Protokoll der Sitzung vom 28.11.2007

Das Wort erhält Herr Staatssekretär Fleischer für die Landesregierung.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die letzten Auseinandersetzungen veranlassen mich zu dem Rat, dass wir nicht wechselseitig mit Verdächtigungen arbeiten sollten, sondern uns mit dem beschäftigen sollten, worum es geht, nämlich mit dem Glücksspielstaatsvertrag.

Der Landtag befasst sich heute zum dritten Mal mit diesem Vertrag. Mit ihm ziehen wir Konsequenzen aus der Entschei

dung des Bundesverfassungsgerichts vom März vergangenen Jahres zum bayerischen Sportwettenmonopol.

Der Entwurf des Glücksspielstaatsvertrags hat bekanntermaßen heftige Diskussionen in den Landtagen und in der Öffentlichkeit ausgelöst. Das verwundert nicht, wenn man bedenkt, wer alles sich – ob mittelbar oder unmittelbar – etwas von einer Liberalisierung des Sportwettenbereichs und vielleicht des gesamten Lotteriebereichs versprochen hat.

Das Bundesverfassungsgericht hatte bekanntlich für eine Neuregelung zwei Wege aufgezeigt: erstens die Ausgestaltung des staatlichen Wettmonopols konsequent an der Bekämpfung der Spielsucht und zweitens die Zulassung eines gewerblichen Wettangebots mit entsprechender Wirtschaftsaufsicht. Die Regierungen der Länder haben entschieden, weiterhin am staatlichen Lotterie- und Wettmonopol festzuhalten. Mit dem Glücksspielstaatsvertrag werden die entsprechenden Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts umgesetzt.

Schon seit jeher waren sich die Länder bewusst, welche Gefahren mit dem Glücksspiel verbunden sein können, und dem entspricht auch seit jeher die Glücksspielpolitik unseres Lan des Baden-Württemberg. Auch in Zukunft werden sich das Spielangebot, die Werbung und der Vertrieb noch konsequen ter am Spieler- und Jugendschutz ausrichten.

Ich bin der Meinung, dass mit dem vorliegenden Glücksspielstaatsvertrag ein zukunftsfähiges Konzept für die staatlichen Lotterien und Wetten geschaffen worden ist. Der neue Glücksspielstaatsvertrag ermöglicht die Fortführung des bewährten staatlichen Lotterie- und Wettangebots.

Seit rund 50 Jahren – und wenn man diesen langen Zeitraum betrachtet, kann man eben nicht von einem „zeitlich befris teten Provisorium“ sprechen – veranstalten die Länder Sportwetten, vor allem das Zahlenlotto, und halten damit ein seriöses und verlässliches Spielangebot bereit, das der ordnungsrechtlich gebotenen Kanalisierungsfunktion hervorragend gerecht geworden ist. Außerdem hat dies in Bezug auf die Förderung öffentlicher und gemeinnütziger Zwecke in den Bereichen Kultur, Sport und Soziales eine erfreuliche und für die Betroffenen existenzielle Nebenfolge. Diese Förderung kann z. B. beim Sport nicht durch Sponsorengelder privater Wett anbieter sichergestellt werden, denn davon hätte der Breitensport, dem jährlich 59 Millionen € zur Verfügung gestellt werden, überhaupt nichts.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Darum geht es doch nicht!)

Die Allgemeinheit und der Breitensport im Besonderen profitieren nur, wenn das staatliche Lotterie- und Wettangebot bestehen bleibt.

Diese staatlichen Angebote waren und sind nicht nur attraktiv, sondern sind auch künftig mit der ordnungsrechtlichen Zielsetzung des neuen Glücksspielstaatsvertrags vereinbar. Der Glücksspielstaatsvertrag weist gerade den Ländern die Aufgabe zu, ein ausreichendes Glücksspielangebot vorzuhalten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Glücksspielstaatsvertrag schafft Klarheit, wohin die Reise in Zukunft gehen soll. Der Glücksspielstaatsvertrag schreibt das umfassende staatliche Lotterie- und Wettmonopol fest. Die Veran

staltung von Wetten ist dem Staat vorbehalten. Eine Ausnahme stellen die Pferdewetten dar, die in Deutschland aber keine herausragende Bedeutung haben. Privatlotterien bleiben gemeinnützigen Veranstaltern in gewissen Grenzen erlaubt.

Der Staatsvertrag gilt aus kompetenzrechtlichen Gründen nicht für das suchtgefährdendere gewerbliche Spiel, also die Spielautomaten in Gaststätten und Spielhallen. Ich habe das letzte Mal schon erwähnt, dass die Ministerpräsidenten demgemäß bereits in ihrer Sitzung am 13. Dezember des letzten Jahres die Bundesregierung aufgefordert haben, die in der Gesetzgebungskompetenz des Bundes geregelten Bereiche des gewerblichen Automatenspiels und der Pferdewetten den Zielen und Maßstäben des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen anzupassen. Nur so, meine sehr verehrten Damen und Herren, lässt sich die geforderte Konsistenz erreichen.

Der Glücksspielstaatsvertrag ist auch zukunftsfähig. Kritiker werden nicht müde – wir haben das auch heute hier wieder gehört –, verfassungsrechtliche und europarechtliche Bedenken gegen den Entwurf des Glücksspielstaatsvertrags ins Feld zu führen. Vor allem wird immer auf die kritische Meinungsäußerung der EU-Wettbewerbskommissarin verwiesen. Diese tritt bekanntermaßen für eine Liberalisierung ein. Das letzte Wort hinsichtlich des Glücksspielstaatsvertrags haben die Gerichte – wie Herr Kollege Groh vorhin schon zutreffend festgestellt hat –: das Bundesverfassungsgericht und der Europäische Gerichtshof.

