dass wir aber gerade bei denjenigen Menschen Probleme haben, die wenig Einkommen oder gar kein Einkommen haben?
Frau Kollegin Sitzmann, danke für die Frage. Das zeigt, dass Sie meinen Ausführungen nicht zugehört haben. Jetzt geht Herr Metzger gerade. Ich habe nie verstanden, warum er solche Grundsicherungssysteme als „ultralinks“ versteht und deswegen meint, er müsse sie von den Grünen abgrenzen. Genau in diese Richtung müssen wir in der Familienpolitik gehen: Steuerfreibeträge und dementsprechend für jene, die keine Steuern zahlen – wie beim Bürgergeldsystem –, Kindergeld. Das habe ich übrigens gesagt; Sie haben es nicht gehört. Frau Sitzmann, Sie kennen das Konzept hoffentlich.
Ich glaube, dass wir in der gesellschaftlichen Debatte in eine solche Richtung gehen müssten. Lieber Herr Metzger, Sie sind immer herzlich willkommen in der Debatte, auch bei uns.
(Heiterkeit des Abg. Oswald Metzger GRÜNE – Abg. Katrin Altpeter SPD: Darf er zu euch auch? – Abg. Marianne Wonnay SPD: Bei der FDP ist noch ein Plätzle frei!)
Aber ich behaupte einmal, wir geben für Sozialtransfers gerade im Familienbereich so viel Geld für Einzelmaßnahmen aus, dass wir es uns gegengerechnet leisten könnten, den Familien einen hohen Grundanspruch zu geben, damit sie nachher eben nicht als Bittsteller um ein warmes Essen auftreten müssen.
Zum Zweiten: Nehmen wir das ganz konkrete Beispiel „war mes Mittagessen“. Frau Sitzmann, Sie wissen, dass es nicht immer nur am Geld liegt. Manche Familien geben den Kindern Geld mit, und die Kinder besorgen sich damit am Frittenstand oder beim Hamburgerlokal eine Ernährung, die wir nicht für sonderlich gesundheitsfördernd halten.
Was will ich damit sagen? Natürlich müssen wir, wenn wir z. B. Ganztagsschulen einrichten – das machen viele Kom
munen übrigens schon –, dafür sorgen, dass Kindern, die sich das nicht leisten können, diese soziale Härte abgemildert wird. Das ist überhaupt keine Frage.
Auch da bin ich der Meinung, wir sollten an dieser Stelle jetzt nicht wieder einen Landeszuschuss einführen, sondern zusammen mit den kommunalen Stellen einmal überlegen, ob wir den Kommunen nicht so viel Geld geben sollten, dass sie dieser Aufgabe konkret und korrekt nachkommen können. Deswegen werden wir am 10. Dezember ein Gesamtpaket besprechen müssen,
wie wir die Kommunen künftig unter dem Gesichtspunkt des Konnexitätsprinzips ausstatten wollen. Wir müssen ihnen das Geld geben, wenn wir von ihnen Leistungen verlangen. Wir müssen da zu einer vernünftigen Einigung kommen, bei der wir nicht wieder als Land womöglich zusätzlich ein neues Programm „Kinderernährung“ machen, sondern den Kommunen das Geld geben, damit diese dafür sorgen können, dass sich jedes Kind, wenn es in die Ganztagsbetreuung geht, selbstverständlich auch ein warmes Mittagessen und andere Betreuung leisten können wird.
(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Ursula Haußmann SPD: Dann macht mal! – Zuruf des Abg. Dr. Hans- Peter Wetzel FDP/DVP)
Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen, ich glaube sowieso, dass sich Familienpolitik letztendlich in allererster Linie in der Kommune vor Ort entscheidet. Das heißt, wir müssen sehen, wie wir insgesamt ein familienfreundliches Umfeld schaffen.
Jetzt wollen wir einmal zu den Landesleistungen kommen: Unser Wirtschaftsminister hat die Wohnungsbauförderung so umstrukturiert, dass wir bei der weiteren Entwicklung der Ortskerne unserer Gemeinden Gelder dafür einsetzen können, um familiengerechtes Wohnen, familiengerechte Quartiere künftig auch finanziell unterstützen zu können. Das ist konkrete Landespolitik.
Dabei ist ein Thema: Familie ist nicht nur da, wo Kinder sind, sondern Familie ist da, wo Kinder, Eltern und Großeltern sind.
Das ist das große Thema Generationenzusammenhalt. Es gilt, bei der Weiterentwicklung eines modernen Familienbilds Generationen zusammenzubringen. Ich glaube, auch da sind viele Akteure vor Ort schon heute viel weiter, als es sich mancher Landespolitiker hier im Moment träumen lässt.
In der zweiten Runde werde ich Ihnen gern zu diesen konkreten Modellen, die wir in Zukunft vor Ort unterstützen wollen, noch etwas mitteilen.
(Beifall bei der FDP/DVP – Zuruf der Abg. Ute Vogt SPD – Abg. Marianne Wonnay SPD: In 20 Sekunden, Uli!)
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Strauß von populis tischen Forderungen aus dem Tagesordnungspunkt 1 setzt sich, denke ich, bei Tagesordnungspunkt 2 fort.
Ja. Ich denke, die Ansprache war deutlich. Wenn sie nicht deutlich gewesen wäre, würde ich es wiederholen.
(Abg. Reinhold Gall SPD: Das können wir den Bür- gern so sagen, dass Sie die Forderung nach Mittages- sen für Kinder als Populismus bezeichnen!)
Meine Damen und Herren, auch liebe Kollegen von der Opposition, zunächst einmal möchte ich feststellen, dass die Familien in Baden-Württemberg im Vergleich zu denen in anderen Bundesländern gut dastehen.
Die Beschäftigungsrate ist hoch. Das Bildungswesen ist intakt. Wir haben hervorragende Hochschulen. Die Schulen schneiden in den Vergleichen gut ab.
Wir haben den geringsten Anteil an Schulabbrechern. Und manche Leistungen für Familien gibt es in dieser Form nur hier im Land.
Baden-Württemberg hat zusammen mit Bayern bundesweit die niedrigste Quote an Kindern, deren Eltern Hartz IV beziehen. Verglichen mit anderen Bundesländern, wo fast jedes dritte Kind in einer sogenannten Hartz-IV-Bedarfsgemeinschaft lebt, stellt sich die Situation bei uns mit ca. 9 % deutlich besser dar. Aber natürlich ist auch dieser Prozentsatz zu hoch.
Kinderarmut darf nicht akzeptiert werden. Deshalb hat die Bekämpfung von Kinderarmut in der Tat oberste Priorität.
Hauptursache von Kinderarmut ist Arbeitslosigkeit der Mütter und Väter. Menschen in Arbeit zu bringen heißt deshalb auch, Kinder vor Armut zu schützen. Deshalb ist eine reform orientierte Arbeitsmarktpolitik auch die beste Familienpolitik.
Als Arbeitsministerin warne ich davor, von dem bisherigen Reformkurs abzuweichen. Denn die anhaltend positiven Zahlen am Arbeitsmarkt bestätigen den Erfolg der notwendig gewordenen Reformen.
Lassen Sie mich auf einige Leistungen des Landes für Familien näher eingehen. Eine familienpolitische Maßnahme ist
das schon angesprochene einkommensabhängige Landeserziehungsgeld. Dieses gibt es sonst nur in drei weiteren Ländern. Es bildet neben dem Elterngeld eine wesentliche finanzielle Unterstützung für einkommensschwache Familien gerade in einer Phase, in der junge Familien besonders gefährdet sind, auch was das Armutsrisiko betrifft.
Auch unser Mehrlingsgeburtenprogramm findet sich in dieser Form in keinem anderen Bundesland. Familien mit Mehrlingskindern erhalten ab Drillingen einen Zuschuss in Höhe von 2 500 € je Mehrlingskind.
Stichwort Kleinkindbetreuung: Auch hier sind wir auf einem guten Weg. Wir haben gestern ausführlich darüber gesprochen. Ich bin auch zuversichtlich, dass wir unser Ziel, bis 2013 für 35 % der Kleinkinder einen Betreuungsplatz zur Verfügung zu stellen, erreichen. Auch das habe ich gestern ausführlich dargestellt. Es bedarf da natürlich der Anstrengung aller Beteiligten. Der Bund wird hierzu einen Beitrag leisten, und auch das Land wird hierzu einen Beitrag leisten. Ich bin zuversichtlich, dass es zusammen mit den Kommunen, den Kirchen und freien Einrichtungsträgern gelingen wird, die Kleinkindbetreuungsangebote bedarfsgerecht auszubauen. Nur so können wir die Möglichkeit zur Vereinbarung von Familie und Beruf bieten und auch die Existenzsicherung durch den Beruf ermöglichen. Das ist überhaupt keine Frage.
Wir werden bei diesem Thema ein Gesamtpaket schnüren, das natürlich die Aufgaben der Kommunen, die sich in der schulischen Betreuung, in der Kleinkindbetreuung und in der Kindergartengestaltung ergeben, umfasst. Wir werden uns hier wie auch schon in den vergangenen Jahren mit den Kommunen zusammensetzen und über eine faire Aufgaben- und Las tenverteilung reden,
Das Land wird die Kommunen außerdem ab dem kommenden Jahr bei Maßnahmen der Familienbildung und der Er ziehungshilfe unterstützen. Wir werden gemeinsam mit den Kommunen und Bildungsträgern passgenaue Angebote entwickeln, um Eltern bei ihrer wichtigen Erziehungsarbeit zu unterstützen. Ich glaube, das ist ein eigener Akzent, der hier in Baden-Württemberg sehr wichtig ist. Es geht nicht nur darum, Betreuungsangebote und Erziehungsangebote in Ganztagseinrichtungen zur Verfügung zu stellen. Denn das Wichtigste für die Kinder – das wurde vorhin auch aus der ShellStudie erwähnt – ist die Familie, und die Eltern müssen ihren Teil dazu beitragen und müssen in ihrer Kompetenz gestärkt werden.
(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: So ist es! – Abg. Ursula Haußmann SPD: Das ist richtig, aber es reicht nicht aus!)
Das fängt an mit Bildungsmaßnahmen, die vermitteln, wie wichtig eine richtige Ernährung ist und dass Kinder eben ein Frühstück und ein Mittagessen brauchen, und reicht bis zur Vermittlung des Wertes von Bildung. Das muss auch den Eltern durch unterstützende Bildungsmaßnahmen klargemacht