mehr rational, sondern sehr emotional und sozusagen fast auf dem Hintergrund einer Ersatzreligion diskutiert. Das gipfelt in der Aussage, man müsse, wenn man das ernst nehme, im Grunde genommen sagen, dass wir in allem inkonsequent sind, und man dürfte dann den Tabakanbau nicht mehr subventionieren,
müsste auf Tabaksteuer verzichten und müsste das Rauchen als illegalen Drogenkonsum verbieten. So weit will keiner gehen.
Herr Kollege Klenk hat ein Beispiel gebracht. Herr Kollege Klenk hat zu Recht darauf hingewiesen, dass es – wissenschaftlich belegt – schädlich ist, wenn Schwangere oder deren Partner zu Hause rauchen. Er hat aber selbst zu Recht gesagt: Wir können und wollen da wohl nicht eingreifen. Es stellt sich also die Frage: Wie weit wollen wir regulieren? Immer weiter?
Ein anderes Thema ist das gesundheitswidrige Verhalten insgesamt. Der Alkohol müsste dann genauso ins Blickfeld genommen werden. Ich habe das letzte Mal angedeutet, dass wir dabei sind, den Alkoholmissbrauch zu bekämpfen, weil wir wissen, dass Missbrauch betrieben wird. Das ist überhaupt keine Frage. Wir sollten aber letztendlich nicht bis hin zum Essen – zu fettes Essen, zu süßes Essen usw. – gehen. Da gibt es immer gute Begründungen. Ich spreche jetzt übrigens nicht von Theorien; denn man weiß doch, dass man sich in allerlei Ministerien schon Gedanken über neue gesetzliche Regelungen macht, wenn es um Adipositas oder Alkoholmissbrauch geht.
Herr Klenk, es ist schon richtig, dass da volkswirtschaftliche Schäden entstehen. Da würde ich in einem freien System aber gern den Krankenkassen die Möglichkeit zu unterschiedlichen Verträgen geben. Das gibt es in bestimmten Bereichen übrigens schon. So müssen Sie z. B. für eine Lebensversicherung ankreuzen, ob Sie Raucher oder Nichtraucher sind. Das ist deren System. Aber müssen wir als Gesetzgeber alles bis ins letzte Detail regeln? Wenn wir nämlich anfangen zu regeln, dann ist ein weiterer Regelungsbedarf programmiert.
Es ist ja bekannt – wir sollten jetzt doch nicht so tun, als hätte es sich um eine ganz lockere Diskussion gehandelt –, dass wir insbesondere bei den Gaststätten gesagt haben: Es gibt doch im Grunde Gaststätten, in die man normalerweise frei
willig geht, in die man nicht mit der Familie geht, in die man nicht zum Essen geht. Das sind die berühmten Eckkneipen.
Aber ich sage Ihnen auch ganz offen: Auch für uns bestand im Endeffekt die Schwierigkeit darin, wie wir das alles definieren. Darf der Betreiber Buletten an der Theke anbieten, oder wird die Kneipe damit schon zur Speiseeckkneipe oder was auch immer? Dabei ist deutlich geworden – das mussten auch wir erkennen –, dass man sich dann, wenn man nicht überregulieren will – auch wenn man es persönlich vielleicht anders sieht –, einfach auf eine Linie einigen muss.
Nächster Punkt: Für mich war schon beeindruckend, dass ich, als mir 4 000 Unterschriften von Besitzern solcher Eckkneipen, ihren Besuchern und übrigens auch ihren Angestellten überreicht worden sind,
erfahren habe, dass kein anderer Abgeordneter überhaupt bereit war, diese Karten noch in Empfang zu nehmen.
(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Da ist keiner ange- fragt worden! – Gegenruf der Abg. Heiderose Ber- roth FDP/DVP: Das stimmt doch nicht!)
(Abg. Claus Schmiedel SPD: Das ist doch gar nicht wahr! Die sind nur zur Raucherlobby gegangen! – Gegenruf der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Das ist doch nicht wahr! Scheinheilig!)
Das ist wieder Ihr Stil. Ich werde doch wohl sagen dürfen, dass man die Bedenken und Ängste derer, die eine solche Kneipe betreiben, die dort arbeiten, vielleicht – –
(Abg. Claus Schmiedel SPD: Was wollen Sie jetzt ei- gentlich? Das ist eine scheinheilige Nummer! Sind Sie dafür oder dagegen? – Gegenruf der Abg. Heide- rose Berroth FDP/DVP: Ausreden würde er gern!)
(Abg. Claus Schmiedel SPD: Na also! Dann ist es ja okay! – Gegenruf des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Zuhören!)
Das Parlament ist auch ein Stück weit die Bühne für die Begründung, warum man zu etwas steht. Dann ist es legitim, auch Entwicklungen aufzuzeigen. Es ist auch legitim, aufzuzeigen, welche aus meiner Sicht bedenklichen Entwicklungen
in Diskussionen entstehen, wenn man allein die Frage stellt, welche Auswirkungen eine Regelung auf die Arbeitsplätze in bestimmten Bereichen haben kann, ohne zu vernachlässigen, dass der Nichtraucherschutz nach Möglichkeit dennoch gewahrt ist. Es darf in der Diskussion nicht so weit kommen, dass es schon als unanständig dargestellt wird, diese Frage zu diskutieren und die Anliegen dieser Leute ernst zu nehmen.
