Protokoll der Sitzung vom 11.10.2007

(Abg. Klaus Herrmann CDU: Der liegt doch schon seit heute Vormittag vor!)

Wenn ich mir den Text Ihres Antrags durchlese, kann ich mir das allerdings doch nicht vorstellen. Aber die Frage bleibt einfach bestehen.

(Zurufe – Unruhe)

Hören Sie doch einfach zu; denn sonst verlängert sich das Ganze noch. Ich habe ja zweimal fünf Minuten Redezeit. Wenn Sie wollen, kann ich meine Redezeit wirklich gnadenlos ausschöpfen. Das liegt jetzt auch an Ihnen.

(Zuruf von der CDU: Nutzen Sie sie aus! – Abg. Klaus Tappeser CDU: Das halten wir aber nur mit Doping aus!)

Ich weiß ja nicht, wie Sie sich jetzt gerade gedopt haben. Aber das müssen Sie jetzt schon noch aushalten.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Meine Damen und Herren, das Wort hat Frau Abg. Queitsch.

Wenn Sie mir zuhören, geht es vielleicht auch schneller, und wir brauchen dann vielleicht nicht die ganze vorgesehene Zeit. Zuhören liegt also im Interesse von uns allen.

Meine Damen und Herren, wir haben uns ja in der letzten Plenarsitzung vor der Sommerpause bereits über die Rad-WM unterhalten. Sehr viele von Ihnen haben damals die Hoffnung gehegt, dass im Radsport doch ein Neuanfang möglich ist und dass es eine saubere Rad-WM gibt. Wir haben als SPD-Fraktion schon damals mit einem entsprechenden Antrag unsere Auffassung zum Ausdruck gebracht, dass es mit dem Neuanfang nicht funktionieren werde und dass daher keine Landesmittel für diese Rad-WM ausgegeben werden sollten.

Wir hatten damals große Bedenken, und diese wurden auch von Bundesinnenminister Schäuble geteilt, der ja immer wieder Bedenken geäußert, immer wieder nachgefragt und sich überlegt hat, ob diese Weltmeisterschaft überhaupt stattfinden

soll oder ob es nicht klüger wäre, sie abzusagen. Wir fühlten uns eigentlich durch diese Überlegungen von Herrn Minister Schäuble bestätigt.

Leider, muss man sagen, gab uns jetzt der Verlauf der RadWM recht. Das ganze Hickhack um Ehrenkodex, eidesstattliche Erklärungen, Antidopingregeln, Fahrverbote, die Haltung des Weltradsportverbands UCI, aber, sage ich ganz bewusst, auch die Haltung des BDR zeigten eigentlich, dass die Verbandsfunktionäre und ein Teil der Radprofis die Zeichen der Zeit wirklich nicht erkannt hatten, sodass unsere schlimms ten Befürchtungen bestätigt worden sind.

Jetzt könnte ich mich natürlich hier hinstellen und sagen: „Ich habe es ja gleich gewusst, ich habe ja schon damals gesagt, dass es nicht funktioniert.“ Nur kann ich Ihnen ganz ehrlich sagen: Mir wäre es lieber, wenn Sie sich jetzt hier hinstellen und sagen könnten: „Das war eine saubere, eine wunderbare WM.“ Ich müsste dann sagen, dass ich mich geirrt hätte. Das wäre mir im Zeichen des Sports bedeutend lieber. Dann könnte man sagen, dass es wirklich einen Neuanfang gegeben habe. Aber den gab es einfach nicht.

Um das unter Beweis zu stellen, möchte ich einfach ein paar Schlagzeilen der letzten Tage zitieren, wenn Sie einverstanden sind.

(Abg. Volker Schebesta CDU: Es bestreitet doch nie- mand, dass das keine gelungene Veranstaltung war! Da müssen Sie nicht so lange warten!)

Es geht um das, was mit dieser Weltmeisterschaft alles vorgesehen war. Es ging darum, dass da wirklich ein Neuanfang in puncto Radsport kommt. Der kam eben nicht.

Zu den Schlagzeilen: „Die WM der Justiz“, „Stuttgart stoppt Zahlung an Radverbände“, „Radsport hat Chance vertan“, „WADA hält Boykott aufrecht“, „Konflikt mit Weltverband UCI“, „Am Sieger scheiden sich die Geister“, „Bettini schießt auf imaginäre Gegner“, dann der Gipfel: „Radsportfunktionäre drohen Stuttgart als Veranstaltungsort anzuschwärzen“. Das alles sind Schlagzeilen, die nicht ich erfunden habe, sondern die wirklich in der Presse nachzulesen waren.

Was ich persönlich sehr bedauert habe, ist, dass sich kaum mehr jemand an eine positive Schlagzeile erinnert, nämlich: „Hanka Kupfernagel wird Weltmeisterin“. Das ging eigentlich in der ganzen Presse doch verhältnismäßig stark unter. Hängen geblieben ist nur, dass im Grunde genommen die ganzen Späßchen, die ganzen Mätzchen weitergemacht worden sind. Dies alles zeigt in meinen Augen, dass die Radsportverbände die Zeichen der Zeit wirklich nicht erkannt haben, den Kampf gegen Doping vorbehaltlos zu unterstützen.

(Abg. Dietmar Bachmann FDP/DVP: Ist das auch mit Herrn Scharping abgestimmt?)

Wenn Sie vorhin zugehört hätten, hätten Sie gehört, dass ich auch den Bund Deutscher Radfahrer angesprochen habe. Ich habe im Gegensatz zu manch einem von Ihnen kein Problem, wenn jemand zwar der eigenen Partei angehört, aber Unsinn macht, das auch öffentlich anzusprechen. Dazu bin ich frei genug. Das sollten Sie sich auch einmal angewöhnen. Das wäre ein guter Fortschritt.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE – Zuruf: Präsident Scharping!)

