Drittens: Die Sicht der Beschäftigten. Die Mitarbeiter im Krankenhaus werden sehen, dass dieses Gesetz keinem Raubbau an ihren Stellen Vorschub leistet, sondern dass die Mitarbeiterinteressen gewahrt bleiben und die Krankenhäuser durch ein flexibleres Standortmanagement weiterhin in der Lage sind, die Arbeitsplätze zu erhalten.
Eigentlich gibt es nur Gewinner. Vielen Dank an das Sozialministerium für diesen Gesetzentwurf. Er ist wichtig; er ist richtungweisend. Wir werden weitere Ausführungen in der zweiten Lesung machen.
Ich will mit einem Satz frei nach Schopenhauer enden. Er hat gesagt: „Gesundheit ist nicht alles, aber ohne Gesundheit ist alles nichts.“
Umgemünzt auf die Krankenhäuser könnte das bedeuten: Die Krankenhäuser sind zwar nicht alles im Gesundheitswesen, aber ohne unsere Krankenhäuser würde vieles im Gesundheitswesen nicht so gut laufen. Danke an die Beschäftigten, danke ans Ministerium.
Frau Präsidentin, liebe Kollegen, liebe Kolleginnen! In der Tat, die Landesregierung hat lange gebraucht, um diesen Gesetzentwurf vorzulegen. Seit Mai letzten Jahres liegt der Bericht der Expertenkommission „Zukunft der Krankenhausstruktur Baden-Württemberg“ vor. Im Herbst hat das Ministerium den Referentenentwurf vorgelegt, und dann war es sehr lange still. Totale Funkstille.
Nun, kurz vor der Sommerpause, ist dem Ministerium offensichtlich beim Aufräumen der Schreibtische aufgefallen, dass dieser Gesetzentwurf endlich auf den parlamentarischen Weg gebracht werden muss.
Ob es der Sache, insbesondere unseren Krankenhäusern dienlich ist, dass zwischen Erster und Zweiter Beratung die Sommerpause liegt, möchte ich an dieser Stelle dahingestellt sein lassen. Ich möchte jedoch feststellen, dass gemessen an den Erwartungen, die die Landesregierung mit der Einsetzung der Expertenkommission geweckt hat, und gemessen an der langen Vorbereitungszeit dieses Gesetzentwurfs das Ergebnis eher bescheiden ausfällt.
Der Gesetzentwurf besteht aus vielen richtigen und begrüßenswerten Detailänderungen, aber an den entscheidenden Stellen werden die Weichen falsch gestellt. Ohne Not öffnet der Gesetzentwurf die Tür zu einer Zweiklassenmedizin an unseren Krankenhäusern. Der bisherige § 32 des Landeskrankenhausgesetzes lautet klar und eindeutig: „Privatstationen werden nicht mehr errichtet und betrieben.“ Diese Regelung soll nun entfallen. Damit beschreitet die Landesregierung einen gesundheitspolitisch falschen und ordnungspolitisch äußerst fragwürdigen Weg.
Was aber noch schwerer wiegt, ist, dass der Gesetzentwurf keine Antworten auf die großen Zukunftsherausforderungen für die baden-württembergischen Krankenhäuser gibt, die Anlass waren, diese Expertenkommission einzusetzen. Die seit dem Jahr 2003 laufende Umstellung der Krankenhausleis tungsvergütung von Pflegesätzen auf Fallpauschalen hat zu großen Umwälzungen in der Krankenhauslandschaft geführt – ein Prozess, der noch lange nicht abgeschlossen ist. Im Jahr 2009 läuft die sogenannte Konvergenzphase aus. Das heißt, ab diesem Zeitpunkt erfolgt die Krankenhausleistungsvergütung vollständig auf der Basis von Fallpauschalen.
Eine Konsequenz dieser Umwälzungen in der Krankenhauslandschaft – ich möchte das aufgrund der fortgeschrittenen Zeit nur kurz ansprechen – ist ein steigender Investitionsbedarf. Um wirtschaftlich zu bleiben, müssen sich die Krankenhäuser modernisieren. Die wirtschaftlich und medizinisch sinnvolle Konzentration bestimmter Leistungen an bestimmten Krankenhausstandorten erfordert oft aufwendige Umbau-, aber vor allem auch Neubaumaßnahmen.
Das Land ist im Rahmen der dualen Krankenhausfinanzierung für die Förderung dieser Investitionen zuständig. Wir stellen jedoch fest, dass die Landesregierung dieser Aufgabe nur unzureichend nachkommt. Das Krankenhausinvestitionsprogramm ist seit Jahren chronisch unterfinanziert. Gegenwärtig beträgt der Antragstau von Maßnahmen, die selbst nach Einschätzung des Sozialministeriums für dringlich erachtet werden, 1,12 Milliarden €. Welche Antwort liefert der Gesetzentwurf auf dieses Problem? Keine, außer dass sich die Krankenhausförderung im Detail weiter verschlechtert.