Es gäbe viele Details, über die man reden könnte. Ich habe eingangs gesagt, dass wir davon überzeugt sind: Wir müssen das Zeichen setzen, dass wir einen verstärkten Nichtraucherschutz wollen. Ich persönlich will kein Raucherumerziehungsgesetz für erwachsene Raucher. Ob dies an allen Stellen in diesem Gesetzentwurf so ist, darf man noch einmal füglich hinterfragen. Aber ich will das Ganze nicht relativieren. Wir stehen zu Punkt und Komma des gefundenen Kompromisses, und zwar auch zu allen Detailregelungen. Denn jeder, der die Kompromisslösung noch einmal aufdröseln will, gefährdet das gemeinsame Ziel, einen stärkeren Nichtraucherschutz zu gewährleisten.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir beraten heute in zweiter Lesung den vorliegenden Entwurf des Landesnichtraucherschutzgesetzes in der Tat am Ende eines langen Diskussionsprozesses. Ich habe dieses Gesetzesvorhaben schon bei meiner Plenarrede am 28. Juni als einen wichtigen und bedeutsamen Schritt zu einem verbesserten Gesundheitsschutz in Baden-Württemberg bezeichnet. Diese Einschätzung wurde auch durch die vielfältigen Rückmeldungen, die mich seither erreicht haben, mehr als bestätigt. Ich bin froh, dass wir mit diesem Entwurf jetzt doch kurz vor der Ziellinie angekommen sind.
Das Thema Rauch beschäftigt uns ja in der Tat schon lange Zeit. Es wäre natürlich schön, wenn am Ende der heutigen Plenarsitzung letztlich weißer Rauch aufsteigen würde und wir sagen könnten: „Habemus legem“ – wir haben ein Gesetz.
Ich möchte an dieser Stelle nicht mehr auf den gesamten Gesetzesinhalt eingehen; das habe ich bei der Einbringung schon getan. Ich möchte mich vielmehr auf die Fragen beschränken, die vor allem öffentlich diskutiert wurden.
Lassen Sie mich zunächst etwas zum Rauchverbot in Gaststätten sagen. Die sogenannte Deklarationslösung, wonach sich Gaststätten zu Rauchergaststätten erklären können, wird mittlerweile nur noch von einem einzigen Bundesland, dem Saarland, unter bestimmten Voraussetzungen erwogen. Alle anderen Länder haben sich für eine konsequente Linie, also für ein Rauchverbot für alle Gaststätten, entschieden, weil die Deklarationslösung ungeeignet ist, einen verbesserten Nichtraucherschutz zu erreichen.
Es ist hier schon mehrmals gesagt worden: Ziel des Gesetzes ist nicht, das Rauchen zu verbieten, sondern Ziel ist, die Bevölkerung vor dem Passivrauchen zu schützen. Diesem Ziel wird, so denke ich, unsere Regelung doch weitgehend gerecht. Jeder Gaststättenbesucher kann sicher sein, einen rauchfreien Platz zu bekommen. Ich halte den hier gefundenen Kompromiss für konsequent.
Im Übrigen orientieren sich alle Länder sehr eng an dem Beschluss der Ministerpräsidenten vom 22. März dieses Jahres. Das heißt, fast alle Länder haben sich für die Regelung „Nichtraucher im Hauptraum – Raucher im Nebenraum“ entschieden. Auch planen neben Baden-Württemberg fünf weitere Länder ein absolutes Rauchverbot in Diskotheken, wie es auch den Absprachen aller 16 Ministerpräsidenten und Gesundheitsminister entspricht. Sie sehen, es wird deutschlandweit zu fast identischen Regelungen kommen, und zwar auch in den Ländern, in denen Rot oder Rot-Grün regieren. Ich denke, eine Gemeinsamkeit der Länder sollte hier nicht schlechtgeredet werden.
Deshalb ist hier Kritik aus der linken politischen Ecke nicht ganz glaubwürdig. Ich würde wirklich bitten – das ist gerade an die linke Seite gerichtet –, bei den Regelungen zum Arbeitnehmerschutz doch mehr zu tun. Die zuständigen Bundesminister – wenn ich recht informiert bin, gehören sie der SPD an – haben es bisher noch nicht geschafft, die Regelungen zum Arbeitnehmerschutz zu verbessern. Es wäre ein Leichtes gewesen, in das Nichtraucherschutzgesetz des Bundes eine Änderung der Arbeitsstättenverordnung aufzunehmen. Es gilt zwar das Versprechen der Bundesgesundheitsministerin, sie werde, wenn die Länder zu einheitlichen Regelungen kommen, nachziehen. Aber was hält die Bundesgesundheitsminis terin und den zuständigen Arbeits- und Sozialminister Müntefering davon ab, hier eine Vorreiterrolle zu spielen?
(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Claus Schmiedel SPD: Frau Merkel hält sie davon ab! Wer hat denn die Richtlinienkompetenz?)
Liebe Kollegen von der SPD, ich ermuntere Sie, hier Ihren Beitrag zu leisten, wenn Sie auch für Konsequenz sind.
(Abg. Claus Schmiedel SPD: Wo ist denn die Bun- desratsinitiative? Wo ist Frau Merkel? – Gegenruf der Abg. Katrin Altpeter SPD: In Bayreuth!)