Herr Minister, noch eine Frage zu den fehlenden Ingenieuren und den fehlenden Ausbildungsplätzen. Von drei angehenden Ingenieuren, die ein Studium beginnen, verlässt einer die Hochschule ohne Studienabschluss, weil er das Studium abbricht oder damit nicht weiterkommt. Was ist das für ein Studiensystem, bei dem ein Drittel der Leute, die einen Abschluss in einer gesuchten und gebrauchten Fachrichtung erwerben wollen, aussortiert werden, nur um damit dem Ruf einer Qualitätsausbildung gerecht zu werden und um sagen zu können: „Wir können dieses Drittel nicht brauchen, wir brauchen nur die Besten!“? Von diesen „Allerbesten“ reden Sie. Ist das ein effektives Ausbildungssystem, das ein Drittel der Studienanfänger aussondert?
Ihnen ist hoffentlich nicht entgangen, dass hier der Wirtschaftsminister und nicht der Wissenschaftsminister spricht.
Meine Damen und Herren, ich will auf einen dritten Punkt eingehen. Die „Wirtschaftswoche“ hat festgestellt, dass als drittes wichtiges Element eine gesunde Infrastruktur für Baden-Württemberg als Erfolgsgarant für die Zukunft notwendig ist. Diese so wichtige gesunde Infrastruktur haben wir geschaffen, beispielsweise mit der neuen Messe und übrigens auch mit allen Möglichkeiten der Internationalisierung, die für unsere mittelständischen Unternehmen zunehmend wichtig werden. Wir werden sie auch mit Stuttgart 21 und anderen Maßnahmen schaffen.
Aber Sie haben heute natürlich auch in den Zeitungen gelesen: Wenn es uns jetzt gelingt, zum ersten Mal seit vielen Jahren wieder einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen, wenn wir es darüber hinaus sogar schaffen, dass rund 200 oder 250 Millionen € für die Schuldentilgung zur Verfügung gestellt werden, und wenn wir es außerdem noch schaffen, in einer Größenordnung von 150 bis 200 Millionen € etwas für die Infrastruktur unseres Landes zu tun – z. B. für den Hochschul
bereich, die ländlichen Räume, die Umwelt –, dann ist das gewissermaßen auch die Erfüllung einer Anforderung. Ein Land wie Baden-Württemberg sollte neben Punkten wie Qualifizierung, Technologietransfer, Ausbildung, Weiterbildung und anderes mehr auch weitere Maßnahmen ergreifen, die für die Zukunft des Landes von entscheidender Bedeutung sind.
Was ich sagen will, meine Damen und Herren: Theodor Heuss hat bei der Gründung des Landes Baden-Württemberg von einem „Modell deutscher Möglichkeiten“ gesprochen. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass all die Ansätze, die wir in der Vergangenheit verfolgt haben und die wir heute noch umsetzen – dasselbe gilt aber auch für die Strategien, die wir für die Zukunft verfolgen wollen – dazu geführt haben, dass BadenWürttemberg nicht nur ein Modell deutscher Möglichkeiten, sondern längst auch ein Modell europäischer Möglichkeiten geworden ist.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Wirtschaftsminister hat ziemlich umfassend dargestellt, inwieweit die Wirtschaftspolitik in Baden-Württemberg durchaus einen Beitrag zu dem leistet, was wir jetzt an Erfolgen feiern können. Insofern, Herr Schmiedel, kann die Antwort auf die Frage, ob Baden-Würt temberg seine Hausaufgaben macht, nicht Nein, sondern muss Ja heißen.
Er hat einiges zum Thema Bildung gesagt. Aber darauf kommen wir ja noch zu sprechen. – Umgekehrt ist die Behauptung, die Antwort auf die Frage, ob der Bund seine Hausaufgaben gemacht habe, müsse Ja heißen, relativ verwegen.
Schauen wir uns einmal an, was beispielsweise bei der Sozialversicherungsquote passiert: Klare Zielsetzung war, diese Quote unter 40 % zu drücken. Mit der Erhöhung der Pflegeversicherungsbeiträge ist dieses Ziel bis 2009 nicht mehr erreichbar. Wenn man sich die Steuerreform mit einer intendierten Strafsteuer auf Auslandsinvestitionen anschaut, wird klar, dass dies auf Baden-Württemberg zurückschlagen wird.
Über dieses Abschmelzmodell wurde ja schon intensiv diskutiert. Hier an dieser Stelle ist im Sommer dieses Jahres Finanzminister Stratthaus, der ja einer der Autoren dieser ganzen Reform war, von diesen Plänen zur Erbschaftsteuerreform abge
rückt. Das, was jetzt aus Berlin kommt, führt noch zu einer weiteren Verschlechterung. Ursprünglich war vorgesehen, dass man sich innerhalb von zehn Jahren von einer Steuerpflicht beim Erbe eines Unternehmens wegbewegen kann. Jetzt ist geplant, dass nur noch 85 % steuerfrei sein sollen. Es ist also schon relativ verwegen, zu behaupten, der Bund würde seine Hausaufgaben machen.
(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Paul Nemeth CDU – Abg. Claus Schmiedel SPD: Wieso klatscht da die CDU? Die regiert mit! – Gegenruf des Abg. Paul Nemeth CDU)
Dann haben Sie das Thema Bildung angesprochen. – Jetzt hören Sie zu, Herr Schmiedel. Sie haben ja mit dem Thema Bildung angefangen. – Weil Sie die Wirtschaftspolitik des Landes nicht kritisieren können, weichen Sie auf das Thema Bildung aus. Das ist Ihr gutes Recht.
Da frage ich mich: Warum sind dann vier von neun Eliteuniversitäten in Baden-Württemberg angesiedelt?
Das Zweite, was Sie angesprochen haben, Herr Schmiedel, war das Thema Ausbildung. Beantworten Sie mir doch einmal die Frage, warum wir in Baden-Württemberg mit 3,5 % die geringste Jugendarbeitslosigkeit bundesweit haben, wenn alles so katastrophal ist, wie Sie behaupten.
Abschließend noch ein Wort zu den Grünen: Frau Sitzmann, Sie haben ja kritisiert, dass der Kollege Löffler die Bergpredigt angesprochen hat. Es hat mich schon sehr gewundert
So, wie der biblische Moses das Volk Israel ins Gelobte Land führte, stellt sich auch „Moses Kretschmann“ vor, die Grünen in Baden-Württemberg in die Regierungsverantwortung zu führen.