Ich möchte zusammenfassen: Gemessen an den Zukunftsherausforderungen unserer Krankenhäuser und gemessen an den Erwartungen, die die Landesregierung mit der Einsetzung der Expertenkommission geweckt hat, fällt dieser Gesetzentwurf eher bescheiden aus. In wichtigen Detailpunkten wie bei den Privatstationen sieht der Gesetzentwurf sogar Weichenstellungen in die falsche Richtung vor. Die SPD-Fraktion wird in
den weiteren Beratungen, auch im Ausschuss, darauf drängen, dass diese falschen Weichenstellungen nicht erfolgen und so der Weg zu einem Krankenhausgesetz beschritten werden kann, das den modernen Anforderungen der heutigen Zeit entspricht.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir finden, dass das Änderungsgesetz in seiner Zielsetzung durchaus einige löbliche Ansätze aufweist; das muss ich schon sagen.
Es ist gut, dass Sie die wohnortnahe Notfallversorgung verbindlich regeln wollen. Es ist gut, dass Sie die integrierte Versorgung und die unterschiedlichen Ansätze in der medizinischen Versorgung stärken wollen. Wir finden es auch gut, dass Sie die Zusammenarbeit der unterschiedlichen Häuser erleichtern wollen und die Einrichtung von Leistungsschwerpunkten unterstützen wollen. Das alles findet unsere Unterstützung.
Problematisch finden wir den grundlegenden Tenor in dem Gesetzentwurf zur Änderung des Landeskrankenhausgesetzes. Es wird da eine Tendenz verstärkt, die wir auch schon bei den Eckpunkten zum Heimgesetz, die Sie vorgestellt haben, feststellen konnten, die insgesamt für das Land und vor allem für die Landesregierung typisch sind. Das ist die Tendenz eines zunehmenden Herausziehens aus der Planung. Sie nennen es „Bürokratieabbau“. Ich nenne das so: Es fehlen die Leitplanken. Der Versorgungsauftrag wird nicht mehr wirklich sauber gefasst. Sie haben es verpasst, in diesem Änderungsgesetz Qualitätskriterien als Leitplanken festzulegen, an denen man sich orientiert.
Ich nenne einmal ein Beispiel. Es geht z. B. bei den DRGs darum, dass in den Krankenhäusern bestimmte Operationen gemacht werden können, wenn bestimmte Fallzahlen erreicht werden. Das gilt als ein Qualitätskriterium, aus dem man schließen kann: Wenn diese Mindestfallzahl nicht erreicht wird, dann leidet möglicherweise die Qualität insgesamt darunter.
Nun gibt es ja in Baden-Württemberg zunehmend die Einrichtungen der Perinatalzentren. Insgesamt gibt es davon 15 in Baden-Württemberg. Das sind Zentren – das sage ich jetzt einmal für all diejenigen, die nicht unbedingt medizinische Fachleute sind –, in denen sehr untergewichtige Frühchen versorgt werden.
Es gibt einen Bundesausschuss, der konkrete Kriterien festgelegt hat, die die Voraussetzungen darstellen, unter denen solche Stationen überhaupt eingerichtet werden können. Das sind hoch technisierte mit sehr teuren Instrumenten und einer sehr intensiven personellen Ausstattung versehene Stationen. Diese Stationen sind in Baden-Württemberg reichlich vorhanden. Die Zahl der Frühchen ist in den letzten Jahren jedoch nicht gestiegen. Das heißt, es gibt Stationen, in denen nur zwei
oder drei solcher intensiver Betreuungen im Jahr stattfinden. Da kann man natürlich sagen: Es ist fraglich, ob die Vorhaltung solcher Einrichtungen für zwei oder drei Fälle im Jahr wirklich sinnvoll ist.
Mittlerweile liegen Untersuchungsergebnisse vor, die deutlich aufzeigen, dass gerade die Versorgung dieser sehr untergewichtigen Frühchen in Stationen, in denen wenig Praxiserfahrung vorhanden ist, ganz besonders schlecht verläuft. Das heißt, die Sterblichkeit dieser Kinder ist in solchen Stationen sehr viel höher als in Stationen, in denen sehr viel mehr Kinder behandelt werden. In diesem konkreten Fall hätte ich mir gewünscht, dass Sie da ganz klare Qualitätskriterien vorgeben und klare Leitplanken einsetzen.
