Jetzt nenne ich Ihnen zum Abschluss ein ganz aktuelles Beispiel – ich gebrauche diesen Begriff jetzt bewusst –, das zeigt, was von den Sprechblasen des Herrn Ministerpräsidenten zu halten ist. Günther Oettinger hat gesagt – als die Bund-Länder-Vereinbarung kam, hat er sich ganz flugs in der „Schwäbischen Zeitung“ vom 7. September 2007 zu Wort gemeldet –, dass das Land den Rechtsanspruch ab dem ersten Jahr freiwillig schon vor dem Jahr 2013 erfüllen wolle.
(Abg. Ursula Haußmann SPD: Oh! Stöhnen der Abg. Ursula Haußmann! – Zuruf des Abg. Bernd Hitzler CDU)
Wir haben das dann in einem Antrag abgefragt. Darauf kam eine Stellungnahme der Landesregierung. Sie können diese in der Drucksache 14/1710 nachlesen:
Dabei wird es auch um die Frage gehen, wie das Anlie gen des Herrn Ministerpräsidenten, das Betreuungsan gebot für Kleinkinder bereits vor 2013 bedarfsgerecht auszubauen, entsprechend umgesetzt werden kann.
In der jüngsten Stellungnahme der Landesregierung zum Thema, diesmal zu einem Antrag der Kolleginnen und Kollegen der Fraktion GRÜNE, heißt es:
Die Einführung eines Rechtsanspruchs auf einen Betreu ungsplatz für Kleinkinder bereits vor 2013 steht derzeit nicht zur Diskussion und wird seitens der Landesregie rung auch nicht unterstützt.
Es sind also Sprechblasen, meine sehr geehrten Damen und Herren. Solange Sie uns nicht durch Taten eines Besseren belehren, bleibt es dabei, dass das „Kinderland“ ein schöner Begriff ist, mit dem aber leider auch Etikettenschwindel betrieben wird.
Als es um die Essensversorgung von Kindern ging, hat er sich dahin gehend geäußert, dass es Aufgabe der öffentlichen Hand sei, dafür zu sorgen, dass Kinder morgens ein Frühstück und mittags ein Mittagessen bekommen.
Und er überlegt sich, wie Land und Kommunen gemeinsam einen Weg finden können, dies den Kindern ohne Stigmatisierung zukommen zu lassen. Da gibt es intelligente Systeme. Ich denke, da werden wir auch einen Weg finden.
Es gibt weiter die Aussage – dazu stehen wir auch als Regierungsfraktion –: Wenn wir uns über mehr Mittel unterhalten, dann über Mittel aus den Zinseinsparungen. Ich habe heute Morgen im Radio gehört: Bei der gestrigen Einbringung des Haushalts der Stadt Ludwigsburg war auch davon die Rede, dass zur Finanzierung des Ausbaus der Kinderbetreuung, gegebenenfalls auch der Beitragsfreiheit, möglicherweise ab 2010 die Grundsteuer erhöht werden solle. Das heißt, man muss vom Bürger, auch von den Familien, irgendwo wieder Geld nehmen, um andere Wohltaten, die man – manchmal zu großzügig – verteilen will, zu finanzieren.
Ich darf noch einmal auf einen Punkt hinweisen, den die Ministerin angesprochen hat. Uns kommt es – das hat die Kollegin Lösch richtig gesagt – auf die Qualität an, nicht nur auf die Quantität. Aber wenn wir von Qualität reden – ob im Kindergarten oder bei der Kinderbetreuung –, dann tun Sie bitte nicht so, als ob unsere Erzieherinnen schlechte Arbeit leisten würden.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Karl-Wil- helm Röhm CDU: So ist es! Hervorragende Ausbil- dung! Jawohl! – Abg. Marianne Wonnay SPD: Das ist doch Quatsch! Was ist denn das für ein Quatsch? – Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Immer diese alten Ar- gumente aus der Mottenkiste! Wir sind doch schon viel weiter! – Unruhe)
Ich kann Ihnen nur sagen: Viele Dinge, die Sie hier ansprechen und deren Fehlen Sie kritisieren, finden vor Ort schon längst statt. Haben Sie doch einfach ein bisschen mehr Vertrauen in unsere Träger und in unsere Kommunen vor Ort, die hier hervorragende Arbeit leisten und auch Angebote schaffen.
(Beifall bei der CDU – Abg. Reinhold Gall SPD: Sa- gen Sie einmal, wie das bei Ihnen in Ihrer Gemeinde ist, als Beispiel! Gibt es da Mittagessen? Nein!)
Wir machen einen Unterschied, Herr Gall, in den Gemeinden, aber auch im Land. Wir sagen immer – das war auch unser Thema beim Ausbau der Betreuungsangebote –: Wir haben ein gespaltenes Verhältnis zu dieser Vorgabe mit dem Rechtsanspruch auf eine Versorgungsquote von 35 % ab 2013. Das kann man ruhig sagen.
Wir haben bislang immer die Haltung eingenommen: Wir wollen einen bedarfsgerechten Ausbau. Mit dieser Aussage und diesem Ansatz sind wir in Baden-Württemberg bislang nicht so schlecht gefahren.
Dort, wo der Bedarf ist, wo die Notwendigkeit besteht, wo Familien darauf angewiesen sind, müssen wir Angebote schaffen. Wir müssen das aber – ich sage es noch einmal – nicht mit der Gießkanne über das ganze Land verteilen.
Dazu gab es heute Morgen die richtige Aussage, dass mit 35 % auch nicht gemeint sei, dass das überall sein müsse. Es kann durchaus sein, dass es Bereiche gibt, in denen man weniger braucht, aber auch andere Bereiche, in denen man mehr braucht. Aber noch einmal: Ich muss die Kommunen hier einfach lobend erwähnen. Nehmen Sie die Stadt Stuttgart. Sie
Die Sozialbürgermeisterin erzählt – das sind erschütternde Zustände; die wollen wir nicht; es ist mit unsere Aufgabe, hier für Abhilfe zu sorgen –, dass Kinder ohne Unterwäsche in die Schule kommen und anderes, nur weil die Eltern sich das nicht leisten können.
Deshalb müssen wir an diesen Punkten ansetzen. Da sind wir miteinander auf einer Linie. Aber – das sage ich abschließend – wir stehen auch zu unserer Linie, zu sagen: Wir können nicht jetzt, weil gerade irgendwo Geld zur Verfügung steht, dieses Geld einfach großartig über das Land verteilen.
Ich sage Ihnen nur, was Ihr Bundesfinanzminister gestern Abend gesagt hat. Diese Diskussion wird auch in Berlin geführt. Er hat das mehr an seine Genossinnen und Genossen in Berlin gerichtet: Er würde schon die erotisch verklärten Augen der Kollegen sehen, die nicht wissen, was sie jetzt mit dem Geld anfangen sollen, und das wieder großzügig verteilen wollen.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Aufzählungen der familienpolitischen Glanzleistungen, die Frau Ministerin Stolz vorher vorgebracht hat, haben mich doch sehr an die „Wir-sind-spitzeZeiten“ unter Ministerpräsident Teufel erinnert.
Liebe Frau Sozialministerin, nach einer Erhebung des Bremer Instituts für Arbeitsmarktforschung und Jugendberufshilfe leben in Baden-Württemberg 150 000 Kinder von Sozialhilfe. Das entspricht einer Steigerung gegenüber dem Vorjahr um 12,6 %.