Thomas Oelmayer
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Herr Präsident, meine Da men und Herren! Fünf Minuten reichen nicht aus, um eine rechtspolitische Idee, die die Fraktion GRÜNE seit vielen Jah ren in das Parlament einbringt, im Detail vorzustellen. Es macht, meine Damen und Herren, auch wenig Sinn, mit dem Minister und mit Ihnen über die in der fast 100-seitigen Ant wort der Landesregierung enthaltenen Statistiken zu diskutie ren. Die Große Anfrage ist eine gute Bestandsaufnahme; das soll nicht bestritten sein. Sie war aber auch ein Beschäfti gungsprogramm für die Beschäftigten innerhalb der Justiz. Denen gilt tatsächlich unser Dank, weil diese Bestandsauf nahme auch der Ansatz für künftiges Tun in diesem Haus sein kann.
Ich will aber auch die zentralen Fragen, die uns in den letzten Jahren beschäftigt haben, kurz ansprechen. Dabei gibt es ei ne Differenz zu meinem Vorredner, dem Kollegen Stickelber ger: Wir sind sehr wohl der Meinung – dazu haben wir auch einen ersten Aufschlag versucht –, dass das Thema „Unabhän gigkeit der Justiz“ in Baden-Württemberg eine andere Rolle spielen muss als bisher.
Wir sind der Meinung, dass Aufgaben der Abteilung I des Mi nisteriums – Personal, EDV, Beschaffung etc. – sehr wohl auf die Justiz als solche verlagert werden können, wenn wir dort
entsprechende Strukturreformen durchführen und Einheiten schaffen, die in der Lage sind, ihre Themen selbst wahrzuneh men, ihre Vorgaben selbst umzusetzen und ihr Personal selbst zu verwalten. Wenn nicht die Justiz, wer denn dann?
Das führt aus unserer Sicht automatisch zu mehr Unabhän gigkeit. Das ist gar keine Frage.
Herr Kollege Kluck, die Personalpolitik, die immer wieder durchdringt – nicht nur medial, sondern auch hier im Haus –, wenn man etwa die Leitung der Abteilung I vor der Wahl noch einmal neu besetzt oder über den Ministerialdirektor Einfluss auf die Abgabe von Stellen und auf die Durchführung von Aufgaben nehmen möchte, ist kein Unabhängigkeitsmerkmal. Daher sind wir der Auffassung, dass eine unabhängige, trans parente Personalpolitik eine unabhängige Justizstruktur braucht. Dazu haben wir einen Aufschlag gemacht. Sie haben ihn nicht entgegengenommen. Auch deswegen findet in Baden-Würt temberg im Vergleich zu anderen Ländern zu diesem Thema keine Debatte statt.
Lassen Sie mich noch zwei, drei andere Punkte ansprechen. In Teilen hat Kollege Stickelberger das schon erwähnt. Da ha ben wir, glaube ich, auch große Schnittmengen.
Beim Thema Privatisierung haben wir keine ideologischen Scheuklappen, Herr Minister. Das wissen Sie, liebe Kollegin nen und Kollegen.
Warum nicht? Weil wir z. B. im Hinblick auf die Notariatsre form sagen: Es geht im Grunde um klassische freiberufliche Tätigkeiten, die auch auf freie Notare übertragen werden kön nen.
Wir haben nicht dem Grunde nach, sondern nur wegen der Überleitungsvorschriften und der Überleitungsmöglichkeiten, was die bestehenden Strukturen in diesem Bereich betrifft und die Menschen, die derzeit dort tätig sind, gegen Ihre Konzep tion gestimmt. Da haben wir bei Ihnen keinen „Ruckler“ ge sehen. Wir haben deswegen keine Möglichkeit für eine Zu stimmung gesehen. Der Freiberuflichkeit in diesem Bereich stimmen wir allerdings zu.
Hinsichtlich der Privatisierung der Bewährungs- und Gerichts hilfe haben wir über Jahre hinweg versucht, Ihnen unsere ver fassungsrechtlichen Bedenken klarzumachen. Wir sind der Auffassung: Die Aufgaben der Bewährungs- und Gerichtshil fe sind ein Kernbereich staatlicher Tätigkeit. Sie haben in pri vaten Händen – egal, ob es sich um freie Träger oder um Ver eine handelt, wie immer Sie sie bezeichnen – nichts verloren.
Sie haben die Privatisierung der Bewährungs- und Gerichts hilfe insbesondere mit der Wirtschaftlichkeit begründet. Wenn ich dem Rechnungshof Glauben schenken darf – der Rech nungshof ist ja nicht unbedingt ein Kreisverband oder eine
Organisation der Grünen –, kommen durch diese Übertragung 48 Millionen € an Mehrausgaben auf das Land zu.
Damit fällt auch Ihr Argument der Wirtschaftlichkeit unter den Tisch. Deswegen sind wir der Auffassung, dass wir diese Pri vatisierung so schnell wie möglich rückgängig machen müs sen.
Das hat auch der Rechnungshof empfohlen. Dafür werden wir uns einsetzen.
Ein weiterer Kernbereich – das richtet sich an den Strafvoll zugsbeauftragten der CDU-Fraktion – ist der Bereich, in dem die Menschen dem heftigsten Eingriff unserer staatlichen Ord nung ausgesetzt sind. Das ist der Justizvollzug. Dort haben Private aus unserer Sicht nichts verloren.
Es geht tagtäglich um Grundrechtseingriffe, die staatlich le gitimiert werden müssen.
Danke, Herr Präsident. – Ja, Herr Zimmermann, meine fünf Minuten sind schon vor bei. Ich sage auch nur noch einen Satz, weil es jetzt nicht mög lich ist, das Thema in aller Breite auszuführen.
Auch ich will allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Justiz danken. Ich werde mit ihnen auch künftig in Kontakt sein, weil ich als Organ der Rechtspflege auch ein gewisser Teil der Justizorganisation in Baden-Württemberg bin.
Diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter machen in BadenWürttemberg einen guten Job. Das sei unbestritten.
Das ergibt sich auch aus der Antwort auf Ihre Große Anfrage und ist überhaupt keine Frage. Das soll nicht in Abrede ge stellt werden.
Aber wir können an der Spitze Veränderungen herbeiführen. Das werden wir bei der Landtagswahl am 27. März 2011 mit aller Intensität versuchen. Ich denke, es ist wichtig, an der Spitze der Justiz auch einmal mit frischem und tatsächlich li beralem und unabhängigem Wind zu agieren und dort unab hängige Verhältnisse einzuführen.
Das ist unser Anliegen.
Ich bedanke mich für die Zusammenarbeit mit Ihnen in den letzten Jahren und hoffe auf das Wahlergebnis, das wir brau chen, um die Veränderungen herbeizuführen.
Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Da men und Herren! Ich will nur zwei Sätze sagen. Herr Minis ter, die wahrscheinlich eher durch Wahlkampf oder was auch immer motivierte Schlussvorstellung, die Sie insbesondere mit den Angriffen auf die Oppositionsfraktionen gefahren ha ben,
ist eines Justizministers in einer rechtspolitischen Debatte am Schluss einer Wahlperiode nicht würdig.
Es ist deswegen ein Problem – Herr Minister, das wissen Sie –: Sie sind Mitglied der FDP/DVP-Fraktion.
Ich erinnere mich gern an die Debatte mit dem Kollegen Palm zum Thema „Begnadigung des RAF-Terroristen Christian Klar“. Das war eine offene, echte, faire Auseinandersetzung bei gleicher Redezeit zu einem Thema, aber nicht ein einsei tiger Angriff, wie Sie ihn jetzt auf die Opposition gefahren ha ben,
ohne dass wir die Möglichkeit haben, die Debatte entspre chend zu eröffnen. Das hat mit Liberalismus überhaupt nichts zu tun.