Ein anderes Beispiel ist das Kriterium der Planbettenzahl. Sie legen nach wie vor als ein Förderkriterium bei der Investitionsförderung die Zahl der Planbetten zugrunde. Nun haben wir ja mehrfach gehört, dass es angesichts der Einführung der Fallpauschalen eigentlich gar nicht mehr zeitgemäß ist, die Zahl der Planbetten als Kriterium bei der Investitionsförderung zugrunde zu legen, und dass es stattdessen darauf ankomme, Qualitätskriterien zu entwickeln, an die die Investitionen dann geknüpft werden.
Sie wollen das Verbot, Privatstationen einzurichten, aufheben. Für uns ist das ein Punkt, an dem wir in eine vertiefte Diskussion eintreten müssen. Wir befürchten, dass das der Zweiklassenmedizin Tür und Tor öffnet. Die Gefahr ist gegeben, wenn man Privatstationen auf eine breite Basis stellen würde. Die praktischen Beispiele, die es im Land gibt, geben zu dieser Befürchtung Anlass.
Ich denke, dass es wichtig ist – gerade wenn Sie sagen, dass Sie die Qualität und die gute Versorgung in den Krankenhäusern sichern wollen, und wenn der Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher hoch angesiedelt werden soll –, ein paar Aussagen dazu zu machen, wie das alles finanziert werden soll. Mit dem Investitionsstau, den wir jetzt haben, ist das auf jeden Fall nicht zu finanzieren; das ist ganz klar.
Ich habe eben bereits gesagt: Es gibt richtige Ansätze, aber es muss nach unserer Auffassung deutlich nachgebessert werden. Es müssen deutliche Leitplanken eingezogen werden. Wir wollen jetzt in die Diskussion gehen, um ein konkretes und praxisbezogenes Ergebnis zu erzielen. Dann muss man schauen, wie man das Gesetz letztlich ausgestaltet.
Verehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu dieser fortgeschrittenen Zeit ist, denke ich, keine Grundsatzdebatte notwendig.
Aber einen Grundsatz muss man sich, glaube ich, vor Augen halten, nämlich den, dass die Krankenhauslandschaft in Baden-Württemberg vermutlich weniger durch unser Landeskrankenhausgesetz – ob nun novelliert oder nicht novelliert –
bestimmt wird, sondern durch die Bundesvorgaben im Rahmen der Gesundheitspolitik. Ich glaube, wir sind uns alle einig, dass wir gemeinsam – vor allem die, die in Berlin Verantwortung tragen – dafür sorgen müssen, dass mit dem Gesundheitsfonds und dem bundesweit einheitlichen Basisfallwert keine Nivellierung herauskommt, die vor allem zulasten des Landes Baden-Württemberg gehen würde. Das wäre der GAU für unsere Krankenhäuser.
Er fordert mich gerade doch zu einer Grundsatzdebatte heraus. – Nein, ich glaube, wir sollten auch vom Land aus das klare Signal geben, dass wir das bei der Umsetzung der Gesundheitsreform noch einmal überprüft haben wollen.
Zum Thema Monistik, lieber Kollege Hoffmann: Ich bin nicht zufrieden mit dem, was die Gesundheitsministerkonferenz und in ihren Reihen die baden-württembergische Vertreterin, die Frau Sozialministerin Dr. Stolz, beschlossen haben.
Es gab zwar keine absolute und endgültige Aussage dazu, aber das war schon sehr, sehr verhalten. – Nein, das hat überhaupt nichts mit Spaltung zu tun. Wenn man es genau liest, stellt man fest: Es ist richtig, das zum jetzigen Zeitpunkt, in dem wir uns ohnehin in einer schwierigen Phase befinden, nicht zu sehr in den Vordergrund der Debatte zu stellen. Aber unser langfristiges Ziel müsste sein, dass der Staat sich weitgehend aus diesem Bereich herausnimmt und dass das Land nicht mehr als derjenige, der sozusagen mit dem goldenen Zügel Entscheidungen trifft, die Krankenhauslandschaft bestimmt, sondern dass die Versicherten, die Patienten – die sich an der Qualität orientieren und sich nicht nach Vorgaben von irgendjemandem richten – letztlich bestimmen, welches Krankenhaus wo überlebt oder auch nicht überlebt.
Nun wurde gesagt, jetzt sei der Schreibtisch aufgeräumt worden. Wir hatten zu all diesen Themen im Vorfeld eine sehr intensive Diskussion, und ich bin froh, dass an einigen Passagen des ursprünglichen Entwurfs aufgrund der Anhörungsergebnisse doch noch das eine oder andere geändert worden ist.