In meinem Wahlkreis Ludwigsburg kommen auf 100 offene Stellen im Ingenieurbereich gerade einmal 30 arbeitslos Gemeldete.
(Abg. Alfred Winkler SPD: 20 000 in Baden-Würt temberg! – Abg. Michael Theurer FDP/DVP: Sie ha- ben jahrelang die Technik verteufelt! – Gegenruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD: Wir doch nicht! A wa!)
Das heißt, wir können die Nachfrage nicht decken. Da ist natürlich auch der Wissenschaftsminister gefragt. Denn es ist feststellbar, dass von denjenigen, die ein Ingenieurstudium aufnehmen, ein Drittel in den ersten Semestern herausgekegelt werden. Anstatt sie zu unterstützen puscht man sie aufgrund eines falschen Elitedenkens heraus. Auch dieses Problem ist also hausgemacht.
Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, dass es in den Unternehmen eine Mentalität gibt, ältere qualifizierte Ingenieure nur aufgrund ihres Alters nicht einzustellen. Da ziehen wir am selben Strang. Dieser Mentalität müssen wir mit noch mehr Nachdruck entgegenwirken.
Wir brauchen hier ein Gesamtpaket. Ich weise hierzu noch darauf hin, dass die Hälfte der arbeitslos gemeldeten Maschinenbauingenieure Frauen sind,
(Abg. Wolfgang Drexler SPD: So ist es! Jetzt kom- men wir zum Thema! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Jetzt schließt sich der Kreis! Jetzt sind Sie beim Thema!)
Was daraus hervorgeht, ist, dass wir ein Gesamtkonzept brauchen. Das billige Schielen auf den Ansatz „Wir lösen das durch Zuwanderung“ hilft nicht weiter.
(Beifall bei der SPD und der Abg. Edith Sitzmann GRÜNE – Abg. Wolfgang Drexler SPD zur FDP/ DVP: Ich finde das unmöglich, dass ihr dieses The- ma als Tagesordnungspunkt wählt, gerade ihr, die ihr nicht einmal „Ingenieur“ schreiben könnt! Das ist un- glaublich! – Lachen bei der FDP/DVP – Gegenruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Sind Sie Ingenieur? – Gegenruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD: Nein, aber ich kann es schreiben! – Gegenruf von der FDP/DVP: Machen wir einen Test!)
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Die Debatte über den Fachkräftemangel, wie sie heute wieder geführt wird, geht meines Erachtens an einem zentralen Punkt vorbei.
Wir sehen es ja: Die Debatte wird von Leuten bestritten, die sich lediglich um Wirtschaftspolitik kümmern und nicht um das zentrale Problem, das dahintersteckt – nämlich dass wir nicht nur in Baden-Württemberg, sondern allgemein in der Republik eine bildungspolitische Krise haben.
Lediglich 30 % der Betriebe in Baden-Württemberg bilden aus. Das muss uns doch zu denken geben. Wir hatten in den vergangenen 20 Jahren ein Abschmelzen der Ausbildungszahlen um 30 % zu verzeichnen.
Warum? Herr Wetzel, das ist eine gute Frage. Ich möchte zu Ihnen wirklich einmal etwas sagen: Es ist zwar immer schön, Ihre Kommentare zu hören. Wenn Sie hier in Manier der Muppet Show Ihre grantigen Kommentare abgeben, mag das ja ganz lustig sein. Aber es geht an dem Problem vorbei.
(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Gerade ha- ben Sie gesagt, es wäre ein Bildungsthema! Jetzt sa- gen Sie, dass die FDP/DVP für das Wirtschaftsminis terium zuständig sei! Was denn nun?)
Wir hatten in den letzten 13 Jahren einen Rückgang bei den Meisterausbildungen von 11 000 auf 3 300 jährlich zu beklagen.
Wir haben folgendes Problem: In den nächsten Jahren – Herr Pfister, das wissen Sie auch – wird durch Betriebsübergänge ein zusätzlicher Bedarf von 5 000 Meistern entstehen.
Wir steuern in diesem Bereich auf ein großes Problem zu. Der Wirtschaftsminister unternimmt nichts dagegen. Das Land Bayern hingegen erhebt, was die Techniker- und die Meis terausbildung angeht, keine Schulgebühren.
(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Wer hat denn bei Ih- nen den Meister gemacht? – Zuruf der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)
Die fördern die Meisterausbildung, weil sie sagen: Es ist notwendig, in diesem Bereich etwas zu tun.
Sie wissen auch, dass eine Technikerausbildung und eine Meis terausbildung nur dann funktionieren, wenn zuvor eine Ausbildung zum Facharbeiter absolviert wurde und wenn eine Förderung der Weiterqualifizierung betrieben wird. Deswegen ist das auch ein bildungspolitisches Thema. Sie wissen ja, wie das Thema Weiterbildung hier behandelt wird. Es wird zwischen den Ministerien verhandelt; die einen sind dabei für die berufliche Weiterbildung zuständig und die anderen für die allgemeine. Es wird aber nicht konsequent am Thema Weiterbildung insgesamt gearbeitet, obwohl wir das dringend brauchten. Denn die Anzahl der arbeitslosen Ingenieure, unter denen es viele hoch Qualifizierte, häufig in höherem Alter, gibt, zeigt ganz klar, dass es im Bereich der Nachqualifizierung offenbar große Defizite gibt. Dagegen wird nichts gemacht, aber da sind Sie in der Verantwortung. Da können Sie nicht schreien: „Das muss der Bund regeln“, sondern das könnten Sie hier in Baden-Württemberg regeln.
Ein weiterer Punkt, der wichtig ist: In Baden-Württemberg haben 36 % der jungen Migranten keine abgeschlossene Berufsausbildung. Die Analyse zeigt: Wir brauchen hier die Rekrutierung dieses Potenzials, aber Sie müssen etwas dafür tun. Sie müssen eine durchgreifende Reform der allgemeinbildenden Schulen durchführen. Das findet aber nicht statt.
Vielmehr bleibt es beim Status quo, und Sie sagen, alles sei in Butter. Es ist aber überhaupt nichts in Butter; das muss ich Ihnen sagen.
Die Bildungsverlierer, die wir heute haben, werden in der Ecke stehen gelassen. Ich meine, das wirkt sehr zynisch,
und ich möchte auf Herrn Kauder verweisen, der auf die Frage, wie der Facharbeitermangel zu beheben sei und ob man sich bei den Fachkräften in den osteuropäischen Staaten bedienen und hierzu die Freizügigkeit schon früher einführen solle, äußerte – ich zitiere –:
Ich möchte nicht, dass es in der Wirtschaft zugeht wie bei vielen deutschen Fußballklubs: daheim wenig ausbilden und die guten Spieler im Ausland einkaufen.
(Abg. Jörg Döpper CDU: Hat das Herr Schmiedel ge- hört? – Gegenruf des Abg. Claus Schmiedel SPD: Wo er recht hat, hat er recht!)
Dem stimme ich vollständig zu. Wir brauchen in diesem Bereich dringend Reformen, und hier muss sich einiges ändern.
Ein weiterer Problembereich, der angesprochen wurde, ist, dass 50 % der Betriebe in Baden-Württemberg keine Mitarbeiter mehr haben, die über 55 Jahre alt sind.
(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Ungeheuerlich! Ein Skandal! – Abg. Ingo Rust SPD: Dafür hat der Land- tag jede Menge davon!)