Na und? Deswegen kann ich trotzdem sagen: Wie er sich da verhalten hat, das halte ich für unmöglich. Damit habe ich, wie gesagt, keine Probleme.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Reden Sie doch mit ihm und nicht mit uns darüber!)

Es geht jetzt hier darum, dass Sie anscheinend bereit sind, Steuermittel des Landes Baden-Württemberg für diese WM auszugeben. Deshalb rede ich hier mit Ihnen und nicht mit Scharping allein.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Deswegen habe ich auch gesagt, dass die Radsportverbände – dazu gehört auch der Radsportverband, dessen Präsident Herr Scharping ist – die Zeichen der Zeit nicht erkannt haben und dass es jetzt an der Zeit gewesen wäre, den Kampf gegen Doping vorbehaltlos zu unterstützen, und zwar ohne Schlupflöcher, ohne juristische Klimmzüge. Das wäre im Interesse eines sauberen Sports und gerade im Interesse eines sauberen Radsports nötig gewesen.

Diese Chance ist vertan worden. Deswegen haben wir den Antrag gestellt, dass keine Landesmittel für diese Radsport-WM ausgegeben werden und dass sich das Land Baden-Württemberg auch nicht an einer möglichen Defizitabdeckung der Stadt Stuttgart beteiligt. Ich würde mich freuen, wenn Sie dem zustimmen könnten und wir dadurch ein Signal setzten, dass wir es wirklich ernst meinen mit unserem Einsatz gegen Doping und für eine dopingfreie Sportwelt.

(Beifall bei der SPD – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Mutige Rede!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Schebesta.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Queitsch, die Debatte brauchen wir heute gar nicht so lange zu führen,

(Abg. Christine Rudolf SPD: Das entscheiden Sie, oder was?)

weil zu dem, was Sie sagen, niemand etwas anderes sagt. Niemand hier behauptet, dass die WM eine gelungene Veranstaltung für den Radsport gewesen sei. Das ist parteipolitisch hier im Landtag – ich spreche jetzt für uns und für Sie, aber wahrscheinlich für alle vier Fraktionen zusammen – überhaupt kein streitiges Thema.

(Beifall bei der CDU – Abg. Margot Queitsch SPD: Dann müssten Sie mit uns gemeinsam Konsequenzen ziehen!)

Wir wollen wie Sie und wahrscheinlich wie alle hier keine dopenden Sportler. Wir wollen kein System, das dopende Sportler unterstützt. Wir wollen Vorbilder für die Nachwuchsfahrer. Wir wollen, dass der Breitensport nicht unter den Dopingfällen leidet. Dass dies alles bisher stattgefunden hat und wei

ter stattfindet, das wollten und wollen wir nicht. Wir wollen vielmehr, dass die Chance für einen Neuanfang genutzt wird.

(Beifall des Abg. Dietmar Bachmann FDP/DVP)

Deshalb haben auch Bund, Land und Stadt gemeinsam überlegt, wie man dafür sorgen kann, dass man den Radsport dabei unterstützt, bei dieser WM einen Neuanfang zu versuchen. Dass dabei nicht alles, was man sich vorgenommen hat, gelungen ist, liegt genauso offensichtlich auf der Hand. Dass Bettini die Ehrenerklärung nicht unterschreibt, sondern als früherer Weltmeister startet und wieder Weltmeister wird – dass das nicht dem entspricht, was man erreichen wollte, ist auch völlig klar.

(Zuruf der Abg. Margot Queitsch SPD)

Das zeigt, dass der Radsport insgesamt noch nicht erkannt hat, welcher Gefährdung er gerade ausgesetzt ist. Der Radsport sollte halt irgendwann auch einmal so weit sein, dass nicht nur Nachwuchsfahrer, sondern auch die Spitzenfahrer und alle anderen die Maßnahmen mittragen

(Zurufe der Abg. Christine Rudolf und Reinhold Gall SPD)

und sagen: Das geht so nicht, wir müssen da etwas machen.

(Beifall des Abg. Dietmar Bachmann FDP/DVP)

Wir haben diesen Druck schon auszuüben versucht. Alle zusammen – Stadt, Land und Bund – haben gemeinsam versucht, die Maßnahmen, die wir für richtig gehalten hätten, bei dieser WM durchzusetzen.

(Abg. Christine Rudolf SPD: Das hat aber nicht ge- klappt!)

Ja, das ist ja klar. Trotzdem ist ein Rahmen gezogen worden. Sie wissen genauso wie wir, dass die Stadt Stuttgart auch noch versucht hat, mit einer Klage dagegen anzugehen.

Wissen Sie, Frau Queitsch: Man kann einen solchen Antrag wahrscheinlich nur stellen, wenn man, wie die SPD-Fraktion, keine Stuttgarter Abgeordneten hat. Aber Vertragspartner des Landes ist die Stadt Stuttgart als Veranstalter.

(Abg. Michael Föll CDU: Sehr richtig! – Zuruf der Abg. Margot Queitsch SPD)

Warum sollten wir nach einer gemeinsamen Aktion von Bund, Land und Stadt jetzt die Stadt Stuttgart da herauskegeln und sagen: „Die sollen halt den Schaden haben; das ist uns doch egal; wir sind die Tollen; wir zahlen den Zuschuss an die Stadt Stuttgart nicht aus“?

(Abg. Christine Rudolf SPD: Es gab aber auch in Stuttgart Leute, die das nicht durchsetzen wollten!)

Das kann eine Fraktion machen, wenn sie keine Stuttgarter Abgeordneten hat.