Protokoll der Sitzung vom 28.11.2007

Ganz ruhig bleiben, Kollege Zimmermann; wir halten es auch immer aus, wenn Sie Ihre Ausführungen machen.

(Heiterkeit)

Im Gegenzug wäre es gut, wenn Sie mir auch kurz zuhören würden.

Ein einziges Bundesland, nämlich Baden-Württemberg, meint nun, die Bewährungs- und Gerichtshilfe auf einen privaten Träger übertragen zu müssen. Lesen Sie einmal nach, was in den anderen Bundesländern zu diesem Thema diskutiert wird, und schauen Sie einmal nach, was bei uns möglich gewesen wäre. Ich bin mit Ihnen der Auffassung, dass es Reformen innerhalb der Bewährungs- und Gerichtshilfe bedurft hätte. Ich bin mit Ihnen auch der Auffassung, dass wir dort eine andere EDV-Ausstattung gebraucht haben.

(Zuruf des Abg. Michael Theurer FDP/DVP)

Das ist überhaupt keine Frage. Aber das wäre auch im Rahmen einer staatlichen Aufgabenwahrnehmung möglich gewesen. Gerade deswegen kann ich nicht verstehen, warum Sie die Bewährungs- und Gerichtshilfe sozusagen mit aller Macht, mit aller Raffinesse und mit aller Geschwindigkeit, mit der Sie dieses Gesetzgebungsverfahren durchziehen, privatisieren wollen.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Weil sie dem eigenen Staat misstrauen und immer meinen, sie könnten alles bes- ser!)

Ein weiterer wichtiger Gesichtspunkt kommt hinzu: Wenn man schon privatisiert, muss man ja schon einmal die Frage diskutieren, ob denn dann tatsächlich mehr Effizienz entsteht.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Ja! – Abg. Dietmar Bachmann FDP/DVP meldet sich zu einer Zwischen- frage. – Glocke der Präsidentin)

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ja, gleich. Aber den Gedanken muss ich vorher schon noch zu Ende führen, Frau Präsidentin.

Bitte sehr.

Nachher gern.

Wenn ich im Ausschuss nachfrage, wo denn die Effizienz bleibt, und ich den Staatshaushaltsplan des Landes Baden

Württemberg zur Hand nehme und feststelle, dass wir jetzt 7 Millionen € an die NEUSTART abführen, sozusagen als Betrag zur Installation dieser Dienststellenstruktur, für die Übernahme dieser Aufgabenstellung, dass gleichzeitig aber alle Kosten für die nach wie vor verbeamteten Bewährungshelferinnen und Bewährungshelfer bis hin zu den Kosten für die Räumlichkeiten usw. beim Land bleiben, dann frage ich Sie, wo dort perspektivisch die Einsparungen bestehen sollen. Im Ausschuss hat mir der Minister jedenfalls keine präzise Antwort gegeben. Insofern müssen wir auch aus Kostengründen dieses Vorhaben ablehnen.

(Beifall bei den Grünen)

Bitte, Herr Kollege.

Vielen Dank, Herr Kollege Oelmayer. Ich wollte Sie fragen, ob es denn sinnvoll ist, auf andere Bundesländer zu schauen, wenn wir doch immer an der Spitze einer Bewegung sind und es auch hier so ist.

(Abg. Nikolaos Sakellariou SPD: Brauchen Sie nicht zu beantworten! – Abg. Reinhold Gall SPD: Brauchst du nicht zu beantworten! – Weitere Zurufe von der SPD)

Stichwort „Spitze einer Bewegung“: Wenn eine Bewegung keinen Sinn macht, brauche ich gar nicht auf andere Bundesländer zu schauen; da bin ich selbst so gescheit und muss das einfach ablehnen, und zwar aus verfassungsrechtlichen und aus Kostengründen.

(Beifall der Abg. Bärbl Mielich GRÜNE)

Insofern kann ich diese Argumentation und diese Fragestellung nicht verstehen.

Ich komme zum Ende, Frau Präsidentin. Letztendlich geht es uns im Kern nicht um die Fragestellung, ob Bewährungshelferinnen und Bewährungshelfer in der einen oder in der anderen Struktur ihre qualifizierte und engagierte Arbeit nicht erbringen können. Das tun sie; das steht doch außer Zweifel. Aber warum wir einen Strukturwechsel brauchen, konnte mir bisher von niemandem schlüssig begründet werden, weder rechtlich noch kostenseitig, noch aus anderen Gründen.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Heute Morgen haben wir über die Staatsquote geredet!)

Wahrscheinlich erfolgt er nur deswegen, Kollege Zimmermann – wahrscheinlich sitzen Sie dieser Idee auf –:

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Wenn es konkret wird, setzen Sie nichts um!)

Diese Landesregierung, vertreten durch die Justizministerin, die inzwischen zurückgetreten ist und durch einen neuen Jus tizminister ersetzt wurde, hat eine große Justizreform vorgestellt, und die einzige Baustelle, die davon übriggeblieben ist, ist die Privatisierung der Bewährungs- und Gerichtshilfe. Die se Maßnahme ist falsch, und deswegen lehnen wir den Gesetzentwurf an dieser Stelle ab.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Karl Zimmermann CDU: Da klatschen die auch noch!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Kluck für die Fraktion der FDP/DVP.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Selbst in der Vorweihnachtszeit hält Hoffen und Harren manchen zum Narren. Ich hatte nun seit der Ers ten Beratung gehofft, dass die Sozialdemokraten und die Grünen ihre ideologische Brille zu diesem Thema ablegen

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

und das Ganze einmal sachlich und sachbezogen betrachten würden. Aber die Hoffnung hat getrogen.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Die sind stockkon- servativ!)

Sie bleiben bei ihrem Schwarz-Weiß-Schema, und das sieht so aus: Privat ist schlecht, Staat ist gut, und nichts darf man ändern. Man darf auch dann nichts ändern, wenn man mittlerweile sieht, dass die Arbeit sehr viel besser erbracht wird, dass sie flexibler gemacht wird, dass sie mehr Freude bereitet, dass die Menschen froh sind, aus diesem engen staatlichen Korsett befreit worden zu sein. Das sehen Sie einfach nicht, das wollen Sie nicht sehen.

(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Karl Zim- mermann CDU)

Wenn Sie das alles wieder rückgängig machen wollen, dann müssen Sie noch eine Weile warten oder sich bemühen, relativ rasch die Regierungsverantwortung in diesem Land zu übernehmen. Ich sehe das allerdings erst in weiter, weiter Ferne,

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Ich sehe das gar nicht!)

nicht zuletzt deshalb, weil auch die Grünen so richtungweisende Beschlüsse auf ihren Parteitagen gefällt haben.

(Glocke der Präsidentin)

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Dr. Prewo?

Aber selbstverständlich.

Verehrter Herr Kollege Kluck, habe ich Sie richtig verstanden, als Sie sagten, der private Betreiber würde die Aufgabe der Bewährungs- und Gerichtshilfe mit größerer Freude und besser erledigen? Sind Sie also der Meinung, der Staat sei überfordert oder sei nicht in der Lage, diese Aufgabe qualitativ gut zu erfüllen?

Dieser Meinung bin ich nicht. Der Staat hat sie gut wahrgenommen. Aber nichts ist so gut, dass es nicht noch besser gemacht werden könnte, und wir wollen, dass die Aufgabe besser erfüllt wird.

(Beifall bei der FDP/DVP – Zuruf von der FDP/DVP: Bravo! – Abg. Reinhold Gall SPD: Nichts hat sich da verbessert!)

Jetzt lassen Sie uns doch einfach auf den Boden der Tatsachen zurückkommen. Hier geht es konkret um die Entlastung der

Gerichtspräsidenten, die sich bisher mit der Dienstaufsicht befasst haben. Wir wollen diese Dienstaufsicht auf das Justizministerium übertragen, das ja, wie Sie wissen, sehr gut geführt wird und das die Aufsicht deswegen hervorragend ausüben wird. Wir wollen gleichzeitig eine Pauschalentschädigung für ehrenamtliche Bewährungshelferinnen und -helfer einführen. Warum Sie dagegen sind, verstehen wir auch nicht.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Wir verstehen auch vieles bei euch nicht!)

Wir wollen auch die Neuregelung der Dienststellenstruktur ermöglichen. Entgegen allen grünen Unkenrufen werden doch bei der Festlegung der Standorte und des Zuständigkeitsbereichs der örtliche Bedarf, die verkehrstechnische Erreichbarkeit und auch der Sitz wichtiger Kooperationspartner dabei berücksichtigt. Das wird doch alles gemacht.

(Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE: Das müssen Sie dem Kollegen Zimmermann sagen!)

Insofern verstehe ich gar nicht, dass Sie es immer noch nicht einsehen wollen. Dankenswerterweise wollen Sie wenigstens zustimmen,

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Ein Licht- blick!)