Ich habe es schon beim letzten Mal gesagt: Alles, was wir im Landeskrankenhausgesetz möglicherweise regeln, sind vernachlässigbare Stellschrauben gegenüber dem, was gerade auf Bundesebene geregelt worden ist – und zwar falsch geregelt worden ist.
Damit komme ich jetzt zu dem lieben Kollegen Hoffmann, der immer so tut, als gebe es hier ein paar böse Marktwirt
Ich sage Ihnen: Gerade heute hat mich wieder ein Hilferuf erreicht. Der Kreisseniorenrat Esslingen berichtet über konkrete Fälle im Landkreis Esslingen, an denen sich die Auswirkun gen verfehlter Planwirtschaft manifestieren. Die Politiker sind ja immer so klug und stricken mit heißen Nadeln irgendwelche Vorgaben. Und was passiert am Ende? Die Gelackmeierten sind die Beschäftigten im Krankenhaus und vor allem die Patienten.
Da hat man sich nämlich plötzlich ein neues System der Fallpauschalen überlegt, was im Prinzip richtig ist, aber man hat die Folgewirkungen überhaupt nicht bedacht und den Krankenkassen engste Fesseln angelegt, sodass Menschen im Anschluss an eine Akutbehandlung wirklich alleine gelassen werden, weil die Verwaltungstätigkeit, die notwendig ist, damit die Menschen zu ihren berechtigten Ansprüchen und Hilfen kommen, immer länger dauert. Der Heilungsprozess im Körper wartet aber nicht, bis die Verwaltungsleute bei den Krankenkassen oder sonst wo endlich zu Potte gekommen sind.
Die Frage ist, ob der, der mehr vom Menschen her denkt, wirklich sagt: „Wir von der Politik wissen schon, was gut für euch ist“, oder ob man künftig nicht auch die Abstimmung der Versicherten, der Patienten mit den Füßen ein bisschen mehr in den Vordergrund stellt.
Jetzt will ich diese aktuelle Situation zum Anlass nehmen, noch einmal – ich habe es beim letzten Mal schon gemacht – einen Appell an Sie, Frau Sozialministerin, zu richten. Wir wissen alle – ich glaube, jeder weiß es –: Der Vorsitzende der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft, Landrat Weber aus Göppingen – also kein Geldhai und keine Heuschrecke oder sonst irgendetwas –, hat dringend an uns appelliert, dass wir der Großen Koalition jetzt das Signal geben: Ihr dürft dieses sogenannte Sonderopfer der Krankenhäuser, das ursprünglich einmal 1 % betragen sollte und jetzt 0,5 % beträgt, nicht mehr durchsetzen, denn wir gehen in unseren Krankenhäusern, auf Deutsch gesagt, wirklich auf dem Zahnfleisch. Da dreht es sich selbstverständlich nicht nur um die Beschäftigten, sondern da geht es um Qualität, um Zuwendung zu den Menschen, die im Krankenhaus behandelt werden müssen.
Ich finde es schon einigermaßen zynisch, wenn sich dann die Staatssekretärin, Frau Caspers-Merk, hinstellt und sagt – –
Liebe Kollegin Haußmann, ich spreche zur Sache. Es geht darum, was die Menschen interessiert, wie unsere Krankenhauslandschaft im Moment aussieht und was wir hier tun können, um das, was Frau Mielich zu Recht angesprochen hat,
(Abg. Ursula Haußmann SPD: Um das Krankenhaus- gesetz geht es jetzt, an dem die FDP/DVP als Teil die- ser Landesregierung beteiligt war! Darüber reden wir jetzt!)
Da stellte sich Frau Caspers-Merk vorgestern in den „Tagesthemen“ hin und sagte: „Bei den Krankenhäusern ist in der Organisation und in der Verwaltung noch ganz schön viel Luft.“ Dazu muss ich sagen: Es ist wirklich absurd, so etwas zu sagen.
Jeder weiß, wie in diesen Krankenhäusern massiv rationalisiert werden musste, wie man wirklich letzte Wirtschaftlichkeitsreserven ausgepresst hat und zu welchen Problemen es führt, wenn man, nachdem fast 80 % der Kosten Personalkos ten sind, die Personalkosten weiter deckelt, das Budget der Krankenhäuser nur um 0,6 Prozentpunkte erhöht, sie andererseits mit drei Prozentpunkten mehr Mehrwertsteuer belastet – die sie für alle Verbrauchsartikel, die sie haben, zahlen müssen – und die Arbeitszeitgesetzumsetzung natürlich auch mehr Geld kostet.
Aber wir alle waren uns einig: Wir wollen keine übermüdeten Ärzte. Also braucht man mehr Ärzte und muss mehr Geld zahlen. Da geht doch eine Schere auf. Da treiben wir die Menschen, die im Krankenhaus arbeiten – und zwar vom Arzt bis zu denen, die in der Hauswirtschaft arbeiten –, in eine ethische Falle, aus der sich die Politik nicht herausstehlen darf und nicht sagen darf: Für euch ist doch genug Geld da; ihr müsst es nur richtig organisieren.