Herausragendes legitimes Regelungsziel ist die Gewährleis tung eines umfassenden Spieler- und Jugendschutzes. Dafür brauchen wir ein umfassendes Lotterie- und Wettmonopol. Wie in einem liberalisierten Glücksspielmarkt ein umfassender Spieler- und Jugendschutz gewährleistet werden soll, erschließt sich nicht nur mir nicht. Das Lotterie- und Wettangebot wäre weder von der Angebotsseite begrenzbar noch hinreichend überwachbar. Taugliche Alternativkonzepte zum Monopol wurden in den vergangenen eineinhalb Jahren auch nicht vorgelegt.

Das Bundesverfassungsgericht und der EuGH haben dem Gesetzgeber hinsichtlich der Ausgestaltung des Schutzniveaus einen weiten Einschätzungsspielraum gelassen. Das haben sie bewusst getan, wussten die Richter doch, welche negativen Folgen eine Liberalisierung für die Suchtbekämpfung und den Jugendschutz haben könnte, ja haben würde.

Der Europäische Gerichtshof akzeptiert im Hinblick auf den umfassenden Spieler- und Jugendschutz staatliche Glücksspielmonopole. In zahlreichen Entscheidungen hat er Einschränkungen der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit, die durch ein Monopol entstehen können, akzeptiert. „Gambelli“ oder „Placanica“ sind nur zwei Namen, die dafür stehen.

Schon im Mai dieses Jahres hat das OVG Bremen entschieden, dass der Entwurf des Glücksspielstaatsvertrags einer der vom EuGH für zulässig erachteten nationalen Handlungsoptionen entspricht. In den letzten Wochen haben der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg am 5. November 2007 und das OVG Hamburg am 16. November 2007 das Sportwettenmonopol ausdrücklich bestätigt.

Daher bin ich, meine sehr verehrten Damen und Herren, der Überzeugung, dass der Glücksspielstaatsvertrag vor dem Bun

desverfassungsgericht und dem Europäischen Gerichtshof Bestand haben wird. Er wird in Zukunft eine verlässliche Grundlage für das staatliche Lotterie- und Wettwesen sein. Daher bitte ich Sie, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, dem Gesetz zur Ratifizierung des Glücksspielstaatsvertrags Ihre Zustimmung zu erteilen.

(Beifall bei der CDU sowie Abgeordneten der SPD und der FDP/DVP – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Sehr gut!)

Meine Damen und Herren, in der Allgemeinen Aussprache liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir kommen daher in der Zweiten Beratung zur A b s t i m m u n g über den Gesetzentwurf Drucksache 14/1930.

Abstimmungsgrundlage ist die Beschlussempfehlung des Finanzausschusses, Drucksache 14/1998, Ziffer 1. Der Finanzausschuss empfiehlt Ihnen, dem Gesetzentwurf unverändert zuzustimmen.

Ich rufe auf

Wer § 1 zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – § 1 ist einstimmig zugestimmt.

Ich rufe auf

Wer § 2 zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – § 2 ist einstimmig zugestimmt.

Ich rufe auf

Wer § 3 zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – § 3 ist einstimmig zugestimmt.

Die Einleitung

lautet: „Der Landtag hat am 28. November 2007 das folgende Gesetz beschlossen:“.

Die Überschrift

lautet: „Gesetz zu dem Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland (Glücksspielstaatsvertrag – GlüStV)“. – Sie stimmen der Überschrift zu.

Wir kommen zur

S c h l u s s a b s t i m m u n g

Wer dem Gesetz im Ganzen zustimmt, den bitte ich, sich zu erheben. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Dem Gesetz wurde einstimmig zugestimmt.

Ich stelle nunmehr den hierzu vorliegenden Entschließungsantrag der Fraktion der CDU, der Fraktion der SPD, der Fraktion GRÜNE und der Fraktion der FDP/DVP, Drucksache 14/2040, zur Abstimmung. Wer diesem Antrag zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Dem Entschließungsantrag wurde einstimmig zugestimmt.

Wir haben noch abzustimmen über die Ziffer 2 der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses, Drucksache 14/1998. – Sie stimmen zu.

Damit ist Punkt 6 der Tagesordnung erledigt.

Ich rufe Punkt 7 der Tagesordnung auf:

Zweite Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Änderung des Landesrichtergesetzes – Drucksache 14/1900

Beschlussempfehlung und Bericht des Ständigen Ausschus ses – Drucksache 14/2016

Berichterstatter: Abg. Rainer Stickelberger

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat eine Allgemeine Aussprache mit einer Redezeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt.

In der Allgemeinen Aussprache erteile ich Herrn Abg. Palm das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Über Richter richten – was sensibel klingt, ist auch eine sensible Sache, auch wenn es sich lediglich um dienstliche Beurteilungen handelt. Denn es prallen unterschiedliche Interessen aufeinander: zum einen die Durchsetzung des Leistungsprinzips – dieses Prinzip muss auch in unserer Justiz gelten – und zum anderen natürlich die Unabhängigkeit der Richter. Diese Gratwanderung ist mit dem vorliegenden Gesetzentwurf sehr gut gelungen.