Ja, bitte.
Ich habe keine Zitate pa rat. Aber bei der Debatte ging es darum, ob Fragen im Zusam menhang mit solchen Projekten wie Stuttgart 21 – so, wie wir auch hier die Debatte geführt haben, auch in Anbetracht des
30. September des vergangenen Jahres – ausschließlich mit den Instrumentarien der repräsentativen Demokratie zu lösen sind. Da sind wir der Meinung: Nein. Das war der Hintergrund der Ausführungen des Kollegen Sckerl.
Insofern bin ich trotzdem nach wie vor – Herr Minister, viel leicht haben Sie die Zitate dabei – der Auffassung,
dass es in einer rechtspolitischen Debatte in diesem Haus nicht angeht, wenn Sie am Schluss einer Wahlperiode versuchen, solche Themen einmal kurz aufzutischen. Wir, die GrünenFraktion, stehen zu diesem demokratischen Rechtsstaat mit allen Konsequenzen. Das wissen Sie. Da gibt es keine Abstri che. Die lassen wir uns auch vom Minister hier nicht einre den.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Lieber Kollege Hollenbach, die Argu mentation hört sich schlüssig an,
sie ist es aber nicht. Sie ist es deswegen nicht, weil es so et was wie einen althergebrachten Grundsatz der Übernahme der Ergebnisse der Tarifverhandlungen für die Tarifbeschäftigten im öffentlichen Dienst des Landes auf die Beamtinnen und Beamten im Land gibt.
Diesen Grundsatz durchbrechen Sie heute.
Aus unserer Sicht durchbrechen Sie diesen Grundsatz ohne Not; denn Ihre Argumentation, Sie wollten die 2 % jetzt fest schreiben, weil sie im Staatshaushaltsplan abgebildet sind,
wäre nur dann schlüssig, wenn die Tarifverhandlungen über Monate hinweg, gar bis in das nächste Jahr dauern würden. Aber dafür gibt es keinen Anlass.
Wir haben heute einen ersten Tarifabschluss für die Beschäf tigten in der Energiewirtschaft bekommen, der bei 5,1 % liegt. Jetzt will ich nicht sagen, dass das eine Orientierungsgröße ist. Wenn Sie aber argumentieren, die Beamtinnen und Beam ten im Land sollten an der wirtschaftlichen Entwicklung teil haben, dann können die 2 % natürlich nie und nimmer der richtige Maßstab sein. Wenn das aber nicht der richtige Maß stab ist, Kollege Hollenbach, dann ist schon jetzt klar, dass Sie im Prinzip nachbessern müssen. Sie wollen, dass die Be amtinnen und Beamten im Land darauf vertrauen, dass Sie das tun. Deswegen begrüßen wir Grünen den Antrag der SPDFraktion, in dem die wirkungsgleiche Übertragung des Tarif abschlusses gefordert wird, und werden ihm zustimmen.
Wenn Sie das ernst meinen, dann müssen auch Sie dem An trag zustimmen. Dann wären wir bereit zu sagen: Wir tragen diesen ersten Schritt mit. Denn zu oft ist es in diesem Haus vorgekommen – ich nenne nur Leistungszulagen und andere Themen –, dass Sie Dinge versprochen und hinterher nicht eingehalten oder gar zurückgenommen haben. Wenn Sie nicht aus dem Zwei-Prozent-Gesetz lediglich eine wahltaktische Maßnahme machen wollen und wenn Sie wirklich ernsthaft beabsichtigen, das hinterher anzupassen – bislang ist dies stets wirkungsgleich übertragen worden –, dann müssen Sie im Prinzip einem solchen Antrag, wie ihn die SPD jetzt einge bracht hat, zustimmen, ohne dass Sie zu stark präjudizieren.
Wenn Sie nicht zustimmen – das ist der Punkt, auf den es letzt endlich ankommt –, dann heißt das, Sie halten sich das offen. Sie erhöhen jetzt einmal um 2 %. Das ist sozusagen Ihr Er gebnis, Ihr Angebot. Im Übrigen hat Ihr Ministerpräsident, wenn ich es richtig im Kopf habe, dies im Alleingang ange boten, und zwar aufgrund dessen, dass er mit seinem Vor griffsstundenmodell wieder eine Nummer gefahren hat, die
von vornherein zum Scheitern verurteilt war. Aus meiner Sicht versucht er damit, die Unruhe unter den Beamtinnen und Be amten wieder aus der Welt zu schaffen. Das ist eine rein wahl taktische Maßnahme. Schon allein deswegen tragen wir die sen Gesetzentwurf nur dann mit, wenn Sie dem Antrag der Fraktion der SPD zustimmen. Dann ist das, was Sie sagen, glaubwürdig.
Wir sind mit Ihnen der Meinung – das will ich zum Schluss noch erwähnen –, dass wir in unserem Land mit einer Dienst rechtsreform, die tausend Seiten umfasst und die wir erst vor Kurzem hier im Parlament beschlossen haben, nur dann mit unserem öffentlichen Dienst konkurrenzfähig sind, wenn wir versuchen, die Guten und die Besten für den öffentlichen Dienst des Landes zu gewinnen. Das gelingt uns nur dann, wenn wir, das Parlament, glaubwürdig und vertrauenswürdig agieren und nicht althergebrachte Grundsätze der Tarifüber tragung auseinanderbrechen – und zwar, wie ich meine, aus wahltaktischen Gründen.
Stimmen Sie dem Antrag der SPD-Fraktion also zu. In die sem Fall tragen wir den Gesetzentwurf mit. Andernfalls wer den wir den Gesetzentwurf ablehnen, weil wir die wahltakti schen Überlegungen, aus denen heraus Sie so vorgehen, nicht gutheißen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren!
„BRD heißt das System – morgen wird es untergehen!“
Nun scheint die Zeit des liberalkapitalistischen BRD-Sys tems gekommen zu sein.
Ich zitierte aus dem Verfassungsschutzbericht aus dem Jahr 2009. Dort wird ein Beitrag des NPD-Bundesvorsitzenden Udo Voigt aus der Ausgabe der „Deutschen Stimme“ vom Ja nuar 2009 wiedergegeben. Dieses Zitat macht deutlich – ich glaube, da sind wir im Haus alle einer Meinung, ohne lange darüber diskutieren zu müssen –, dass es sich hierbei um ei ne verfassungsfeindliche, um eine rechtsextreme Organisati on handelt, die wir mit allen Möglichkeiten, die unser Rechts staat bietet, abwehren und bekämpfen müssen.
Die Frage, Herr Kollege Zimmermann, heißt: Wie machen wir das?
Grundsätzlich bestehen zwei Möglichkeiten: Die eine Mög lichkeit ist, dass wir uns überall dort, wo Rechtsextremismus auftritt – im Alltag, auf Fußballplätzen, in Schulen –, politisch argumentativ intensiv damit beschäftigen, auseinandersetzen und eine Konzeption entwickeln, wie wir damit umgehen, wie wir unsere Bildungseinrichtungen für die Abwehr von Rechts radikalismus fit machen. Es ist zu überlegen, wie Lehrerinnen und Lehrer damit umgehen, wenn CDs mit rechtsradikalem Gedankengut verteilt werden. Das ist eine ganz wichtige Grundlage. Das Thema Verbot, meine Damen und Herren, steht, wenn überhaupt, am Ende dieser Auseinandersetzung, nämlich wenn es uns nicht gelingt, uns mit dem rechtsradika len Gedankengut argumentativ so auseinanderzusetzen, dass es aus unserer Gesellschaft verschwindet.
Herr Kollege Zimmermann
ja, „guter Mann“ –,
wenn wir uns die Bemühungen im Land Baden-Württemberg anschauen, stellen wir fest, dass wir im Verfassungsschutzbe richt des Landesamts für Verfassungsschutz aus dem Jahr 2009 15 Seiten über die NPD finden. Da muss man sagen: Relativ viel, was dort steht, dokumentiert auch aus meiner Sicht verfassungsfeindliches Gedankengut, dokumentiert auch schon aggressives Verhalten gegen unsere Grundwerte.
Das gilt erst recht, Kollege Zimmermann – auf diesen Ein wand habe ich gewartet –,
wenn wir solche Demonstrationen verfolgen, wie wir sie am 1. Mai 2009 in Ulm erlebt haben. Wenn das keine aggressive, verfassungsfeindliche Agitation ist, dann weiß ich nicht, was sonst noch stattfinden muss. Das steht außer Frage.
In dem Antrag der SPD, der heute hier zur Debatte steht, heißt es in Ziffer 4:
Der Landtag von Baden-Württemberg fordert daher die Landesregierung auf, einen neuerlichen Antrag zur Er reichung eines NPD-Verbots zu unterstützen.
Dazu gibt es Folgendes zu sagen: Im Moment gibt es keinen Antrag – jedenfalls ist mir keiner bekannt, schon gar nicht vom Land Baden-Württemberg, aber auch nicht von anderen Bundesländern und auch nicht von der Bundesregierung. Wa rum gibt es den nicht? Das kann ich Ihnen ganz einfach erklä ren, auch dem Herrn Kollegen Zimmermann.
Das Bundesverfassungsgericht hat im Jahr 2003 ganz klare Regularien festgeschrieben, wie ein solches Verbotsverfahren läuft, welche Voraussetzungen dafür zu erfüllen sind.
Diese Voraussetzungen gilt es natürlich über die Zeit hinweg zu sammeln. So verstehe ich auch den Antrag der Sozialde mokraten. Das tut das Land ja, mit 15 Seiten allein im Verfas sungsschutzbericht, der öffentlich zugänglich ist.
Das ist keine geheime Verschlusssache, sondern das ist eine öffentlich zugängliche Dokumentation dessen, was die NPD veranstaltet. Da wird irgendwann die Frage sein, ob das dann ausreicht – mit den anderen Trägern, mit den anderen Ländern und mit dem Bund gemeinsam. Wenn der agitative Weg – ich sage das einmal so –, wenn der Weg der demokratischen Aus
einandersetzung mit diesem Gedankengut nicht zum Ziel führt, wird die Frage sein, ob dann ein Verbotsverfahren legi tim ist – immer vorausgesetzt, wir halten die Regeln des Bun desverfassungsgerichts ein. Der Innenminister weiß sehr ge nau – er kennt die Entscheidung –, dass wir dazu natürlich auch die Beamtinnen und Beamten des Verfassungsschutzes aus dieser Partei herausziehen müssen, weil wir sonst kein ordnungsgemäßes Verbotsverfahren hinbekommen.
Das ist eine Kernbotschaft der Verfassungsgerichtsentschei dung aus dem Jahr 2003. Denn es kann ja nicht sein, dass der Staat selbst eine rechtsradikale Partei mit organisiert und viel leicht sogar strategisch mit agitiert und dann nachher ein Ver botsverfahren einleitet.
Ich komme zum Schluss und sage: Wir müssen mit aller An strengung daran arbeiten, dass hier nicht wieder Republika ner oder gar NPD-Abgeordnete im Parlament sitzen. Das ist unsere gemeinsame Anstrengung, unsere gemeinsame Aufga be. Wenn uns das gelingt, dann können wir gegebenenfalls auch auf die schärfste Waffe, auf ein Verbotsverfahren, ver zichten. Aber wir müssen wachsam sein.
Wir müssen sammeln. Wenn es ansteht, dann muss man auch bereit sein,...
... – ich komme zum Schluss –, die härteste Keule auszupacken, die der Rechtsstaat zur Verfügung hat, nämlich die Einleitung eines Verbotsver fahrens.
So viel, meine Damen und Herren, zum Thema NPD-Verbot auch in Baden-Württemberg.
Vielen Dank.
Ein schwerer Gang. – Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe das 1 109 Seiten umfassende Geset zeswerk ganz bewusst mit zum Rednerpult genommen, um Ihnen gleich zu dokumentieren – –
Es ist das richtige, Herr Rülke; dessen können Sie versichert sein.
Es ist aber auch das dickste Gesetzeswerk, das ich in der Zeit, in der ich dem Landtag angehöre – das sind jetzt nahezu 15 Jahre –, an das Rednerpult tragen durfte.
Gestatten Sie mir einige Vorbemerkungen.
Jeder privatrechtlich organisierte Arbeitgeber – das Land ist privatrechtlich und öffentlich-rechtlich mit Abstand der größ te Arbeitgeber in Baden-Württemberg – hätte diese Debatte, diese Entscheidung an ganz anderer, exponierter Stelle und mit viel mehr Transparenz geführt, als wir dies im Landtag von Baden-Württemberg tun.
Die Anstellung von Personal zur Umsetzung der Aufgaben, die das Land wahrzunehmen hat, ist einer der Kernbereiche, wenn nicht gar d e r Kernbereich, der dem Land durch die Föderalismusreform zugestanden worden ist. Dies hätte es ge radezu bedingt, dass wir dieser Auseinandersetzung, die der Kollege Stickelberger hier zum Teil schon eingeführt hat, ei nen viel breiteren Raum eingeräumt hätten. Es gehört mit zur Föderalismusreform, dass wir unsere Kompetenzen auch aus leben und diese nicht nur in dicke Gesetzeswerke gießen, son dern auch versuchen, die Menschen durch Transparenz parti zipieren zu lassen, mitzunehmen und letztlich auch die Ent scheidungen, die wir im Landtag treffen, plausibel und nach vollziehbar zu machen.
Auch hier hat der Kollege von der SPD zu Recht gesagt: Das Gesetzeswerk umfasst durchaus gute und richtige Ansätze. Die Entwicklung dieses Gesetzeswerks ist für all die Beschäf tigten in den Ministerien, die damit befasst waren, sicher ei ne Herkulesaufgabe gewesen. Dafür gilt ihnen ein uneinge schränkter Dank. Das ist gar keine Frage.
Wir von der Fraktion GRÜNE haben zur heutigen Zweiten Beratung des Gesetzentwurfs – überwiegend zusammen mit der sozialdemokratischen Fraktion dieses Hauses – Ände rungsanträge eingebracht. Wir sind der Meinung, meine Da men und Herren, dass in diesem Gesetzeswerk durchaus man che zielgerichtete Veränderung fehlt.
Dazu zählt z. B. die Frage nach der wirkungsgleichen Über tragung der Pensionsbemessung auf die Lebensarbeitszeit. Da rüber hätte man zumindest einmal intensiv diskutieren kön nen. Die Wirkungsgleichheit beim Eintritt in das Rentenalter haben wir jetzt erreicht – mit viel Kraft und Engagement, ins besondere auch des Beamtenbunds, der sich in dieser Hinsicht so heftig engagiert hat, dass sich die Landesregierung gar nichts anderes mehr getraut hat, als die wirkungsgleiche Über tragung umzusetzen.
Wir halten die wirkungsgleiche Übertragung für richtig und haben sie deshalb von vornherein mitgetragen. Doch wenn man die Regelungen zum Lebensalter wirkungsgleich über trägt, kann man auch über die Frage diskutieren, ob man künf tig – in der Zukunft! – für die Menschen, die im Landesdienst tätig sind, auch die Bemessungsgrundlage für die Altersver sorgung wirkungsgleich überträgt. Diese Diskussion haben wir im Landtag nicht geführt. Sie können sicher sein, dass die se Diskussion jedoch spätestens nach dem 27. März 2011 auf den Landtag zukommen wird.
Ein weiterer Punkt, der aus unserer Sicht in einem anderen Umfang in das Gesetzeswerk hätte einfließen können, bezieht sich auf die Leistungsvergütung, die Leistungsbesoldung bzw. die Leistungsentlohnung. Ich räume durchaus ein, dass wir uns als Fraktion – und ich insbesondere – über einen langen Zeitraum hinweg mit der Frage beschäftigt haben, was die Be messungsgrundlagen für eine Leistungsbesoldung bzw. für ei ne Leistungsvergütung sein könnten. Ich bedaure, dass am Schluss – das gilt für alle Bereiche – so gut wie nichts übrig geblieben ist hinsichtlich der Frage, welche Möglichkeiten es gibt, wenn jemand richtig arbeiten will und gut arbeitet. Ich bin selbst Arbeitgeber, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Herr Kollege Heinz, hören Sie an dieser Stelle bitte zu.
Ich bin selbst Arbeitgeber. Wenn jemand richtig gut und en gagiert arbeitet, muss dies auch zusätzlich entlohnt werden. Ich habe den Eindruck, dass über eine Laufbahnreform und ähnliche Mechanismen, die wir in dem Gesetz ein Stück weit reformiert haben, nicht genug erreicht wird. Mehr Engage ment muss auch mehr Belohnung finden.
Herr Kollege Schneider, dabei hätte ich mir mehr gewünscht als Zwischenrufe, die kontraproduktiv sind.
20.
Das weiß ich. Darum sage ich es. Ich sage es nicht nur ab strakt, sondern ich sage es aus eigener Erfahrung.
Ein weiterer Punkt, der meines Erachtens noch hätte ergänzt oder erweitert werden können, bezieht sich auf die Durchläs sigkeit. Dazu liefert der Gesetzentwurf richtig gute Ansätze, vor allem was den Wechsel von einer privatrechtlichen Tätig
keit zu einer Tätigkeit im öffentlichen Dienst und auch umge kehrt angeht, insbesondere in Bezug auf die Mitnahme von Altersversorgungsansprüchen. Das halten wir für richtige An sätze.
Trotz allem sind noch immer Bestandteile im reinen Dienst recht enthalten, bei denen es für einige Menschen nicht ein fach sein wird, diesen Paradigmenwechsel vorzunehmen. Auch in diesem Zusammenhang hätten wir uns mehr ge wünscht.
Wir haben uns gemeinsam mit der Fraktion der SPD die Mü he gemacht, bezogen auf die Bereiche, in denen in Ihrem Ge setzeswerk Änderungen dringend notwendig sind, einige Än derungsanträge vorzubereiten, damit wir, wenn Sie zustim men, die große Linie mittragen können und diesem Gesetzes werk doch zustimmen können. Einige hat Herr Kollege Sti ckelberger schon vorgetragen. Ich darf auf einige Stellen noch einmal eingehen.
Zu den Sonderaltersgrenzen: Was Sie mit diesem Gesetzes werk beschließen, bedeutet für Feuerwehrleute, für Polizisten und für die Beamten im Strafvollzug, dass es keine Sonderal tersgrenze mehr gibt, sodass die Menschen, die starken psy chischen Belastungen ausgesetzt sind, nicht mehr mit 60 Jah ren in den Ruhestand gehen können.
Nach unserer Auffassung haben Sie damit die Chance verge ben, diese Sonderaufgaben umzugestalten, die die Menschen im Land tagtäglich wahrnehmen. Unser Änderungsantrag bie tet Ihnen die Chance dazu. Allerdings gibt es eine kleine Dif ferenz zu dem, was die Sozialdemokraten wollen. Wir wollen nämlich, dass Polizeibeamte dann die Möglichkeit zur frühe ren Pensionierung erhalten, wenn sie mindestens 20 Jahre im Schichtdienst tätig waren. Damit unterscheidet sich unsere Po sition von dem, was die SPD will. Wir treten für die Beibe haltung der bisherigen Sonderaltersgrenze von 60 Jahren ein. Weshalb Sie diese Altersgrenze anheben, haben Sie bisher we der im Ausschuss noch im Plenum begründet. Herr Minister, ich bin gespannt, welche Antwort Sie uns heute darauf geben.
Ein weiterer Punkt bezieht sich auf die Gesundheit. Auch ihn haben Sie in das Gesetzeswerk einfließen lassen; Kollege Sti ckelberger hat dazu schon Ausführungen gemacht. Man muss sich um die Menschen kümmern, damit sie länger gesund blei ben, damit sie ihre Arbeitsleistung länger erbringen können.
Wir haben uns gedacht, dass man hier mehr tun muss als das, was Sie bisher in das Gesetzeswerk haben einfließen lassen. Deswegen haben wir einen Änderungsantrag eingebracht. Die sem können Sie, Herr Kollege, gern ohne Not zustimmen. Es wäre auch einmal ein klasse parlamentarischer Brauch, wenn Sie sagen würden, einem Antrag der Opposition stimmten Sie zu und nähmen diesen mit.
Dies wäre eine klasse Botschaft nach draußen, Herr Kollege.
Ein weiterer für uns wichtiger Punkt ist das Thema „Gleich geschlechtliche Lebenspartnerschaften“. Darüber haben wir
heute Morgen lange diskutiert. Wir haben ausführlich darüber diskutiert, wer nach vorn und wer nach hinten gerichtete Po litik in diesem Land macht. An dieser Stelle, meine Damen und Herren von der CDU, könnten Sie sich wirklich einmal einen Ruck geben, indem Sie hier z. B. Ihrem Fraktionspart ner folgen würden. Dazu zitiere ich jetzt einfach. Herr Rülke hat auf seiner Internetseite Folgendes stehen:
Was die rechtlichen Bedingungen angeht, sind wir in Ba den-Württemberg, auch auf Drängen der Liberalen, ge rade dabei, unsere überfälligen „Hausaufgaben“ zu ma chen: Wir werden uns nun dafür einsetzen, dass im Rah men der Dienstrechtsreform
diese verabschieden wir heute –
die entsprechenden Entscheidungen für die Gleichstel lung der Beamtinnen und Beamten getroffen werden, und gehen davon aus, dass wir hierüber schließlich auch ein Einvernehmen mit dem Koalitionspartner werden herstel len können.
Das können Sie heute machen. Und weil Sie es mit Ihrem Ko alitionspartner nicht geschafft haben: Tun Sie es mit uns! Dann haben Sie eine nach vorn gerichtete Botschaft.
Dann können Sie authentisch zu dem stehen, was Sie selbst offensichtlich vertreten und was wir auch begrüßen. Das soll gar kein Vorwurf sein. Aber geben Sie sich an dieser Stelle doch einfach einen Ruck.
Ein letzter Punkt, den ich erwähnen möchte, ist das Thema Landespersonalvertretungsrecht. Dazu kann ich nur einen Satz sagen – Herr Kollege Stickelberger hat sehr umfassend ver sucht, das darzustellen –: In den Zeiten, in denen wir leben, in denen alles komplexer wird, in denen für die Menschen viel mehr Partizipation nötig ist, brauchen wir mehr und nicht we niger Mitbestimmung, Herr Minister.
Auch dabei, Herr Kollege Schneider, würde Ihnen kein Za cken aus der Krone brechen, wenn Sie unserem Änderungs antrag hier zustimmen würden.
Zu guter Letzt, Herr Präsident, das Thema Fachlehrer: Auch hierzu haben wir einen Änderungsantrag eingebracht, weil es aus unserer Sicht nicht angehen kann, dass vorgebildete Leh rerinnen und Lehrer, die ihr technisches Verständnis in unse re Schulen einbringen, nach wie vor geringer besoldet wer den als viele andere Lehrkräfte an unseren Schulen. Deswe gen ist es nur plausibel, auch dazu einen Änderungsantrag ins Parlament einzubringen und, liebe Kolleginnen und Kollegen, diesem dann zuzustimmen.
Wenn Sie diese doch plausiblen und nachvollziehbaren Än derungen und Ergänzungen – so sehe ich sie – dieses wirklich
sehr umfassenden Gesetzes mittragen können, können wir uns als Fraktion GRÜNE, wie der Kollege Stickelberger es für sei ne Fraktion dargetan hat, dafür entscheiden, dieses Gesetzes werk mitzutragen.
Meine Damen und Herren, die Hoffnung stirbt zuletzt.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sag einmal, bist du so viel größer als ich?
Das war jetzt aber noch außerhalb der Redezeit.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der vorliegende Entwurf ist ein wirklich äußerst umfassendes Gesetzeswerk. Es umfasst mit den Begründungen und Stellungnahmen 902 Seiten. Wenn man sich als Parlamentarier die Mühe macht, diese Seiten wenigstens ansatzweise durchzuarbeiten, bedeu tet es Nachtarbeit.
Das gilt vor allem deswegen, weil ich das Paket erst seit we nigen Tagen auf dem Tisch habe.
Trotzdem will ich mich gleich dem Lob – so muss man es schon ausdrücken – hinsichtlich der Ausarbeitung dieses Ge setzeswerks anschließen. Das gilt natürlich insbesondere für die erste Reihe der Regierungsbank, aber auch für die zwei te. Denn ich denke, die operative Tätigkeit ist nicht viel an ders als bei mir in der Kanzlei. Die operative Tätigkeit wird oft von denjenigen in der zweiten Reihe gemacht. In diesem Fall ist es ganz sicher so. Da muss man sagen: Gemessen an dem, was ich sonst schon an Vorlagen von Gesetzesmaterien hier erlebt habe, lässt das jetzt zumindest von der Qualität her nicht so viel zu wünschen übrig.
Ich will natürlich trotzdem einige Punkte benennen, meine Damen und Herren. Herr Minister, ich will auf drei Zielset zungen eingehen, die Sie genannt haben, die mit dem Reform gesetz verfolgt werden.
Erstens: attraktiver öffentlicher Dienst. Das tragen wir in die ser Allgemeinheit natürlich sofort mit. Das ist gar keine Fra
ge. Wir brauchen gute Leute, wir brauchen motivierte Leute im öffentlichen Dienst in Baden-Württemberg. Es wird in Zu kunft mit dem demografischen Wandel, der auf uns zukommt, schwieriger werden, junge Menschen, die mit Qualität im öf fentlichen Dienst arbeiten wollen, für den öffentlichen Dienst zu gewinnen.
Insofern können wir diese These auf jeden Fall mittragen.
Ich komme nachher noch auf ein paar Punkte zu sprechen, bei denen wir der Auffassung sind, da könnte man mehr tun.
Der zweite Punkt ist die Durchlässigkeit zur Privatwirtschaft. Auch dieses Thema stößt bei uns auf offene Ohren, weil ge rade zwischen öffentlichem Dienst und Privatwirtschaft, auch im Dienstleistungsbereich usw., sehr viele gegenseitige Aus tauschsituationen stattfinden können, die beide Seiten insge samt nach vorn bringen. Gegenüber den starren Regelungen, die es bisher im Beamtenrecht gibt, sind die Auflockerungen, die Sie jetzt in dem Gesetzentwurf vorsehen, sehr begrüßens wert.
Ein dritter Punkt, den Sie genannt haben – da habe ich jetzt ein bisschen Zweifel, aber das ist auch nachvollziehbar –: Wir haben jetzt als Landesgesetzgeber nach der Föderalismusre form den Auftrag erhalten – wie alle anderen Bundesländer im Übrigen auch –, das Beamtenrecht in Baden-Württemberg zu regeln. Dass das unbedingt ein Ausdruck von Entbürokra tisierung sein soll, Herr Minister, daran möchte ich doch noch ein bisschen zweifeln. Wenn die Laufbahnverordnung weg fällt, finde ich das in Ordnung. Aber ansonsten haben Sie den Umfang der Gesetzesmaterie im Vergleich zum bisherigen Be amtenrecht, das auf Bundesebene geregelt war, nach meiner Kenntnis, jedenfalls allein der Seitenzahl nach, nicht redu ziert.
Lassen Sie mich ein paar Punkte benennen, bei denen wir den ken, dass die Fortentwicklung des Beamtenrechts – so, wie es jetzt in der Verfassung festgeschrieben ist – auch Eingang in diese Gesetzesmaterie hätte finden können.
Der erste Punkt: Das Thema Pensionseingangsalter haben wir diskutiert. Die wirkungsgleiche Übertragung bis hin zum The ma Sonderaltersgrenzen ist klar. Wir haben von vornherein gesagt: Die wirkungsgleiche Übertragung aus der Deutschen Rentenversicherung tragen wir mit. Das ist kein Thema. Zu den Sonderaltersgrenzen hat Kollege Stickelberger alles ge sagt. Wir können den Menschen, die zum Teil über 30 Jahre im Schichtdienst arbeiten, nicht zumuten, dass wir diese Son deraltersgrenzen anheben.
Auch dort werden wir im parlamentarischen Verfahren selbst verständlich mit Anträgen initiativ werden, weil wir das An liegen der Menschen, die im Schichtdienst arbeiten, ernst neh men.
Ein weiterer Punkt, bei dem wir als Grüne gedacht hätten, Sie gingen darauf ein, wenn Sie schon zum Thema Familien freundlichkeit Ausführungen machen: Da gibt es tatsächlich Aspekte, die zu mehr Familienfreundlichkeit führen. Aber die Familienfreundlichkeit hätte auch bei den Besoldungstabel len zum Ausdruck kommen können. Für mich, der ich selbst eine Familie gegründet habe – deswegen kann ich aus eige ner Erfahrung sprechen –, ist es so, dass Familien eher in jun gen Jahren materielles Potenzial brauchen und vielleicht nicht so sehr, wenn man auf das Pensionsalter zugeht.
Deswegen hätte ich mir gedacht, dass man diese Besoldungs tabellen von unten her ein Stück weit anhebt und, um sie im manent zu finanzieren, „hinten“ etwas absenkt. Das lässt Ihr Entwurf vermissen. Wir werden auch hier, denke ich, im Aus schuss und im weiteren parlamentarischen Verfahren mit ent sprechenden Anträgen arbeiten. Das wäre Familienfreundlich keit, durch die auch der öffentliche Dienst insgesamt attrakti ver würde.
Ein weiterer Punkt, den ich ansprechen möchte – da wird es natürlich verfassungsrechtlich kompliziert, das weiß ich; trotz dem will ich es tun –, ist die Frage: Was wird als Bemessungs grundlage für Pensionen herangezogen?
Bei der Deutschen Rentenversicherung gilt das durchschnitts gehaltsbezogene System. Das heißt, das, was man über sein Leben hinweg verdient, ist die Grundlage für die Berechnung der Rente. Bei Beamtinnen und Beamten ist es anders. Hier ist die letzte Eingruppierung, die letzte Vergütung, die bezo gen wird, die Grundlage für die Berechnung der Pensionen.
Hier könnte ich mir wie bei der Lebensarbeitszeit eine wir kungsgleiche Übertragung sehr gut vorstellen. Als Landesge setzgeber – wir haben die Kompetenz dazu bekommen; die Kompetenz steht uns auch zu – sollten wir schon aus dem Grund in die Diskussion hierüber eintreten, weil – wie Sie, Herr Heinz, zu Recht gesagt haben – die Länder die Pensions ausgaben der Zukunft schon jetzt – in Zukunft erst recht – zu tragen haben, und zwar in einem ganz anderen Umfang als der Bund. Lassen Sie uns deswegen an dieser Stelle innova tiv darüber diskutieren und uns überlegen, wie wir vielleicht im Rahmen dieser Gesetzesänderungen dort einen System wechsel hinbekommen.
Ein weiterer Punkt, den ich ansprechen möchte, ist auch kom pliziert. Wir haben uns als Fraktion über lange Zeit hinweg damit beschäftigt und auseinandergesetzt. Es geht um die Leistungsbesoldung. Die Leistungsbesoldung ist deswegen kompliziert, weil man Leistung zuerst einmal messen muss, wenn man die Vergütung daran orientieren will. Die Leis tungselemente, die jetzt im Gesetzentwurf enthalten sind – es gibt welche; ich will das nicht in Abrede stellen –, sind unse res Erachtens zu wenig. Auch hier wollen wir im weiteren par lamentarischen Verfahren mit Vorschlägen agieren, um an den Stellen, an denen es möglich ist, mehr Leistungsbezogenheit ins Beamtenrecht des Landes einfließen zu lassen.
Ein letzter Punkt, den ich hier erwähnen möchte, ist das The ma Mitbestimmung. Kollege Stickelberger hat dies hier prä zise ausgeführt. Es kann unseres Erachtens nicht angehen, die Mitbestimmungsrechte der Menschen im öffentlichen Dienst in Baden-Württemberg auf der Grundlage dieser Gesetzesma terie einzuschränken. Das kann nicht in diesem Gesetzesver fahren erfolgen. Es muss auch nicht; Kollege Stickelberger hat dies dargetan. Wir werden uns, so gut wir es als parlamen tarische Opposition können, dagegen zur Wehr setzen.
Zum Thema „Gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaft“ möchte ich gern Kollegin Lösch das Wort übergeben.
Das darf ich aber nicht; daher werde ich den Präsidenten bit ten, meiner Kollegin das Wort zu erteilen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine Da men und Herren! Die Bewährungs- und Gerichtshilfe ist u. a. mit der Intention der Kostenreduzierung auf einen freien Trä ger übertragen worden.
Die Erwirtschaftung einer Effizienzrendite – Kollege Kluck, wenn Sie wissen, was das ist – von 10 bis 15 % war die Ziel vorgabe dieser Übertragung.
Laut Denkschrift des Rechnungshofs – gerade veröffentlicht – führt diese Vergabelösung, also die Übertragung der Bewäh rungs- und Gerichtshilfe des Landes auf einen freien Träger, in den nächsten zehn Jahren zu Mehrkosten von immerhin 46,8 Millionen €.
Fakt ist, dass das Justizministerium mit der Übertragung die erstrebten Wirtschaftlichkeitsvorteile offensichtlich nicht re alisiert hat.
Da stellen sich zwei Fragen.
Die erste Frage ist: Was veranlasste das Justizministerium, bei einem Projekt mit einem Finanzvolumen von 250 Millionen €, keine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung nach § 7 der Landes haushaltsordnung durchzuführen und Hinweise des Rech nungshofs nicht zu beachten?
Die zweite Frage ist: Beabsichtigen Sie, Herr Minister, auf grund dieser jetzt mit der Denkschrift des Rechnungshofs vor liegenden Fakten – ich kenne Ihre Antwort –
in Anbetracht dieser Mehrkosten für das Land der Empfeh lung des Rechnungshofs zu folgen und den Vertrag mit der NEUSTART gGmbH zum 31. Dezember 2011 zu kündigen?
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Hitzler, es ist kei ne alte Leier, sondern es ist, wie ich meine, einfach guter par lamentarischer Brauch, dass wir als Landtag von Baden-Würt temberg – das tun wir heute auch mehrfach – Informationen darüber einfordern, was die finanziellen Konsequenzen unse rer Gesetzesvorhaben sind.
Ich darf aber nochmals vorwegschicken: Als Freiberufler, der seine Tätigkeit seit über 20 Jahren mit Seele und Herzblut aus übt – nicht als Notar, aber als Anwalt –, habe ich über diese Frage natürlich auch mit meiner Fraktion lange und intensiv diskutiert. Wir haben uns ebenfalls grundsätzlich für die Frei beruflichkeit der Notare in Baden-Württemberg entschieden.
Wir haben uns auch dafür entschieden, dass es nicht mehr vier Formen von Notaren geben soll, sondern dass wir das Berufs bild vereinheitlichen, dass wir es überschaubar und transpa rent machen.
Aber, meine Damen und Herren, das setzt mehrere Dinge vo raus. Das Allerwichtigste ist erstens, dass wir die Betroffenen, also die Notarinnen und Notare, mitnehmen. Insbesondere geht es dabei – da haben wir uns in unserer Fraktion sehr viel Mühe gemacht – um die Vertreterinnen und Vertreter der No tare aus dem württembergischen Rechtsgebiet.
Ca. 200 von ihnen werden, wenn die Notariatsreform zum 1. Januar 2018 in Kraft tritt, 55 Jahre alt oder älter sein, und sie werden vor der Frage stehen, was sie denn dann tun. Men schen im Alter von 55 Jahren brauchen dafür klare Ansagen und klare Botschaften. Das ist der zweite Punkt, bei dem der Gesetzentwurf Antworten vermissen lässt.
Wir brauchen klare Botschaften, z. B. bei der Frage, wie die Bezirke gestaltet werden sollen. Wir brauchen klare Botschaf ten bei der Frage, welche Möglichkeiten Notarinnen und No tare haben, tatsächlich ein Notariat zu gründen oder fortzu führen, und in welchen Regionen das am besten gelingen kann.
Ich will all diese Punkte im Detail gar nicht weiter ausführen. Sie sind, Herr Minister, bis dato jedoch die Antworten schul dig geblieben.
Schade eigentlich, Herr Minister! Denn wir als Fraktion GRÜ NE hätten dieses Gesetz gern mitgetragen, wenn zumindest diese Fragestellungen von Ihnen geklärt worden wären. Bis heute ist dem aber nicht so.
Ein weiterer Punkt – darauf hat der Kollege Stickelberger dan kenswerterweise auch schon abgehoben –: Es geht um Ein
nahmeverluste in Höhe von 60 Millionen €. Diese 60 Millio nen €, Herr Minister, sind, wenn man den Etat des Justizmi nisteriums über die Jahre hinweg verfolgt, nicht gerade ein fach zu kompensieren. Wenn man dies aber immanent im Mi nisterium selbst machen will, dann sehe ich hierfür fast kei nen Weg. Deswegen ist die Forderung, die hier im Parlament auch mehrfach erhoben wurde, doch grundsätzlich richtig. Sie lautet: Wir brauchen eine Finanzierungskonzeption für dieses Gesetzesvorhaben, und zwar nicht erst in 10 oder in 20 Jah ren, sondern jetzt, da wir über dieses Gesetz abstimmen.
Dass wir Ihnen nicht immer Glauben schenken dürfen, haben wir heute beim Thema Bewährungshilfe schon gesehen. Auch dort sind Sie davon ausgegangen, dass es Effizienzrenditen von 10 bis 15 % gibt, durch die wir im Landesetat viel ein sparen könnten.
Was haben wir jetzt gehört? Das Gegenteil ist der Fall, mei ne Damen und Herren. So kann parlamentarische Gesetzge bung in Baden-Württemberg mit uns jedenfalls nicht stattfin den.
Zwei oder drei weitere Punkte möchte ich noch ansprechen: Es geht natürlich für die betroffenen Menschen auch darum, wie sie, wenn sie nicht in die Freiberuflichkeit gehen, wenn sie Landesbeamte bleiben, mit 55 Jahren oder älter ihre Zu kunft planen können und welche Verwendung für sie vorge sehen ist.
Es geht um die Frage der amtsangemessenen Besoldung. Da zu haben Sie etwas gesagt. Sie haben von Zulagen gespro chen. Sie haben auch von Protokollnotizen geredet. Aber die Konkretisierung dieser Themen findet in diesem Gesetzent wurf nicht statt. Herr Kollege Wetzel, zur Gesetzgebung ge hören Transparenz und Klarheit. So verstehe ich Gesetzge bung. Wenn Sie die Gesetzgebung nebulös und nicht transpa rent machen – so machen Sie es – und viele Punkte offenlas sen, können Sie nicht davon ausgehen, dass Sie die Menschen mitnehmen können – die grüne Fraktion in diesem Parlament jedenfalls nicht.
Ein letzter Punkt, der erwähnt werden soll, ist die Frage, was mit den Versorgungsanwartschaften der Betroffenen passiert.
Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss. – Herr Kollege Hitzler, dazu haben wir etwas gehört. Zunächst einmal habe ich keinen Anlass, Ihnen nicht zu vertrauen. Es gibt aber ei nen berühmten Menschen, der einmal gesagt hat: „Vertrauen ist gut, aber Kontrolle ist besser.“ Man kann aber auch sagen: „Die Hoffnung stirbt zuletzt.“ Aber wenn Sie den Menschen jetzt zumuten, dass sie keine Versorgungsanwartschaftsrege lungen in dieses Gesetz aufnehmen, sondern auf ein Gesetz verweisen, über das wir morgen zu diskutieren beginnen und bei dem wir nicht sagen können, wie es verabschiedet wird, finde ich unfair und unzutreffend.
Deswegen wird die Fraktion GRÜNE in der namentlichen Ab stimmung gegen dieses Gesetzesvorhaben stimmen. Den An trag der SPD-Fraktion auf namentliche Abstimmung tragen wir mit.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine Da men und Herren! In der Tat beraten wir heute ein Gesetzes vorhaben zu einem Thema, das mich – nachdem ich dem Landtag 14 Jahre lang angehöre – auch schon seit 14 Jahren beschäftigt, nämlich zum Notariatswesen in Baden-Württem berg, also in Baden und in Württemberg.
An dieser Stelle sei zunächst einmal die Frage gestattet, wie so das Gesetzesvorhaben schon einmal auf der Tagesordnung stand und dann wieder von der Tagesordnung genommen wur de. Wenn ich mir den vorliegenden Gesetzentwurf anschaue, stelle ich fest, dass sich im Vergleich zu dem vorherigen Ge setzentwurf eigentlich nichts geändert hat, außer dem, was Kollege Stickelberger schon eingewandt hat: Es gibt jetzt Pro tokollnotizen. Das ist allein deswegen ein merkwürdiges Ver fahren, weil jedenfalls mir und uns als Oppositionsfraktion insgesamt keine Protokollnotiz vorliegt und wir uns insofern natürlich auch nicht darauf verständigen können. Denn auf et was, was wir nicht wissen, können wir uns auch nicht verstän digen.
An dieser Stelle soll auch gleich erwähnt werden – auch das hat der Kollege Vorredner schon erwähnt –: Der Verweis auf Protokollnotizen bei der Frage des Systemwechsels des No
tariats, des Übergangs von Menschen, die jetzt in BadenWürttemberg verbeamtet sind, aus dem Beamtenrecht, genügt nicht; es bedarf vielmehr einer gesetzlichen Regelung zur Übernahme der Versorgungsansprüche. Das steht doch außer Frage, meine Damen und Herren.
Dass diese Regelung hier fehlt und dass auf ein Gesetz ver wiesen wird, das es noch gar nicht gibt, dokumentiert, dass auch Sie selbst da ein Defizit sehen. Vielleicht hat man das Gesetzesvorhaben damals auch deswegen von der Tagesord nung genommen. Das hat aber leider zu keiner Änderung ge führt. Das werden wir im Ausschuss nicht nur kritisch hinter fragen, sondern wir werden auch darauf drängen, dass diese Regelung in das Gesetz kommt.
Es gibt weitere Punkte, die wir kritisieren, obwohl wir als Grü nen-Fraktion das freiberufliche Notariat grundsätzlich mittra gen. Der Notarberuf ist aus meiner Sicht, der ich selbst Frei berufler bin – ich bin freier Abgeordneter, ich bin Freiberuf ler –
ein freier Mensch, Kollege Schmiedel, vielen Dank –, gera dezu ein klassischer Fall eines Berufs, Kollege Kluck, der frei beruflich wahrgenommen werden sollte. Insofern tragen wir das vom Grundgedanken her mit.
Es geht aber darum, Kollege Kluck: Es sind insgesamt round about 700 Menschen, die als Bezirksnotare oder als Amtsno tare beschäftigt sind. Zum Stichtag 1. Januar 2018 werden es etwa 200 sein, die 55 Jahre alt und älter sind. Denjenigen die Variante anzubieten, in die Freiberuflichkeit zu wechseln, scheint schon deswegen schwierig zu sein, weil Sie, Herr Mi nister, weder im Gesetz noch in Ihren bisherigen Erklärungen dargetan haben, welche Regularien, welches Feld die Notare vorfinden werden. Sie haben keine Bezirke eingeteilt. Es gibt keine Aussicht darauf, zu wissen, welches Aufkommen an No taren in den einzelnen Gegenden tatsächlich vorhanden sein wird. Auch dieses Defizit haben Sie, jedenfalls bisher, nicht erklärt. Das werden wir im Rahmen der Ausschussberatungen einfordern.
Ein weiteres Thema ist die amtsangemessene Besoldung. Lie ber Kollege Zimmermann, wir als Abgeordnete diskutieren gerade über eine Erhöhung – wir konnten das heute der Pres se entnehmen –, über durchaus stattliche Erhöhungen. Hier geht es ausschließlich darum, dass wir den round about 200 Menschen die amtsangemessene Besoldung, über die sie jetzt verfügen, auch nach dem Systemwechsel zukommen lassen. Das ist einfach ein Gebot der Gerechtigkeit.
Eine weitere Frage, die aus unserer Sicht noch diskutiert wer den muss, ist die: Was ist die amtsangemessene Beschäfti gung? Sollen diejenigen Notarinnen und Notare, die jetzt als solche tätig sind und nicht in die Freiberuflichkeit wechseln,
dann gegebenenfalls im Archiv tätig sein? Oder welche amts angemessenen Tätigkeiten und Beschäftigungen werden den Notarinnen und Notaren zugewiesen? Auch hierzu sind Sie bisher eine Antwort schuldig geblieben. Diese werden wir im Ausschuss einfordern, Herr Minister. Darauf müssen Sie sich vorbereiten. Darauf müssen Sie Antworten haben; denn da von werden wir letztendlich abhängig machen, ob wir diese Gesetzesinitiative in diesem Haus mittragen können.
Auch bezüglich der Frage der Einnahmeausfälle sind Sie ei ne Antwort, um die ich als Vertreter der Fraktion GRÜNE schon seit vielen Jahren kämpfe, schuldig geblieben. Der Rechnungshof hat, wenn ich es richtig weiß, dargetan, dass der Betrag von 40 bis 50 Millionen €, der uns mit dem Sys temwechsel fehlen wird, nicht erst in 20 Jahren kompensiert werden muss, nämlich dann, wenn die Pensionsausgaben für die Notarinnen und Notare sich reduzieren oder wegfallen. Auch diese Antwort sind Sie bisher schuldig geblieben.
Herr Präsident, ich komme zum Schluss.
Ja, ich habe es schon ge sehen. Ich komme allmählich zum Schluss.
Wir hätten eigentlich erwartet, dass Sie dem Hohen Haus dar tun, in welcher Zeit und in welcher Form diese Einnahmeaus fälle kompensiert werden.
Insofern wird es kritische Fragen geben.
Ob wir dem Gesetzentwurf zustimmen können, wird davon abhängen, wie Ihre Antworten aussehen.
Vielen Dank, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen! Zutreffenderweise hat der Kollege Dr. Brenner für die SPD-Fraktion dargelegt, dass wir als Landtag von Baden-Württemberg jetzt die Kompetenz haben, im Be reich des Hinterlegungsrechts ein Gesetz zu erwarten. Wir könnten jetzt über die Grundsatzfrage diskutieren, was ich aber nicht tun will,
weil die Hinterlegungsordnung auch weiter gelten würde, oh ne dass wir das Gesetz erlassen.
Jetzt könnte man natürlich sagen: Im Sinne einer Entbürokra tisierung brauchen wir nicht unbedingt ein neues Gesetz mit 38 Paragrafen zu verabschieden. Aber dann würde ich den Menschen im Justizministerium, die in kurzer Zeit und in si cher mühsamer Arbeit ein qualitativ hochwertiges Gesetz er arbeitet haben, glaube ich, Unrecht tun. Schon allein deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, quasi aus purer Achtung vor den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Justizministerium, stimmt die Fraktion GRÜNE diesem Gesetz zu.
Ein weiterer grundsätzlicher Gedanke ist: Als Landesgesetz geber sollten wir immer dann von unserer Kompetenz auch Gebrauch machen, wenn sie uns zugestanden wird. Aus Arti kel 72 des Grundgesetzes und der darauf basierenden Gesetz gebung des Bundes entsteht jetzt die Kompetenz für uns, das Hinterlegungsrecht auch in landesgesetzgeberischer Tätigkeit zu ordnen. Deshalb sollten wir auch im Sinne der Föderalis musreform I, in deren Verlauf wir ja händeringend nach wei teren Kompetenzen für den Landtag von Baden-Württemberg und die Länder überhaupt gesucht haben, tätig werden. Auch das ist ein Grund dafür, warum wir als Fraktion GRÜNE dem Gesetzentwurf, der von der Landesregierung, vom Justizmi nisterium, eingebracht wurde, zustimmen.
Zu den einzelnen Tatbeständen, liebe Kolleginnen und Kolle gen, wurde von meinen Vorrednern schon ausgeführt, dass die Hinterlegung als solche ein wichtiges und sinnvolles Instru ment ist. Das ist, glaube ich, unbestritten. Ob man in Zeiten unserer Finanzmarktkrise noch über Zinssätze diskutieren muss, sei dahingestellt; gerade heute Morgen habe ich gele sen, dass es für Festgeld gerade einmal noch 1 % Zinsen gibt. Insofern sind wir alles in allem auch hier auf dem richtigen Weg. Deswegen wären die Bestimmungen zur Verzinsung auch für uns Grüne kein Grund, das Gesetz abzulehnen. Wir stimmen dem Gesetz zu.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Präsi dent. – Herr Minister, ich habe drei Fragen.
Zur ersten Frage: Am 1. September 2006 ist die Föderalismus reform I in Kraft getreten. Bei den Verfassungsänderungen, bei der Reform des öffentlichen Dienstrechts wollte der da malige Ministerpräsident Schrittmacher sein. Jetzt hinken wir hinterher. Worauf führen Sie es zurück, dass es jetzt fast vier Jahre gedauert hat, bis Sie – dem Kabinett jedenfalls – einen Gesetzentwurf vorgelegt haben?
Die zweite Frage bezieht sich auf die Familiengründungspha se, auf ein familienfreundliches Dienstrecht. Das Einzige, was Sie in dieser Hinsicht jetzt nachweislich zustande gebracht ha ben, ist die Ausdehnung der Teilzeitbeschäftigung. Das The ma aber, dass für eine Familiengründung auch wichtig ist, dass die Besoldung in dieser Zeit der Familiengründungsphase ei ne andere sein muss als die, die sich derzeit darstellt, war zu mindest einmal in der Diskussion. Wieso haben Sie das nicht realisiert?
Zur dritten Frage: Auch die Frage der Leistungselemente in der Besoldung wurde über lange Zeit hinweg offen diskutiert, auch vonseiten der die Regierung tragenden Fraktionen. Auch hierzu ist wenig bis gar nichts Konkretes übrig geblieben. Sie sprechen jetzt von Prämien und Leistungszulagen, die aber noch gar nicht konkretisiert sind. Wieso sind Sie da zurück gewichen? Wieso gibt es keine echte Leistungsbesoldung, we nigstens in dem Umfang, wie sie im Tarifvertrag für die An gestellten vereinbart worden ist?
Kollege Heinz, hören Sie gut zu! – Wird es bei den Leis tungsprämien und den Leistungszulagen so sein,
wie es ehedem schon einmal der Fall war, dass sie gesetzlich gar nicht zugesichert werden und bei der nächsten finanziel len Notlage, die die Landesregierung mit herbeiführt, wieder einkassiert werden?
Das waren vorab einmal meine drei Fragen zu Ihrem Reform konzept.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das ist der neunte Justizetat, den ich hier in diesem Haus mitberaten darf. Aus meiner Sicht gibt es dafür ein sehr kritisches und dramatisches Umfeld, eine sehr dramatische finanzpolitische Grundlage. Ich darf versuchen, Ihnen anhand einiger Beispiele zu erläutern, was ich gerade eingangs gesagt habe.
Der Justizetat umfasst 1,4 Milliarden €. Er braucht 723 Millionen € Zuschuss. Wir machen während der Laufzeit dieses Staatshaushaltsplans im Jahr 2010 2,6 Milliarden € neue Schulden und im Jahr 2011 2,1 Milliarden € neue Schulden, wobei dies sicher noch nicht das Ende der Fahnenstange sein wird, insbesondere dann nicht, wenn die Steuererleichterungen in dem Maße durchgreifen, wie sie konzipiert wurden.
Warum erzähle ich Ihnen das? Einfach deshalb, weil man natürlich als rechtspolitischer Sprecher mittlerweile gewohnt ist, mit einem solchen Justizetat umzugehen, weil man weiß, dass dieser Justizetat nicht einmal 5 % des Gesamtetats des Landes Baden-Württemberg ausmacht.
Des Weiteren muss man das alles in Relation zueinander sehen. Wir sparen im Justizetat mehrheitlich getragen – vieles tragen wir mit – im Jahr 2010, also in diesem Jahr, 18,4 Mil
lionen € – das sind insgesamt 1,3 %, bezogen auf den Justiz etat –, und im Jahr 2011 20,4 Millionen €, also 1,5 %. Das hört sich nun gar nicht so schlimm an, aber bezogen auf die Gesamtausgaben ist das natürlich doch schon ein herber Einschnitt und führt dazu, dass die Stellenabbauprogramme, auch wenn sie ein bisschen abgemildert werden können, trotzdem voranschreiten und dass hinsichtlich neuer Stellen in der Richterschaft – da gibt es zwei neue Stellen, habe ich gelesen – oder auch bei der Staatsanwaltschaft – auch da gibt es nur in ganz geringem Umfang Erhöhungen – so gut wie gar nichts geht.
Vor diesem Hintergrund führen wir heute die Debatte über den Justizetat und über die Frage: Wie entwickelt sich Justiz, und wo kann sich Justiz in Baden-Württemberg in welcher Form entwickeln?
Der Justizminister hat seinem Bericht zum Staatshaushaltsplan ein Zitat von Goethe vorangestellt – ich schlage es im Bericht nach –:
Auch aus Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, kann man Schönes bauen.
Dem würde ich voll und ganz beipflichten. Die Frage ist nur: Was bauen wir, wie groß sind die Steine, und welche Baumaßnahmen sind da noch möglich?