Wenn man dann noch, wie ich im Sozialausschuss gehört habe, behauptet: „Die blähen ja ihre Verwaltungsapparate auf“ – das war letzthin das Thema bei der Beratung –, dann frage ich: Warum blähen die auf? Weil sie immer mehr mit allerlei bürokratischen Reglementierungen überzogen werden, sodass sie gar keine Zeit mehr haben, sich um die Patienten zu kümmern.
Deswegen ist die klare Botschaft: Ich bitte Sie, Frau Stolz, zu überlegen, ob wir nicht doch einen gemeinsamen Vorstoß in Richtung Bundesregierung unternehmen, dass man den Krankenhäusern dieses Sonderopfer von 0,5 % erlässt. Ich weiß, dass es im ganzen Gesundheitswesen eng ist. Aber angesichts der doch etwas besser laufenden Beitragseinnahmen sollten wir, glaube ich, da noch einmal ernsthaft einen Vorstoß unternehmen. Jedenfalls wir von der FDP sind dazu bereit.
Herr Kollege Dr. Noll, könnten Sie uns verraten, welche Bestimmungen des Gesetzes zur Änderung des Krankenhausgesetzes, das wir heute beraten, diese Missstände, die Sie jetzt mit der Unterfinanzierung der Krankenhäuser usw. dargestellt haben, zu beheben geeignet sind?
Herr Prewo, genau das ist das Thema: dieses ewige Kästchendenken. Wir sollten den Leuten nicht vormachen: Wir machen hier ein Landeskrankenhausgesetz, und dann wird alles gut.
Ich komme noch zu einem konkreten Punkt. Da machen wir gerade einmal bei den Finanzen weiter. Wie kann ich mich hier hinstellen und sagen: „An der Finanzierung mit den 340 Millionen €, die wir jährlich geben, halten wir eindeutig und für alle Zeiten fest“?
Wenn wir, wie Frau Haußmann zu Recht gesagt hat, einen Antragstau von 1,125 Milliarden € haben, dann muss man doch einmal überlegen, ob wir nicht in der Finanzierung auch neue Wege werden gehen müssen. Ich will nicht wieder die ganze Kiste der Monistik aufmachen. Aber man darf sich doch nicht hinstellen und sagen: Einerseits haben wir im Land kein Geld, wir wollen die Nullnettoneuverschuldung erreichen, aber an der Krankenhausinvestitionsförderung werden wir niemals etwas ändern. So geht es halt nun leider nicht.
Nächstes Thema: Subsidiarität. Da bin ich schon sehr froh, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass gegenüber dem ursprünglich vorgelegten Entwurf, bei dem man gesagt hat, das sei ein wichtiger Sektor des Gesundheitswesens, der im Wesentlichen von staatlichen bzw. kommunalen Häusern dominiert werden solle, wobei freigemeinnützige oder private Träger nicht ausgeschlossen werden dürften – so war es am Anfang definiert –, eine Änderung vorgenommen wurde. Auch da gilt für mich als Liberaler und auch für ganz viele Menschen, dass dann, wenn sie sich entscheiden müssen, ob sie in ein Haus unter staatlicher, kommunaler oder freigemeinnütziger Trägerschaft gehen wollen, Wahlfreiheit gegeben sein sollte.
Ich darf auch da ein konkretes Beispiel nennen – wir reden immer so abgehoben –: die Filderklinik auf den Fildern; man verzeihe mir, dass ich ein Beispiel aus meinem Wahlkreis anführe. Man mag dazu stehen, wie man will. Diese Klinik hat sich in dem Bereich der Geburtshilfe einen exzellenten Ruf erworben. Es ist kein staatliches Haus. Ich will, dass nach Möglichkeit nicht wir hier bestimmen, wer gefördert wird, wer was machen darf, sondern dass die Menschen mit den Füßen abstimmen können. Von daher glaube ich, dass wir all unsere staatlichen Rahmenplanungen sehr viel stärker an den Menschen orientieren müssen.
(Beifall des Abg. Michael Theurer FDP/DVP – Abg. Michael Theurer FDP/DVP: Exzellente Rede! – Abg. Reinhold Gall SPD: Wenn sie mit den Füßen abstim- men, wird es eine teure Geschichte!)
Im Moment bitte nicht. Denn meine Redezeit läuft. Er darf anschließend fragen. – Herr Tappeser, Sie dürfen nachher zur Geburtshilfeabteilung der Filderklinik fragen.
(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Ich will jetzt auch die Frage hören! – Abg. Ursula Haußmann SPD: Jetzt fragen Sie schon!)
Mich würde nur interessieren, für was Sie jetzt eigentlich plädieren: für die Privatisierung von sämtlichen Häusern oder für die Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge? Ich blicke es, ehrlich gesagt, nicht.
(Heiterkeit – Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen sowie der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU)